11Bs161/21w – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richter Dr. Lechner als Vorsitzenden sowie Mag. Knapp, LL.M., und Mag. Dampf als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A* B* C* und andere wegen des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 4.6.2021, 30 HR 218/21b (= 26 St 49/20h-33 der Staatsanwaltschaft Innsbruck), in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug n i c h t zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Text
BEGRÜNDUNG:
Die Staatsanwaltschaft Innsbruck führt zu 26 St 49/20h ein Ermittlungsverfahren unter anderem gegen A* B* C* wegen des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 StGB. Im Zuge dieser Ermittlungen wurde - soweit hier von Relevanz - am 5./8.11.2020 die forensische Sicherstellung sämtlicher E-Mails für den Zeitraum 1.5.2018 bis 4.10.2020 der E-Mail-Konten ** und ** Beweiszwecken angeordnet, und zwar des E-Mail-Verkehrs zwischen D* und E*, zwischen D* und A* B* C* sowie zwischen D* und weiteren noch unbekannten Polizeibeamten. Mit der Auswertung der sichergestellten Daten der E-Mail-Konten wurde das F* (G*) beauftragt (ON 8 und 10). Am 18.12.2020 wurde zudem die forensische Sicherstellung sämtlicher E-Mails für den Zeitraum 1.5.2018 bis 4.10.2020, welche sich auf der Festplatte - Arbeitsplatz PC E*, W* und der DVD - lokale H-Laufwerke D* und E*, sowie der lokalen Festplatte des von den H* Kliniken überbrachten Laptops, auf welchem D* gearbeitet habe, sowie einer externen Festplatte, **, Serien-Nr.: **, zu denselben Beweiszwecken angeordnet. Mit der forensischen Sicherstellung der Daten das ** H* und mit der Auswertung der sichergestellten Daten der E-Mail-Konten wurde das F* (G*) beauftragt (ON 14).
Der Beschwerdeführer beantragte erstmals am 23.1.2021, seinem Verteidiger dadurch Akteneinsicht zu gewähren, dass durch die IT-Abteilung des Landesgerichts Innsbruck eine Kopie sämtlicher vom G* sichergestellter Daten hergestellt und an den Verteidiger ausgefolgt werde. Der dazu notwendige Datenträger (Speicherkapazität) werde vom Verteidiger in Absprache mit der IT-Abteilung bzw beim I* zur Herstellung einer Kopie zur Verfügung gestellt werden (ON 17).
Der Verteidiger des Erstbeschuldigten hielt am 12.4.2021 den Antrag auf Ausfolgung einer Kopie aller von welchen Datenträgern auch immer hergestellten forensischen Kopien vor und im Sinne der Sicherstellungsanordnung vom 21.12.2020 aufrecht und beantragte, dem G* die elektronische Übermittlung des Inhalts der drei analog übersandten Ordner aufzutragen und dem Verteidiger zur elektronischen Akteneinsicht freizuschalten; der gleichzeitig gestellte Beweisantrag ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens (ON 25).
Die Staatsanwältin ordnete am 13.4.2021 die Verständigung der Verteidiger an, dass nunmehr Akteneinsicht genommen werden könne (ON 1, S 8). Dem Verteidiger des Erstbeschuldigten wurde darüber hinaus am 14.4.2021 schriftlich mitgeteilt, dass aus ermittlungstechnischen und datenschutzrechtlichen Gründen keinerlei Datenmaterial vor der Auswertung durch das G* herausgegeben werden könne. Die Auswertung sei nunmehr mit einer Zwischenberichterstattung erfolgt, eine Übermittlung der Rohdaten in der österreichischen Strafprozessordnung aber nicht vorgesehen. Von der Akteneinsicht seien lediglich jene Daten umfasst, die auch Aktenbestandteil seien. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Übermittlung von Aktenbestandteilen per ERV bestehe nicht, die im Antrag angesprochenen, vom G* übermittelten Ordner seien ERV-mäßig nicht erfasst (ON 26).
