25Rs71/16a – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Werner Lux als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Andreas Told und die Richterin Dr. Elisabeth Müller-Gruber sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Johann Stolz aus dem Kreis der Arbeitgeber und Bernhard Winterle aus dem Kreis der Arbeitnehmer als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R***** B *****, vertreten durch Mag. Christoph Arnold Partnerin, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Stafflerstraße 2, gegen die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT , ***** wegen Berufsunfähigkeitspension, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 16.2.2016, 76 Cgs *****-15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Berufung wird F o l g e gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert , dass es unter Einschluss seines in Rechtskraft erwachsenen zuerkennenden Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei ab 1.5.2014 die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, besteht dem Grunde nach zu Recht.
2. Der beklagten Partei wird aufgetragen, der klagenden Partei ab 1.5.2014 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids eine vorläufige Zahlung von EUR 500,-- monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils monatlich im Nachhinein am 1. des Folgemonats.“
II. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Klagsvertretung die mit EUR 609,67 (darin enthalten EUR 101,61 an USt.) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
III. Die (ordentliche) Revision ist z u l ä s s i g .
Entscheidungsgründe:
Text
Vorweg ist festzuhalten, dass die in dieser Entscheidung verwendeten personenbezogenen Ausdrücke, soweit dies inhaltlich in Betracht kommt, Frauen und Männer gleichermaßen betreffen.
Mit Bescheid vom 17.7.2014, TLA*****, lehnte die nunmehr beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 1.4.2014 auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension mit der Begründung ab, dass die Versicherte die Wartezeit noch nicht erfüllt habe und auch noch nicht berufsunfähig sei.
Diesen Bescheid setzte die Klägerin mit der zu obigem Aktenzeichen rechtzeitig im Sinn des § 67 Abs 2 ASGG beim Erstgericht eingebrachten Klage außer Kraft, die zunächst darauf gerichtet war, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der Klägerin die Berufsunfähigkeitspension „ab Stichtag“ in der gesetzlichen Höhe zu gewähren.
Zu Beginn der Tagsatzung vom 16.2.2016 (ON 13) modifizierte die Klägerin das Klagebegehren dahingehend, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr die Berufsunfähigkeitspension ab 1.5.2014 in der gesetzlichen Höhe zu leisten.
Die Pensionswerberin brachte zur Anspruchsbegründung zusammengefasst vor, zum Antragsstichtag 1.4.2014 lediglich 179 Beitragsmonate aufgewiesen zu haben, weshalb der von der beklagten Partei im Bescheid vertretene Standpunkt der Nichterfüllung der Wartezeit auf diesen Stichtag bezogen noch zutreffend gewesen sei. Aufgrund freiwilliger Weiterversicherung habe die Klägerin ab 1.4.2014 jedoch weitere Beitragsmonate erworben, sodass sie zum neuen Stichtag 1.5.2014 die Wartezeit von 180 Monaten erfüllt habe. In diesen 180 Monaten seien 5 Beitrags-monate der Pflichtversicherung/Teilversicherung nach dem APG enthalten, die infolge der mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 2015 vorgenommenen, lediglich eine Klarstellung bedeutenden Novellierung des § 225 ASVG ohne jeden Zweifel als wartezeitrelevante Beitragsmonate zu berücksichtigen seien. Die Klägerin sei während der letzten 15 Jahre vor dem Antragsstichtag laufend als Sekretärin tätig gewesen und genieße daher Berufsschutz. Aufgrund der bei ihr vorliegenden Leiden, insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung, sei ihre Arbeitsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden versicherten Person von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken und die Versicherte am Arbeitsmarkt insgesamt nicht mehr verweisbar.
Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klagsabweisung und entgegnete, dass die Klägerin von 1.9.1996 bis 1.4.2014 179 Beitragsmonate sowie 43 Ersatzmonate, sohin insgesamt 222 Versicherungsmonate erworben habe. In den 179 Beitragsmonaten seien 87 Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit sowie 87 Beitragsmonaten der freiwilligen Versicherung enthalten. Zudem seien 5 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Teilversicherung (APG) erfasst, die gemäß der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht wartezeitrelevant seien, weshalb die Pensionswerberin bezüglich des Anspruchs auf Berufsunfähig-keitspension die gesetzlich vorgesehene Wartezeit von 180 Monaten weder zum Antragsstichtag 1.4.2014, noch zum späteren Stichtag 1.5.2014 erfüllt habe. Dessen ungeachtet, sei die Versicherte nicht berufsunfähig.
Mit Urteil vom 16.2.2016 (ON 15) verpflichtete das Erstgericht die beklagte Partei, der Klägerin ab 1.10.2014 die Berufsunfähigkeitspension in der gesetzlichen Höhe zu gewähren und wies das Mehrbegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Berufsunfähigkeitspension auch für den Zeitraum 1.5.2014 bis 30.9.2014 zu leisten, ab.
Dieser Entscheidung legte die Tatsacheninstanz folgenden - vielfach wörtlich wiedergegebenen und, insoweit mit Beweisrüge bekämpft, in Kursivschrift hervorgehobenen - Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin ist bereits aufgrund einer auf ein schweres Trauma zurückzuführenden chronischen posttraumatischen Belastungsstörung, die trotz intensiver Psychotherapie und Aufarbeitungsversuchen nicht in Remission gebracht werden konnte, nicht mehr arbeitsfähig.
Zudem leidet die Versicherten unter einem chronischen Schmerzsyndrom, weshalb ihr dauerhafte Belastungen, wie sie am allgemeinen Arbeitsmarkt üblicherweise vorkommen, nicht mehr zumutbar sind.
