JudikaturOLG Innsbruck

114Ds2/18w – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
30. Juli 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoffmann als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr. Werus und die Senatspräsidentin Dr. Brandstätter als weitere Mitglieder des Senates in der Disziplinarsache gegen ***** des *****gerichtes ***** in Ruhe HR Dr. ***** nach der in Anwesenheit der Schriftführerin RiAA Dr. Jörg, des Ersten Oberstaatsanwaltes HR Mag. Freyschlag, des Disziplinarbeschuldigten HR Dr. ***** und seines Verteidigers RA Dr. Raimund Danner durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.7.2019 zu Recht erkannt:

Spruch

HR Dr. ***** ist

s c h u l d i g ,

er hat sich im Zusammenhang mit einer an die Richtereigenschaft geknüpften Nebentätigkeit so verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen des Berufsstandes gefährdet wird, sohin eine Verletzung von Standespflichten nach § 57 Abs 3 und 4 RStDG schuldhaft begangen und zwar dadurch, dass er als Vorsitzender der Landesschiedskommission für ***** am 22.5.2017 in den Verfahren zu ***** und ***** über den Einspruch des Dr. ***** gegen die Kündigung zweier Einzelverträge durch die ***** *****krankenkasse einen Bescheid unter Anführung aller vier Beisitzer ohne vorangegangene Beschlussfassung/ Willensbildung in der Kommission erlassen hat, worin den Einsprüchen des Dr. ***** Folge gegeben und die Kündigung der Einzelverträge für unwirksam erklärt wurde, obwohl die Landesschiedskommission in der mündlichen Verhandlung vom 19.4.2017 (in Anwesenheit aller Mitglieder) die Vertagung zur weiteren Beweisaufnahme durch Anhörung einer Sachverständigen und Zeugeneinvernahmen beschlossen hat.

HR Dr. ***** hat hiedurch ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG begangen.

Gemäß §§ 101 Abs 1, 159 lit b RStDG wird über ihn eine

Geldstrafe in Höhe von EUR 6.000,--

verhängt.

Gemäß § 137 Abs 2 zweiter Satz RStDG hat HR Dr. ***** die mit EUR 400,-- bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am ***** geborene Disziplinarbeschuldigte HR Dr. ***** ist verheiratet und sorgepflichtig für seine Ehegattin, welche eine Pension von ca EUR 400,-- monatlich netto bezieht. Er ist Hälfteeigentümer eines Einfamilienhauses, besitzt einen PKW der Marke VW Tiguan und hat keine Schulden. Seine monatliche Bruttopension beträgt derzeit EUR 5.869,87, dies 14mal jährlich.

HR Dr. ***** wurde am 9.8.1971 zum Richter ernannt. Zuletzt war er als ***** des *****

gerichtes ***** tätig. Seit 1978 lauteten seine Dienstbeschreibungen jeweils auf ausgezeichnet. Mit Entschließung des Bundespräsidenten vom 30.5.1994 wurde Dr. ***** der Berufstitel Hofrat verliehen. Mit Ablauf des 30.4.2006 trat er in den Ruhestand. In diesem Zusammenhang wurde HR Dr. ***** das goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich verliehen (Entschließung des Bundespräsidenten vom 11.4.2006).

Nach seiner Versetzung in den Ruhestand wurde HR Dr. ***** Vorsitzender der Landesschiedskommission für ***** (LSK). Zuletzt wurde er mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 4.4.2016 gemäß § 345 Abs 1 ASVG mit Wirksamkeit vom 1.5.2016 für weitere fünf Jahre zum Vorsitzenden der LSK für ***** bestellt (1 Jv ***** PräsdOLG Linz). HR Dr. ***** übte neben seiner Funktion als Vorsitzender der LSK auch jene des Vorsitzenden der Schlichtungsstelle der Landeszahnärztekammer ***** aus und stand somit in einer Vertragsbeziehung zur Landeszahnärztekammer, deren langjähriger Funktionär der Antragsteller in den Verfahren ***** und

*

**** Dr. ***** ist.

Seine Tätigkeit in der Schiedskommission legte er mit März 2019 aus gesundheitlichen Gründen zurück, seine Funktion in der Schlichtungskommission mit Juni 2019. Er übt nunmehr keine Nebentätigkeit mehr aus.