Der Erstbeschuldigte monierte in seinem Einspruch wegen Rechtsverletzung vom 26.5.2021, dass die Bestreitung des Rechts auf Übermittlung einer Kopie von „Rohdaten“ auf einem dazu geeigneten Datenträger mit seinem subjektiven Recht auf Akteneinsicht kollidiere. Die vom G* forensisch gesicherten E-Mails seien von der Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft umfasst und damit auch Ermittlungsergebnis im Sinne von § 51 Abs 1 StPO. Das G* könne die Erforschung der Wahrheit auf 4.282 E-Mails eingrenzen, dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass in den übrigen E-Mails aus Sicht des Beschuldigten keine erheblichen Tatsachen vorhanden sein könnten, die für die Feststellung einer seiner Entlastung dienenden entscheidenden Tatsache von Bedeutung seien. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre davon auszugehen gewesen, dass dem Beschuldigten ein Recht auf Herstellung und Ausfolgung einer Kopie des gesamten sichergestellten Datenbestands im Umfang von 53,3 GB oder 96.457 E-Mails zukomme. Den darin enthaltenen Informationen könne a priori auch nicht die Qualität eines Kontrollbeweises zugunsten des Beschuldigten abgesprochen werden. Der Inhalt von Ermittlungsakten werde nicht faktisch, sondern rechtlich bestimmt. Durch die Sicherstellungsanordnung vom 10.12.2020 sei keine inhaltliche Einschränkung der Daten vorgegeben worden, die übrigen 92.175 E-Mails würden durch die Rechtsmeinung des G* nicht ihre Qualität als Ermittlungsergebnis verlieren. Ohne Kenntnis der gesamten sichergestellten Daten sei keine Feststellung dazu möglich, ob die Garantien der EMRK (§ 5 Abs 1 StPO) gewahrt worden seien. Der Aufwand zur Herstellung einer Kopie sei auch nicht unverhältnismäßig. Für eine Vorfilterung von Ermittlungsergebnissen durch die Kriminalpolizei bleibe kein Raum. Der Einspruch schließt mit den Anträgen festzustellen, dass durch die mit Note der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 14.4.2021 erfolgte Ablehnung der Herstellung und Ausfolgung einer Kopie der von der Kriminalpolizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 18.12.2020 forensisch gesicherten Daten an den Beschuldigten bzw dessen Verteidiger das Gesetz unrichtig angewendet und dadurch insbesondere das subjektive Recht des Einspruchswerbers auf Akteneinsicht (§ 51 StPO) und der daraus resultierenden Verteidigungsrechte nach § 49 Abs 1 StPO iVm Art 6 EMRK verletzt worden sei. Der Staatsanwaltschaft Innsbruck wolle aufgetragen werden, die Herstellung einer Kopie der von der Kriminalpolizei (G*) im Auftrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck forensisch gesicherten Daten an den Beschuldigten bzw dessen Verteidiger und die Ausfolgung der Kopie auf einen Datenträger oder via cloud an den einschreitenden Verteidiger zu veranlassen (ON 32).