Trotz seit langem in Anspruch genommener Psychotherapie kann eine Besserung der vorhandenen posttraumatischen Belastungsstörung auch bei Intensivierung der Psychotherapie in Zukunft nicht erwartet werden. Eine Besserung des Zustands ist aus psychiatrischer Sicht vielmehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Aufgrund des gegebenen Gesundheitszustands sind bei der Klägerin ferner mit hoher Wahrscheinlichkeit Krankenstände im Gesamtausmaß von 7 oder mehr Wochen pro Jahr zu erwarten.
Dieser Gesundheitszustand besteht zumindest seit der Antragstellung (1.4.2014).
Die Klägerin war bis 1996 als Sekretärin tätig.
Bis 1.4.2014 hat sie 87 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Erwerbstätigkeit und 87 Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung, sohin insgesamt 174 Beitragsmonate, erworben. Darüber hinaus hat sie bis zum Antragsstichtag 5 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung-Teilversicherung (APG) und 43 Monate an Ersatzzeiten erworben, wobei diese Zeiten vor 1.1.2002 liegen.
Aufgrund freiwilliger Weiterversicherung erwarb die Pensionswerberin ab 1.4.2014 weitere Beitragsmonate.
Daher hat sie zum 1.10.2014 180 Beitragsmonate erworben.
In rechtlicher Würdigung dieser Urteilsannahmen führte das Erstgericht aus, dass eine versicherte Person gemäß § 273 Abs 1 ASVG als berufsunfähig gelte, wenn ihre Arbeitsfähigkeit infolge ihres körperlichen und geistigen Zustands auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich und geistig gesunden versicherten Person von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken sei.
Die Klägerin sei sachverhaltsgemäß seit 1.4.2014 überhaupt nicht mehr arbeitsfähig und eine künftige Besserung ihres eingeschränkten Gesundheitszustands mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
Die Klägerin erfülle auch jene weitere Pensionsanspruchsvoraussetzung, innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag 90 Versicherungsmonate qualifizierte Tätigkeiten ausgeübt haben.
Gemäß § 235 Abs 1 und Abs 2 ASVG knüpfe der Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension aber schließlich noch an jene allgemeine Voraussetzung an, dass die Wartezeit durch Versicherungsmonate aus allen Zweigen der Pensionsversicherung erfüllt sei müsse. Bezüglich des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit sei die Wartezeit gemäß § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG jedenfalls dann erfüllt, wenn mindestens 180 Beitragsmonate mit Ausnahme von Zeiten einer Selbstversicherung iSd § 16a ASVG vorliegen würden (= „ewige Anwartschaft“). Ferner seien Zeiten der Kinderbetreuung gemäß § 236 Abs 4a ASVG erst ab 1.1.2002 als Beitragsmonate zu berücksichtigen. Eine rückwirkende Erfassung von Kindererziehungszeiten, bei denen ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld nach dem KBGG in der Vergangenheit bestanden hätte, komme hingegen nicht in Betracht.
Zeiten der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG erfüllten das Kriterium von Beitragszeiten, die gemäß § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG in die Wartezeit einzurechnen seien, gemäß der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht. Daran könne auch die mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 2015 erfolge Novellierung nichts ändern, zumal die besagte Novelle erst mit 1.7.2016 in Kraft getreten sei.
Somit habe die Klägerin die Wartezeit nicht per 1.5.2014, sondern erst per 1.10.2014 erfüllt, sodass ihr Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension ab 1.10.2014 zu Recht bestehe und spruchgemäß zu entscheiden sei.
Gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung wendet sich nunmehr die auf die Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte (rechtzeitige) Berufung der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis in eine vollumfängliche Klagsstattgebung abzuändern, den Pensionsanspruch der Klägerin also auch für den Zeitraum 1.5.2014 bis 30.9.2014 zu bejahen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen für die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung im Sinn der §§ 2 Abs 1 ASGG, 480 Abs 1 ZPO idF BGBl I Nr 52/2009, war über die Berufung der Klägerin in nichtöffentlicher Sitzung zu befinden.
I. Dabei erwies sich das Rechtsmittel aus nachstehenden Erwägungen im Sinn des darin enthaltenen Abänderungsantrags als berechtigt:
A. Zur Beweisrüge:
Unter diesem Rechtsmittelgrund wendet sich die Klägerin ausschließlich gegen jene Urteilsannahme, „dass die Pensionswerberin zum 1.10.2014 180 Beitragsmonate erworben habe“ , und strebt an deren Stelle die „Alternativfeststellung“ an, „dass die Versicherte schon mit Stichtag 1.5.2014 die Wartezeit von 180 Monaten erfüllt habe“ .
Da es sich bei jenen Fragen, ob eine Pensionswerberin die Wartezeit für eine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit erfüllt hat bzw. ob bestimmte Versicherungsmonate als wartezeitrelevante Beitragsmonate zu qualifizieren sind, um keine Tatfragen, sondern Rechtsfragen handelt, bilden sowohl die kritisierte als auch die gewünschte „Feststellung“ in Wahrheit kein mit Beweisrüge anfechtbares Tatsachensubstrat, vielmehr eine bloße rechtliche Kognition. Somit ist der vorliegenden Beweisrüge die Gesetzmäßigkeit abzusprechen und darauf nicht weiter einzugehen.
