25Rs66/16s – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Werner Lux als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Andreas Told und die Richterin Dr. Elisabeth Müller-Gruber als weitere Mitglieder des Senats in der Sozialrechtssache der klagenden Partei U***** N *****, vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Rathausstraße 35a, gegen die beklagte Partei PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT , Landesstelle Vorarlberg, 6850 Dornbin, Zollgasse 6, wegen Kontoerstgutschrift und Alterspension, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 31.3.2016, 35 Cgs 44/16m-11, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
I. Dem Rekurs gegen die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Zurückweisung des Klagebegehrens, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei zum 1.1.2014 eine gesetzmäßige Kontoerstgutschrift nach APG von zumindest EUR 25.836,58 zu erteilen, wird k e i n e Folge gegeben.
II. Dem Rekurs gegen die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Zurückweisung des Klagebegehrens, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin mit Stichtag 1.10.2015 eine gesetzmäßige Alterspension nach APG und ASVG von monatlich zumindest EUR 2.028,45 zuzüglich EUR 29,07 an Kinderzuschuss und Sonderzahlungen zu gewähren, wird F o l g e gegeben, der angefochtene Beschluss insoweit aufgehoben und dem Erstgericht in diesem Umfang die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom angezogenen Zurückweisungsgrund aufgetragen.
III. Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
IV. Gegen die im Spruchpunkt I. gefällte Entscheidung ist der (ordentliche) Revisionsrekurs n i c h t zulässig.
Begründung:
Text
Vorweg ist festzuhalten, dass die in dieser Entscheidung verwendeten personenbezogenen Ausdrücke, soweit dies inhaltlich in Betracht kommt, Frauen und Männer gleichermassen betreffen.
Mit Bescheid vom 23.10.2015, ***** sprach die nunmehr beklagte Partei aus, dass
Die Begründung der festgestellten Pensionshöhe lautete, dass der Pensionsversicherungsträger die Pensionsberechnung nach den Bestimmungen des Allgemeinen Pensionsgesetzes (APG) durchgeführt habe. Da auch vor dem 1.1.2005 erworbene Versicherungsmonate vorlägen, sei die Berechnung der Pensionshöhe unter Berücksichtigung der im Rahmen der Kontoerstgutschrift ermittelten Gesamtgutschrift erfolgt.
Die von der anwaltich vertretenen Versicherten gegen diesen Bescheid beim Erstgericht zu obigem Aktenzeichen rechtzeitig im Sinn des § 67 Abs 2 ASGG eingebrachte Klage war darauf gerichtet, die beklagte Partei schuldig zu erkennen,
Die Klägerin berief sich zur Anspruchsbegründung zusammengefasst darauf, dass der vorliegende Rechtsstreit eine Sozialrechtssache iSd § 65 Abs 1 Z 1 und 4 ASGG bilde, die den Umfang bzw. die Höhe des Anspruchs der Versicherten auf Alterspension sowie die im § 15 Abs 11 APG normierte Pflicht des Versicherungsträgers, auf Verlangen einen Bescheid über eine Kontoerstgutschrift zu erlassen, betreffe, weshalb der Rechtsweg zulässig sei, obwohl die Versicherte von der P***** nie eine Bescheiderlassung im Sinn des § 15 Abs 1 APG verlangt habe und ein solcher Bescheid daher auch nie ergangen sei.
Die Klägerin habe das 60. Lebensjahr am 4.9.2015 vollendet, weshalb die beklagte Partei mit dem angefochtenen Bescheid ihren Anspruch auf Alterspension ab 1.10.2015 zwar zutreffend anerkannt, die Pensionshöhe jedoch unrichtig mit lediglich EUR 1.865,98 festgestellt habe. Mit einem weiteren Bescheid vom 3.11.2015 habe die P***** einen Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschuss für den Sohn M***** N***** ab 1.10.2015 von monatlich EUR 29,07 anerkannt. Gemäß § 15 Abs 1 APG werde für Personen, die nach dem 31.12.1954 geboren seien und bis zum Ablauf des 31.12.2013 mindestens einen Versicherungsmonat nach dem ASVG erworben hätten, eine Kontoerstgutschrift zum 1.1.2014 ermittelt. Unter Berücksichtigung der im § 15 APG detailliert geregelten Berechnungsgrundlagen und -modalitäten habe die beklagte Partei die der Versicherten, die drei Kinder geboren habe, gebührende Teilpension nach dem APG mit EUR 458,47 pro Monat zutreffend errechnet. Der Pensionsanspruch nach dem ASVG belaufe sich auf EUR 1.619,81. Gemäß § 607 Abs 23 ASVG sei bei Pensionen mit einem nach 31.12.2003 liegenden Stichtag eine Vergleichsberechnung vorzunehmen bzw. eine Vergleichspension unter Anwendung der am 31.12.2003 geltenden Rechtslage zu ermitteln, die sich im konkreten Fall auf EUR 1.873,57 pro Monat belaufe und gemäß § 15 Abs 5 APG den Vergleichsbetrag für die Berechnung der Kontoerstgutschrift bilde. Der Ausgangsbetrag nach § 15 Abs 3 APG betrage EUR 1.711,21 und der Vergleichsbetrag nach § 15 Abs 5 APG EUR 1.873,57. Da die Klägerin dem Jahrgang 1955 angehöre, sei der Vergleichsbetrag nach § 15 Abs 7 leg cit mit 98,5 % bzw 101,5 % zu vervielfachen, wobei der Ausgangsbetrag mit EUR 1.845,47 bzw. EUR 1.901,67 hier aber niedriger als 98,5 % bzw 101,5 % aus dem Vergleichsbetrag von EUR 1.873,57 sei, sodass sich die Kontoerstgutschrift per 1.1.2014 iSd § 15 Abs 7 Z 1 APG somit letztlich auf das 14-fache des Betrags von EUR 1.845,47, also EUR 25.836,58, belaufe.
Die Bruttobezüge und Beitragsgrundlagen der Klägerin hätten im Jahr 2014 EUR 58.890,09 und im Jahr 2015 bis zum Pensionsstichtag EUR 45.839,91 betragen. Die im § 12 Abs 1 APG normierte Jahreshöchstbeitragsgrundlage entspreche dem 420-fachen der täglichen Höchstbeitragsgrundlage und habe sich 2014 bei täglich EUR 151,-- nach Art 1 § 1 Z 2 der Kundmachung BGBl II Nr 434/2013 auf EUR 63.420,-- sowie 2015 bei täglich EUR 155,-- nach Art 1 § 1 Z 2 der Kundmachung BGBl II Nr 288/2014 auf EUR 65.100,-- belaufen. Gemäß § 12 APG erhöhe sich die Kontoerstgutschrift von EUR 25.836,58 vom 1.1.2014 um die Aufwertungszahl für 2015 laut Kundmachung BGBl II Nr 288/2014 um 2,7 % oder den Faktor 1,027 auf EUR 26.534,17. Für 2014 resultierten aus EUR 58.819,09 bei einem Kontoprozentsatz von 1,78 % eine Gesamtgutschrift von EUR 1.048,24 sowie für 2015 aus EUR 45.839,91 eine Gesamtgutschrift von EUR 815,95. Im Kalenderjahr 2015, in das der Stichtag falle, habe nach § 12 Abs 3 APG keine Aufwertung der Gesamtgutschrift des vorangegangenen Kalenderjahrs 2014 zu erfolgen. Die Kontoerstgutschrift zum 1.1.2014 falle jedoch nicht unter den Begriff der Gesamtgutschrift des Vorjahrs, weshalb die Gesamtgutschrift zum Stichtag 1.10.2015 EUR 28.398,36 betrage und sich der monatliche Pensionsanspruch der Klägerin ab 1.10.2015 gemäß § 5 Abs 1 APG aus der bis zum Stichtag ermittelten Gesamtgutschrift geteilt durch 14 auf EUR 2.028,45 belaufe.