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde dieser Einspruch mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, dass unter dem Begriff der vorliegenden Ermittlungsergebnisse gemäß § 51 Abs 1 StPO nicht die aus Anlass oder im Zuge eines Strafverfahrens sichergestellten oder beschlagnahmten Beweisgegenstände fielen. Auf Datenträgern gespeicherte Informationen lägen vor Auswertung durch die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft nicht gemäß § 51 Abs 1 erster Satz StPO vor. Gegenständlichenfalls beschränke sich das Recht des Erstbeschuldigten und Einspruchswerbers damit auf die Einsicht in die im Akt befindlichen Ergebnisse der Auswertung der Exekutive in Bezug auf die gesicherten Daten. Der Antrag des Verteidigers ziele auf eine Wiederholung und solcherart Überprüfung polizeilicher Ermittlungen ab, die die Strafprozessordnung nicht vorsehe und die im vorliegenden Fall zudem in Geheimhaltungsinteressen (unbeteiligter) Dritter eingreifen würde. Es werde spekulativ durch den Einspruchswerber unterstellt, dass die Exekutive nicht alle verfahrensrelevanten, für und gegen den Beschuldigten sprechenden Daten der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt habe. Die verweigerte Übermittlung sämtlicher auf den Outlook-Konten des Zweit- und der Drittbeschuldigten sichergestellten E-Mails (Rohdaten) an den Erstbeschuldigten verletze daher keine subjektiven Rechte des Einspruchswerbers (ON 33).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige, schriftliche Beschwerde des Erstbeschuldigten, worin im Wesentlichen releviert wird, die Übermittlung der forensisch sichergestellten Daten auf einem Datenträger sei ohne jede sachliche Rechtfertigung unter Verletzung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten, des Willkürverbots nach Art 7 B-VG, Art 6 EMRK und Art 48 Abs 2 GRC verweigert worden. Obwohl für den gesamten Kontext des angeschuldigten Sachverhalts für die Verteidigung der Beschuldigten von wesentlicher Bedeutung, sei dem Anlassbericht des G* vom 18.3.2021 lediglich zu entnehmen, dass die beiden Outlook-Konten von D* und E* einen Datenbestand von ca 53,3 GB bzw 96.457 E-Mails aufwiesen. Diesem Bericht sei zu entnehmen, dass alle sichergestellten und elektronisch vorhandenen Daten vom G* bearbeitet worden, allerdings im Gegensatz zum Anlassbericht ON 21 nicht elektronisch, sondern in Form von drei „analogen“ Ordnern postalisch übermittelt worden seien. Die Verteidigungsrechte seien bereits dadurch rechtswidrig beeinträchtigt worden, da dadurch die technische Möglichkeit einer elektronischen Auswertung der digital vorhandenen Daten durch Übermittlung von Ausdrucken unterlaufen und die Verteidigung somit willkürlich erschwert und vermeidbar verteuert worden sei. Die Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft habe zwar die „analog“ übermittelten Ordner des G* eingescannt, dies ändere aber nichts an der daraus resultierenden Willkür an einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte durch die „analoge“ Übermittlung der drei Ordner, obwohl diese offensichtlich im gängigen Outlook-Format gesichert worden und vorhanden seien. Sie könnten damit von der Verteidigung wesentlich einfacher, weniger kostenintensiv und detaillierter ausgewertet werden, als dies im pdf-Format möglich sei. Ein faires, willkürfreies Verfahren hätte zur Gewährleistung minimalster Verteidigungsrechte des Beschuldigten die Ausfolgung jener Daten auf Datenträger und in jenem Datenformat erfordert, die vom G* im Sinne des Anlass-/Zwischen-Berichts vom 18.3.2021, Beilagen 1, 2 und 3, sichergestellt worden seien. Der Beschuldigte sei berechtigt, in die der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungs- und des Hauptverfahrens Einsicht zu nehmen, davon sei auch das Recht umfasst, Beweisgegenstände in Augenschein zu nehmen, soweit dies ohne Nachteil für die Ermittlungen möglich sei. Voraussetzungen für eine Beschränkung dieses Rechts lägen nicht vor, die Verweigerung der Ausfolgung der verlangten elektronisch vorhandenen Daten sei rechtswidrig erfolgt. Zudem fände