B. Zur Rechtsrüge:
Die diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen lauten, dass die Klägerin sachverhaltsgemäß unter Einschluss der von ihr erworbenen 5 Beitragsmonate der Pflichtversicherung-Teilversicherung (APG) bereits per 1.5.2014 180 wartezeitrelevante Beitragsmonate aufgewiesen und somit schon zu diesem Stichtag die „ewige Anwartschaft“ für die Berufsunfähigkeitspension im Sinn des § 236 ASVG erfüllt habe. Mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl I Nr 162/2015, sei nämlich die Bestimmung des § 225 Abs 1 ASVG um die Z 2a ergänzt worden, gemäß der Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g und j ASVG als Beitragsmonate für die ewige Anwartschaft zu berücksichtigen seien. Diese Änderung sei – entgegen der erstgerichtlichen Rechtsausführungen – gemäß § 694 Abs 1 ASVG bereits mit 1.1.2016 in Kraft getreten und komme somit auch auf das Versicherungsverhältnis der Streitteile zur Anwendung. Der Klägerin stehe daher die Berufsunfähigkeitspension auch im Zeitraum 1.5. bis 30.9.2014 zu.
Das Rechtsmittelgericht hat hiezu Folgendes erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Vor dem Inkrafttreten des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) am 1. 1. 2005 wurden unter dem Oberbegriff „Versicherungszeiten“ sowohl Beitragszeiten (§§ 225, 226, 251 Abs 4 ASVG) als auch Ersatzzeiten verstanden, in denen keine Erwerbstätigkeit vorlag (§ 224 ASVG; Tomandl , Grundriss des Österreichischen Sozialrechts 6 Rz 131). Bei Ersatzzeiten handelt es sich um Zeiten, die, ohne dass für sie ein Beitrag entrichtet wurde, als leistungswirksam berücksichtigt werden. Es sind in der Regel Zeiten, während derer die/der Versicherte aus verschiedenen vom Gesetzgeber als berücksichtigungswürdig anerkannten Gründen nicht in der Lage war, Beiträge zu entrichten (RIS-Justiz RS0084574).
Schon seit der Pensionsreform 2003 werden aus systematischen Gründen Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden (§ 3 Abs 1 Z 1 APG), Zeiten einer Teilversicherung in der Pensionsversicherung, für die der Bund, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat (§ 3 Abs 1 Z 2 APG), und Zeiten einer freiwilligen Versicherung in der Pensionsversicherung (§ 3 Abs 1 Z 3 APG) unterschieden (10 ObS 162/09k, SSV-NF 23/77).
Durch das Pensionsharmonisierungsgesetz (BGBl I 2004/142) wurde das APG erlassen und ua auch das ASVG novelliert. Das APG, mit dem das Pensionskonto eingeführt wurde, enthält im Hinblick auf die Versicherungszeiten eine wesentliche Änderung. Da es in einem Pensionskonto keine Ersatzzeiten gibt, werden die bisher als solche anerkannten Zeiten bei der Berechnung der Pension künftig wie Beitragszeiten mit einer Beitragsgrundlage behandelt. Entsprechend dem Grundsatz der Beitragswahrheit müssen auch für solche Zeiten Beiträge entrichtet werden. Diese Beiträge sind aber nicht von der versicherten Person, sondern vom Bund, vom Arbeitsmarktservice oder von einem öffentlichen Fonds zu leisten (§ 3 Abs 1 Z 2 APG; 653 BlgNR 22. GP 16). Der Vorteil des neuen Systems besteht darin, dass die Finanzierungslast nicht mehr - wie bei den Ersatzzeiten - auf eine künftige Generation übertragen wird ( Pinggera/Pöltner/Stefanits , Das neue Pensionsrecht, Rz 128, 132).
Die früheren Ersatzzeiten wurden somit ab 1. 1. 2005 durch entsprechende Teilpflichtversicherungen in der Pensionsversicherung abgelöst (§ 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG; 10 ObS 145/10m; SSV-NF 24/72).
2.1. Von den die Wartezeit als Pensionsanspruchsvorraussetzung betreffenden Regelungen sind im hier interessierenden Kontext folgende Bestimmungen herauszugreifen:
Gemäß § 235 Abs 1 ASVG in hier maßgeblicher Fassung ist der Anspruch auf jede der im § 222 Abs 1 und 2 leg cit angeführten Leistungen (zu denen auch die Berufsunfähigkeitspension zählt) mit Ausnahme der Abfindung nach § 269 Abs 1 Z 1 leg cit - abgesehen von den in den Abschnitten II bis IV festgesetzten besonderen Voraussetzungen - an die allgemeine Voraussetzung geknüpft, dass die Wartezeit durch Versicherungsmonate im Sinn des Abs 2 erfüllt ist (§ 236).
§ 235 Abs 2 ASVG bestimmt, dass für die Wartezeit die Versicherungsmonate aller Zweige der Pensionsversicherung, ausgenommen Zeiten einer Selbstversicherung nach § 16a, soweit sie zwölf Versicherungsmonate überschreiten, bei der Knappschaftspension und dem Knappschaftssold jedoch nur die Versicherungs-monate der knappschaftlichen Pensionsversicherung zu berücksichtigen sind. § 235 Abs 2 leg cit regelt hier nicht relevante zum Wegfall der Wartezeit führende Konstellationen.
Gemäß § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG ist die Wartezeit für Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit dann erfüllt, wenn bis zum Stichtag mindestens 180 Beitragsmonate, ausgenommen Zeiten einer Selbstversicherung gemäß § 16a leg cit, soweit sie 12 Versicherungsmonate überschreiten, vorliegen (sog. „ewige Anwartschaft“).