Die beklagte Partei bestritt und beantragte die Klagszurückweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs mit der Begründung, dass der Klägerin bereits im Dezember 2014 die endgültige Kontoerstgutschrift per 1.1.2014 mitgeteilt worden sei. Bei dieser Mitteilung habe es sich um keinen Bescheid gehandelt, wobei die Klägerin trotz dementsprechender Rechtsbelehrung auch bis dato nie einen Bescheid über die Kontoerstgutschrift verlangt habe. Gegen eine vermeintlich unrichtig ermittelte Gutschrift könne jedoch erst nach Bescheiderteilung, Erhebung eines Widerspruchs gegen den Bescheid und Erwirkung eines Widerspruchsbescheids, der sodann Klagsgegenstand sei, gerichtlich vorgegangen werden. Der vorliegenden Klage gehe zwar hervor, dass die Klägerin mit der Berechnung der Kontoerstgutschrift nicht einverstanden sei. Ein Klagerecht habe sie aber dennoch noch nicht, weil sie bis dato keinen die Kontoerstgutschrift betreffenden Bescheid und Widerspruchsbescheid erwirkt habe und gemäß § 367a Abs 5 ASVG nur dann eine einklagbare Leistungssache im Sinn der §§ 354 Z 5 ASVG, 67 ASGG vorliege, wenn ein Widerspruchsbescheid vorliege oder die Frist des § 367a Abs 2 ASVG ohne Erlassung eines Widerspruchsbescheids abgelaufen sei. Die Klage sei daher vollumfänglich wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 31.3.2016 wies das Erstgericht die Klage zur Gänze wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück.
Dieser Entscheidung legte es folgenden, vielfach wörtlich wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde:
Mit Bescheid vom 23.10.2015, der der Klägerin am 30.10.2015 zugestellt wurde, anerkannte die beklagte Partei den Anspruch der Versicherten auf Alterspension ab 1.10.2015 und stellte die Höhe der Pension ab 1.10.2015 mit EUR 1.865,98 fest. Die bescheidgemäße Begründung der Pensionshöhe lautete, dass die Pensionsberechnung nach den Bestimmungen des APG durchgeführt worden und aufgrund des Umstands, dass Versicherungsmonate auch vor 1.1.2005 vorliegen würden, der Berechnung der Pensionshöhe die unter Berücksichtigung der Kontogutschrift ermittelte Gesamtgutschrift aus dem Pensionskonto zugrunde gelegt worden sei.
Im Bescheid ist nachstehende Pensionsberechnung enthalten:
„PENSIONSBERECHNUNG
Der Berechnung der Pension liegen folgende Daten zugrunde:
Anzahl der leistungswirksamen Versicherungsmonate gesamt 405
Kontoerstgutschriftsberechnung vom 01.01.2014
Ausgangsbetrag EUR 1.615,33
Vergleichsbetrag EUR 1.713,73
Vergleichsprozentsatz-Untergrenze 98,500
Vergleichsbetrag-Untergrenze EUR 1.688,02
Vergleichsprozentsatz-Obergrenze 101,500
Vergleichsbetrag-Obergrenze EUR 1.739,44
Kontoerstgutschrift EUR 23.632,28.
Für die Feststellung der gebührenden Kontoerstgutschrift wurde das 14-fache der Vergleichsbetrag-Untergrenze herangezogen.
Gesamtgutschriftsberechnung
Kontoerstgutschrift EUR 23.632,28
zuzüglich Kontogutschriften von 01.01.2014 bis 30.09.2015 EUR 2.491,40
Gesamtgutschrift aus dem Pensionskonto EUR 26.123,68
Pensionsberechnung (APG)
Die monatliche Pensionskontoleistung (1/14 der Gesamtgutschrift von EUR 26.123,68) beträgt EUR 1.865,98.
Zusammensetzung der Bruttopension
Pensionskontoleistung EUR 1.865,98
Bruttopension EUR 1.865,98.“
Der Klägerin wurde von der beklagten Partei die Kontoerstgutschrift zum 1.1.2014 mitgeteilt. Die Versicherte hat jedoch noch „kein Widerspruchsverfahren“ gegen die Kontoerstgutschrift eingeleitet.
In rechtlicher Würdigung dieser Urteilsannahmen führte das Erstgericht aus, dass gemäß § 367a ASVG gegen Bescheide der Versicherungsträger in Leistungssachen nach § 354 Z 5 leg cit binnen drei Monaten nach Zustellung Widerspruch erhoben werden könne, und der Versicherungsträger sodann binnen Jahresfrist nach Einbringung des Widerspruchs einen Widerspruchsbescheid erlassen müsse. § 367a Abs 5 ASVG ordne an, dass erst mit dem Vorliegen eines Widerspruchsbescheids oder dem Ablauf der zur Erlassung eines Widerspruchsbescheids eingeräumten Frist eine iSd §§ 354 Z 5 ASVG, 67 ASGG einklagbare Leistungssachen vorliege. § 367a ASVG sehe keine aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vor, weshalb bis zur Entscheidung über den Widerspruch die zunächst festgestellte Kontoerstgutschrift als Grundlage im allfälligen Leistungsverfahren heranzuziehen sei. Die vorliegende Klage richte sich nun ausschließlich gegen die Berechnung der Pensionshöhe unter Berücksichtigung der Kontoerstgutschrift und damit letztlich gegen die Richtigkeit der Kontoerstgutschrift, wobei im Fall der Klägerin die Voraussetzungen für eine gegen die Kontoerstgutschrift gerichteten Klage aber insgesamt noch nicht erfüllt seien, zumal kein Wahlrecht zwischen Klage und Widerspruch bestehe. Die Klage sei daher wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen. „Da sich die Klage nicht gegen die Zuerkennung der Alterspension ab 1.10.2015 an sich richte, müsse der dahingehende Bescheidinhalt im vorliegenden Erkenntnis nicht wiederholt werden“.
Gegen diesen Beschluss wendet sich nunmehr der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte (rechtzeitige) Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen „Bescheid“ (offensichtlich gemeint: Beschluss) aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen. Hilfsweise begehrt die Klägerin, den angefochtenen „Bescheid“ (offensichtlich gemeint: Beschluss) aufzuheben und dem Erstgericht aufzutragen,
Die Rechtsmittelausführungen lauten zusammengefasst, dass die bislang der Klägerin zugegangene Mitteilung der Kontoerstgutschrift keinen der Rechtskraft fähigen Bescheid bilde. Die Klägerin habe daher auch noch kein Widerspruchsverfahren eingeleitet bzw. einleiten können, was aber jedenfalls noch bis zum Ablauf des 31.12.2016 möglich sei, so die Zuständigkeit zur Feststellung der Kontoerstgutschrift mittlerweile nicht ohnehin auf das Gericht übergegangen sei. Die vorliegende, den Bescheid vom 23.10.2015 anfechtende Klage betreffe infolge Bestreitung der von der PVA festgestellten Pensionshöhe und zugrunde liegenden Kontogutschrift jedenfalls eine der sukzessiven Gerichtskompetenz unterfallende Leistungssache, die auch rechtzeitig im Sinn des § 67 Abs 2 ASGG beim Gericht anhängig gemacht worden sei. Die Klägerin sei nicht nur berechtigt, vielmehr gezwungen gewesen, die mit diesem Bescheid unrichtig festgestellte Pensionshöhe zu bekämpfen, ansonsten der Bescheid in Rechtskraft erwachsen und ein endgültiger Anspruchsverlust auf Seiten der Versicherten eingetreten wäre. Durch die Klage sei der in Rede stehende Bescheid also im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft getreten und die sukzessive Entscheidungskompetenz auf das Sozialgericht, das den strittigen Anspruch selbstständig zu prüfen habe, übergegangen. Aus § 367a Abs 5 iVm §§ 354 Z 5 ASVG sowie § 67 Abs 1 Z 3 ASGG sei „teleologisch“ abzuleiten, dass sich das Erfordernis eines Widerspruchsverfahrens als Voraussetzung einer Klage lediglich auf die bloße Feststellung der Kontoerstgutschrift beschränke, das Sozialgericht im Fall einer nach Zustellung eines Pensionsbescheids rechtzeitig eingebrachten Klage auf Gewährung einer höheren Alterspension jedoch ohne vorgeschaltetes Widerspruchsverfahren über die Kontoerstgutschrift und damit über die Höhe der Alterspension befinden dürfe.