sich keine Sicherstellungsanordnung vom 16.11.2020 in dem der Verteidigung zur Verfügung stehenden Akteninhalt. Es sei ohne Kopie der forensischen Sicherung der sichergestellten Datenträger auch nicht nachvollziehbar, ob und welche Veränderungen im Datenbestand seit der „Sicherung“ der Datenträger von den Rechnern des D* und der E* durch die H* Kliniken bereits am 2.10. und 5.10.2020 stattgefunden hätten. Es könne aus dem genannten kriminalpolizeilichen Bericht nicht objektiviert werden, welche Dateien im PST-Format von welchem Datenträger stammten. Eine Zuordnung der durch das G am 10.12.2020 bei den H* Kliniken kopierten zu den in der Sicherstellungsanordnung ausdrücklich genannten Datenträgern könne dem Anlassbericht nicht entnommen werden. Es handle sich bei den gesamten 53,3 GB bzw 96.457 E-Mails offensichtlich um kopierte und bereits dadurch, aber auch durch deren Auswertung im Sinne der DSGVO verarbeitete Daten, die unabhängig von deren Speicherung auf den G*-Server jedenfalls im gesamten Datenbestand von 93,309 GB in diesem Umfang ein verteidigungsrelevantes Beweismittel darstellten, von welchen dem Beschuldigten eine Kopie zustehe. Es obliege weder den H* Kliniken noch dem G*, die Relevanz von der Verteidigung dienenden Beweismitteln zu bestimmen und dadurch Verteidigungsrechte rechtswidrig einzuschränken und zudem noch aus dem Kontext gerissene E-Mails einer unzulässigen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen. Es erübrige sich jede Verteidigung und damit auch ein faires Verfahren, wenn eine angebliche Tatbildlichkeit nach §§ 302 und 310 StGB bzw § 63 DSG mittels Suchprogramm „Intella Connect“ festgestellt werde, die Überprüfung dieser Ergebnisse durch eine andere oder auch durch dieselbe Software jedoch zum Nachteil des Beschuldigten und unter eklatanter Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte aus unerfindlichen Gründen verhindert werde. Es stehe dem G* nicht zu, die Erforschung der Wahrheit auf 4.282 E-Mails einzuschränken und dadurch rechtswidrig zu verhindern, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte durch Einsicht in Kopien der übrigen Mails bzw Daten wahrnehmen könne. Es sei daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung davon auszugehen, dass dem Beschuldigten ein Recht auf Herstellung und Ausfolgung einer Kopie des gesamten sichergestellten, verarbeiteten und ausgewerteten Datenbestands im Umfang von 53,309 GB oder 96.457 E-Mails zukomme. Der Aufwand zur Herstellung einer Kopie sei gemessen am Aufwand der Herstellung einer Kopie von drei Aktenordnern minimal. Es wolle daher festgestellt werden, dass durch den bekämpften Beschluss das Gesetz unrichtig angewendet und insbesondere subjektive einfach gesetzlich und verfassungsmäßig garantierte Rechte des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht nach § 51 StPO sowie dessen Verteidigungsrechte nach § 49 Abs 1 StPO iVm Art 6 EMRK und Art 48 GRC verletzt worden seien. Der Staatsanwaltschaft wolle aufgetragen werden, die Herstellung einer Kopie aller von der Kriminalpolizei (G*) im Sinne der Aufträge der Staatsanwaltschaft Innsbruck forensisch gesicherten, ausgewerteten und damit verarbeiteten Daten (53,309 GB) an den Beschuldigten bzw dessen Verteidiger zu veranlassen und diesem die Übernahme dieser Datenkopien auf einem Datenträger oder via cloud zu ermöglichen (ON 36).
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 1 Abs 2 erster Satz StPO beginnt das Strafverfahren, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft zur Aufklärung eines Anfangsverdachts ermitteln. Ein Anfangsverdacht (§ 1 Abs 3 StPO) liegt vor, wenn aufgrund bestimmter Anhaltspunkte angenommen werden kann, dass eine Straftat begangen, demnach ein Verhalten gesetzt worden ist, das Gegenstand eines Ausspruchs gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO sein kann, das also tatbestandsmäßig, rechtswidrig und (von § 21 Abs 1 StGB abgesehen) schuldhaft ist und auch den zusätzlichen Voraussetzungen (wie insbesondere dem Fehlen von Strafausschließungsgründen) genügt (vgl RIS-Justiz RS0133399).
