15Ra22/16x – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten Dr. Werner Lux sowie die Richterin Dr. Elisabeth Müller-Gruber und den Richter Dr. Andreas Told sowie die fachkundigen Laienrichter HR Dr. Erwin Trawöger aus dem Kreise der Arbeitgeber und HR Mag. Gerold Trimmel aus dem Kreise der Arbeitnehmer als weitere Mitglieder des Senates in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M *****, vertreten durch die Achammer Mennel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, wider die beklagte Partei G *****, vertreten durch die Thurnherr Witwer Pfefferkorn Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, wegen Leistung (EUR 15.000,-- s.A.) und Feststellung (Streitwert EUR 5.000,--), über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.5.2015, 33 Cga 130/14w 20, in nichtöffentlicher Sitzung
I. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Begehrens richtet, es werde festgestellt, dass die beklagte Partei dem Kläger für alle künftigen Schäden, die aus der diskriminierenden Kündigung vom 12.2.2014 entstehen werden, zu haften habe, k e i n e Folge gegeben, sondern die angefochtene Entscheidung in diesem Umfang als Teilurteil b e s t ä t i g t .
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig;
und
II. beschlossen:
Im Übrigen, also hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von EUR 15.000,-- samt 9,08 % Zinsen seit dem 20.8.2014 und hinsichtlich hinsichtlich der Kostenentscheidung wird der Berufung jedoch F o l g e gegeben, die angefochtene Entscheidung a u f g e h o b e n und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung z u r ü c k v e r w i e s e n .
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
Text
Der Kläger war ab 19.3.2007 bei der beklagten Partei als Techniker und Konstrukteur beschäftigt. Nach einem ersten Krankenstand am 15.5.2007 war er in unterschiedlich langer Dauer über die einzelnen Jahre verteilt bis zum 26.2.2013 und ab diesem Tag bis (ausschließlich) 14.4.2014 durchgehend krank; vom 16.4.2014 bis 30.6.2014 war er wiederum im Krankenstand; insgesamt war der Kläger während des gesamten Arbeitsverhältnisses 3.485 Stunden wegen Krankheit arbeitsunfähig.
Am 10.2.2014 (also während eines Krankenstandes) wurde der Kläger von seinem unmittelbaren Vorgesetzten Ing. M***** W***** kontaktiert und ihm mitgeteilt, der Geschäftsführer DI G***** wolle mit ihm sprechen. Ing. M***** W***** bat den kläger, schnellstmöglich ins Büro zu kommen, und nannte dabei zwei mögliche Besprechungstermine; einen Termin noch am 10.2.2014 lehnte der Kläger ab, dem zweiten Termin am 12.2.2014 stimmte er zu.
Am 11.2.2014 stellte der Kläger beim Bundessozialamt, Landesstelle Vorarlberg, einen Antrag auf Feststellung seiner Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten; dass er einen derartigen Antrag zu stellen beabsichtigte, hatte der Kläger DI G***** und Ing. W***** bereits „im Jahre 2013“ mitgeteilt.
Im Gespräch am 12.2.2014 zwischen DI G***** und dem Kläger, an dem auch Ing. W***** teilnahm, sprach DI G***** die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum Kläger per 30.6.2014 aus, übergab dem Kläger ein vorbereitetes Kündigungsschreiben und stellte in Aussicht, den Kläger im Fall einer Genesung weiter zu beschäftigen.
Mit Bescheid vom 12.3.2014 stellte das Bundessozialamt die Zugehörigkeit des Klägers zum Kreis der begünstigten Behinderungen ab 11.2.2014 fest.
Am 14.4.2014 nahm der Kläger wieder seine Arbeit auf und sprach am 15.4.2014 mit DI G***** über die weitere Vorgehensweise, insbesondere über eine Weiterbeschäftigung, allenfalls in Teilzeit. Dabei brachte DI G***** klar zum Ausdruck, dass er die Kündigung vom 12.2.2014 „nicht widerrufen werde“, wobei bei diesem Gespräch wörtlich folgende Äußerungen fielen:
G*****: „I hals mar sicher ned no an Begünschtigta a“
Kläger: „Des ist aber scho einfach da lichtr Wäg“
G*****: „Nana i hon, i hon zwa wäg, jo sicher des isch da leichtere Wäg. Es isch koan leichta Wäg, es isch da oane koan leichta Wäg, es isch da andere kan leichta Wäg. Nur wenn i mir als Unternehmer nocher überleg i loss mar nocher no irgendwelche Fesseln alega weil i nochernd no an Begünschtigta astell … verstohsch? Jo, na des ka i ned macha.“
Kläger: „Was isch am Begünschtigta so nachteilhaft?“
G*****: „Na, woasch was nachteilhaft isch ama Begünschtigta, söll dr des wirklich säga?“
Kläger: „Jo“
G*****: „und des isch ba dena ganzen Gesetzen des Nachteilhafte was se ufstellan zum Schutz der Arbeitnehmer. Des isch genau des gliche dass da Schuss immer noch hinta losgoht. Weil es git gewisse Persona die sowas usnützan, des will i, jetzt net falsch verstoh bitte, na net falsch verstoh. Nicht das i des jetzt erwarten würde gä abe mir sind scho mol uf d'schnauze gfalla. Des isch genau 's gliche ba dena Begünschtigta plus 45 do simr oh mit ma Schweisser mol ufd schnauze gfalla, am Arbeitsgricht glandat. Der hot Fallnöht gschweisst usw des war nicht zumutbar. Im Endeffekt ischas imma Vergleich geendat. Und wenn des, die Erfahrung scho mol gmacht hoscht und as solche Gsetzte gibt, egal wer des isch, denn machscht des nicht mehr, verstosch. Weil dies Begünstigung vom Geld wägsam Geld muss is net macha, verstosch?“
Kläger: „Bin i Leitragende vo dem dass ihr scho mol schlächte Erfahrung mit ma so a Mitarbeiter gmacht hond?“
G*****: „Im Endeffekt wenn, wenn mar ehrlich sind“
Kläger: „J o oder?“
G*****: „Vom Gesetz her jo, sich, es isch so es isch so ...“
In der Folge wandte sich der Kläger an das Bundessozialamt, Landesstelle Vorarlberg, mit dem Antrag, dieses möge gemäß § 14 BGStG ein Schlichtungsverfahren einleiten und in diesem darauf hinwirken, dass die beklagte Partei ihm eine Diskriminierungsentschädigung in der Höhe von EUR 15.000,-- leiste und der beklagten Partei gegenüber festgestellt werde, dass sie dem Kläger für sämtliche zukünftigen Schäden, welche aus der diskriminierenden Kündigung vom 13.2.2014 entstünden bzw. von dieser herrührten, hafte. Begründet wurde dieser Antrag - zusammengefasst - damit, der Kläger habe den Geschäftsführer der beklagten Partei zu Beginn des Gesprächs am 12.2.2014 erklärt, dass er gestern einen Antrag auf Feststellung seiner Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-Einstellungsgesetzes gestellt habe. Der Geschäftsführer habe daraufhin trotz Kenntnis über die mögliche Eigenschaft als begünstigter Behinderter die Kündigung ausgesprochen. Im Zuge des Gesprächs vom 15.4.2014 habe sich der Geschäftsführer mehrfach diskriminierend geäußert. Durch diese - oben bereits wiedergegebenen - Äußerungen habe sich klar und eindeutig ergeben, dass die beklagte Partei ihn ausschließlich auf Grund seiner Behinderung bzw. seiner entsprechenden Antragstellung gekündigt habe. Diese Vorgehensweise sei auf das Gröbste diskriminierend. Er habe daher gemäß § 7 Abs 1 BEinstG einen Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung, sei er doch im Hinblick auf die höchst diskriminierenden Äußerungen zutiefst betroffen gewesen.
In diesem Schlichtungsverfahren konnte allerdings keine Einigung erzielt werden, worüber das Sozialministerium-Service (= Bundessozialamt) am 10.9.2014 eine entsprechende schriftliche Bestätigung ausstellte.
Ausgehend von diesem (mittlerweile) unstrittigen Sachverhalt - der sich auch aus der Beilage ./A ergibt, die im erstgerichtlichen Verfahren inhaltlich unbestritten geblieben ist und die daher vom Berufungsgericht auch ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verwertet werden konnte (RIS-Justiz RS0121557; RS0040083 [T1]) - wiederholt der Kläger im gegenständlichen Verfahren seine bereits dargestellten Behauptungen im Antrag auf Einleitung des Schlichtungsverfahrens und bekräftigt seine Ansicht, dass die beklagte Partei ihn ausschließlich auf Grund seiner Behinderung bzw. Antragstellung im Sinne des Behinderten-Einstellungsgesetzes gekündigt habe. Das Vorgehen der beklagten Partei sei auf das Gröbste diskriminierend und sei die Kündigung ausschließlich auf Grund seiner Behinderung erfolgt. Gemäß § 7 Abs 1 BEinstG habe er, der die wegen der Behinderung ausgesprochene Kündigung gegen sich gelten lasse, einen Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. Er sei im Hinblick auf die höchst diskriminierenden Äußerungen zu tiefst betroffen gewesen und sei ihm Weiterbeschäftigung in einem derart behindertenfeindlichen Betrieb weder möglich noch zumutbar. Ihm stehe daher eine Diskriminierungsentschädigung für die erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen und für den zu erwartenden Verdienstentgang (siehe dazu letzter Absatz in S 5 in ON 8) in Höhe von EUR 15.000,-- zu. Durch die ungerechtfertigte Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei auch sein berufliches Fortkommen massiv beeinträchtigt. Es sei ihm nicht möglich, eine Beschäftigung mit gleichwertiger Bezahlung zu finden, sodass ihm dadurch ein noch nicht voraussehbarer Vermögensschaden in Form eines Verdienstentganges entstehe und er daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei für aus der diskriminierenden Kündigung vom 1 3 .2.2014 (offensichtlich gemeint: vom 1 2 .2.2014) herrührende zukünftige Schäden habe.