Die beklagte Partei hat sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.
A. Das Rechtsmittelgericht hat Folgendes erwogen:
1.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist, dass dem Rechtsmittelgericht aus Anlass einer – wie hier – im Rechtsmittel gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge die Pflicht überbunden ist, die rechtliche Beurteilung der Vorinstanz in jeder Richtung zu überprüfen und im Rahmen der zur Substanziierung des Klagebegehrens vorgebrachten Tatsachenbehauptungen auch bislang nicht erörterte rechtliche Gesichtspunkte wahrzunehmen (RIS-Justiz RS0043352). Diese amtswegige Prüfpflicht gebietet es auch, zu hinterfragen, ob die von der Tatsacheninstanz erarbeitete Entscheidungsgrundlage für eine abschließende rechtliche Beurteilung des Falls hinreicht oder aber Feststellungen fehlen, die zur Beurteilung der Sache unerlässlich sind.
Ferner ist festzuhalten, dass ein im Rechtsmittel enthaltender Abänderungsantrag bei Vorliegen sekundärer Feststellungsmängel, die auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhen, immer auch einen (vollumfänglichen) Aufhebungsantrag einschließt (RIS-Justiz RS0041774; 1 Ob 222/13y; 4 Ob 211/11z uvm).
2.1. Das Allgemeine Pensionsgesetz (APG) gilt gemäß § 1 Abs 1 leg cit für alle nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG versicherten Personen und regelt das Pensionskonto, den Anspruch auf Alterspension und deren Ausmaß, das Ausmaß der Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitspension sowie der Hinterbliebenenpensionen bzw. diesbezüglichen Abfindungen. § 1 Abs 2 APG bestimmt, dass bezüglich des im Abs 1 genannten Personenkreises – insoweit das APG nichts anderes vorsieht – die Bestimmungen des ASVG, GSVG, FSVG und BSVG greifen. Gemäß § 1 Abs 3 APG ist jedoch auf Personen, die vor dem 1.1.1955 geboren sind, ist das APG - mit Ausnahme der §§ 4 Abs 2 und 3, § 7 Z 3 und 9 - nicht anzuwenden.
Der Anspruch auf Alterspension ist im § 4 APG geregelt.
§ 5 APG imF bestimmt zum Ausmaß des Anspruchs auf Alterspension Folgendes:
„(1) Das Ausmaß der monatlichen Bruttoleistung ergibt sich – unbeschadet eines besonderen Steigerungsbetrages nach den §§ 248 Abs. 1 ASVG, 141 Abs. 1 GSVG und 132 Abs. 1 BSVG – aus der bis zum Stichtag (§ 223 Abs. 2 ASVG) ermittelten Gesamtgutschrift (§ 11 Z 5) geteilt durch 14.
(2) Bei einem Pensionsantritt vor dem Monatsersten nach der Erreichung des Regelpensionsalters (§§ 4 Abs. 1 und 16 Abs. 6) vermindert sich der nach Abs. 1 ermittelte Wert im Fall der Korridorpension (§ 4 Abs. 2) um 0,425 %, sonst um 0,35% für jeden Monat des früheren Pensionsantrittes. Handelt es sich jedoch um eine Schwerarbeitspension (§ 4 Abs. 3), so beträgt die Verminderung 0,15 % für jeden Monat des früheren Pensionsantrittes. Fällt der Zeitpunkt der Erreichung des Regelpensionsalters selbst auf einen Monatsersten, so gilt dieser Tag als Monatserster im Sinne des ersten Satzes.
(3) Besteht bei Eintritt des Versicherungsfalles ein bescheidmäßig zuerkannter Anspruch auf eine Pensionsleistung aus eigener Pensionsversicherung, so gilt die Verminderung nach Abs. 2 für diese Pensionsleistung auch für die hinzutretende Leistung.
(4) Bei einem Pensionsantritt nach dem Monatsersten nach der Erreichung des Regelpensionsalters (§§ 4 Abs. 1 und 16 Abs. 6) erhöht sich der nach Abs. 1 ermittelte Wert frühestens ab dem Vorliegen der Mindestversicherungszeit um 0,35% für jeden Monat des späteren Pensionsantrittes, höchstens jedoch um 12,6% der Leistung. Abs. 2 letzter Satz ist anzuwenden.“
Die Anpassung der Alterspension sowie der weiteren im APG geregelten Leistungen erfolgt gemäß § 8 APG nach den Bestimmungen des ASVG.
§ 10 Abs 1 APG ordnet an, dass der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (§ 31 ASVG) für jede Person, die in den Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt, ein Pensionskonto einzurichten hat, wobei es nach den Gesetzesmaterialien (RV 653 BlgNR 22. GP 12) nicht darauf ankommt, ob es sich um eine Pflichtversicherung oder eine freiwillige Versicherung handelt oder ob die Versicherung auf einer Teilversicherung nach § 8 Abs 1 Z 2 ASVG idF der Art. 2, § 3 Abs 3 GSVG idF des Art 3 oder 4a BSVG idF des Art 4 beruht. Ein Pensionskonto ist sowohl für alle Personen zu führen, für die eine Parallelrechnung durchzuführen ist, als auch für alle Personen, die nur unter den Geltungsbereich des APG fallen. Die Kontoführung beginnt mit jenem Kalenderjahr, in dem erstmals ein Versicherungsverhältnis in der Pensionsversicherung begründet wird und endet mit Ablauf des Kalenderjahrs, in das der Stichtag für die (vorzeitige) Alterspension oder der Tod der versicherten Person fällt, wobei im letzten Jahr der Kontoführung nur Versicherungsdaten bis zum Stichtag oder Todeszeitpunkt zu berücksichtigen sind und das Pensionskonto iSd §§ 11 und 12 leg cit jährlich zu aktualisieren ist.
Den Gesetzesmaterialien zu § 10 Abs 1 APG (RV 653 BlgNR 22. GP 11) ist ferner zu entnehmen, dass die Pensionsreformkommission in ihrem im Dezember 2002 veröffentlichten zweiten Bericht grundsätzlich zwei Arten eines Pensionskontos im Rahmen des Umlagesystems zur Diskussion gestellt hatte. Dabei hatte es sich einerseits um ein beitragsorientiertes Konto, in dem für jede versicherte Person laufend die Beitragsleistungen einzutragen und aufzuwerten gewesen wären und bei der Verrentung sodann die aufgewertete Beitragssumme unter Berücksichtigung der zu erwartenden Lebenserwartung auf das jeweilige Antrittsalter in eine monatliche Leistung umzuwandeln gewesen wäre, sowie um ein leistungsorientiertes Konto gehandelt, für das sich der Gesetzgeber letztlich entschieden hatte. Im leistungsorientierten Konto wird jährlich der Betrag der auf Basis der jährlichen Beitragsgrundlage erworbenen Pensionsanwartschaften eingetragen. Diese Anwartschaften ermitteln sich aus der jährlichen Beitragsgrundlage, multipliziert mit einem Kontoprozentsatz (1,78 %). Dieser Betrag wird jährlich aufgewertet. Aus dem Konto ist daher jeweils ersichtlich, wie hoch die zu einem bestimmten Zeitpunkt erworbene Pension ist. Bei Übertritt in die Pension ergibt sich die Pension sodann aus dem Kontostand, wobei die versicherten Personen mit der Schaffung der einschlägigen Regelungen des APG erstmals einen gesetzlich garantierten Anspruch auf die auf dem Pensionskonto erworbenen Gutschriften haben und eine Änderung des Kontoprozentsatzes nur pro futurum möglich sein soll. Im Gegensatz zum beitragsorientierten Konto erfolgt die Verrentung also laufend und nicht erst bei der Pensionierung. Dass sich der Gesetzgeber für das leistungsorientierte Pensionskonto entschieden hat, beruht darauf, dass er ein explizites Leistungsziel vorgesehen hat, das mit einem beitragsorientierten Konto nicht zu erreichen wäre.