§ 233 Abs 2 ASVG in seit 1.1.2005 in Geltung stehender Fassung ordnet an, dass für die Feststellung der Erfüllung der Wartezeit (§§ 235 und 236) Versicherungsmonate, die sich zeitlich decken, nur einfach zu zählen sind, wobei folgende Reihenfolge gilt:
2.2. § 225 Abs 1 ASVG in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung sah ua Folgendes vor:
„(1) Als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31.12.1955 sind anzusehen:
1. Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit Ausnahme der in Z 2 bezeichneten Zeiten, und zwar
2. Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung aufgrund einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (§ 4 Abs 3 in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung), sofern Beiträge wirksam (§ 230) entrichtet worden sind;
3. Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraums, für den sie gelten sollen, oder aufgrund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a iVm § 669 Abs 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind;
...“.
Die Zeiten, die zu einer Teilversicherung gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG führen, sind somit als Zeiten der Pflichtversicherung gemäß § 225 ASVG Beitragszeiten (10 ObS 139/09b; Brodil/Windisch-Graetz , Sozialrecht in Grundzügen 6 120), wobei Personen, die - wie die Klägerin - nach dem 1. 1. 1955 geboren sind, nach der seit 1. 1. 2005 geltenden Rechtslage demnach keine Ersatzzeiten mehr erwerben können (10 ObS 162/09k, SSV-NF 23/77; Brodil/Windisch-Graetz , Sozialrecht in Grundzügen 6 , 120), während auf Personen, die vor dem 1. 1. 1955 geboren sind, die Regelungen über die Ersatzzeiten (§§ 227, 227a ASVG in jeweils geltender Fassung) nach wie vor anzuwenden sind (§ 617 Abs 3 ASVG).
3.1. Das Höchstgericht hat nun in seiner Entscheidung 10 ObS 109/13x vom 12.9.2013 ausgesprochen, dass Zeiten der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG aber dennoch nicht das Kriterium von Beitragszeiten, die nach § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG in die Wartezeit („ewige Anwartschaft“) einzurechnen seien, erfüllen würden. Diese Auffassung begründete der OGH zusammengefasst dahingehend, dass § 232 Abs 1 ASVG, der die Zuordnung zur Art des Versicherungsmonats bei Vorliegen verschiedener Versicherungszeiten innerhalb eines Monats regle, zwischen Beitragszeiten der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit und Monaten einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG unterscheide. Aus § 232 Abs 1 ASVG folge daher, dass der Gesetzgeber in Bezug auf die Feststellung der Leistungen aus der Pensionsversicherung Zeiten einer Pflichtversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG nicht als Beitragsmonate der Pflichtversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit behandle, auch wenn sie gemäß § 225 Abs 1 Z 1 ASVG Beitragszeiten seien. In diesem Sinn habe das Höchstgericht bereits ausgesprochen, dass Zeiten, die vor dem 1.1.2005 Ersatzzeiten gewesen seien, durch die Umstellung des Pensionsrechts mit dem APG zu „besonderen“ Beitragszeiten mutiert seien, die nicht mit einer aktuellen Erwerbstätigkeit zusammenhängen würden. Die im § 236 Abs 4 ASVG geregelte Wartezeit („ewige Anwartschaft“) solle als sekundäre Leistungsvoraussetzung sicherstellen, dass nur solche Leistungsbezieher in den Genuss von Leistungen kämen, die der Versichertengemeinschaft bereits eine bestimmte Zeit angehört und durch ihre Beiträge zur Finanzierung der Leistungsverpflichtung dieser Gemeinschaft beigetragen hätten. Dass unter dem Begriff „Beitragsmonat“ im Sinn des § 236 Abs 4 Z 1lit a ASVG sämtliche Versicherungszeiten zu verstehen seien, in welchen der Versichertengemeinschaft Beiträge (nach 1.1.2005 auch durch den Bund, das Arbeitsmarktservice oder einen öffentlichen Fonds) geleistet worden seien, könne nicht gebilligt werden. Dies würde nämlich eine sachlich nicht rechtfertigbare Differenzierung zu den vor dem 1.1.1955 geborenen Versicherten bedeuten, für die gemäß § 617 Abs 3 ASVG weiterhin die Ersatzzeitenregelungen der §§ 227, 227a ASVG Anwendung finden würden und die daher auch nach dem 1.1.2005 nur Ersatzmonate, aber keine Beitragsmonate im Sinn des § 236 ASVG erwerben könnten. Es könne aber nicht angehen, diese Versicherten allein aufgrund ihres vor 1.1.1955 angesiedelten Geburtsdatums gegenüber den nach diesem Datum geborenen Versicherten derart zu benachteiligen. Eine dahingehende sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung aufgrund des Alters könne dem Gesetzgeber auch nicht zugesonnen werden. Vielmehr müsse die Absicht des Gesetzgebers unterstellt werden, dass Zeiten der neuen Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG in der Pensionsversicherung leistungsrechtlich nicht die Wirkung von Beitragsmonaten im Sinn des § 236 Abs 4 Z 1 ASVG haben sollten. Zeiten, die vor dem Inkrafttreten des APG als Ersatzzeiten qualifiziert worden seien und seither der Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG unterliegen würden, seien demnach für die Erfüllung der Wartezeit nach § 236 Abs 4 Z 1 ASVG nicht zu berücksichtigen.
3.2. Diese Rechtsauffassung des Höchstgerichts wurde vom überwiegenden Teil der Lehre, aber auch von Pensionsversicherungsträgern mit der Begründung kritisiert, dass Zeiten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG bereits gemäß § 225 ASVG als Beitragszeiten der Pflichtversicherung gelten würden, wobei der Gesetzestext eindeutig sei und § 236 Abs 4 ASVG für die Gruppe der nach 1954 geborenen und schon vor 2005 Versicherungszeiten erwerbenden Versicherten die Erfüllung der ewigen Anwartschaft von 180 Beitragsmonaten erleichtern solle. Die in Rede stehende Auffassungsdifferenzen führen letztlich dazu, dass das BMASK von den Pensionsversicherungsträgern ersucht wurde, eine gesetzliche Klarstellung herbeizuführen.