Die beklagte Partei hat dieses Begehren bestritten, Klagsabweisung beantragt und - ebenfalls zusammengefasst dargestellt - vorgetragen, dass der ausschließliche Grund der Kündigung des Klägers seine lang andauernden Krankenstände sowie seine damit zusammenhängende Unzuverlässigkeit gewesen seien. So seien etwa auch die Krankmeldungen des Klägers meist verspätet und oftmals nur nach mehrfachen Aufforderungen durch die Personalabteilung eingegangen und habe der Kläger zugesagte Termine oftmals nicht eingehalten. Da der Kläger als technischer Konstrukteur eine verantwortliche Position besetzt habe, von denen bei der beklagten Partei nur vier Posten existierten, von denen einer durch einen Schulabgänger, der am 1.10.2013 begonnen habe und ein weiterer durch einen am 3.3.2014 eingestellten Mitarbeiter besetzt gewesen sei, sei die beklagte Partei infolge des hohen Auftragsvolumens und der damit verbundenen technischen und organisatorischen Anforderungen gezwungen gewesen, einen neuen Techniker in Vollzeit einzustellen und den Kläger zu kündigen.
Der Kläger habe dem Geschäftsführer der beklagten Partei auch zu Beginn des Gesprächs am 12.2.2014 nicht mitgeteilt, dass er einen entsprechenden Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-Einstellungsgesetzes gestellt habe; vielmehr seien weder der Geschäftsführer der beklagten Partei noch Ing. M***** W***** über die Behinderteneigenschaft des Klägers informiert gewesen. Auch beim Gespräch am 15.4.2014 sei der Geschäftsführer der beklagten Partei nicht über den Umstand informiert gewesen, dass der Kläger zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre. Thema dieses Gesprächs am 15.4.2014 war, ob „man über alternative Arbeitszeitmodelle reden könne“ und habe der Kläger dann, nachdem DI G***** die Kündigung auf eine entsprechende Frage des Klägers nicht zurücknehmen wollte, einen „Behindertenausweis“ vorgezeigt. Diesem habe aber DI G***** keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, da er davon ausgegangen sei, einen nicht begünstigten Behinderten rechtswirksam gekündigt zu haben. Die vom Kläger behaupteten Äußerungen seien überhaupt nicht gefallen und entspreche dieser Jargon nicht der Firmenphilosophie, was sich schon daraus ergebe, dass die beklagte Partei die Quoten für die Einstellung begünstigter Behinderter teils übererfüllt habe. Der Kläger sei also weder im Zuge des Ausspruchs der Kündigung noch im nachfolgenden Gespräch wegen seiner Behinderung diskriminiert worden. Da die Kündigung nicht „wegen seiner Behinderung“, sondern wegen seiner langen Krankenstände und seiner Unzuverlässigkeit erfolgt sei und die diskriminierenden Äußerungen nicht gefallen seien, bestünden die vom Kläger behaupteten Ansprüche schon grundsätzlich nicht. Der Kläger habe auch kein rechtliches Interesse am Feststellungsbegehren, gewähre doch § 7 BEinstG zwar einen Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens, nicht jedoch auf Ersatz aller zukünftig eintretenden Vermögensschäden. Derartige Vermögensschäden bestünden im Wesentlichen im Wegfall des Gehaltes und sei dieser Schaden bis zum nächsten regulären Kündigungstermin zu ersetzen. Die beklagte Partei habe dem Kläger eine Kündigungsentschädigung von 6 Monatsgehältern bereits vollständig ausbezahlt, weshalb dem Kläger kein Anspruch mehr zustehe, abgesehen davon, dass es dem Kläger bei seiner Ausbildung als Techniker und Konstrukteur ohnedies ein Leichtes sein müsste, trotz seiner Behinderung eine geeignete Stelle am Arbeitsmarkt zu finden.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Dieser Entscheidung legte es jenen Sachverhalt zugrunde, den es auf den Seiten 1 und 2 sowie 8 bis 12 der Urteilsausfertigung festgehalten hat. Soweit der wesentliche - und im Berufungsverfahren nicht bekämpfte - Inhalt dieses angenommenen Sachverhalts nicht bereits eingangs der Berufungsentscheidung wiedergegeben wurde, verweist das Berufungsgericht gemäß § 500a ZPO auf diese erstgerichtlichen Feststellungen, aus denen zum besseren Verständnis der Berufungsentscheidung die von den Streitteilen im Rechtsmittelverfahren bekämpften Feststellungen hervorgehoben seien (die von der klagenden Partei bekämpften Feststellungen werden dabei in Kursivdruck dargestellt und mit BRK 1 bis BRK 3 bezeichnet, die von der beklagten Partei bekämpfte Feststellung wird unterstrichen dargestellt):
Anlässlich einer Besprechung am 21.1.2010 zwischen dem Kläger und Ing. M***** W***** sowie einem weiteren Mitarbeiter der beklagten Partei wies Ing. W***** auf die einzuhaltenden Kernzeiten zwischen 8.00 und 14.15 Uhr hin. Der Kläger trat seinen Dienst regelmäßig zwischen 8.00 und 9.30 Uhr an. Ob mit dem Kläger ein späterer Arbeitsbeginn vereinbart wurde, kann nicht festgestellt werden (BRK 1) .
Der Kläger hat seine Krankenstände samt den Krankmeldungen nicht immer „nahtlos“ bekannt gegeben. Zumindest teilweise wurden die Krankmeldungen erst über telefonische Nachfrage seitens der Personalabteilung nachgereicht. Bei Telefonaten mit seinem direkten Vorgesetzten Ing. M***** W***** gab der Kläger immer wieder bekannt, dass er nächste Woche kommen werde (BRK 2) .
Der Grund für die Kündigung waren die langen Krankenstände des Klägers. Jedenfalls spielte die (am 11.2.2014 erfolgte) Antragstellung beim B*****, wobei nicht festgestellt werden kann, ob der Kläger überhaupt diesen Umstand unmittelbar vor dem Kündigungsausspruch DI G***** und Ing. W***** mitgeteilt hat, keine Rolle (BRK 3) .
Zuvor (gemeint: zu Beginn des Gesprächs am 15.4.2014) hatte der Kläger DI G***** und Ing. W***** über den positiven Bescheid vom 12.03.2014 informiert .
In rechtlicher Hinsicht legte das Erstgericht die Bestimmung des § 7f BEinstG dar und erörterte, dass die hier in Rede stehende Kündigung wegen Krankheit nicht in den Schutzbereich des BEinstG falle und eine Krankheit allein keinen Diskriminierungstatbestand erfülle. Wenn „nun die zur Beendigung geführte Diskriminierung in dem Gespräch vom 15.4.2014 gesucht“ werde, so sei darauf hinzuweisen, dass zu diesem Zeitpunkt die Kündigung längst ausgesprochen gewesen sei und sich die vom Geschäftsführer getätigten Äußerungen, deren Tauglichkeit als diskriminierend dahingestellt bleiben möge, offensichtlich nicht mit der Kündigung im Zusammenhang stünden. Die vom Geschäftsführer dabei zum Ausdruck gebrachte negative Haltung hinsichtlich der Beschäftigung eines begünstigten Behinderten sei vor dem Hintergrund, dass es bei diesem Gespräch ausschließlich um die Argumentation des Klägers für eine Wiedereinstellung gegangen sei, nicht als „Nichteinstellung infolge der Behinderung, sondern als Nichteinstellung trotz Behinderung“ zu verstehen und könne angesichts des Umstands, dass „zum Zeitpunkt des Kündigungsentschlusses der Antrag noch gar nicht gestellt“ gewesen sei, nicht „nachträglich als Kündigungsgrund herangezogen werden“ .
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit rechtzeitiger Berufung, mit der er aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung - allenfalls nach Beweiswiederholung - anstrebt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat in ihrer fristgerechten Berufungsbeantwortung , in der sie - zulässigerweise (§ 468 Abs 2 ZPO) - ebenfalls erstgerichtliche Feststellungen bekämpft, beantragt, dem gegnerischen Rechtsmittel einen Erfolg zu versagen.
Da die im § 480 Abs 1 ZPO geforderten Voraussetzungen zur Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht vorliegen, war über dieses Rechtsmittel in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden; dabei erwies es sich nur als teilweise - im Sinne des Aufhebungsantrages - berechtigt.
A. Zum Teilurteil :
I. Zur Mängelrüge:
Ein solche erblickt der Kläger darin, dass das Gericht die von ihm zum Beweis der Richtigkeit seines Vorbringens, dass auf Grund der Schwere der Diskriminierung und des zu erwartenden Verdienstentgangs die geltend gemachte Entschädigung in der Höhe von EUR 15.000,-- angemessen und berechtigt sei, insbesondere dazu, dass zukünftig ein Verdienstentgang bestehe, beantragten Gutachten nicht eingeholt habe. Bei Einholung dieser Gutachten wäre unzweifelhaft hervorgekommen, dass der Kläger einerseits in seinem besseren Fortkommen beeinträchtigt sei und andererseits mit einem Verdienstentgang zu rechnen habe, da es ihm nicht möglich sein werde, eine gleichwertige oder ähnliche Beschäftigung zum selben Gehalt/Lohn zu erhalten.
Eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens liege deshalb vor, da der Kläger beantragt habe, der beklagten Partei aufzutragen, die Anwesenheitslisten für das gesamte Dienstverhältnis in Vorlage zu bringen, habe er doch mit Zustimmung der Vorgesetzten mit seiner Arbeit zwischen 7.30 Uhr und 9.30 Uhr beginnen können. Wenn das Gericht diesem Antrag stattgegeben hätte, hätte sich unzweifelhaft ergeben, dass der Kläger während seiner gesamten Dienstzeit immer zwischen 7.30 Uhr und 9.30 Uhr den Dienst angetreten habe. Der Beklagtenvertreter habe dieses Vorbringen zwar faktisch außer Streit gestellt, durch die Vorlage der Dienstzettel hätte sich allerdings ergeben, dass die beklagte Partei diesen Umstand (gemeint offensichtlich: den faktischen Dienstantritt zwischen 7.30 Uhr und 9.30 Uhr) nie gerügt habe und den Kläger auch nicht angewiesen habe, vor bzw. um 8.00 Uhr zu erscheinen. Es hätte sich daraus auch ergeben, dass die Dienstantrittszeiten des Klägers nie Thema gewesen seien bzw. für die Beklagte kein Problem dargestellten hätte, andernfalls müssten nämlich mannigfaltige Verwarnungen, Dienstanweisungen etc. vorliegen.
1. Dazu verweist das Berufungsgericht darauf, dass wesentliche Verfahrensmängel grundsätzlich nur jene Verletzungen des Prozessgesetzes sind, die geeignet sind, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen. Verfahrensmängel sind daher nicht nur die im § 496 Abs 2 ZPO erwähnten Stoffsammlungsmängel, sondern jede Verletzung einer Verfahrensvorschrift, wenn sie ausdrücklich geltend gemacht wird und wesentlich, d.h. abstrakt geeignet, ist, die Unrichtigkeit der Entscheidung herbeizuführen. Diese Behauptung muss der Berufungswerber aufstellen. Den Nachweis, dass im vorliegenden Fall die Unrichtigkeit der Entscheidung gerade auf diesen Fehler zurückzuführen ist, braucht er hingegen nicht zu erbringen (RIS-Justiz RS0043027, RS0043049; Kodek in Rechberger , ZPO 4 , § 496 ZPO Rz 3 uva).
2. Der Umstand, dass Gutachten nicht eingeholt wurden, kann prinzipiell einen derartigen Verfahrensmangel darstellen. Da - wie im Rahmen der Rechtsrüge noch aufgezeigt werden wird - das vom Kläger erhobene Feststellungsbegehren jedenfalls nicht gerechtfertigt ist und der Ersatz eines Vermögensschadens auch im Zusammenhang mit den Äußerungen vom April 2014 (siehe dazu ebenfalls im Folgenden) nicht in Frage kommt, vermag der Umstand, dass diese Gutachten, die vom Kläger nur zum Beweis seiner Behauptung, er sei „in seinem besseren Fortkommen beeinträchtigt und habe mit einem Verdienstentgang zu rechnen“ angeboten wurden, nicht eingeholt wurden, keinen Verfahrensmangel zu begründen.
3. Insoweit sich der Kläger darüber beklagt, dass seinem Antrag auf Vorlage von Arbeitszeitaufzeichnungen nicht nachgekommen worden sei, ist - ohne die Frage näher zu prüfen, ob für diesen Antrag überhaupt die in §§ 302, 303 ZPO geforderten Voraussetzungen vorliegen - darauf zu verweisen, dass der Kläger nach dem nicht bemängelten und somit gemäß § 215 ZPO vollen Beweis bietenden Protokoll vorgetragen hat, dass er „nahezu immer [zwischen] 8.00 Uhr und 9.00 Uhr seinen Dienst antrat“ und die beklagte Partei einen regelmäßigen Dienstantritt zwischen 8.00 Uhr und 9. 30 Uhr außer Streit stellte (siehe dazu letzte Zeile im 2. Absatz und 3. Absatz in S 28 in ON 19). Mit seiner - im Übrigen unwidersprochen gebliebenen - Feststellung, dass der Kläger seinen Dienst regelmäßig zwischen 8.00 Uhr und 9.30 Uhr antrat, hält sich das Erstgericht daher genau an diese letztlich unstrittige Tatsache des Dienstantritts um 8.00 Uhr, sodass kein Raum für den nunmehr im Rechtsmittel begehrten Dienstantritt „ab 7.30 Uhr“ besteht.
4. Im Übrigen ist für das Berufungsgericht auch nicht nachvollziehbar, warum sich aus Arbeitszeitaufzeichnungen ein (direkter) Hinweis darauf ergeben kann, dass der tatsächliche Dienstantritt eines Arbeitnehmers von seinem Dienstgeber als „verspätet“ gerügt worden sein soll; vielmehr wären diesfalls wohl eher - wie der Kläger auch richtig erkennt - schriftliche Verwarnungen und Dienstanweisungen zu erwarten. Im Hinblick auf den unstrittigen Dienstantritt des Klägers ab 8.00 Uhr erübrigt sich daher die Vorlage der Arbeitszeitaufzeichnungen jedenfalls, abgesehen davon, dass das Erstgericht einen verspäteten Dienstantritt des Klägers ohnedies nicht als Kündigungsgrund annahm, vielmehr waren nach Ansicht des Erstgerichtes die langen Krankenstände des Klägers der Kündigungsgrund
5. Insgesamt und zusammenfasst liegt jedenfalls die vom Kläger behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vor.
II. Zur Beweisrüge :
Der Kläger nennt zwar zu den BRK1 und BRK2 bekämpften Feststellungen (= b1 und b2 in der Berufung) nicht ausdrücklich die von ihm angestrebten Alternativfeststellungen, allerdings ist aus dem Kontext der Berufung erkennbar, dass der Kläger anstelle der bekämpften Feststellungen folgende Alternativfeststellungen wünscht:
BRK 1:
„Der Kläger hat seinen Dienst schon von Beginn an immer in der Zeit zwischen 7.30 Uhr und 9.12 Uhr angetreten.“
Die Richtigkeit dieser begehrten Feststellung ergebe sich insbesondere aus der Beilage ./11 und daraus, dass die beklagte Partei ein entsprechendes Vorbringen des Klägers auch nicht bestritten habe. Davon abgesehen sei es völlig widersinnig, anzunehmen, dass ein Dienstgeber über Jahre weg ein weisungsmissachtendes Verhalten eines Mitarbeiters dulde, vielmehr sei davon auszugehen, dass die beklagte Partei in diesem Fall arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen hätte.
Zu dieser Argumentation verweist das Berufungsgericht auf die bereits bei der Behandlung der Mängelrüge angestellten Überlegungen, dass der Kläger selbst einen Dienstantritt zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr behauptete, sodass für die nunmehr angestrebte Feststellung schon deshalb kein Raum besteht. Im übrigen wäre es ohnedies Sache der beklagten Partei gewesen, den Kündigungsgrund „verspäteter Dienstantritt“ zu behaupten und zu beweisen. Die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung, dass nicht festgestellt werden kann, „ob“ mit dem Kläger ein „späterer Arbeitsbeginn“ (als 8.00 Uhr) vereinbart worden ist, geht daher ohnedies zu Lasten der beklagten Partei.
BRK 2:
Anstelle der bekämpften Feststellung wünscht der Kläger die Feststellung, dass er „die Beklagte als Dienstgeberin über Arbeitsunfähigkeiten jeweils rechtzeitig informiert“ habe, wobei sich diese angestrebte Feststellung offensichtlich aus seiner Parteiaussage ergeben soll.
Abgesehen davon, dass die Frage, ob ein Arbeitnehmer seinen Dienstgeber über Arbeitsunfähigkeiten „rechtzeitig“ informierte, schlicht eine Rechtsfrage ist, die als solche einer Feststellung gar nicht zugänglich ist, und dass das Erstgericht auch eine verspätete Mitteilung der Krankenstände keineswegs als Kündigungsgrund annahm, ergibt sich aus der Aussage der Zeugin M*****, auf die sich das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung in diesem Zusammenhang auch bezieht, dass diese beim Kläger immer wieder nachgefragt hat, wo die Krankmeldung bleibt und diese Urkunde trotz Zusage des Klägers, er werde sie bringen, immer verspätet vorgelegt worden sei (siehe dazu 4. Absatz in S 14 in ON 19), sodass auch diese Feststellung des Erstgerichtes auf nachvollziehbaren Beweisergebnissen beruht.
BRK 3:
Anstelle der bekämpften Feststellung hätte das Erstgericht feststellen müssen, dass „Grund für die Kündigung die Antragstellung des Klägers beim B***** und nicht die langen Krankenstände“ waren.