Nach § 5 Abs 1 StPO dürfen Kriminalpolizei (diese in Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege - § 18 Abs 1 StPO), Staatsanwaltschaft und Gericht nur so weit in Rechte von Personen eingreifen, als dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen und zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Im Rahmen ihrer Aufgaben sind Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft verpflichtet, jeden ihnen zur Kenntnis gelangten Anfangsverdacht einer Straftat, die nicht bloß auf Verlangen einer hiezu berechtigten Person zu verfolgen ist (§ 71 Abs 1 erster Satz StPO), in einem Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären (§ 2 Abs 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat zudem das Ermittlungsverfahren zu leiten (§ 101 Abs 1 erster Satz StPO) und für die zur Entscheidung über das Einbringen der Anklage notwendigen Ermittlungen zu sorgen (§ 4 Abs 1 zweiter Satz StPO). In diesem Sinn notwendig sind Ermittlungen zu erheblichen Tatsachen - soweit hier relevant - zur Klärung, ob das Verhalten einer bestimmten Person eine rechtliche Kategorie des Kriminalstrafrechts begründet. Beigebrachte (angezeigte) Tatsachen oder Beweismittel müssen ebenso im dargestellten Sinn erheblich sein. Informationen, deren Erheblichkeit für das angesprochene Thema auch als Kontrollbeweis nicht erkennbar ist, sind vom Verfahrensgegenstand nicht umfasst. Sie dürfen weder ermittelt noch zu den Akten genommen oder dort belassen werden, was schon die ausdrücklichen Vernichtungsanordnungen in der Strafprozessordnung zeigen. Die Ermittlungsakten sind nicht faktisch, sondern rechtlich determiniert; mit Vorliegen spricht § 51 Abs 1 StPO nicht die faktische, vielmehr eine normativ determinierte Verfügbarkeit an. Ebenso wenig dürfen Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht im Rahmen ihrer Aufgaben nicht erforderliche personenbezogene Daten verarbeiten (§ 74 Abs 1 erster Satz StPO). Andererseits sind für den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens erhebliche Tatsachen - selbst wenn sie rechtswidrig ermittelt wurden - aktenmäßig festzuhalten, sofern das Gesetz nicht eine auf diese Rechtswidrigkeit bezogene besondere Anordnung zur Vernichtung oder zur getrennten Aufbewahrung oder Ausfolgung trifft. § 100 Abs 1 erster Satz StPO verpflichtet die Kriminalpolizei (im Sinne von § 18 Abs 1 StPO) Ermittlungen (im Sinne von: die im Rahmen ihrer Aufgaben zur Aufklärung von Straftaten erlangten erheblichen Tatsachen, in welchem Umfang umfassende Dokumentationspflicht besteht) aktenmäßig festzuhalten, sodass Anlass, Durchführung und Ergebnis dieser Ermittlungen nachvollzogen werden können. Adressatin der darauf bezogenen Berichte ist die Staatsanwaltschaft (§ 100 Abs 2 StPO), die als Leiterin des Ermittlungsverfahrens letztlich zur Entscheidung und gegebenenfalls Anordnung gegenüber der Kriminalpolizei befugt ist, welche konkreten (auch schützenswerte Persönlichkeitsrechte betreffenden) Inhalte unter den angesprochenen Kriterien von Anlass, Durchführung und Ergebnis aktenmäßig festzuhalten sind (RIS-Justiz RS0133323 mwN; Soyer/Stuefer in Fuchs/Ratz , WK StPO §§ 51 - 53 Rz 6, 8; Ratz , ÖJZ 2020/103, 865 ff; Vogl in Fuchs/Ratz , WK StPO § 91 Rz 3 und 5).