Gemäß § 11 APG sind bei der Pensionskontoführung für jedes Kalenderjahr folgende Daten kontenmäßig zu erfassen:
Diese Bestimmung listet somit jene im Konto zu speichernden versicherungsrechtlichen Daten auf, die den für die Pensionsberechtigung maßgeblichen Beitragsgrundlagen und den Teil- bzw Gesamtgutschriften zugrunde liegen. Die nach § 11 APG gespeicherten Beitragsgrundlagen bilden sodann die Basis für die nach § 12 APG zu ermittelnde Teilgutschrift des jeweiligen Kalenderjahrs.
§ 12 APG regelt die Berechnung der Teil- und Gesamtgutschriften, wobei der Kontoprozentsatz seit dem Jahr 2005 1,78 % beträgt und die Kontoprozentsätze für Kalenderjahre vor dem Jahr 2005 in der Anlage 2 zum APG festgelegt sind. Da § 12 APG die Jahresbeitragsgrundlage in die Teilgutschrift einbezieht, sind in das Pensionskoto alle Beitragsgrundlagen - auch die (bei Mehrfachversicherung) über der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage vorhandenen Beitragsgrundlagen -, für die Beiträge geleistet wurden, aufzunehmen.
§ 13 APG bestimmt, dass der zuständige Pensionsversicherungsträger auf Verlangen der versicherten Person dieser erstmals ab 2008 aus den jeweils für ein Kalenderjahr (vorläufig) kontenmäßig erfassten Daten rechtsunverbindlich Folgendes mitzuteilen hat:
Ergibt sich nachträglich, dass die in der Kontomitteilung enthaltenen Daten unrichtig waren, sind diese unverzüglich richtig zu stellen und die versicherte Person darüber zu informieren (§ 13 Abs 3 APG). Die Mitteilung nach § 13 leg cit ist somit vom Kontoinhalt gemäß § 11 APG zu unterscheiden, zumal die Mitteilung im Wesentlichen nur die aktuellen Beitragsgrundlagen, die dafür entrichteten Beiträge sowie die im betreffenden Kalenderjahr erworbene Teil- und Gesamtgutschrift enthalten muss. Die Mitteilung kann auch nur eine vorläufige sein, zumal sich noch nachträglich herausstellen kann, dass sich die darin berücksichtigten Beitragsgrundlagen verändert haben.
§ 13 Abs 4 APG ordnet an, dass die Abs 1 bis 3 dieser Bestimmung nicht auf die im § 15 leg cit geregelte Kontoerstgutschrift anzuwenden sind.
§ 14 APG beinhaltet die Übertragung von Gutschriften bei Kindererziehung.
Die die sog. Kontoerstgutschrift regelnde Bestimmung des § 15 APG imF lautet wie folgt:
„(1) Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1954 geboren sind und bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 mindestens einen Versicherungsmonat nach diesem Bundesgesetz, dem ASVG, GSVG, FSVG oder BSVG erworben haben, wird eine Kontoerstgutschrift zum 1. Jänner 2014 ermittelt.
(2) Zur Ermittlung der Kontoerstgutschrift ist (als Ausgangsbetrag) das Ausmaß der Alterspension nach dem ASVG, GSVG, FSVG und BSVG, das sich unter der Annahme des Vorliegens des Regelpensionsalters und eines Pensionsstichtages zum 1. Jänner 2014 ergibt, so zu berechnen, dass
1. als Bemessungsgrundlage abweichend von den §§ 238 Abs. 1 erster Satz ASVG, 122 Abs. 1 erster Satz GSVG und 113 Abs. 1 erster Satz BSVG die Summe der 336 höchsten monatlichen Gesamtbeitragsgrundlagen, geteilt durch 392, heranzuziehen ist;
2. die §§ 238 Abs. 2 ASVG, 122 Abs. 2 GSVG und 113 Abs. 2 BSVG über die Verminderung der Zahl der Gesamtbeitragsgrundlagen nicht anzuwenden sind;
3. für die Bildung der Bemessungsgrundlage auch Versicherungszeiten nach diesem Bundesgesetz, die vor dem 1. Jänner 2014 erworben wurden, zu berücksichtigen sind; dabei sind Versicherungszeiten auf Grund einer Pflichtversicherung nach den §§ 8 Abs. 1 Z 2 lit. a bis g ASVG, 3 Abs. 3 GSVG und 4a BSVG wie die entsprechenden Ersatzzeiten nach den §§ 227 und 227a ASVG, 116 und 116a GSVG sowie 107 und 107a BSVG zu behandeln, und zwar unter Anwendung des § 243 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung;
4. als Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten abweichend von den §§ 239 und 607 Abs. 6 ASVG, 123 und 298 Abs. 6 GSVG sowie 114 und 287 Abs. 6 BSVG die Bemessungsgrundlage nach Z 1, mindestens jedoch der um 22 % erhöhte und höchstens der um 70% erhöhte Ausgleichzulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG für das Jahr 2014 heranzuziehen ist;
5. die Beitragsgrundlagen, die zur Bildung der Bemessungsgrundlage herangezogen werden, abweichend von den §§ 242 ASVG, 127 GSVG und 118 BSVG mit den ihrer zeitlichen Lagerung entsprechenden Aufwertungsfaktoren nach Anlage 7 zu diesem Bundesgesetz – erhöht um den um 30 % erhöhten Prozentsatz, der dem Anpassungsfaktor für das Jahr 2013 entspricht – aufzuwerten sind;
6. ein besonderer Steigerungsbetrag nach den §§ 248 Abs. 1 ASVG, 141 Abs. 1 GSVG und 132 Abs. 1 BSVG sowie ein monatlicher Leistungszuschlag nach § 284 Z 1 ASVG nicht zu berücksichtigen ist;
7. die §§ 607 Abs. 23 ASVG, 298 Abs. 18 GSVG und 287 Abs. 18 BSVG über die Vergleichsberechnung nicht anzuwenden sind;
8. noch nicht nachbemessene (vorläufige) Beitragsgrundlagen
a) nach dem GSVG in Höhe der jeweiligen Mindestbeitragsgrundlagen als Beitragsgrundlagen nach § 25 Abs. 2 GSVG unter Anwendung des § 26 Abs. 3 bis 5 GSVG zu berücksichtigen sind;
b) nach dem BSVG in der zum 1. Jänner 2014 festgestellten Höhe zu berücksichtigen sind;
die §§ 25 Abs. 7 GSVG und 23 Abs. 12 BSVG sind in diesen Fällen nicht anzuwenden, es sei denn, die Pensionsleistung wird vor der Nachbemessung der (vorläufigen) Beitragsgrundlagen in Anspruch genommen.
(3) Die nach Abs. 2 ermittelte Pensionshöhe, gerundet auf Cent, bildet den Ausgangsbetrag für die Berechnung der Kontoerstgutschrift.
(4) Zur Ermittlung der Kontoerstgutschrift ist weiters (als Vergleichsbetrag) das Ausmaß der Alterspension, das sich bei Anwendung der Parallelrechnung nach der am 31. Dezember 2013 geltenden Rechtslage sowie unter der Annahme des Vorliegens des Regelpensionsalters und eines Pensionsstichtages zum 1. Jänner 2014 ergibt, so zu berechnen, dass
1. ein besonderer Steigerungsbetrag nach den §§ 248 Abs. 1 ASVG, 141 Abs. 1 GSVG und 132 Abs. 1 BSVG nicht zu berücksichtigen ist;
2. noch nicht nachbemessene (vorläufige) Beitragsgrundlagen
a) nach dem GSVG in Höhe der jeweiligen Mindestbeitragsgrundlagen als Beitragsgrundlagen nach § 25 Abs. 2 GSVG unter Anwendung des § 26 Abs. 3 bis 5 GSVG zu berücksichtigen sind;
b) nach dem BSVG in der zum 1. Jänner 2014 festgestellten Höhe zu berücksichtigen sind; die §§ 25 Abs. 7 GSVG und 23 Abs. 12 BSVG sind in diesen Fällen nicht anzuwenden, es sei denn, die Pensionsleistung wird vor der Nachbemessung der (vorläufigen) Beitragsgrundlagen in Anspruch genommen.