Die vom Erstgericht getroffene Feststellung sei nach der Argumentation in der Berufung verfehlt und logisch deshalb nicht begründbar, da der Kläger die beklagte Partei bereits „Ende 2013“ von der Absicht zur Antragstellung beim B***** in Kenntnis gesetzt habe. Den Termin für den Antrag habe der Kläger - unwidersprochen - bereits eine Woche vor dem 11.2. vereinbart, was „hiermit als Feststellungsmangel geltend gemacht und eine entsprechende Feststellung moniert“ werde. Es mache für den Kläger auch gar keinen Sinn und wäre es lebensfremd und unlogisch, wenn er seine Antragstellung vom 11.2.2014 nicht sofort bei Beginn der Besprechung mitgeteilt hätte. Auch die Forderung der beklagten Partei, der Kläger möge schnellstmöglich ins Büro kommen, spreche für die Version des Klägers, dass die Antragstellung Grund für die Kündigung gewesen sei, sei doch ein sofortiges Erscheinen mangels dringender Kündigungsfristen gar nicht notwendig gewesen. Da sich die tatsächliche Einstellung der beklagten Partei bzw. ihres Geschäftsführers aus den Äußerungen vom April 2014 ableiten ließ, sei zwingend davon auszugehen, dass Motiv für die Kündigung selbstredend die Antragstellung gewesen sei.
Diese Ausführungen geben Anlass zu folgenden Überlegungen:
1. Auch wenn vom Berufungsgericht ungeachtet des Fehlens einer angestrebten Alternativfeststellung auch hier unterstellt, dass der Kläger unter BRK 3 anstelle der tatsächlich getroffenen Feststellung festgestellt wissen will, dass er zu Beginn des Gesprächs am 12.2.2014 seine erfolgte Antragstellung beim B***** bekannt machte, ist für den Standpunkt der Berufung aus dieser Argumentation nichts zu gewinnen:
2. Sekundäre Feststellungsmängel liegen grundsätzlich nur dann vor, wenn das Erstgericht infolge einer unrichtigen Rechtsansicht notwendige Feststellungen nicht getroffen hat und fehlen unter anderem dann, wenn in einem nicht vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren - wie hier - kein entsprechendes Parteienvorbringen erstattet wurde. Hier hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren niemals vorgebracht, dass er den Termin für die Antragstellung bereits eine Woche vor dem 11.2.2014 vereinbart habe - geschweige denn, dass diese allfällige Terminvereinbarung der beklagten Partei bekannt gewesen sei - sodass der behauptete sekundäre Feststellungsmangel nicht vorliegen kann.
3. Davon abgesehen ist die Argumentation des Klägers auch insofern unschlüssig, als der Termin für die Besprechung bereits am 10.2.2014 vereinbart wurde und von der beklagten Partei sogar noch ein Termin am selben Tag (10.2.2014) vorgeschlagen wurde, wobei zu diesem Zeitpunkt unstrittig weder die Antragstellung erfolgt ist noch vom Kläger behauptet wurde, er habe die beklagte Partei konkret auf die unmittelbar bevorstehende Antragstellung am 11.2.2014 hingewiesen. Damit kann jedenfalls die - auch nach dem Vorbringen des Klägers der beklagten Partei unbekannte - Antragstellung am 11.2.2014 kein Anlass für die am 10.2.2014 erfolgte Terminvereinbarung gewesen sein. Die Argumentation des Klägers, er hätte zu Beginn des Gesprächs am 12.2.2014 auf seine (als Reaktion auf die Einladung zum Gespräch am 12.2.2014 erfolgte?) Antragstellung beim B***** hingewiesen, ist prinzipiell durchaus nachvollziehbar und wurde diese auch vom Kläger im Rahmen seiner Einvernahme so geschildert (siehe dazu letzter Absatz in S 5 in ON 19). Andererseits liegen aber gegenteilige Aussagen sowohl des Geschäftsführers DI B***** G***** (3. und 4. Absatz in S 10) als auch des Zeugen Ing. M***** W***** (letzte Zeile in S 18, 1. Zeile in S 19 in ON 19) vor. Auch wenn es richtig ist, dass die Aussagen dieser beiden Personen infolge der nachgewiesenen Unrichtigkeit im Zusammenhang mit dem Inhalt des Gespräches im April 2014 durchaus kritisch zu beleuchten sind (in diesem Zusammenhang wird auf die folgenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen), kann allein dieser Umstand vor dem konkreten Hintergrund noch nicht die vom Kläger angestrebte Feststellung rechtfertigen.
4. Insoweit der Kläger die Feststellung, dass die Kündigung ausschließlich wegen seiner Krankenstände erfolgt sei, bekämpft, ist vorerst allgemein darauf hinzuweisen, dass das Berufungsgericht keine Würdigung der Beweisergebnisse vorzunehmen, sondern nur zu überprüfen hat, ob das Erstgericht die ihm vorgelegenen Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat ( Kodek in Rechberger , ZPO 4 , § 482 ZPO, Rz 3). Die Bewertung von Beweismitteln bei verschiedenen Beweisergebnissen bzw. die Lösung der Frage, ob bei unterschiedlichen Beweisergebnissen einer von mehreren Sachverhalten wahrscheinlicher ist als der andere, stellt eine Angelegenheit des im § 272 ZPO verankerten Prinzips der freien richterlichen Würdigung dar. Eine Tatsache darf demnach nur dann als erwiesen angenommen werden, wenn die Ergebnisse der aufgenommenen Beweise hinreichend gesicherte Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern. Diese Schlussfolgerung muss zwar nicht auf einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit aber zumindest auf einer hohen Wahrscheinlichkeit fußen, was bei einer praxisbezogenen Betrachtungsweise des zu beurteilenden Sachverhalts freilich nicht bedeutet, dass konkrete Zweifel an der zu beweisenden Behauptung überhaupt fehlen müssen.
Im gegenständlichen Fall hat der erkennende erstinstanzliche Senat sämtliche Zeugen sowie den Kläger und den Geschäftsführer der beklagten Partei unmittelbar einvernommen; seine Mitglieder konnten sich also von der Persönlichkeit der einvernommenen Personen einen direkten Eindruck verschaffen. Das Erstgericht vermochte in der angefochtenen Entscheidung in einer - zu diesem Punkt - umfangreichen, lebensnahen und in sich schlüssigen Beweiswürdigung seine Erwägungen, warum er zur Überzeugung gelangte, dass die Kündigung des Klägers auf Grund der Krankenstandsdauer erfolgte, nachvollziehbar darzustellen. Das Berufungsgericht verweist daher auf diese überzeugenden Ausführungen (§ 500a ZPO), denen vertiefend noch hinzugefügt sei:
Wenngleich richtig ist, dass der Kläger dem Geschäftsführer DI G***** und Ing. W***** „im Jahre 2013“ mitgeteilt hat, dass er beabsichtige, einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten zu stellen, ist allein dieser Umstand nicht geeignet, eine erst Wochen später erfolgte Kündigung zwingend auf diese bekannt gegebene beabsichtigte Antragstellung zurückzuführen, wobei der Kläger ja auch nicht behauptet, er habe ein konkretes Datum dafür genannt, wann er diesen Antrag stellen will. Davon abgesehen scheint es lebensnah, dass auch ein Betrieb, der auf soziale Verhältnisse seiner Mitarbeiter Bedacht nimmt, einen an einer wesentlichen Position beschäftigten Mitarbeiter nach einem rund einjährigen Krankenstand aus betrieblichen Gründen kündigen will und muss, sodass auch diese vom Erstgericht getroffene Feststellung durchaus nachvollziehbar und schlüssig ist. Demzufolge vermag das Berufungsgericht - auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass das Erstgericht die im Zusammenhang mit dem Inhalt des Gespräches im April 2014 unrichtigen Angaben von DI G***** und Ing. W***** im Rahmen seiner Beweiswürdigung ebenfalls berücksichtigt hat (siehe dazu 2. Absatz in S 14 der Urteilsausfertigung) - die beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts durchaus zu teilen und hat daher im Hinblick auf seine oben dargestellte Aufgabe bei der Behandlung einer Beweisrüge diese Feststellung zu übernehmen.