3.3. Mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz (SRÄG) 2015, BGBl I 261/2015, wurde nunmehr im § 225 Abs 1 ASVG die Z 2a eingefügt, die gemäß § 694 Abs 1 ASVG ab 1.1.2016 in Kraft trat. Diese Bestimmung ordnet an, dass (auch) Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g und j dieses Bundesgesetzes und nach Art II Abschnitt 2a AlVG, für die der Bund, das Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport, das Arbeitsmarktservice oder ein öffentlicher Fonds Beiträge zu zahlen hat, als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31.12.1955 anzusehen sind . Die zeitgleich in Kraft gesetzten §§ 115 Abs 1 Z 2a GSVG und 106 Abs 1 Z 2a BSVG beinhalten dementsprechende Regelungen.
Die auf Z 2a des § 225 Abs 1 ASVG Bezug nehmenden Erläuterung der Regierungsvorlage lauten folgendermaßen:
„Im Zuge der Schaffung des Pensionskontos durch das Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl I Nr 142/2004, wurden die bisherigen Ersatzzeiten nach den §§ 227 und 227a ASVG, 116 und 116a GSVG und 107 und 107a BSVG (für Zeiten der Kindererziehung, des Präsenz- oder Zivildiensts, des Kranken-, Wochengeld- oder Übergangsgeldbezugs oder des Bezugs einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung) durch neue Teilversicherungen (vgl. die §§ 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG, 3 Abs 3 GSVG und 4a BSVG) ersetzt, da es in einem Pensionskonto keine Ersatzzeiten geben kann. Jeder „verbuchten“ Beitragsgrundlage muss ja ein zugehöriger Beitrag entsprechen. Die Beitragslast für die neuen Teilpflichtversicherungen wird von der öffentlichen Hand getragen. Sie gelten nur für Personen, für die ein Pensionskonto einzurichten ist (also die ab dem 1.1.1955 Geborenen, vgl. § 1 Abs 3 APG), für alle anderen (das sind die vor dem 1.1.1955 Geborenen) sind weiterhin die bisherigen Ersatzzeitenregelungen anzuwenden (siehe die §§ 617 Abs 3 ASVG, 306 Abs 3 GSVG und § 295 Abs 3 BSVG).
Diese neuen Teilpflichtversicherungszeiten gelten als Versicherungszeiten nach § 3 APG (infolge des Entfalls von Ersatzzeiten im Pensionskontorecht spricht das APG nur von Pflichtversicherungszeiten, macht aber keinen Unterschied zwischen Beitrags- und Ersatzzeiten). Diese neue Systematik schafft besondere Schwierigkeiten bei der Einordnung in das System des „Altrechts“.
Die Teilpflichtversicherungszeiten wurden nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH) nicht als 'Beitragsmonate' für die Erfüllung der sogenannten ewigen Anwartschaft nach § 236 Abs 4 ASVG bzw der besonderen Voraussetzungen für die 'originäre' Invalidität nach § 255 Abs 7 ASVG akzeptiert:
Aus primär gleichheitsrechtlichen Erwägungen hat der OGH die Auffassung vertreten, dass diese Teilpflichtversicherungszeiten nicht als Beitragszeiten für die Erfüllung der Wartezeit nach § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG zu betrachten sind, weil 'andernfalls (…) ein sachlich nicht rechtfertigbarer Unterschied zu jenen (vor dem 1.1.1955 geborenen) Versicherten, für die weiterhin die Ersatzzeitenregelung des § 227 ASVG Anwendung finde, bestünde' (vgl. OGH 10 ObS 109/13x).
Nunmehr soll durch die Aufnahme dieser neuen Teilpflichtversicherungszeiten in den Katalog der Beitragszeiten nach dem ASVG, GSVG und BSVG klargestellt werden, dass diese als Beitragszeiten im Sinn dieser Gesetzes gelten und daher auch bei der „ewigen Anwartschaft“ nach § 236 Abs 4 Z 1 lit a ASVG zu berücksichtigen sind.
Unter einem wird klargestellt, dass die als Beitragszeiten zu qualifizierenden Teilpflichtversicherungszeiten nicht für die Erfüllung der Voraussetzungen für die sogenannte originäre Invalidität nach § 255 Abs 7 ASVG (Erwerb von 120 Beitragsmonaten der Pflichtver-sicherung) heranzuziehen sind, da es hiefür solcher Beitragsmonate bedarf, die aufgrund einer Erwerbstätigkeit erworben wurden. Dies entspricht nicht nur der Intention dieser Regelung bei ihrer Einführung (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des 2. SVÄG 2003, 310 BlgNR XXII. GP 17/18), sondern auch der einschlägigen Judikatur des OGH (vgl. OGH 10 ObS 145/10m und OGH 10 ObS 85/14v).
Der Umstand, dass die Verbesserung bei der 'ewigen Anwartschaft' nur jüngeren Versicherten, für die bereits das Pensionskontorecht gilt, zugute kommt, erscheint im Hinblick auf die Neuordnung der Versicherungszeiten in Anpassung an das Pensionskonto nicht bedenklich. Dieser Verbesserung stehen viele Regelungen gegenüber, die für Personen, die vor dem Jahr 1955 geboren wurden, nicht zur Anwendung kommen, was ihnen zum Vorteil gereicht.“
4.1. Im Hinblick darauf, dass die vorstehend erläuterte Regelung erst per 1.1.2016 in Kraft getreten ist und der im gegenständlichen Verfahren strittige Pensionsanspruchs-zeitraum davor angesiedelt ist, ist zunächst auf § 5 ABGB einzugehen, der bestimmt, dass Gesetze nicht zurückwirken und daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluss haben.