Die Formvorschriften über die Dokumentation von Ermittlungen sind - im Gegensatz zu ihrem Zweck - gesetzlich nicht abschließend geregelt. Aktenmäßiges Festhalten kann somit in jeder kognitiv zugänglichen Form erfolgen. Unter die in § 51 Abs 1 StPO genannten vorliegenden Ermittlungsergebnisse fallen sohin sämtliche aus Anlass eines Ermittlungsverfahrens nach den §§ 91 Abs 2, 95 f, 100, 100a StPO geschaffene (allenfalls elektronisch gespeicherte) Schriftstücke. Nicht unter den Begriff der vorliegenden Ermittlungsergebnisse gemäß § 51 Abs 1 StPO fallen aber die aus Anlass oder im Zuge eines Strafverfahrens sichergestellten und beschlagnahmten Beweisgegenstände. Auf Datenträgern gespeicherte Informationen liegen vor Auswertung durch die Kriminalpolizei oder die Staatsanwaltschaft nicht gemäß § 51 Abs 1 erster Satz StPO vor, sie unterliegen vor der Auswertung nicht der Akteneinsicht. Erst nach Prüfung des Inhalts auf dessen Verfahrensrelevanz kann entschieden werden, welche Unterlagen (Daten) tatsächlich aus Beweisgründen erforderlich sind ( Soyer/Stuefer, aaO §§ 51 - 53 Rz 9 f [mit Beispielen], 28/1). Es besteht kein Rechtsanspruch am Ermittlungsverfahren Beteiligter auf bloße Erkundungsbeweisführung und damit aktenmäßiges Festhalten für die weitere Sachverhaltsaufklärung unerheblicher Beweismittel als Ermittlungsansatz. Wenn keine Tatumstände bestimmt zu entscheidenden Tatsachen benannt werden können, die einen Konnex zu einem Verfahrenszweck herstellen, wird die Ermittlungsbefugnis von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft überschritten. Da das Anhäufen von unnötigem Aktenmaterial die Übersicht zunehmend behindert, verstößt es darüber hinaus gegen das Beschleunigungsgebot (§ 9 StPO) und den gesetzlichen Auftrag, im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung zu ermöglichen (§ 91 Abs 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat die - erforderlichenfalls zum (Persönlichkeits-)Rechtsschutz einzusetzende - Befugnis, durch Anordnungen zu verhindern, dass nicht zum Ermittlungsakt Gehöriges „aktenmäßig festgehalten wird“ und pflichtwidrig zum Akt gebrachte Inhalte wieder daraus entfernt werden (§ 101 Abs 4 StPO). Keineswegs müssen alle im Zusammenhang mit einem Tatverdacht tatsächlich verfolgten Spuren aktenmäßig festgehalten werden ( Ratz , ÖJZ 2020/103, 865 ff). Nicht im Dienste der Strafrechtspflege erfolgende Archivierung von Informationen durch Strafverfolgungsorgane geschieht ohne gesetzliche Deckung (Art 18 Abs 1 B VG) und verletzt § 5 Abs 1 StPO (RIS-Justiz RS0133323; Fellner/Nogratnig , RStDG, GOG und StAG II 5 § 34a StAG Rz 1 mwN).