(5) Die nach Abs. 4 ermittelte Pensionshöhe auf Grund der Parallelrechnung, gerundet auf Cent, bildet den Vergleichsbetrag für die Berechnung der Kontoerstgutschrift.
(6) Das 14-fache des Ausgangsbetrages bildet die Kontoerstgutschrift, es sei denn, der Ausgangsbetrag ist niedriger oder höher als der für den jeweiligen Geburtsjahrgang mit Prozentsätzen nach Abs. 7 vervielfachte Vergleichsbetrag.
(7) Ist der Ausgangsbetrag einer Person, die einem in der linken Spalte genannten Jahrgang angehört,
1. niedriger als der mit dem in der mittleren Spalte genannten Prozentsatz vervielfachte Vergleichsbetrag, so bildet das 14-fache dieses prozentuell vervielfachten Vergleichsbetrages die Kontoerstgutschrift;
2. höher als der mit dem in der rechten Spalte genannten Prozentsatz vervielfachte Vergleichsbetrag, so bildet das 14-fache dieses prozentuell vervielfachten Vergleichsbetrages die Kontoerstgutschrift:
1955 …………….. 98,5 % …………….. 101,5 %
1956 …………….. 98,3 % …………….. 101,7 %
1957 …………….. 98,1 % …………….. 101,9 %
1958 …………….. 97,9 % …………….. 102,1 %
1959 …………….. 97,7 % …………….. 102,3 %
1960 …………….. 97,5 % …………….. 102,5 %
1961 …………….. 97,3 % …………….. 102,7 %
1962 …………….. 97,1 % …………….. 102,9 %
1963 …………….. 96,9 % …………….. 103,1 %
1964 …………….. 96,7 % …………….. 103,3 %
ab 1965 ………..... 96,5 % …………….. 103,5 %
(8) Die Kontoerstgutschrift ist als Gesamtgutschrift für das Jahr 2013 bis längstens 31. Dezember 2014 in das Pensionskonto aufzunehmen und der kontoberechtigten Person mitzuteilen. Frühere Teil- und Gesamtgutschriften verlieren damit ihre Gültigkeit und werden durch die Gesamtgutschrift 2013 ersetzt.
(9) Bei der Feststellung von Pensionen mit einem Stichtag in den Jahren 2014 bis 2016 ist die Kontoerstgutschrift neu zu berechnen, wenn mehr als 480 für die Bemessung der Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate vorliegen. Bei dieser Neuberechnung sind im Rahmen der Parallelrechnung nach Abs. 4 die §§ 261 Abs. 6 und 284 Z 5 ASVG, 139 Abs. 6 GSVG und 130 Abs. 6 BSVG in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung über das Höchstausmaß der Leistung so anzuwenden, dass an die Stelle von 80% (87% in der knappschaftlichen Pensionsversicherung) der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage folgende Prozentsätze treten:
1. bei einem Stichtag im Jahr 2014: 85 % (92 % in der knappschaftlichen Pensionsversicherung),
2. bei einem Stichtag im Jahr 2015: 83 % (90 % in der knappschaftlichen Pensionsversicherung),
3. bei einem Stichtag im Jahr 2016: 81 % (88 % in der knappschaftlichen Pensionsversicherung).
(9a) Wurden bei der Ermittlung der Kontoerstgutschrift (vorläufige) Beitragsgrundlagen im Sinne des Abs. 2 Z 8 oder des Abs. 4 Z 2 berücksichtigt, so ist die Kontoerstgutschrift neu zu berechnen, wenn diese Beitragsgrundlagen aus der Zeit vor dem 1. Jänner 2014 nachbemessen werden, wobei die nachbemessenen Beitragsgrundlagen an die Stelle der vorläufigen Beitragsgrundlagen treten. Werden Beitragsgrundlagen aus der Zeit vor dem 1. Jänner 2014 erst nach Ablauf des 31. Dezember 2016 nachbemessen, so ist eine Ergänzungsgutschrift nach Abs. 10 zu berechnen.
(10) Die Kontoerstgutschrift bzw. die Gesamtgutschrift für das Jahr 2013 ist bei nachträglichen Änderungen von Beitragsgrundlagen und Versicherungszeiten, die für die Berechnung der Pensionshöhe nach Abs. 2 oder Abs. 4 maßgeblich sind, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016 unter Berücksichtigung dieser Änderungen neu zu berechnen. Für Beitragsgrundlagen und Versicherungszeiten aus der Zeit vor dem 1. Jänner 2014, die nach Ablauf des 31. Dezember 2016 festgestellt werden, ist eine Ergänzungsgutschrift oder ein Nachtragsabzug nach Maßgabe des Abs. 2 zu ermitteln. Dabei ist dem Ausgangsbetrag bei Ermittlung der Erstgutschrift (Ausgangsbetrag 1) ein neu errechneter Ausgangsbetrag unter Einschluss der nachträglich festgestellten Beitragsgrundlagen und Versicherungszeiten (Ausgangsbetrag 2) gegenüberzustellen. Ist der Ausgangsbetrag 2 höher als der Ausgangsbetrag 1, so ist das 14-fache des Unterschiedsbetrages als Ergänzungsgutschrift der Gesamtgutschrift für das Jahr 2013 zuzuzählen. Ist der Ausgangsbetrag 1 höher als der Ausgangsbetrag 2, so ist die Gesamtgutschrift für das Jahr 2013 um das 14-fache des Unterschiedsbetrages als Nachtragsabzug zu vermindern; dies gilt nicht für Änderungen auf Grund von Kindererziehungszeiten, Präsenz- oder Ausbildungsdienstzeiten sowie Zivildienst- oder Auslandsdienstzeiten nach § 12b des Zivildienstgesetzes.
(10a) Ist die nach Abs. 10 erster Satz wegen Änderungen auf Grund von Kindererziehungszeiten, Präsenz- oder Ausbildungsdienstzeiten sowie Zivildienst- oder Auslandsdienstzeiten nach § 12b des Zivildienstgesetzes neu berechnete Kontoerstgutschrift niedriger als die ursprüngliche, so ist diese anzuwenden.
(10b) Abweichend von Abs. 10 erster Satz ist die Kontoerstgutschrift bzw. die Gesamtgutschrift auch nach Ablauf des 31. Dezember 2016 bei nachträglichen Änderungen von Beitragsgrundlagen und Versicherungszeiten neu zu berechnen, wenn sich diese Änderungen auf Grund eines Verwaltungsverfahrens ergeben, das vor dem 1. Jänner 2017 eingeleitet wurde und zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war.
(11) Abweichend von § 367 Abs. 1 und 2 ASVG sind Bescheide über die Kontoerstgutschrift nur dann zu erlassen, wenn die kontoberechtigte Person dies ausdrücklich verlangt, und zwar
1. bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016 oder
2. innerhalb von drei Monaten ab Mitteilung der Kontoerstgutschrift.
(12) Die in der Kontoerstgutschrift festgestellte Zuordnung von Versicherungszeiten nach den §§ 8 Abs. 1 Z 2 lit. g ASVG, 3 Abs. 3 Z 4 GSVG und 4a Z 4 BSVG oder nach den §§ 227a ASVG, 116a GSVG und 107a BSVG zu einem Elternteil kann auf Antrag nur dann geändert werden, wenn dies die kontoberechtigte Person bis zum Ablauf des 31. Dezember 2016 beantragt.