5. In diesem Zusammenhang ist eine Auseinandersetzung mit der von der beklagten Partei thematisierten Frage, ob die vom Kläger erlangte Tonaufnahme rechtmäßig erlangt und demzufolge im Verfahren verwertet werden darf, geboten:
5.1 Der OGH hatte sich mehrmals mit dem Bestehen und der Wahrnehmung von in der ZPO nicht geregelten Beweisverwertungsverboten im Zivilprozess auseinanderzusetzen. In der E 8 ObA 297/95 wurde hinsichtlich eines rechtmäßig erlangten Beweismittels (es handelte sich um ein bei Abhörung des Fernmeldeverkehrs im Sinne des damals geltenden § 149a StPO entstandenes Tonbandprotokoll) ausgesprochen, dass dessen Verwertung im Zivilprozess nicht gehindert ist. In der E 4 Ob 247/99y legte das Höchstgericht dar, dass in einem Zivilverfahren, in dem nach dem Gang des Verfahrens ein Prozessbetrugsversuch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne und trotz einer Vielzahl von aufgenommenen Personalbeweisen - einschließlich der Vernehmung der Streitteile - der Beweiswert dieser Beweismittel offenbar sehr dürftig sei, eine Notwehrsituation vorliege, in der - auch wenn man die Vornahme einer Interessenabwägung für notwendig erachte - die Abhörung eines Tonbandes zulässig sei. In der E 3 Ob 131/00m gelangte das Höchstgericht zum Ergebnis, dass eine Tonbandaufnahme nach entsprechender Interessenabwägung nur in besonderen Ausnahmefällen (Notwehr, Notstand, Verfolgung von überragendem berechtigten Interesse) in einem Rechtsstreit verwendet werden dürfe. Gebe es in einem Prozess weitere Beweismittel wie beispielsweise Zeugen, stelle die Rechtsansicht des Rechtsmittelgerichts, dass Rechtsfertigungsgründe für die geheime Tonbandaufnahme nicht vorlägen, keine Fehlbeurteilung dar. Zu 6 Ob 190/01m vertrat das Höchstgericht die Ansicht, dass der in seinem Recht auf das eigene Wort Verletzte grundsätzlich einen Anspruch auf Unterlassung der Verwertung rechtswidrig erlangter Tonaufzeichnungen habe. Benötige eine Partei derartige Beweismittel unbedingt in einem Verfahren infolge Beweisnotstandes, sei eine Güter- und Interessenabwägung vorzunehmen. Für die Annahme eines rechtfertigenden Beweisnotstandes reiche nicht schon das allgemeine Interesse jeder Partei, über ein besonders beweiskräftiges Beweismittel zu verfügen, vielmehr obliege dem Beweisführer der Beweis, dass er die Tonaufzeichnung bei sonstiger Undurchsetzbarkeit seines Anspruchs benötige und dass der von ihm verfolgte Anspruch und seine subjektiven Interessen höherwertiger seien als die bei der Erlangung des Beweismittels verletzte Privatsphäre des Prozessgegners. Unter Hinweis auf den Beweisführer zur Verfügung stehende andere Beweismittel - darunter auch das Transkript der Tonaufzeichnung - gab das Höchstgericht dem Begehren auf Unterlassung der Verwertung der rechtswidrig erlangten Tonaufzeichnungen statt. In 7 Ob 105/10g wiederholte das Höchstgericht, dass die Verwendung einer Tonbandaufzeichnung wegen Beweisnotstandes nach Interessenabwägung berechtigt sei und dass die Verwertung eines Transkripts im Verfahren nicht § 120 StGB zu unterstellen sei.
5.2 Fasching lehrt (Lehrbuch 2 , Rz 934 ff), dass zwischen (unter anderem) Tonbandaufzeichnungen, die gegen den Kernbereich der verfassungsmäßig geschützten Grund- und Freiheitsrechte (wie etwa die Erlangung von Beweismittel unter körperlicher Verletzung, Entführung, Nötigung [„Privathaft“]) verstoßen und solchen, die nicht als solche Verletzung anzusehen seien, zu unterscheiden ist. Im ersteren Fall ist das erlangte Beweismittel unzulässig und darf vom Gericht nicht verwertet werden, im zweiten Falle ist es - unabhängig von allfälligen straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen - jedenfalls zu verwerten. G. Kodek kommt in „Die Verwertung rechtswidriger Tonbandaufnahmen und Abhörergebnisse im Zivilverfahren“ (ÖJZ 8/2001,281 und 287 sowie ÖJZ 9/2001,334) unter IV. „Zusammenfassung“ zum Ergebnis, dass Tonbandaufnahmen im Zivilverfahren grundsätzlich uneingeschränkt verwertbar sind, eine Wiedergabe einer solchen Aufnahme auch durch das Urheberrechtsgesetz gedeckt ist und das Abspielen derartiger Tonbandaufnahmen nicht unter § 120 Abs 2 StGB fällt. Selbige Ansicht vertritt auch Rechberger (ZPO 4 , Vor § 266 ZPO, Rz 24) mit dem weiteren Argument, dass rechtswidrig erlangte Tonbandaufnahmen im Zivilprozess deshalb uneingeschränkt verwertbar sind, da der Schutzzweck einer bei der Beweiserlangung allenfalls übertretenen Norm nicht in den Prozess reicht, sodass die Verwertung derartiger Beweisergebnisse zweifelsfrei keinen Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 2 ZPO verwirklicht; anderes gilt nach dessen Ansicht freilich dann, wenn diese Beweisergebnisse auf aus rechtsstaatlicher Sicht unerträgliche Weise zustande gekommen sind.
5.3 Für den Bereich des Art 8 EMRK wird darüber hinaus die Ansicht vertreten, dass dieser die Verwendung von Transkripten von Tonaufnahmen von zwischen privaten (insbesondere im geschäftlichen Verkehr) geführten Gesprächen als Beweismittel im Rahmen einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung verbietet ( Grabenwarter , Europäische Menschenrechtskonvention 5 , S 232, Rz 10; 1 Ob 172/07m).
5.4 Hier stützt das Erstgericht die von ihm getroffenen Feststellungen ausschließlich auf die „Reinschrift des Klägers Beilage ./E“, der es - wenngleich in Kenntnis des Inhalts der Tonaufnahme - eine uneingeschränkte Glaubwürdigkeit zumisst. Da - wie dargestellt - die Verwendung eines Transkripts einer Tonaufnahme auch ohne Interessenabwägung zulässig ist (siehe dazu auch RIS-Justiz RS0123178), stellt sich die Frage eines Verwertungsverbots der Tonbandaufnahme letztlich gar nicht, sodass sich das Erstgericht zur Begründung seiner Feststellungen zum Inhalt des Gesprächs vom 15.4.2014 zu Recht auf dieses Transkripts stützen können.
6. Die beklagte Partei wünscht anstelle der bekämpften Feststellung die Feststellung:
„Der Bescheid über die Feststellung der begünstigten Behinderteneigenschaft des Klägers ... wurde jedenfalls mit Brief vom 1.7.2014 vom Klagsvertreter an die Beklagte übermittelt ... Ob die begünstigten Behinderteneigenschaften des Klägers der Beklagten auch schon davor bekannt gegeben wurde, kann nicht festgestellt werden.“
Diese angestrebte Feststellung wird damit begründet, dass der genannte Bescheid objektiv mit einem Schreiben des Klagsvertreters übermittelt wurde, wäre er früher bekannt gegeben oder übermittelt worden, wäre eine neuerliche Übermittlung nicht notwendig gewesen.
6. Dieser Argumentation vermag das Berufungsgericht schon deshalb nicht zu folgen, da weder nach dem Vorbringen des Klägers noch den entsprechenden Feststellungen des Erstgerichtes davon auszugehen ist, dass der Kläger den Repräsentanten der beklagten Partei am 14. oder 15.4.2014 eine Ausfertigung des Bescheids übergeben hat. Damit spricht der Umstand, dass der Klagsvertreter mit seinem Schreiben Beilage ./C den Bescheid an die beklagte Partei übermittelt hat, nicht jedenfalls gegen die Richtigkeit der getroffenen Feststellung.
Abgesehen davon, dass die beklagte Partei ohnedies keine weiteren Argumente nennt, warum die bekämpfte Feststellung unrichtig sein sollte, ergibt sich aus dem Inhalt des Gesprächs am 15.4.2014, dass die beklagte Partei über die Eigenschaft des Klägers als begünstigter Behinderter sehr wohl informiert war, würde es doch sonst keinen Sinn machen, dass der Geschäftsführer der beklagten Partei davon spricht, sich nicht „noch einen Begünstigten aufhalsen“ zu wollen und die Ansicht des Klägers, er sei der Leidtragende vom Umstand, dass die beklagte Partei schon einmal schlechte Erfahrungen mit einem begünstigten Behinderten gemacht habe, bejaht.
7. Insgesamt und zusammengefasst übernimmt daher das Berufungsgericht den vom Erstgericht erarbeiteten Sachverhalt als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung.
III. Zur Rechtsrüge :
In dieser behauptet der Kläger vorerst, das gesamte Verfahren habe gezeigt, dass er gerade wegen der Antragstellung gekündigt worden sei, sodass ihm insgesamt die geltend gemachten Ansprüche zustünden.
1. Dazu mag vorerst der Hinweis hilfreich sein, dass eine ordnungsgemäße Rechtsrüge - und eine andere ist vom Berufungsgericht nicht zu behandeln - nicht vom festgestellten Sachverhalt abweichen darf, weil das Berufungsgericht die Rechtsfrage allein auf Grund des vom Erstgericht festgestellten und als unbedenklich übernommenen Sachverhalts zu prüfen hat ( Pimmer in Fasching 2 , IV/1, § 467 ZPO, Rz 44; Kodek in Rechberger , ZPO 4 , § 471 ZPO, Rz 9; RIS-Justiz RS0041585; RS0043312 ua).
2. Hier steht fest, dass die Kündigung des Klägers ausschließlich auf seine Krankenstände zurückzuführen ist. Wenn der Kläger in seinem Rechtsmittel behauptet, er sei wegen der Antragstellung gekündigt worden und daran rechtliche Folgerungen knüpft, wird er damit der dargestellten grundlegenden Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Rechtsrüge deshalb nicht gerecht, da feststeht, dass die Kündigung nicht wegen der Antragstellung, sondern wegen der Krankenstände erfolgt ist. Mangels einer ordnungsgemäßen Rechtsrüge hat das Berufungsgericht daher die vom Erstgericht in diesem Zusammenhang vertretene Rechtsansicht nicht näher zu prüfen und somit auch nicht zu untersuchen, ob der vom Erstgericht erarbeitete Sachverhalt überhaupt ausreicht, um eine nicht diskriminierende Kündigung annehmen zu können (so blieb etwa offen, ob die tatsächlich festgestellten Krankenstände des Klägers im Zusammenhang mit seiner Behinderung standen oder ob sie wegen von der Behinderung unabhängiger Krankheiten oder Verletzungen [siehe dazu Beilage ./2] auftraten).