Gemäß ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, bildet das im § 5 ABGB normierte Rückwirkungsverbot von Gesetzen nun aber kein (uneingeschränktes) verfassungsrechtliches Verbot, weshalb rückwirkende Gesetze (auch durch den Gleichheitssatz) nicht ausgeschlossen sind, aber besonderer, sie rechtfertigender Gründe bedürfen. § 5 ABGB stellt daher nur eine im Zweifel geltende Regelung dar, die durch jede gerechtfertigte Rückwirkungsanordnung als lex specialis durchbrochen werden kann (RIS-Justiz RS0058464; RS0015520).
Der zwingende Charakter einer Norm lässt für sich allein aber noch nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Norm rückwirkend in Kraft setzen wollte; er kann die Rückwirkung allenfalls indizieren, sodass es weiterer im konkreten Inhalt und Zweck einer gesetzlichen Regelung verankerter Anhaltspunkte bedarf, um die § 5 ABGB zu entnehmende gegenteilige Vermutung zu entkräften (RIS-Justiz RS0008721). In diesem Sinn vertreten Lehre und Rechtsprechung weitgehend übereinstimmend die Auffassung, dass mangels gegenteiliger Anordnung des Gesetzgebers die Entscheidung nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz zu ergehen hat und Rechtsänderungen nach diesem Zeitpunkt grundsätzlich unbeachtlich sind (siehe bereits JBl 1975, 485; Fasching , Zivilprozessrecht Rz 1456 uvm).
Ausnahmen sind gemäß der Judikatur des Obersten Gerichtshofs aber etwa dort gerechtfertigt, wo auf rückwirkend angeordnetes zwingendes Recht Bedacht zu nehmen ist (wie etwa auf die vormalige rückwirkende Außerkraftsetzung typisch nationalsozialistischer Vorschriften).
In Fällen, in denen durch das Gesetz jedoch keine neue Rechtslage geschaffen wird, sondern lediglich die Auslegung einer vorhandenen Norm durch den Gesetzgeber erfolgt, greift hingegen § 8 ABGB ein, der bestimmt, dass nur dem Gesetzgeber die Macht zusteht, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären, wobei eine solche Erklärung auf alle noch zu entscheidenden Rechtsfälle angewendet werden muss, so der Gesetzgeber nichts Gegenteiliges anordnet.
Die im § 8 ABGB verankerte sog. „authentische Interpretation“ bildet keine Auslegung im eigentlichen Sinn; vielmehr sieht § 8 ABGB die Möglichkeit vor, dass der Gesetzgeber den normativen Sinn eines (unklaren) Gesetzes durch ein neuerliches Gesetz erklärt. Diese Aufklärung hat rückwirkende Kraft und gilt ab dem Inkrafttreten des „erklärten Gesetzes“ (10 ObS 31/10x; 4 Ob 53/09m mwN).
Konkret liegt der Fall einer eine Rückwirkungsanordnung implizierenden authentischen Interpretation liegt immer dann vor, wenn das zur Ausstellung oder Änderung der Grundnorm berechtigte Organ bestimmt, in welchem Sinn diese Grundnorm zu verstehen ist, also eine spätere gesetzliche Regelung interpretativ erschließen lässt, wie eine bestimmte, zuvor geltende Rechtslage nach dem Willen des Gesetzgebers aufzufassen war ( Bydlinksi in Rummel , ABGB Rz 1 zu § 8; Koziol/Welser 8 I 20; Walter Mayer , Grundriss des österreichischen Verfassungsrechts 4 , 40; Walter , Österreichisches Bundesverfassungsrecht 82 f; GesRZ 1985, 38; 2 Ob 237/07b; 9 ObS 41/87 uvm).
Die authentische Auslegung kann auch schlüssig erfolgen; es genügt, wenn der "disponierende Teil" des Gesetzes logisch eine Aussage über das bestehende Recht in sich schließt und (zumindest auch) im kundgemachten Text des „erklärenden Gesetzes" enthalten ist (RIS-Justiz RS0008908; 2 Ob 237/07b; 7 Ob 546/90 uvm).
Nach herrschender Auffassung kann die authentische Interpretation eines Gesetzes somit nur durch eine Erklärung des Gesetzgebers vorgenommen werden, die sich als Gesetz darstellt und auch als Gesetz kundgemacht worden ist; bloßen Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren kommt diese Eigenschaft aber ebenso wenig zu wie einer Feststellung eines Nationalratsausschusses (RIS-Justiz RS0008907; 1 Ob 222/05m uvm).
Der „authentische Gesetzesinterpretation“ hat nach herrschender Auffassung über den Bereich des Privatrechts hinausgehende Bedeutung, weshalb jede authentische Interpretation des Gesetzgebers - sofern er nichts Gegenteiliges verfügt - in diesem Sinn zu verstehen ist (siehe bereits ÖJZ 1966, 6). Daher wird die „authentische Interpretation“ von der Rechtsprechung auch für den Bereich des Sozialrechts für zulässig erachtet (für viele: 9 ObS 41/87).
Liegt der Fall einer authentischen Interpretation vor, hat das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf diese Klarstellung der Rechtslage Bedacht zu nehmen, sofern die neuen Bestimmungen auf das im Streit stehende Rechtsverhältnis anzuwenden sind (10 ObS 31/10x; 4 Ob 53/09m mwN).