(13) Die Kontoerstgutschrift hat zu entfallen, wenn ausschließlich Versicherungsmonate nach diesem Bundesgesetz vorliegen.“
Den erläuternden Gesetzesmaterialien zu § 15 APG in der mit dem 2. StabG 2012 geschaffenen - insbesondere eine Abschaffung der Parallelrechnung mit 31.12.2013 beinhaltenden – Fassung ist ua zu Nachstehendes zu entnehmen:
„Durch die vorgeschlagene Kontoerstgutschrift soll nun durch Entfall der Parallelrechnung die Wirksamkeit des Pensionskontos maßgeblich verbessert werden. Zum Zweck der Ermittlung der Kontoerstgutschrift wird zum Stichtag 1. Jänner 2014 eine fiktive 'Alterspension' unter Heranziehung aller bis zum Ende des Jahres 2013 erworbenen Versicherungszeiten nach bestimmten Parametern berechnet. Die auf diese Weise ermittelte Kontoerstgutschrift wird sodann als Gesamtgutschrift für das Jahr 2013 in das Pensionskonto gestellt.
Folgende Parameter kommen bei der Ermittlung der Kontoerstgutschrift (in Höhe einer fiktiven 'Altpension' zum 1. Jänner 2014) zur Anwendung:
Die 'Durchrechnungsverluste' werden dabei zum Großteil durch die bessere Aufwertung der Beitragsgrundlagen kompensiert. Darüber hinaus wird unter Zuhilfenahme einer nach den bisherigen Bestimmungen der Parallelrechnung ermittelten fiktiven Vergleichspension sichergestellt, dass die Abweichungen der Kontoerstgutschrift von einer nach der bisherigen Parallelrechnung zu erzielenden Pensionshöhe z um 1. Jänner 2014 nicht größer als maximal 3,5 % nach unten oder oben sind, wobei diese „Verlust-“ bzw 'Gewinndeckelung' nach Geburtsjahrgängen gestaffelt ist (beginnend mit dem Jahrgang 1955 mit einer zulässigen Abweichung von 1,5 % und Jahrgangsweise 0,2 %-Punkte ansteigend bis zum Jahr 1965 (Abweichung von 3,5 % zulässig). … Zur Wahrung der günstigeren Abschlagsregelung nach der Rechtslage 2003 im Rahmen der Parallelrechnung wird für Personen, die mehr als 40 Versicherungsjahre erworben haben und ihre Pension in den Jahren 2014 bis 2016 antreten, eine Neuberechnung der Erstgutschrift angeordnet. Im Zuge der Pensionsfeststellung wird sodann die Erstgutschrift neu ermittelt, wobei für die Höchstbegrenzung des Steigerungsbetrags nicht 80 %, sondern 85 % (2014), 83 % (2015) und 81 % (2016) der Bemessungsgrundlage zur Anwendung gelangen. … Eine Neuberechnung der Kontoerstgutschrift unter Einbeziehung der Parallelrechnung ist auch bei nachträglicher Änderung der relevanten Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen, etwa infolge nachträglicher Beitragsentrichtung für Schul- und Studienzeiten, bis zum Ablauf des Jahres 2016 vorzunehmen. Ab dem Jahr 2017 erfolgt eine nachträgliche Berücksichtigung von Versicherungszeiten (aus der Zeit vor 2014) mit Hilfe einer Ergänzungsgutschrift: Dabei wird unter Einbeziehung der nachträglich hervorgekommenen Versicherungszeiten und Beitragsgrundlagen eine fiktive Pension nach dem Modus für die Ermittlung des Ausgangsbetrags errechnet. Der so ermittelte neue Ausgangsbetrag ('Ausgangsbetrag 2') wird dem bei Ermittlung der Kontoerstgutschrift berechneten Ausgangsbetrag ('Ausgangsbetrag 1') gegenübergestellt. Ist der Ausgangsbetrag 2 höher als der Ausgangsbetrag 1, so ist der Unterschiedsbetrag - umgewandelt in einen Jahresbetrag - der Gesamtgutschrift für das Jahr 2013 zuzuschlagen. Den Neuberechnungen und Leistungsermittlungen ab dem Jahr 2017 entfällt die Vergleichsberechnung nach § 15 Abs 4 APG ...“.
Wie aber etwa das – vom Gesetzgeber uneindeutig formulierte - Verhältnis der im § 15 Abs 11 APG idF SVÄG 2013, BGBl I 2013/86 (Art 4 Z 10), genannten beiden Alternativen zueinander zu sehen ist, kann den Materialien nicht entnommen werden, muss hier aber letztlich nicht beantwortet werden. Denkbar erschiene, dass die versicherte Person auch nach Ablauf der dreimonatigen Frist noch bis 31.12.2016 einen entsprechenden Antrag stellen kann, was die in Z 2 genannte dreimonatige Frist aber schon an sich überflüssig machen würde. Kneihs vertritt daher die Auffassung, dass der Antrag grundsätzlich bis 31.12.2016 zu stellen sei, wenn bis dahin keine Mitteilung der Kontoerstgutschrift erfolge, ansonsten aber grundsätzlich die dreimonatige Frist gelte bzw. bei einer Mitteilung im letzten Quartal des Jahrs 2016 ein Antrag innerhalb von drei Monaten auch über den Ablauf des 31.12.2016 hinaus gestellt werden könne ( Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil SV-Komm 2015 § 354 ASVG Rz 16). Demgegenüber sind Teschner/Widlar/Pöltner der Ansicht, dass ein Bescheid über die Kontoerstgutschrift in jedem Fall bis Ende des Jahrs 2016 verlangt werden könne ( Teschner/Widlar/Pöltner zu § 15 APG).
2.2. Mit dem 2. StabG 2012 wurde durch Einfügung des § 354 Z 5 ASVG sowie entsprechender Regelungen in den anderen Sozialversicherungsgesetzen klargestellt, dass die Feststellung der Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift oder eines Nachtragsbezugs (§ 15 APG) Leistungssachen sind.
Gemäß der seit 1.1.2014 in Geltung stehenden Regelung des § 65 Abs 1 Z 4 letzter Halbsatz ASGG bilden nunmehr auch Streitigkeiten über den Bestand und Umfang einer Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift (§ 15 APG) - unter den weiteren Voraussetzungen des § 67 Abs 1 Z 3 ASGG - Sozialrechtssachen im Sinn des ASGG .
§ 67 Abs 1 Z 3 ASGG legt im hier interessierenden Kontext fest, dass in einer Leistungssache nach § 65 Abs. 1 Z 4 leg cit - vorbehaltlich des § 68 leg cit – vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden darf, wenn der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden hat oder über den Widerspruch gegen einen Bescheid über Bestand und Umfang einer Kontoerstgutschrift sowie einer Ergänzungsgutschrift (§ 15 APG) nicht innerhalb eines Jahrs mit Widerspruchsbescheid (§ 367a ASVG) entschieden hat, wobei die Frist durch eine Aussetzung des Widerspruchsverfahrens nach § 367a Abs. 4 ASVG gehemmt wird.
Damit nimmt das ASGG auf den seit 1.1.2014 in Geltung stehenden § 367a ASVG Bezug, der Folgendes bestimmt:
„(1) Gegen Bescheide der Versicherungsträger in Leistungssachen nach § 354 Z 5 kann binnen drei Monaten nach Zustellung Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den er sich richtet, und einen begründeten Entscheidungsantrag zu enthalten. Er bedarf der Schriftform und ist bei jenem Versicherungsträger einzubringen, der den Bescheid erlassen hat. Ein beim Gericht eingebrachter Widerspruch gilt als beim Versicherungsträger eingebracht und ist an diesen unverzüglich weiterzuleiten.