Am 12.9.2018 erstattete der Vizepräsident des Oberlandesgerichtes Linz in Vertretung der Präsidentin des Oberlandesgerichtes Linz gegen HR Dr. ***** unter gleichzeitiger Vorlage von Kopien des Strafaktes ***** Hv ***** des Landesgerichtes ***** Disziplinaranzeige wegen Verdachtes der Verletzung von Standespflichten gemäß § 57 Abs 3 und 4 RStDG, weil der Disziplinarbeschuldigte als Vorsitzender der Landesschiedskommission für ***** am 22.5.2017 in den Verfahren zu ***** und ***** über den Einspruch des Dr. ***** gegen die Kündigung zweier Einzelverträge durch die ***** *****krankenkasse einen Bescheid unter Anführung aller vier Beisitzer ohne vorausgegangene Beschlussfassung/Willensbildung in der Kommission erlassen habe, worin den Einsprüchen des Dr. ***** Folge gegeben und die Kündigung für unwirksam erklärt worden sei, obwohl zuvor die Landesschiedskommission in der mündlichen Verhandlung vom 29.4.2017 in Anwesenheit aller Mitglieder die Vertagung zur weiteren Beweisaufnahme (Sachverständige und Zeugeneinvernahmen) beschlossen habe.

Die LSK besteht neben dem Vorsitzenden aus vier Beisitzern und entscheidet unter anderem über Einsprüche von (Zahn-)Ärzten gegen die Kündigung von Einzelverträgen durch einen Versicherungsträger (§ 345 Abs 2 Z 1 ASVG), vorliegend durch die *****. In diesen Verfahren entscheidet die Kommission durch Mehrheitsbeschluss mit Bescheid, der beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann (§§ 347 Abs 4, 347a ASVG). Eine Beschlussfassung der Kommission ist gegeben, wenn alle Kommissionsmitglieder während einer allfälligen mündlichen Verhandlung, während der Beratung und während der Beschlussfassung anwesend sind (§ 16 Abs 1 iVm § 10 Abs 1 SchKV 2014). An die innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit gefällten (rechtskräftigen) Entscheidungen und Beschlüsse der LSK sind die Gerichte, Verwaltungsbehörden, Versicherungsträger und Ärztekammern gebunden (§ 347 Abs 3 ASVG). Auf das Verfahren der Schiedskommissionen ist das AVG in vollem Umfang anzuwenden.

Der Zahnarzt Dr. ***** erhob gegen die Kündigung zweier Einzelverträge vom 29.8.1981 und vom 25.6.2015 durch die ***** Einspruch. Am 27.2.2017 brachte die ***** Säumnisbeschwerden ein, da die LSK nicht innerhalb von sechs Monaten eine Entscheidung getroffen hat. Am 19.4.2017 fand eine mündliche Verhandlung vor der LSK unter dem Vorsitz des HR Dr. ***** statt. Beisitzer waren Direktor Mag. *****, Primar DDr. *****, DDr. ***** und Mag. *****. Über die Rechtmäßigkeit der Kündigungen kam es zu keiner Beschlussfassung, weil Uneinigkeit in der Kommission herrschte. Es wurde mehrstimmig der Beschluss gefasst, die Verhandlung zur Erörterung des Gutachtens der Sachverständigen Dr. ***** und zur Einvernahme der Zeugen ***** auf unbestimmte Zeit zu erstrecken.

Am 22.5.2017 erließ der Disziplinarbeschuldigte einen Bescheid, in welchem er ohne Beratung und Beschlussfassung im Kollegialorgan die Einsprüche des Dr. ***** gegen die Kündigungen der ***** als begründet erachtete und die Kündigungen der Einzelverträge vom 29.9.1981 und 25.6.2015 für unwirksam erklärte.