4.2. Nach Auffassung des erkennenden Senats kann auch die mit dem SRÄG 2015 in die §§ 225 Abs 1 ASVG, 115 Abs 1 GSVG und 106 Abs 1 BSVG jeweils eingefügte Z 2a bzw. darin enthaltene Regelung in Ansehung der im vorstehenden Unterpunkt dargestellten Grundsätze nur im Sinn einer solchen, vom Gesetzgeber gemäß § 8 ABGB unternommenen Klarstellung der Rechtsqualität der Teilversicherungszeiten nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g (und j) ASVG als wartezeitrelevante Beitragszeiten verstanden werden.
Dass es sich bei jener Regelung lediglich um eine „erklärende“, keine neue Rechtslage schaffen sollende handelt, folgt bereits daraus, dass § 225 Ab 1 Z 1 ASVG – wie bereits erläutert - schon in der bis 31.12.2015 in Geltung stehenden Fassung im ersten Satzteil normiert hat und auch weiterhin normiert, dass sämtliche Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung „mit Ausnahme der in Z 2 bezeichneten Zeiten“, wobei es sich um Zeiten einer selbstständigen Tätigkeit handelt, als Beitragszeiten anzusehen sind. Der Gesetzgeber hatte somit schon vor 1.1.2016 für Zeiten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG nicht nur keine Ausnahme von deren Zuordnung als wartezeitwirksame Beitragszeiten vorgesehen, sondern im Gegenteil, explizit und durch entsprechende Rahmenregelungen zum Ausdruck gebracht, dass es sich (auch) bei diesen Zeiten um solche Beitragszeiten handelt ( Teschner in Tomandl , System 2.4.3.1.3.). Eine systematische Betrachtung zeigt ferner, dass der Katalog der Pflichtversicherungszeiten der Pensionsversicherung seit der Stamm-fassung deckungsgleich mit den Beitragszeiten gemäß § 225 Abs 1 Z 1 ASVG war. Um allfällige diesbezügliche Zweifel auszuräumen, wurde bereits mit der 9. ASVG-Novelle eine dahingehende Klarstellung vorgenommen, dass mit § 225 Abs 1 nicht nur Dienstnehmer gemeint seien, sondern alle in der Pensionsversicherung pflichtversicherten Personen. Dieser Verweis auf alle pflichtversicherten Personen wurde seit der 9. ASVG-Novelle auch nicht mehr geändert. Da es sich hiebei um einen dynamischen Verweis auf den Tatbestand der Pflichtversicherung handelt, waren grundsätzlich auch alle seither hinzugekommenen Tatbestände der Pflichtversicherung, sohin auch die Teilversicherungszeiten nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g ASVG, als Beitragszeiten anzusehen. Die generelle Gleichsetzung von Zeiten der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung als Beitragszeiten wird im zweiten Satzteil des § 225 Abs 1 ASVG zwar auf Zeiten der Beschäftigung, sowie Lehr- und Ausbildungszeiten bezogen; dies bedeutete schon vor Einführung der Z 2a aber noch nicht, dass Beitragszeiten auf diese drei Zeitgruppen eingeschränkt werden sollten. Auch die im § 232 ASVG aufscheinende Reihenfolge der Versicherungszeiten, der die Pflichtversicherungszeiten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g mit Ersatzzeiten gleichstellt, ließ keinen dahingehenden Rückschluss zu, zumal die Beitragszeiten weder im ASVG noch im APG allesamt gleich gewichtet werden und die Zuordnung von Gewichtung und Bedeutung der verschiedenen Gruppen von Versicherungszeiten innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, der diesen auch vielfältig genützt hat, anheim gestellt ist. Hinzu kommt, dass im Abs 2 des § 233 ASVG, der die Berücksichtigung von Versicherungsmonaten regelt, die Reihung der Versicherungsmonate für die Wartezeit (§ 235 und 236 leg cit) ua dergestalt festlegt wird, dass die Ersatzmonate gemäß § 227a die als Beitragsmonate der Pflichtversicherung zu berücksichtigen sind, den sonstigen Ersatzzeiten und den sonstigen Kindererziehungszeiten vorgehen, also sicherstellt wird, dass diese Monate für die ewige Anwartschaft selbst dann wirksam werden können, wenn keine sonstigen Beitragszeiten vorliegen. Die Teilpflichtversicherungs-zeiten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g leg cit und die Beitragszeiten bei Familienhospizkarenz und Pflegekarenz sind den Kindererziehungszeiten, die als Beitragszeiten gelten, gleichgestellt. Die sonstigen Ersatzzeiten sind nachgereiht.
Im Sachzusammenhang sind ferner noch folgende, für eine schon vor Inkrafttreten des SRÄG 2015 geltende Wartezeitrelevanz der Teilpflichtversicherungszeiten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g leg cit sprechende Bestimmungen bzw. Abschnitte des ASVG zu erwähnen:
- § 10 Abs 6b ASVG, der den Beginn und § 12 Abs 5b das Ende der Pflichtversicherung für Zeiten gemäß § 8 Abs 1 Z 2 leg cit regelt;
- § 21 leg cit, der eine Formalversicherung für diese Zeiten ausschließt;
- § 36 Abs 1 lit 11f leg cit, der Meldepflichten für die Beitragsgaranten der ehemaligen Ersatzzeiten vorsieht,
- Abschnitt V. des ersten Teils des ASVG, der im ersten Unterabschnitt mit der Überschrift „Beiträge zur Pflichtversicherung aufgrund des Arbeitsverdiensts (Erwerbseinkommens)“ im § 44 Abs 1 Z 7 sowie Z 12 bis Z 18 leg cit die allgemeine Beitragsgrundlage für diese Zeiten festlegt sowie mit § 52 Abs 4 leg cit anordnet, dass für die Pflichtversicherungszeiten des § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g 22,8 % dieser Beitragsgrundlage zu entrichten sind;
- § 230 Abs 2 leg cit, demgemäß der die Unwirksamkeit der Beiträge regelnde Abs 1 jener Norm auf Beiträge iSd § 52 Abs 4 leg cit nicht anzuwenden ist.