(2) Der Versicherungsträger hat binnen einem Jahr nach der Einbringung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid zu entscheiden. Dabei kann er aufgrund des Widerspruches und allfälliger weiterer Ermittlungen den Bescheid im Sinne des Widerspruchsbegehrens ändern oder ergänzen. Widrigenfalls ist der Widerspruch dem Widerspruchs-Ausschuss nach Abs 3 zur Beurteilung vorzulegen und unter Bedachtnahme auf diese Beurteilung zu entscheiden.
(3) Zur Beurteilung von Widersprüchen nach Abs 2 dritter Satz wird beim Pensionsversicherungsträger ein besonderer Vorstandsausschuss eingerichtet (Widerspruchs-Ausschuss). Bei Versicherungsträgern mit Landesstellen kann ein solcher Ausschuss bei jeder Landesstelle eingerichtet werden; die örtliche Zuständigkeit dieser Ausschüsse richtet sich nach dem Wohnsitz der Widerspruch erhebenden Person.
(4) Ist die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, der Beginn oder das Ende der Versicherung, die maßgebende Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft strittig, so ist das Widerspruchsverfahren auszusetzen, bis darüber im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist; die Frist nach Abs 2 ist bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens gehemmt. Ist zum Zeitpunkt der Aussetzung noch kein Verfahren in diesen Angelegenheiten anhängig, so hat der über den Widerspruch zu entscheidende Pensionsversicherungsträger dessen Einleitung zu beantragen; die rechtskräftige Entscheidung ist ihm unverzüglich zu übermitteln.
(5) Erst mit dem Vorliegen eines Widerspruchsbescheides oder dem Ablauf der Frist nach Abs 2 ohne Erlassung eine Widerspruchsbescheides werden Leistungssachen nach § 354 Z 5 nach § 67 ASGG einklagbar.“
Wenngleich das ASGG über das Schicksal des ursprünglichen Bescheids über die Kontoerstgutschrift keine expiziten Anordnungen trifft, ist somit schon in Ansehung des § 367a Abs 5 ASVG davon auszugehen, dass der Widerspruchsbescheid diesen Bescheid ersetzt, also vollständig an seine Stelle tritt, selbst wenn er den ursprünglichen Bescheid materiell-rechtlich lediglich ergänzt. Ferner folgt aus § 367a Abs 5 ASVG, dass nur bezüglich des Widerspruchsbescheids und nicht schon des ursprünglichen Bescheids die Möglichkeit der Klageerhebung nach § 67 ASGG besteht ( Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil , Der SV-Komm § 367a ASVG Rz 9 ua).
Diese Konstruktion einer Gerichtszuständigkeit erst nach Ausschöpfung eines administrativen Rechtsmittels ist einzigartig. Gegenstand des administrativen Verfahrens sind der Bescheid über die Kontoerstgutschrift oder eine allfällige Ergänzungsgutschrift nach § 15 APG, mit denen alle bisherigen Gutschriften ersetzt werden und der Versicherungsverlauf mit bindender Wirkung für alle künftigen Leistungsverfahren festgelegt wird, der dagegen erhobene Widerspruch sowie der Widerspruchsbescheid.
Dass es für eine versicherte Person, dann, wenn der ursprüngliche Bescheid und der Widerspruchsbescheid ihre Versicherungsbiografie nicht korrekt erfassen, geradezu elementar ist, Widerspruch zu erheben bzw. gegen den Widerspruchsbescheid gerichtlich vorzugehen, liegt auf der Hand. Gemäß den erläuternden Bemerkungen zu § 367a ASVG (ErläutRV 2246 BlgNR 24. GP 3) hat der Bescheid über die Kontoerstgutschrift bzw. eine allfällige Ergänzungsgutschrift daher eine § 58 Abs 1 AVG genügende Rechtsmittelbelehrung, mit der auf die Möglichkeit des Widerspruchs und seine genauen Modalitäten, auf die konkrete Gerichtszuständigkeit und Klagefrist hinzuweisen ist, zu enthalten.
Schon von Gesetzes wegen gelten bei Gericht eingebrachte Widersprüche als beim Versicherungsträger eingebracht. Das Gericht hat deshalb bei ihm einlangende Widersprüche gegen Bescheide über Kontoerstgutschriften und Ergänzungsgutschriften unverzüglich an den zuständigen Versicherungsträger weiterzuleiten, wobei die dem Versicherungsträger eingeräumte Frist zur Entscheidung über den Widerspruch in solchen Fällen nicht erst mit dem Einlangen bei diesem, sondern bereits mit der Einbringung bei Gericht in Lauf gesetzt wird.
Der Gesetzgeber räumt dem Versicherungsträger für die Entscheidung über den Widerspruch - abweichend vom AVG und von § 368 ASVG - eine Entscheidungsfrist von einem Jahr ab Einbringung des Widerspruchs ein.
Da der ursprüngliche Bescheid über die Kontoerstgutschrift oder Ergänzungsgutschrift den Widerspruchsbescheid zur Gänze ersetzt, soll kraft gesetzlicher Anordnung auch nur der Widerspruchsbescheid (bzw. der durch Bekämpfung des Widerspruchsbescheids angestrebte Gerichtsentscheid) die Kontoerstgutschrift/ Ergänzungsgutschrift endgültig festlegen. Dies gilt zweifellos nicht nur dann, wenn der Widerspruchsbescheid den Erstbescheid abändert oder ergänzt, sondern auch dann, wenn das Widerspruchsbegehren mit dem Widerspruchsbescheid gänzlich oder teilweise abgewiesen wird.
Der ursprüngliche Bescheid über die Kontoerstgutschrift erwächst gemäß § 367a ASVG nach ungenützem Ablauf der dreimonatigen Widerspruchsfrist in Rechtskraft. Der Widerspruchsbescheid wird indessen erst nach Ende der (allenfalls kombinierten) Beschwerde- und Revisionsfrist vor dem VfGH und VwGH rechtskräftig ( Mosler/Müller/Pfeil , SV-Komm 2015, § 367a ASVG Rz 13; Kneihs , ZfV 2015, 171).
Über die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, Beginn und Ende der Versicherung, die maßgebliche Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft darf im Verfahren über den Widerspruch gegen die Kontoerstgutschrift jedoch nicht entschieden werden. Ist auch nur eines dieser Elemente strittig, so ist eine Entscheidung darüber im hiefür vorgesehenen Verfahren in Verwaltungssachen abzuwarten bzw. - wenn ein solches Verfahren noch nicht anhängig ist - beim dafür zuständigen Versicherungsträger zu beantragen, der seine Entscheidung dem beteiligten Versicherungsträger unverzüglich zu übermitteln hat. § 367a Abs 4 ASVG modifiziert § 38 AVG somit dahingehend, dass dem mit der Kontoerstgutschrift befassten Pensionsversicherungsträger eine eigenständige Beurteilung der Fragen der Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, des Beginns und der Beendigung der Versicherung, der maßgeblichen Beitragsgrundlage oder der Angehörigeneigenschaft verwehrt ist, und ihm somit kein Wahlrecht zwischen Aussetzung und Fortführung seines Verfahrens zukommt. Das Gesetz sieht in solchen Fällen vielmehr eine zwingende Aussetzungsanordnung vor. Diese Abweichung vom AVG erscheint in Ansehung des Art 11 Abs 2 B-VG aufgrund der Autonomie der (gegen-)beteiligten Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper, die über die in Rede stehenden Angelegenheiten im eigenen Wirkungsbereich zu entscheiden haben, gerechtfertigt. Gemäß § 67 Abs 1 Z 3 letzter Halbsatz ASGG ist die einjährige Entscheidungsfrist des § 367a Abs 2 ASVG während der Dauer eines solchen Verwaltungsverfahrens gehemmt.