2. Ein begünstigter Behinderter, der eine gegen das BEinstG verstoßende Kündigung gegen sich gelten lässt, hat nach § 7f Abs 1 letzter Satz BEinstG nicht nur Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung, sondern auch Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens. Hier kann nunmehr dahingestellt bleiben, ob diese gesetzliche Regelung auch ein Feststellungsbegehren rechtfertigen kann und/oder ob dieser Vermögensschaden mit einer - eine nähere Aufschlüsselung erfolgte weder im Verfahren noch lässt sich eine solche der Mahnklage zu 33 Cga 132/14i des Erstgerichts entnehmen - unstrittig (sodass im Hinblick darauf, dass zu unstrittigen Tatsachen auch keine Feststellungen zu treffen sind [Rechberger in Rechberger, ZPO4, §§ 266 - 267 ZPO, Rz 2], auch die in diesem Zusammenhang von der beklagten Partei behaupteten sekundären Feststellungsmängel nicht vorliegen) bereits bezahlten sechsmonatigen Kündigungsentschädigung bereits abgegolten ist (so jedenfalls 9 ObA 46/07s) oder ob eine derartige Obergrenze der Richtlinie 2000/78/EG widerspricht (siehe dazu K. Mayr , ZellKomm 2 , I, § 7f BEinstG Rz 3 und 9 ObA 87/15g), da der Kläger das von ihm erhobene Feststellungsbegehren sowohl nach der Klagserzählung als auch nach dem Urteilsbegehren ausschließlich aus der „diskriminierenden Kündigung vom 13.2.2014“ ableitet. Da diese Kündigung jedoch nach den insoweit das Berufungsgericht bindenden Feststellungen nicht wegen der Behinderung, sondern auf Grund der Krankenstände des Klägers erfolgt ist , kann ein auf § 7f BEinstG gestützter Anspruch des Klägers wegen eingetretener bzw. zukünftig eintretender Vermögensschäden niemals in Frage kommen , sodass das Erstgericht das Feststellungsbegehren des Klägers zu Recht abgewiesen hat und die Entscheidung in diesem Umfang als Teilurteil zu bestätigen war.
3. Da die Verneinung eines Verfahrensmangels durch das Berufungsgericht (RIS-Justiz RS0042963) gleich der Lösung der Tatfrage bzw. der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043371) nicht revisibel ist und da das Berufungsgericht mangels erhobener Rechtsrüge in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rechtsfrage zu entscheiden hatte, ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO die (ordentliche) Revision gegen das Teilurteil nicht zulässig.
B. Zum Aufhebungsbeschluss :
In seinen weiterer Ausführungen zur Rechtsrüge vertritt der Kläger die Auffassung, dass ihn die vom Erstgericht festgestellte menschenverachtende, diskriminierende und verächtliche Art nicht nur diskriminiert, sondern auch beleidigt und im Sinne der §§ 7a, 7b und 7d BEinstG belästigt habe. Auch wenn sich das Erstgericht mit diesem Thema nicht näher auseinandergesetzt habe, gebühre ihm schon aus diesem Grund die geltend gemachte Diskriminierungsentschädigung für die erlittene Belästigung.
Dazu hat das Berufungsgericht erwogen :
Rechtliche Beurteilung
1. Vorerst ist zu prüfen, ob dieses Vorbringen dem hier gemäß § 63 Abs 1 ASGG, § 482 ZPO geltenden Neuerungsverbot widerstreitet. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht im Sinne der §§ 226, 405 ZPO nicht nur an die klägerischen Sachanträge, sondern auch an den geltend gemachten Anspruch gebunden ist. Nur dann, wenn von der klagenden Partei kein bestimmter Rechtsgrund ins Treffen geführt wurde, verstößt das Gericht nicht gegen die Vorschrift des § 405 ZPO, wenn es unter den in concreto möglichen Ansprüchen die Wahl trifft.
1.1 Das Klagebegehren ist dabei so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist (RIS-Justiz RS0037440). Nach der herrschenden, aus § 226 ZPO abgeleiteten zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie wird der prozessuale Begriff des Streitgegenstandes durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen vorgebrachten Tatsachen (das ist der rechtserzeugende Sachverhalt [“Klagegrund“]), bestimmt (RIS-Justiz RS0037522; RS0039255; RS0037551; RS0037447).
1.2 Geht aus dem Klagsvorbringen hervor, dass der Sachverhalt vom Kläger offenbar unrichtig rechtlich qualifiziert wurde, so ist dies bedeutungslos (RIS-Justiz RS0058348; RS0058336). Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt wurde, was im Zweifel allerdings nicht anzunehmen ist, ist es dem Gericht nach der herrschenden Judikatur verwehrt, dem Begehren aus einem anderen Rechtsgrund stattzugeben (RIS-Justiz RS0037610 [T36 und T43]). Ein Aliud in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der verlangte und der zugesprochene Leistungsgegenstand zwar gleichartig sind, aber aus verschiedenen Sachverhalten abgeleitet werden (1 Ob 210/97g). Wenn der Klage nicht unzweifelhaft entnommen werden kann, dass der Kläger eine andere rechtliche Beurteilung jedenfalls ausschließen wollte, kann im Berufungsverfahren die rechtlichen Qualifikation geändert werden, wenn dies das Tatsachenvorbringen in erster Instanz zulässt und die tatsächlichen Behauptungen keine Änderung erfahren haben (so schon 8 Ob 273/68).
1.3 Das BEinstG sieht in § 7f im Zusammenhang mit einer diskriminierenden Beendigung eines Dienstverhältnisses u.a. eine „Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung“ und in §§ 7i bei Vorliegen einer diskriminierenden Belästigung „zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen einen Anspruch auf einen angemessenen Schadenersatz“ vor. Nach den vorhin dargestellten allgemeinen Regelungen könnte daher trotz der insoweit weitgehend identen Ansprüche ein Schadenersatz nach § 7i BEinstG dann nicht zuerkannt werden, wenn der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren seinen Schadenersatzanspruch ausschließlich und ausdrücklich auf die Norm des § 7f BEinstG gestützt hätte.
1.4 Dies ist hier allerdings nicht anzunehmen, hat doch der Kläger in der Klage ausführlich auf das Gespräch vom 15.4.2014 und die dabei gefallenen Äußerungen Bezug genommen und bei der Darlegung der von ihm aus den Geschehnissen insgesamt gezogenen Schlüssen in Punkt C der Klage auch ausgeführt, dass er im Hinblick „auf die höchst diskriminierenden Äußerungen betroffen“ gewesen sei und er „vorbehaltlich Modifikation und Ausdehnung“ eine „Diskriminierungsentschädigung für die erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen“ geltend mache. Mit diesem Vorbringen bezieht sich der Kläger zur Begründung der erhobenen Ansprüche jedenfalls auch auf die Normen der §§ 7d und 7i BEinstG, sodass das Vorbringen im Rechtsmittel nicht gegen das Neuerungsverbot verstößt und damit für das Berufungsgericht beachtlich ist.
2. § 7k Abs 1 BEinstG bestimmt, dass auf das BEinstG gestützte Ansprüche nur dann gerichtlich geltend gemacht werden können, wenn in der Sache vorher beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (nunmehr Sozialministerium-Service) ein Schlichtungsverfahren gemäß §§ 14 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz, BGBl I Nr 82/2005, durchgeführt wurde. Für die gerichtliche Geltendmachung derartige Ansprüche gelten sodann gemäß § 7k BEinstG für die im BEinstG vorgesehenen unterschiedlichen Ansprüche verschieden lange Fristen; im Fall der Geltendmachung von Ansprüchen nach § 7i Abs 1 BEinstG steht dem Belästigten nach § 7k Abs 2 Z 4 BEinstG ein Jahr zur Verfügung, wobei auch diese Frist nach § 7k Abs 4 BEinstG durch die Einleitung des Schlichtungsverfahrens bis zur Zustellung der Mitteilung durch das (nunmehr) S*****, dass die Schlichtung gescheitert ist, gehemmt wird.
2.1 Im konkreten Fall steht fest, dass der Kläger ein derartiges Schlichtungsverfahren eingeleitet und in diesem auch die behauptete Belästigung thematisiert hat. Da er die hier interessierende Klage bereits einen Tag nach der mit 10.9.2014 datierten Verständigung vom Scheitern des Schlichtungsverfahrens eingebracht hat, hat er daher die im § 7k BEinstG normierten Fristen jedenfalls eingehalten, sodass diese in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachtende besondere Prozessvoraussetzung (9 ObA 1/11d) jedenfalls gewahrt ist.
3. Die rechtlichen Grundlagen für die hier interessierende Fragen der Belästigung finden sich in den §§ 7d und 7i des BEinstG, BGBl 1970/22 in der hier noch anzuwendenden Fassung BGBl 2013/72, die nach § 7a Abs 1 Z 1 BEinstG unter anderem für alle Dienstverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen, gelten.