Voranzustellen ist, dass in der Sicherstellungsanordnung vom 5./13.11.2020 (ON 8 und 10) die forensische Sicherstellung sämtlicher E-Mails für den Zeitraum 1.5.2018 bis 4.10.2020 der E-Mail-Konten von E* und von D* angeordnet wurde. Diese Anordnung wurde am 10.12.2020 durchgeführt und (nur) darüber im Anlass-/Zwischenbericht vom 18.3.2021 (ON 21 ff) berichtet. Am 18.12.2020 (ON 14; s. auch ON 12 f) wurde überdies die forensische Sicherstellung sämtlicher E-Mails für den Zeitraum 1.5.2018 bis 4.10.2020 von in der Anordnung näher bezeichneten Datenträgern angeordnet. Das G* berichtete dazu am 5.7.2021 , dass die Datensicherung (Erstellung von Images) der in der Anordnung beschriebenen Datenträger vorgenommen und erfolgreich abgeschlossen worden sei; über eine Auswertung dieser gesicherten Daten wurde nicht berichtet (s. Amtsvermerk vom 5.7.2021). Die Beschwerde vermengt diese Anordnungen und übersieht mit dem Einwand, es sei dem genannten Bericht vom 18.3.2021 nicht zu entnehmen, ob die Sicherstellung von Rechnern oder von bereits von den H* Kliniken am 2.10.2020 bzw 5.10.2020 ausgebauten und von welchen Datenträgern erfolgt sei, eine Zuordnung der durch das G* am 10.12.2020 bei den H* Kliniken kopierten, in der Sicherstellungsanordnung (vom 18.12.2020, ON 14) ausdrücklich genannten Datenträger sei dem Anlassbericht nicht zu entnehmen, es sei ohne Kopie der forensisch gesicherten Datenträger nicht nachvollziehbar, ob und welche Veränderungen im Datenbestand seit der „Sicherung“ der Datenträger von den Rechnern des D* und der E* durch die H* Kliniken bereits am 2. und 5.10.2020 stattgefunden hätten, dass die getrennten Anordnungen zu (auch zeitlich) getrennten Sicherstellungen führten und der Anlass-/Zwischenbericht vom 18.3.2021 (ON 21 ff) – wie dargelegt - ausschließlich über die am 5./13.11.2020 angeordnete (ON 8 und 10) und am 10.12.2020 durchgeführte Sicherung der dort näher bezeichneten E-Mail-Konten berichtete (ON 22 S 1 f, S 15 ff und S 23 ff), nicht jedoch über die am 18.12.2020 angeordnete (ON 14) Sicherung der in dieser Anordnung genannten Datenträger (s. Amtsvermerk vom 5.7.2021).
Laut Anlass-/Zwischenbericht vom 18.3.2021 (ON 21 ff) hätten die H* Kliniken bereits am 2.11.2020 die Exchange-E-Mail-Konten von E* und von D* gesperrt und unter den Dateinamen „**“ (Dateigröße: 39,026 GB) und „**“ (Dateigröße: 14,274 GB) auf einem Netzlaufwerk der H* Kliniken gesichert. Diese Sicherungen seien am 10.12.2020 durch Techniker des G* auf einem G*-eigenen Datenträger gesichert und am 11.12.2020 im Labor des G* auf den Beweismittelserver des G* kopiert worden. Da „Intella“ die gesicherten *.pst-Dateien indizieren habe können, sei eine forensische Aufbereitung nicht erforderlich gewesen. Der Datenbestand habe unmittelbar in der Suchsoftware Intella (Intella-Version 2.3) „indexiert“ und den Ermittlern zur Verfügung gestellt werden können (ON 22, S 23 ff). Die Dateien seien nach erfolgter Sicherung mittels des Suchprogramms „Intella Connect“ auf die von der Staatsanwaltschaft Innsbruck festgelegte Tatzeit (1.5.2018 bis Ende des E-Mail-Verkehrs) eingeschränkt und der Datenbestand dadurch auf 48.805 E-Mails reduziert worden. Der verbleibende Datenbestand sei aufgrund der Suche nach bzw der Einschränkung auf Endungen der E-Mail-Adressen mit Polizeibezug auf 4.282 E-Mails reduziert worden. Bei der Sichtung der verbleibenden E-Mails hätten insgesamt 37 strafrechtlich relevante Sachverhalte ermittelt werden können (ON 22, S 1 ff und Faktentabelle auf S 131 ff, ON 23 f). Am 5.7.2021 wurde ergänzend berichtet, dass die gesicherten Rohdaten nicht lesbar seien, ein Teil der Daten sei (nach entsprechender Verwendung eines Filters wie im Bericht des G* angeführt) lesbar gemacht und anschließend zum Akt genommen worden. Es handle sich lediglich um eine Kopie (Hash-Wert). Es sei ein Herausfiltern oder ein Extrahieren der Rohdaten nicht möglich, es würde sich um eine Veränderung des Beweismittels handeln (AV der Staatsanwaltschaft Innsbruck vom 6.7.2021).