2.3. Im hier interessierenden Zusammenhang ist an dieser Stelle somit nochmals hervorzugehen, dass unter einem „Bescheid“ im Sinn des § 67 Abs 1 Z 1 ASGG erst der Widerspruchsbescheid nach § 367a Abs 2 ASVG zu verstehen ist , zumal eine die Kontoerstgutschrift/Ergänzungsgutschrift betreffende Klage beim Arbeits- und Sozialgericht von Gesetzes wegen nicht schon gegen den ursprünglichen Bescheid, vielmehr erst gegen den Widerspruchsbescheid zusteht und kein Wahlrecht zwischen Klage und Widerspruch besteht. Ferner räumt das Gesetz den Versicherten für den Fall des ungenützten Ablaufs der dem Versicherungsträger eingeräumten einjährigen Entscheidungsfrist im Widerspruchsverfahren die Möglichkeit ein, Säumnisklage zu erheben.
3.1. Im konkreten Fall steht nun aber außer Streit, dass die Klägerin von der beklagten Partei bis dato lediglich eine - dezidiert keine Bescheidqualität aufweisende unverbindliche Mitteilung der Kontoerstgutschrift erhalten und nie iSd § 15 Abs 11 APG einen diesbezüglichen Bescheid verlangt hat, ein solcher Bescheid, gegen den gemäß § 367a ASVG Widerspruch erhoben und das Widerspruchsverfahren in Gang gesetzt werden könnte, nicht existiert.
Da eine bloße unverbindliche Mitteilung einer Kontoerstgutschrift jedenfalls kein, die sukzessive Entscheidungskompetenz auf das Sozialgericht verlagerndes Klagerecht eröffnet , wurde das unter Punkt a.) erhobene, auf gerichtliche Feststellung der Kontoerstgutschrift gerichtete Klagebegehren vom Erstgericht mit Recht wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs beschlussmäßig zurückgewiesen, und musste der dagegeben erhobene Rekurs insgesamt versagen.
3.2. Der erstmals mit dem Rechtsmittel gestellte Eventualantrag, „die Klage hinsichtlich Punkt a.) des Begehrens als Verlangen nach § 14 Abs 11 Z 1 APG (offensichtlich gemeint: § 15 Abs 11 APG) auf Erlassung eines Bescheides über die Kontoerstgutschrift sinngemäß nach § 67a Abs 1 ASVG (offensichtlich gemeint: § 367a Abs 1 ASVG) an den Versicherungsträger Pensionsversicherungsanstalt weiterzuleiten“ , erweist sich schon deshalb als unberechtigt, weil Punkt a.) der Klage keineswegs auf eine Bescheiderlassung abzielt und die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren dezidiert zum Ausdruck gebracht hat, die Erlassung eines Bescheids über die Kontoerstgutschrift für entbehrlich zu erachten. Damit ist auch den weiteren Eventualanträgen auf Unterbrechung des Verfahrens über die Höhe der Alterspension bis zur Rechtskraft eines – nie erlassenen - Bescheids über die Kontoerstgutschrift bzw. bis zur Erlassung eines Widerspruchsbescheids bzw. bis zum Eintritt einjähriger Säumigkeit des Versicherungsträgers bei Erlassung eines Widerspruchsbescheids bzw. bis zur Rechtskraft einer Gerichtsentscheidung über eine Klage nach §§ 367a Abs 5 ASVG, 65 Abs 1 Z 4 ASGG, 67 Abs 1 Z 3 ASGG auf Feststellung der Kontoerstgutschrift, schon an sich der Boden entzogen.
3.3. Insoweit sich die vorliegende Klage gegen die von der beklagten Partei mit Bescheid vom 23.10.2015 festgestellte Höhe der der Versicherten bindend ab 1.10.2015 gebührenden Alterspension richtet, liegt jedoch eine den Umfang einer vom Versicherungsträger dem Grunde nach anerkannten Leistung betreffende, gemäß § 65 Abs 1 Z 1 ASGG der sukzessiven Kompetenz des Sozialgerichts unterfallende Leistungssache iSd § 354 Z 1 ASVG vor. Der Rekurswerberin ist daher darin beizupflichten, dass der Rechtsweg insoweit zulässig und die diesbezügliche erstgerichtliche Klagszurückweisung verfehlt ist.
Die der Klägerin zugegangene unverbindliche Mitteilung der Kontoerstgutschrift kann naturgemäß keine Bindungswirkung im Hinblick auf die im vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren zu klärende Höhe der der Versicherten gebührenden Alterspension entfalten. Da das im § 367a ASVG geregelte administrative Verfahren, dessen Ergebnisse Bindungswirkungen erzeugen können, überhaupt nur dann eingreift, wenn die – jedoch keiner diesbezüglichen Rechtspflicht unterworfene - versicherte Person einen Bescheid über die Kontoerstgutschrift verlangt, die Klägerin aber nie eine dahingehende Bescheiderlassung begehrt hat, ist die hier strittige Höhe der der Klägerin zustehenden Alterspension vom Gericht aus eigenem zu ermitteln.
Die vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen reichen nun aber jedenfalls nicht dazu hin, abschließend über die Pensionshöhe befinden zu können, weshalb dem Rekurs gegen die beschlussmäßige Zurückweisung des zu Punkt b.) erhobenen Klagebegehrens letztlich dahingehend Folge zu geben war, dass der angefochtene Beschluss insoweit sowie im Kostenpunkt aufzuheben und dem Erstgericht in diesem Umfang die Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme vom angezogenen Zurückweisungsgrund aufzutragen war.
4.1. Zur Vermeidung künftiger unnotwendiger Weiterungen wird das Erstgericht im nächsten Rechtsgang zunächst auf eine detaillierte Darlegung der vom Versicherungsträger bei Ermittlung der Pensionshöhe konkret berücksichtigten Berechnungsprämissen bzw. konkret vorgenommenen einzelnen Rechenschritte zu dringen haben, wobei die beklagte Partei insbesondere aufzufordern sein wird, die von der von der Klägerin vorgenommenen Berechnung abweichenden Berechungsansätze darzutun . Sollte die beklagte Partei keine entsprechende Aufklärung liefern oder sich die Berechnung der Pensionshöhe aus anderen Gründen als besonders komplex erweisen, könnte dies gegebenenfalls die Einholung eines einschlägigen Gutachtens rechtfertigen.
4.2. Ferner wird im fortgesetzten Verfahren schon im Hinblick darauf, dass die beklagte Partei mit dem angefochtenen Bescheid den Anspruch der Klägerin auf Alterspension ab 1.10.2015 dem Grunde nach bejaht hat, dann, wenn sich die Pensionsberechnung des Versicherungsträgers als richtig erweisen sollte, auf § 71 Abs 1 und 2 ASGG Bedacht zu nehmen sein. Gemäß § 71 Abs 1 ASGG setzt eine rechtzeitige zulässige Bescheidklage den bekämpften Bescheid des Versicherungsträgers nur im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft, wobei § 71 Abs 2 erster Halbsatz leg cit im Weiteren bestimmt, dass jene Leistungsverpflichtung, die dem außer Kraft getretenen Bescheid entspricht, als vom Versicherungsträger unwiderruflich anerkannt anzusehen ist. Dieses der/dem Versicherten zugute kommende Verschlechterungsverbot gebietet es daher, dass das Gericht zumindest die im außer Kraft getretenen Bescheid festgestellte/zuerkannte Leistung (wiederholend) festzustellen/zuzusprechen hat (RIS-Justiz RS0089217; 10 ObS 111/15v; 10 ObS 60/15v uvm).
II. Der Vorbehalt der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ist in den §§ 2 Abs 1 ASGG, 52 ZPO begründet.
III. Da sich das Rechtsmittelgericht bei seiner die Zurückweisung des auf Erteilung einer Kontoerstgutschrift gerichteten Klagebegehrens bestätigenden Entscheidung auf klare Rechtsgrundlagen stützen konnte und keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn der §§ 2 Abs 1 ASGG, 502 Abs 1 ZPO zu klären hatte, bestand kein Anlass, dagegen den weiteren (ordentlichen) Rechtszug an das Höchstgericht zuzulassen.
Oberlandesgericht Innsbruck
in Arbeits- und Sozialrechtssachen, Abteilung 5
Innsbruck, am 26. August 2016
Dr. Werner Lux, Senatspräsident