4. Nach § 7d Abs 1 BEinstG liegt eine Diskriminierung auch bei einer Belästigung vor. Eine solche ist nach § 7d Abs 2 BEinstG dann anzunehmen, wenn im Zusammenhang mit einer Behinderung eine unerwünschte Verhaltensweise gesetzt wird, die die Würde der betroffenen Person verletzt oder dies bezweckt (Z 1), die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist (Z 2) und die ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt (Z 3). Bei einer Belästigung hat die betroffene Person gemäß § 7i BEinstG gegenüber nicht nur gegenüber dem Belästiger, sondern gemäß § 7d Abs 2 BEinstG im Falle einer schuldhaften Unterlassung des Dienstgebers auch gegenüber diesen Anspruch auf Ersatz eines allfälligen Vermögensschadens und zum Ausgleich für die erlittenen persönlichen Beeinträchtigungen auch Anspruch auf einen angemessenen, mindestens jedoch auf EUR 1.000,-- betragenden, an Schadenersatz.
5. Das BEinstG unterscheidet also - im Einklang mit dem GlBG - zwischen Dienstgeber und Dritten. Eine GmbH wird gemäß § 18 Abs 1 GmbHG zwingend (RIS-Justiz RS0122598) durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Daraus folgt, dass dann, wenn die Arbeitgeberin eine juristische Person ist, dieser das Verhalten ihrer vertretungsbefugten Organe unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. dazu Hopf/Mayr/Aichinger , GlBG, § 12 Rz 6; § 7, Rz 7, 9 ObA 18/08z). Da die - behauptete - Belästigung vom Geschäftsführer der beklagten Partei ausging, ist die beklagte Partei hier nicht „Dritter“ im Sinne des BEinstG, sondern direkter Belästiger und daher hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Ansprüche jedenfalls passiv legitimiert; diese Haftung der beklagten Partei als unmittelbarer Belästiger ist verschuldensunabhängig ( Hopf/Mayr/Aichinger aaO, § 7 GlBG Rz 7).
6. Gemäß § 7p erster Satz BEinstG hat die betroffene Person, die sich auf eine Belästigung im Sinne des § 7d BEinstG beruft, diesen Umstand glaubhaft zu machen. Dem Beklagten obliegt sodann nach § 7p zweiter Satz BEinstG der Beweis, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
6.1 Anders formuliert besteht die Beweiserleichterung in zwei Schritten: Zunächst hat das Diskriminierungsopfer hinreichend Tatsachen darzulegen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, es muss also den Anschein einer Diskriminierung glaubhaft machen. Sobald dieser Anscheinsbeweis erbracht ist und die Vermutung besteht, dass eine Diskriminierung vorliegt, geht als unmittelbare Folge die Beweislast dafür, dass der bemängelten Handlung kein Diskriminierungstatbestand zugrunde liegt, auf den Urheber der (behaupteten) Diskriminierung über (EuGH vom 21.7.2011, C 104/10, Kelly , Slg 2011, I 6813, Rn 30; EuGH vom 11.11.2010, C 232/09, Danosa , Slg 2010, I 11405, Rn 71 bis 73, idS auch 9 ObA 144/14p zum insoweit identen GlBG).
6.2 Diese Regelung entspricht der Vorgabe des Art 10 Abs 1 der Richtlinie 2000/78/EG („Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie“), nach der Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes der Richtlinie für beschwert halten, bei Gericht nur die diskriminierenden Tatsachen glaubhaft machen müssen, während dem Beklagten der Beweis obliegt, dass keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vorgelegen hat. Damit wird die Beweislast des (möglichen) Diskriminierungsopfers erleichtert, ohne dessen grundsätzliche Beweislast gänzlich zu beseitigen.
6.3 Die Frage, ob die Glaubhaftmachung gelungen ist oder nicht, ist dann das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine rechtliche Beurteilung (RIS-Justiz RS0040286).
7. Die Bestimmung des § 7d wurde mit BGBl I 2013/107 geschaffen und löste mit 1.8.2013 § 7d idF BGBl I 2008/67 ab. Da sie inhaltlich mit § 7 GlBG übereinstimmt, ist die zu § 7 GlBG entwickelte Lehre und Judikatur auch auf § 7d BEinstG anzuwenden ( Mayr , Arbeitsrecht, § 8 BEinstG [Stand 1.12.2015, rdb.at], § 7d BEinstG, Rz 1). Um den Zweck des BEinstG, Diskriminierungen wegen der Behinderung hintanzuhalten, zu erreichen, darf das Erfordernis des Zusammenhangs nicht zu eng gesehen werden (8 ObA 8/09y; 9 ObA 21/12x mwN; RIS-Justiz RS0124664).
7.1 Eine Belästigung steht dann mit dem geschützten Merkmal im Zusammenhang, wenn die konkrete belästigende Verhaltensweise der Tatsache, dass ein geschütztes Merkmal vorliegt bzw dessen Vorliegen angenommen wird, zugerechnet werden kann (vgl RIS-Justiz RS0124663, RS0124664). Eine Belästigung ist daher jedenfalls dort zu bejahen, wo unangebrachte, die Würde des Behindernden verletzende und ein demütigendes Umfeld schaffende Äußerungen des Belästigers einen Bezug zur Behinderung bzw. den damit in Verbindung stehenden Eigenschaften haben.
7.2 Nach der Definition des § 7d BEinstG muss durch ein bestimmtes Verhalten bzw. durch eine bestimmte Wortwahl die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies zumindest bezweckt werden. Dies setzt ein gewisses Mindestmaß an Intensität voraus. Wenn zwar einzelne Belästigungshandlungen für sich noch nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, aber fortgesetzt erfolgen, können auch kleinere, wiederholt erfolgende Übergriffe letztlich die Würde der betroffenen Person beeinträchtigen.
7.3 Das zu beurteilende Verhalten muss für die betroffene Person auch unerwünscht sein. Unerwünscht ist ein Verhalten dann, wenn es gegen den Willen und ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt, dies muss für den Belästiger zwar erkennbar sein, allerdings dürfen an das ablehnende Verhalten der betroffenen Person keine allzu hohen Ansprüchen gestellt werden. Dabei geht es keinesfalls um eine Ablehnungspflicht, sondern äußerstenfalls - beschränkt auf Grenzfälle und missverständlich Situationen - um eine Ablehnungsobliegenheit. Abgelehnt und damit unerwünscht ist ein Verhalten keineswegs erst dann, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt, die Ablehnung eines bestimmten Verhaltens kann auch schlüssig erfolgen ( Hopf/Mayr/Aichinger aaO, § 7 GlBG Rz 16 ff; § 6 GlBG, Rz 26).
7.4 Die Begriffe „unangebracht“ und „anstößig“ haben normativen, wertausfüllungsbedürftigen Charakter. Bei der Beurteilung, ob ein Verhalten diese Kriterien erfüllt, kommt es auch auf die jeweils herrschende Gesellschaftsanschauung an. Dabei reicht es sowohl hinsichtlich der Qualifikation der Verhaltensweisen als unerwünscht, unangebracht oder anstößig als auch auf die Wirkung der Absicht und der Definition des Umfeldes (einschüchternd, feindselig, entwürdigend, beleidigend oder demütigend) jeweils aus, wenn alternativ („oder“) eine der Tatbestandsvarianten verwirklicht wurde (8 ObA 8/09y). Mit dem geschützten Merkmal der (hier) Behinderung steht die Belästigung dann im Zusammenhang, wenn die konkret belästigende Verhaltensweise der Tatsache, dass ein geschütztes Merkmal vorliegt, zugerechnet werden kann. Spielen mehrere Motive eine Rolle („Motivbündel“), so genügt es, wenn das geschützte Merkmal bzw. damit in Verbindung stehenden Eigenschaften, Handlungen, Verhaltensweisen oder Zustände innerhalb des „Motivbündels“ eine Rolle spielt, also zumindest mitursächlich für die Belästigung war. Das Erfordernis des Zusammenhangs darf dabei, um den Zweck des Gesetzes zu wahren, Diskriminierungen wegen eines geschützten Merkmals hintanzuhalten, nicht zu eng gesehen werden ( Widy/Ernst , BEinstG 7 , § 7d Erläut 4 und 5; Mayr aaO, § 7d BEinstG, Rz 2; 9 ObA 107/15y; 8 ObA 8/09y; 9 ObA 21/12x).
7.5 Die festgestellten Äußerungen des DI G***** vom 15.4.2014 sind keineswegs als sachliche Erklärung dafür, warum der Kläger nicht neuerlich beschäftigt wird, aufzufassen; dafür hätte nämlich schlicht der Hinweis auf die für den Betrieb nicht/schwer zu verkraftenden bisherigen Krankenstände und die Befürchtung, dass auch Hinkunft derart umfangreiche Arbeitsunfähigkeitszeiträume eintreten werden, hingereicht. Vielmehr stellte DI G***** Behinderte als Menschen dar, die er sich keineswegs „aufhalsen“ wolle und gibt mit dieser Wortwahl zu erkennen, dass er behinderte Mitarbeiter als Belastung (aufhalsen = sich mit etwas oder jemandem belasten [http://www.duden.de/suchen/aufhalsen] bzw.
jemandem eine unerwünschte/schwierige Pflicht aufbürden/auferlegen; jemandem eine (unangenehme) Arbeit zuweisen [http://www.redensarten-index.de/aufhalsen]; ein Synonym für aufhalsen ist u.a. zumuten [http://www.duden.de/rechtschreibung/aufhalsen]) empfindet, die einem Unternehmer „Fesseln anlegen“, womit er die Würde des Klägers, der selbst Behinderter ist, in einer völlig unnötigen Weise verletzt.