Zusammengefasst hat der Gesetzgeber seine Absicht, Teilpflichtversicherungszeiten als Beitragszeiten anspruchs- und wartezeitwirksam werden zu lassen, nach Auffassung des erkennenden Senats somit schon vor Inkrafttreten des SRÄG 2015 erkennen lassen und mit den mit dem SRÄG 2015 eingefügten in Rede stehenden Regelungen nur noch klargestellt und bekräftigt (vgl etwa Panhölzl in Mosler/Müller/Pfeil , Der SV-Komm § 225 ASVG Rz 20).
Dass die zitierten Gesetzesmaterialien zum SRÄG 2015, die in § 225 Abs 1 ASVG eingefügte Z 2a dezidiert als Klarstellung der bereits bestehenden Rechtslage ausweisen, kommt noch hinzu.
5. Da die Einfügung der Z 2a in § 225 Abs 1 Z 2a ASVG einen Fall einer dahingehenden authentischen Interpretation bildet, dass Teilversicherungszeiten nach § 8 Abs 1 Z 2 lit a bis g (und j) ASVG als wartezeitrelevante Beitragszeiten zu qualifizieren sind, war auch im vorliegenden Verfahren auf die Rückwirkungen dieser „erklärenden“ Norm Bedacht zu nehmen.
Demnach sind die von der Klägerin erworbenen 5 Monate der Pflichtversicherung-Teilversicherung nach dem APG in Bezug auf die „ewige Anwartschaft“ des § 236 Abs 4 Z 1 lit a als wartezeitwirksam zu qualifzieren, womit der Anspruch der somit bereits per 1.5.2014 180 wartezeitrelevante Beitragsmonte aufweisenden Versicherten auf Berufsunfähigkeitspension bereits diesem Stichtag dem Grunde nach zu Recht bestand.
6. Der Berufung war daher im Anfechtungsumfang Erfolg zu bescheiden und das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass es unter Einschluss seines unbekämpften zuerkennenden Teils sowie unter Bedachtnahme auf die – in Fällen wie dem vorliegenden ein Grundurteil anordnende – Bestimmung des § 89 Abs 2 ASGG dahingehend zu lauten hat, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin ab 1.5.2014 die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren, dem Grunde nach zu Recht besteht.
7. Ferner war aus Anlass der Berufung die im § 89 Abs 2 ASGG enthaltene weitere Anordnung zu beachten, dass das Gericht dann, wenn sich in einer auf eine Geldleistung gerichteten Sozialrechtssache ergibt, dass das Klagebegehren – wie hier - in einer zahlenmäßig noch nicht bestimmten Höhe gerechtfertigt ist, dem Versicherungsträger bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids eine vorläufige Leistung aufzuerlegen hat, deren Ausmaß unter sinngemäßer Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO festzusetzen ist.
Die Pflicht zur Zuerkennung einer vorläufigen Leistung bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist eine zwingende (für viele: 10 ObS 150/89), der auch ohne Parteienantrag in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen nachzukommen ist (§ 90 Abs 1 Z 3 ASGG; RIS-Justiz RS0085929; RS0085734),
Die der Klägerin von der beklagten Partei ab 1.5.2014 bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheids zu erbringende vorläufige Leistung war in Anwendung des § 273 ZPO sowie unter Berücksichtigung der im Akt erliegenden Pensionsvorausberechnung der beklagten Partei mit monatlich EUR 500,-- pro Monat zu bemessen.
8. Eine Entscheidung über die Kosten des Verfahren erster Instanz war obsolet, weil die Parteien keine diesbezüglichen Kosten verzeichnet haben.
II. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ist im § 77 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 2 ASGG begründet. Demnach hat die beklagte Partei der mit ihrem Rechtsmittel erfolgreichen Klägerin die Kosten der Berufung zu ersetzen. Die von der Rechtsmittelwerberin verzeichneten Kosten waren jedoch dahingehend zu korrigieren, dass für die Berufung nicht der erhöhte ERV-Zuschlag von EUR 4,10 gemäß § 23 a RATG, sondern lediglich ein Zuschlag von EUR 2,10 gebührt, zumal es sich bei Rechtsmitteln nach gefestigter Judikatur um keine verfahrenseinleitenden Schriftsätze handelt ( Obermaier , Kostenhandbuch² Rz 646; 8 Ob 30/10k; 8 Ob 25/10z uvm).
III. Da sich das Höchstgericht - soweit überblickbar - mit der Frage, ob die seit 1.1.2016 in Kraft gesetzte Bestimmung des § 225 Abs 1 Z 2a ASVG lediglich als – Rückwirkung entfaltende - vom Gesetzgeber beabsichtigte Klarstellung der schon zuvor bestehenden Gesetzeslage oder als Novellierung der bisherigen Gesetzeslage zu qualifizieren ist, bis dato noch nicht auseinanderzusetzen hatte, und der Lösung dieser Rechtsfrage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, war auszusprechen, dass der weitere (ordentliche) Rechtszug gegen das Berufungs-erkenntnis zulässig ist.