Dieser Bescheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 29.9.2017, *****, gemäß § 28 Abs 1 und 2 VwGVG mangels Zuständigkeit des Vorsitzenden behoben, da keine formelle Beschlussfassung stattgefunden habe und der Bescheid der Behörde nicht zuzurechnen sei.

Die Staatsanwaltschaft ***** erhob wegen des Verdachtes des Verbrechens des Amtsmissbrauchs nach § 302 Abs 1 StGB Anklage gegen HR Dr. *****. Mit Urteil des Landesgerichtes ***** vom 23.3.2018, ***** Hv *****, wurde der Disziplinarbeschuldigte abweichend von der Anklage wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB schuldig erkannt und unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 50,--, im Uneinbringlichkeitsfall zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Die dagegen durch den Disziplinarbeschuldigten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies der Oberste Gerichtshof mit Entscheidung vom 11.12.2018, ***** Os *****, zurück. Seiner Berufung gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 25.2.2019 (***** Bs *****) keine Folge.

Nach dem Urteilsspruch hat HR Dr. ***** am 22.5.2017 in Salzburg als Vorsitzender der gemäß § 345 ASVG eingerichteten Landesschiedskommission, somit als Beamter, in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amts fiel, nämlich im Bescheid über die Einsprüche des Dr. ***** gegen die Kündigung zweier Einzelverträge durch die ***** *****krankenkasse, mit dem Vorsatz, dass diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht werde, die Tatsache, dass die Landesschiedskommission für das Bundesland ***** durch ihn als Vorsitzenden und die Beisitzer DDr. *****, Mag. *****, DDr. ***** und Mag. ***** in der Schiedskommissionssache des Antragstellers OMR Dr. *****, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, wider die Antragsgegnerin ***** *****krankenkasse nach mündlicher Verhandlung einen Bescheid, mit welchem in Stattgebung der Einsprüche die Kündigungen für unwirksam erklärt wurden, erlassen hat, fälschlich beurkundet.

Der Angeklagte wusste nicht nur, dass er in seiner Funktion als Vorsitzender der LSK tätig wird, sondern auch, dass die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit oder -widrigkeit der Kündigung des OMR Dr. ***** durch die ***** ausschließlich durch die Kommission getroffen werden darf. Die einschlägigen Verfahrensbestimmungen sind ihm aufgrund seines langjährigen Vorsitzes bestens bekannt. Trotzdem setzte er sich über diese Verfahrensbestimmungen hinweg und verfasste einen Bescheid, in dem er eine Entscheidung der LSK, nämlich, dass die Kündigung der beiden Einzelverträge aufgrund begründeter Einsprüche des OMR Dr. ***** unwirksam sei, feststellte. Dabei wusste er, dass in der öffentlichen Sitzung am 19.4.2017 ausschließlich über die Beweisanträge und die Vertagung der Sitzung zur Aufnahme weiterer Beweise ein Mehrheitsbeschluss gefasst wurde, nicht aber eine inhaltliche Entscheidung zum Verfahrensgegenstand. Dass dem von ihm im Bescheid angeführten Spruch keine Willensbildung der Kommission vorangegangen war, wusste er, trotzdem gab er diese Tatsache im Bescheid vor.

Diese Feststellungen stützen sich auf die Disziplinaranzeige des Vizepräsidenten des Oberlandesgerichtes Linz samt Beilagen (ON 1), die Stellungnahmen der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck vom 2.10.2018 (ON 3) und des Disziplinarbeschuldigten vom 22.10.2018 (ON 5), den Personalakt ***** betreffend den Disziplinarbeschuldigten, den Akt ***** Hv ***** des Landesgerichtes ***** sowie auf die Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten vor dem Disziplinargericht.

An das Urteil im rechtskräftig abgeschlossenen strafgerichtlichen Verfahren ***** Hv ***** des Landesgerichtes ***** ist das Disziplinargericht in dem Sinn gebunden, dass der Disziplinarbeschuldigte die im Strafurteil angeführte Tat und die dort bezeichnete strafbare Handlung rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (RIS-Justiz RS0115626).