7.6 Dieser Effekt wird durch die Aussage, dass Behinderte Menschen sind, die vom Gesetz vorgesehene Schutzmechanismen unberechtigt ausnützen, noch verstärkt. Selbst wenn DI G***** in einem unvollendeten geblieben Satz („ Weil es git gewisse Persona die sowas usnützan, des will i, jetzt net falsch verstoh bitte, na net falsch verstoh.“) möglicherweise andeuten wollte, dass er dem Kläger solches Verhalten nicht unterstellt, ändert sich daran nichts, da sich dem Berufungsgericht nicht erschließt, welchen sachlichen Grund DI G***** gehabt haben soll, dem Kläger gegenüber – dem beispielsweise nie vorgeworfen wurde, seine Krankenstände seien unberechtigt gewesen – seine Ansicht, dass Behinderte dazu neigen, sich unseriös verhalten, überhaupt zu offenbaren.
7.7 Damit zeigt sich, dass die Äußerungen des DI G***** jedenfalls geeignet waren, die Würde des Klägers im Sinne des § 7d Abs 2 Z 1 BEinstG zu verletzen oder eine solche Verletzung möglicherweise sogar bezweckte; da die beklagte Partei im übrigen auch der Prozeßbehauptung des Klägers, dieses Äußerungen seien höchst diskriminierend, nie substanziiert entgegentrat, sondern „nur“ in Abrede stellte, dass dieses Aussagen überhaupt gefallen sind, scheinen weitere Ausführungen des Berufungsgerichts dazu entbehrlich.
8. Hier behauptet der Kläger, er sei durch die am 15.4.2014 gefallen Äußerungen zutiefst betroffen gewesen und behauptet damit auch, dass diese Äußerungen für ihn unerwünscht, unangebracht oder anstößig im Sinne des § 7d Abs 2 Z 2 BEinstG waren. Zu diesem Themenkreis hat das Erstgericht keinerlei Feststellungen getroffen, sodass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich des erhobenen Leistungsbegehrens schon deshalb aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen war.
9. Zur Vermeidung unnötiger Weiterungen im zweiten Rechtsgang verweist das Berufungsgericht bereits an dieser Stelle auf folgende Umstände:
9.1 Eine diskriminierende Belästigung liegt nicht schon dann vor, wenn durch eine unerwünschte Verhaltensweise die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Die Verhaltensweise muss darüber hinaus - auch wenn sie nur einmal gesetzt wurde - einen gewissen Dauerzustand entstehen zu lassen und bezwecken, ein Umfeld, das ganz allgemein von Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung gekennzeichnet ist, zu schaffen. Auch der Begriff des Umfelds hat dabei normativen und wertausfüllungsbedürftigen Charakter.
9.2 Wie das Höchstgericht in der bereits mehrfach erwähnten Entscheidung zu 9 ObA 21/12x ausgesprochen hat, kann ein derartiges Arbeitsumfeld bzw. Umfeld auch dann vorliegen, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet war, und ist umso eher zu bejahen, wenn das Arbeitsverhältnis noch aufrecht war. Letzteres trifft hier zu, da die diskriminierenden Äußerungen bereits am 15.4.2014 fielen, das Arbeitsverhältnis aber erst per 30.06.2014 beendet wurde.
9.3 Dass und inwieweit durch die Äußerungen allerdings ein „ einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld“ geschaffen wurde, wurde vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet und lässt sich auch aus den getroffenen Feststellungen nicht ableiten, sodass es insoweit an einer für eine Klagsstattgebung notwendigen Prozessbehauptung mangelt.
9.4 Das Gericht darf die Parteien in einer Entscheidung aber nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht wurden (RIS-Justiz RS0037300). Auch wenn das Verbot von Überraschungsentscheidungen keineswegs bedeutet, dass das Gericht seine Rechtsansicht vor der Entscheidung kundtun muss, gilt doch anderes, wenn rechtserhebliche Tatsachen - wie hier eben zum Thema „Arbeitsumfeld bzw. Umfeld“ - nicht vorgebracht wurden (RIS-Justiz RS0122749). Diesfalls hat das Gericht zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung auf einen entscheidenden Aspekt, etwa darauf, dass rechtserhebliche Tatsachen nicht vorgebracht wurden, zumindest hinzuweisen (RIS-Justiz RS0122749), in diesem Sinne ist auch vor Abweisung eines unschlüssigen Verfahrens jedenfalls ein Verbesserungsversuch vorzunehmen (RIS-Justiz RS0117576, RS0037161, RS0036355, RS0037166, zuletzt etwa OGH vom 15.12.2015, 4 Ob 197/15x).
9.5 Hier wurde im erstinstanzlichen Verfahren auf den vom Kläger jedenfalls auch angezogenen Anspruchsgrund des § 7d BEinstG nicht Bedacht genommen und weder vom Erstgericht noch von der beklagten Partei darauf hingewiesen, dass entscheidungswesentliches Vorbringen dazu fehlt. Da auch das Berufungsgericht die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen darf, die sie nicht beachtet habe und die im erstinstanzlichen Verfahren auch nie thematisiert wurde (RIS-Justiz RS0037300), ist eine Abweisung des Leistungsbegehrens durch das Berufungsgericht auf Grund dieses fehlenden Vorbringens des Klägers nicht in Betracht zu ziehen.
9.6 Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien vorerst die Frage des „einschüchternden [...] Umfelds“ zu erörtern und ihnen Gelegenheit zu geben haben, entsprechendes Vorbringen zu erstatten, und anschließend entsprechende Feststellungen sowohl zum Thema des „Arbeitsumfelds“ als auch zur Frage, inwieweit, warum und in welcher Intensität der Kläger die Äußerungen des Geschäftsführers der beklagten Partei konkret als „Belästigung“ empfunden hat, zu treffen haben.
10. Nach § 7j BEinstG ist die Höhe der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung so zu bemessen, dass dadurch die Beeinträchtigung tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird und die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist sowie (weitere) Diskriminierungen verhindert werden. Dabei ist insbesondere auf die Dauer der Diskriminierung, die Schwere eines allfälligen Verschuldens, die Erheblichkeit der Beeinträchtigung und auf Mehrfachdiskriminierungen Bedacht zu nehmen. Diese Bestimmung stimmt – ebenso wie die in § 7i Abs 1 BEinstG vorgesehene Mindestentschädigung von EUR 1,000.-- mit der in § 12 Abs 11 GlBG für eine sexuelle bzw. geschlechtsbezogene Belästigung normierten Mindestentschädigung von EUR 1,000.-- korrespondiert - wörtlich mit § 12 Abs 14 GlBG überein, sodass auch in diesem Zusammenhang die zum GlBG entwickelte Lehre und Judikatur angewendet werden kann.
10.1 Nach allgemeinen Grundsätzen bilden bei der Ermittlung des Ausmaßes des eine Genugtuungsfunktion besitzenden Ersatzanspruchs für immateriellen Schaden Dauer und Intensität des erlittenen Ungemachs einen bestimmenden Faktor. Bei der Ausmessung dieser Genugtuungsleistung (Geldersatz) wird die psychophysische Situation des Betroffenen, die Beschaffenheit seiner Gefühlswelt, seine Empfindsamkeit, die Schwankungsbreite seiner Psyche gleichfalls zu berücksichtigen und überdies zu beachten sein, dass diese dem in seinem Recht Verletzten nicht nur einen Ausgleich für die beeinträchtigte Lebensfreude bringen, sondern ihm auch das Gefühl der Verletzung nehmen und damit das gestörte Gleichgewicht in seiner Persönlichkeit wiederherstellen soll (RIS-Justiz RS0022442). Ähnlich wird in der Lehre zum immateriellen Schaden bei Diskriminierung festgehalten, dass die betroffene Person in die Lage versetzt werden soll, sich als Ersatz für ihre Leiden, anstelle der ihr entzogenen Lebensfreude und als Ausgleich für die durch die Beeinträchtigung entstandenen Unlustgefühle auf eine andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen verschaffen zu können (Hopf/Mayr/Eichinger, § 12 GlBG Rz 38 mwN).
10.2 Dabei ist zu betonen, dass die Festlegung des Entschädigungsbetrags stets nur nach den Umständen des Einzelfalls erfolgen kann (8 ObA 18/03k) und es in jedem Einzelfall einer diskriminierten Person natürlich unbenommen bleibt, konkret darzulegen, worin gerade in ihrem Fall - über das für jeden Offensichtliche hinaus - die besonderen Umstände liegen, die die Schwere und Dauer ihrer erlittenen persönlichen Beeinträchtigung ausmachen (vgl zum Gesamten OGH vom 27.8.2015, 9 ObA 87/15g, auch mit einer Übersicht über bislang nach dem GlBG zugesprochene Entschädigungsbeträge).
10.3 In diesem Sinne wird daher mit dem Kläger ebenfalls zu erörtern sein, auf Grund welcher Überlegungen er die begehrte Entschädigung mit EUR 15.000.-- beziffert; dabei wird der seinerzeit von ihm zur Begründung dieses Betrages herangezogene befürchtete „Verdienstentgang wegen der diskriminierenden Kündigung“ keine Rolle mehr spielen können.
C. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens letztlich stützt sich auf § 2 Abs 1 letzter Satz ASGG, § 52 ZPO.
Oberlandesgericht Innsbruck
in Arbeits- und Sozialrechtssachen
Abteilung 5, am 12. Februar 2016
Dr. Werner Lux, Senatspräsident