Das G* hielt sich, indem die Auswertung der Daten auf den Tatzeitraum ab 1.5.20218 und auf E-Mails mit Polizeibezug eingeschränkt wurden, an die Vorgaben in der Sicherstellungsanordnung der Staatsanwaltschaft vom 5./13.11.2020. Dem Beschuldigten bzw seinem Verteidiger wurde in das aktenmäßig festgehaltene Ermittlungsergebnis (ON 21 ff) auch Akteneinsicht gewährt. Die am 10.12.2020 gesicherten Daten fallen jedoch, insoweit sie nicht ausgewertet wurden, nicht unter den Begriff der vorliegenden Ermittlungsergebnisse gemäß § 51 Abs 1 StPO und unterliegen nicht der Akteneinsicht. Es fehlen zudem auch Indizien, die gesicherten, aber nicht ausgewerteten Daten enthielten Informationen, die für den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens oder erkennbar als Kontrollbeweis erheblich seien; solche Anhaltspunkte werden auch im Rechtsmittel nicht konkret vorgebracht. Ebensowenig sind konkrete Hinweise auf Veränderungen der betreffenden Daten durch die H* Kliniken aus den Verfahrensergebnissen oder dem Vorbringen des Beschwerdeführers ableitbar.
Das Innehaben von Kopien (§ 110 Abs 4 StPO) ist schließlich, der Beschwerdeauffassung zuwider, keine eigenständige Ermittlungsmaßnahme, sondern das gelindere Mittel gegenüber einer grundsätzlich zulässigen Sicherstellung des Originals ( Tipold/Zerbes , aaO § 110 Rz 75 f). Der Einwand einer „Auswertung im Sinne der DSGVO“ ist darauf zu verweisen, dass die DSGVO im konkreten Fall nicht anzuwenden ist (vgl Kristoferitsch/Bugelnig in Fuchs/Ratz , WK StPO § 74 Rz 4 ff).
Der Beschwerdeführer ist zwar berechtigt, seinen Antrag näher zu präzisieren, Neuerungen sind aber nur in dem Umfang zulässig, als die bereits im Einspruch dargelegte Verletzung des subjektiven Rechts betroffen ist ( Pilnacek/Stricker , aaO § 106 Rz 24, § 107 Rz 16). Der Einspruch relevierte allein die „Bestreitung des Rechts auf Übermittlung einer Kopie von Rohdaten“ (ON 32, S 5). Die Beschwerdekritik, die Kriminalpolizei habe nicht in elektronischer Form, sondern „postalisch“ berichtet, der Verteidiger hätte die offensichtlich im gängigen Outlook-Format gesicherten bzw vorhandenen *.pst-Dateien, im Gegensatz zum pdf-Format, wesentlich einfacher, weniger kostenintensiv und detaillierter auswerten können (ON 36, S 9 f), sowie es finde sich die im Untersuchungs- und Sicherstellungsprotokoll vom 10.12.2020 (ON 22, S 17) erwähnte Anordnung der Staatsanwaltschaft Innsbruck nach § 110 Abs 2 StPO vom 16.11.2020 nicht in dem der Verteidigung zur Verfügung stehenden Akteninhalt (ON 36, S 9 ff, Beschwerdepunkte 3 und 4), ist daher nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Abgesehen davon wurde zwar die Übermittlung von „Rohdaten“ abgelehnt (ON 26), im Übrigen aber die Akteneinsicht nicht beschränkt (ON 1, S 8). Die Kompetenz des Gerichts umfasst überdies nicht die Beurteilung der Zweckmäßigkeit staatsanwaltschaftlichen oder darauf gestützten kriminalpolizeilichen Handelns ( Pilnacek/Stricker , aaO, § 107 Rz 18).
Der Einspruch wegen Rechtsverletzung wurde daher zu Recht abgewiesen, sodass die Beschwerde erfolglos bleibt.