In seiner im Rahmen des Disziplinarverfahrens abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 22.10.2018 (ON 5) brachte HR Dr. ***** im Wesentlichen vor, dass in der Verhandlung vom 19.4.2017 nach längerer Diskussion zwei der Beisitzer die verfahrensgegenständliche Messung und Einstufung (von Zahnfehlstellungen) als falsch und die anderen zwei Beisitzer als richtig angesehen hätten. Es sei sodann die Verhandlung zur Einvernahme einer Sachverständigen auf den 19.4.2017 vertagt worden. In den nächsten Tagen habe ihn diese Sachverständige kontaktiert und erklärt, sie sei befangen. Er glaube, Dr. ***** sei auf Urlaub im Ausland gewesen. Auch ein Beisitzer habe seine Befangenheit erklärt. Damit hätte das Verfahren wieder neu durchgeführt werden müssen. Da ihn, HR Dr. *****, die Säumnisbeschwerden arg bedrückt hätten und er die Entscheidung nicht dem Bundesverwaltungsgericht habe überbinden wollen, habe er sich zum Bescheid vom 22.5.2017 durchgedrungen. Dies, weil ihm die zukünftigen Voten der Beisitzer bekannt gewesen seien und er auch bei einem neuerlichen Verfahren davon habe ausgehen müssen, dass zwei Beisitzer für die Kündigung des Kassenvertrages sein würden und zwei Beisitzer dagegen. Zudem sei aufgrund des Gesamtvertrages klar gewesen, dass Dr. ***** alleine für die Einstufung in die IOTN-Grade zuständig sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Bescheid am 29.9.2017 sodann wegen Unzuständigkeit aufgehoben und ihm den Akt zurückgeschickt, sodass er also wieder für das Verfahren zuständig gewesen wäre. Einen Amtsmissbrauch habe das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt und ihn auch nicht für befangen angesehen. Die *****krankenkasse, vertreten durch Dr. *****, habe gegen den Bescheid vom 22.5.2017 Beschwerde erhoben und darin erstmals in diesem Verfahren Befangenheit geltend gemacht, weil er, HR Dr. *****, bei der Zahnärztekammer als Vorsitzender der Schlichtungskommission tätig gewesen sei. Diese angebliche Befangenheit habe das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht aufgegriffen. Seines Erachtens habe er in seinem Bescheid vom 22.5.2017 eine materiell richtige Entscheidung getroffen. Durch diesen Bescheid sei niemand in seinen Rechten verletzt worden. Zudem habe die *****krankenkasse nach dem Bescheid des Bundesverwaltungsgerichtes ihre Kündigungen zurückgezogen, offenbar auch, weil mittlerweile Dr. ***** im Strafverfahren vom Vorwurf des Betruges freigesprochen worden sei. Hätte er, HR Dr. *****, in Abstimmung mit der Kommission neuerlich zu entscheiden gehabt, hätte sich am Ergebnis der Entscheidung nichts geändert.

Auf seine Vernehmung als Beschuldigter durch den bestellten Untersuchungskommissär verzichtete der Disziplinarbeschuldigte und erklärte, auf seine schriftliche Stellungnahme im gegenständlichen Verfahren vollinhaltlich zu verweisen (ON 17).

In der Disziplinarverhandlung bekannte sich der Disziplinarbeschuldigte zwar schuldig und räumte ein, einen „Blödsinn“ gemacht zu haben, verantwortete sich aber wiederum gleich wie bereits in seiner schriftlichen Stellungnahme, auf die er auch verwies.

Rechtliche Beurteilung

In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist dem Disziplinarbeschuldigten ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG zur Last zu legen. Gemäß § 158 Z 2 RStDG unterliegt der im Ruhestand befindliche Richter der disziplinären Verantwortlichkeit wegen grober Verletzung der ihm nach diesem Bundesgesetz im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen.

§ 57 Abs 3 RStDG verlangt von einem Richter, sich im und auch außer Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen des Berufsstandes nicht gefährdet wird. Nach § 57 Abs 4 RStDG haben Richter auch im Ruhestand das Standesansehen angemessen zu wahren.

Die Begehung eines mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedrohten Deliktes durch einen Richter (im Ruhestand), nämlich des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB stellt nach Art und Schwere der Verfehlung eine grobe Verletzung der Pflicht zu ordnungsgemäßem Verhalten im Sinne des § 57 Abs 3 und Abs 4 RStDG und damit ein Dienstvergehen nach § 101 Abs 1 RStDG dar. Das HR Dr. ***** zur Last gelegte gravierende außerdienstliche Fehlverhalten bedeutet eine schuldhafte Verletzung von Standespflichten und ist geeignet, das Bild der Justiz generell in der Öffentlichkeit zu belasten. In Ansehung der richterlichen Funktion des Disziplinarbeschuldigten in der Landesschiedskommission darf nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt und auch seinem Pflichtbewusstsein bestehen. Bei dieser Beurteilung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Für die Erfüllung des Tatbestandes einer Pflichtverletzung ist dabei nicht erforderlich, dass eine Schmälerung des Vertrauens in richterliche Amtshandlungen oder der Achtung vor dem Richterstand tatsächlich eingetreten ist, vielmehr genügt die Gefahr des Eintrittes eines solches Verlustes (RIS-Justiz RS0072555).

Ein Richter, der gegen strafrechtliche Bestimmungen verstößt, beeinträchtigt das Vertrauen in die richterliche Berufsausübung gravierend. Es entspricht dem legitimen Interesse einer Berufs- oder Standesgemeinschaft mit spezifischen disziplinarrechtlichen Auflagen, den disziplinären Überhang des gerichtlich strafbaren Verhaltens, mit dem über die bloße strafrechtliche Relevanz hinaus auch eine Gefährdung des Standesansehens einher geht, disziplinarrechtlich effektiv zu ahnden (RIS-Justiz RS0121152).

Ein bloßer Verweis gemäß § 159a RStDG ist dabei keine angemessene Reaktion auf die dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte gravierende Dienstpflichtverletzung, weil dieser den disziplinären Überhang nicht abzudecken vermag. Im Hinblick darauf, dass der sich im Ruhestand befindende Disziplinarbeschuldigte keine Nebentätigkeiten mehr ausübt, bedarf es zwar aus spezialpräventiven Gründen keiner strengen Bestrafung, um ihn in Zukunft von derartigem, das Standesansehen von Richtern und die Vertrauenswürdigkeit in den Richterstand schädigenden Verhalten abzuhalten. Allerdings bedarf es einer spürbaren Bestrafung, um generalpräventiven Erwägungen und dem Unrechts- und Schuldgehalt der Pflichtverletzung angemessen Rechnung zu tragen.

Bei der Strafbemessung waren als mildernd der bisher tadellose berufliche Lebenswandel des Disziplinarbeschuldigten sowie die durch die strafgerichtliche Verurteilung erlittenen Nachteile zu berücksichtigen. Ein mildernd zu wertendes Geständnis liegt nicht vor, weil sich dieses lediglich auf die objektive und nicht auf die subjektive Tatseite bezog (RIS-Justiz RS0091585; Mayerhofer , StGB 6 § 34 E 49a). Das bloße Zugestehen ohnehin offensichtlicher Fakten ist auch kein wesentlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung. Erschwerend steht dem kein Umstand entgegen.

Bei Beachtung dieser Strafzumessungsgründe stellt eine Geldstrafe in Höhe von EUR 6.000,-- - entsprechend in etwa einem Bruttoruhebezug - eine sowohl der Schwere des Dienstvergehens und dem Verschulden des Disziplinarbeschuldigten als auch generalpräventiven Bedürfnissen angemessene Sanktion dar.

Die Entscheidung über die Kosten des Disziplinarverfahrens ist in § 137 Abs 2 zweiter Satz RStDG begründet. In Anbetracht des Verfahrensaufwandes und unter Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Disziplinarbeschuldigten waren diese mit EUR 400,-- zu bestimmen.

Oberlandesgericht Innsbruck

als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte

Innsbruck, am 30. Juli 2019

Dr. Georg Hoffmann, Senatspräsident

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