JudikaturOLG Innsbruck

4R158/15i – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
10. November 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoffmann als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Huber und Dr. Gosch als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei H *****, vertreten durch Greiter Pegger Kofler Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) W***** S *****, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Dr. Wendling GmbH in Kitzbühel, 2.) ***** A***** H *****, 3.) K***** S *****, und 4.) F *****, die dritt- und viertbeklagte Partei vertreten durch Dr. Roberto Hirnsberger, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen a) hinsichtlich der erst- bis drittbeklagten Partei EUR 350.000,-- s.A.; b) hinsichtlich der viertbeklagten Partei EUR 200.000,-- s.A., über den Rekurs der Klägerin gegen die im Versäumungsurteil des Landesgerichts Innsbruck vom 16.7.2015, 5 Cg 42/15b-9, enthaltene Kostenentscheidung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung wie folgt ergänzt:

„Die Entscheidung über die von der Klägerin in ihrem Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteils gegen die erst- und zweitbeklagte Partei über den Zuspruch hinaus verzeichneten weiteren Kosten der Klage (weitere 10 % Streitgenossenzuschlag) wird der/den Endentscheidung(en) des Erstgerichts über den gegen die dritt- und viertbeklagte Partei erhobenen Anspruch vorbehalten.“

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls u n z u - l ä s s i g .

Begründung:

Text

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der erst- bis drittbeklagten Partei zur ungeteilten Hand die Zahlung von EUR 350.000,-- s.A. aus einem offenen, diesen eingeräumten Kredit sowie von der viertbeklagten Partei zur ungeteilten Hand mit der erst- bis drittbeklagten Partei die Zahlung von EUR 200.000,-- bei sonstiger Exekution in bestimmte Liegenschaftsanteile, auf denen zur Besicherung der Forderung der Klägerin aus dem mit der erst- bis drittbeklagten Partei abgeschlossenen Kreditvertrag von der Viertbeklagten ein Höchstbetragspfandrecht von EUR 200.000,-- eingeräumt worden sei.

In der Folge wurde lediglich von der dritt- und viertbeklagten Partei eine Klagebeantwortung erstattet, sodass über Antrag der Klägerin gegenüber der erst- und zweitbeklagten Partei das nunmehr nur noch im Kostenpunkt angefochtene Versäumungsurteil erging, welches seitens der erst- und zweitbeklagten Partei unangefochten blieb. In diesem Versäumungsurteil wurde der Klägerin gegenüber der erst- und zweitbeklagten Partei Kostenersatz im Umfang von EUR 11.428,41 zuerkannt und dazu begründend ausgeführt, dass der Kostenzuspruch auf § 41 ZPO beruhe. Die von der Klägerin verzeichneten Kosten seien insofern zu korrigieren gewesen, als auch für die Klage nur ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von 10 % (anstelle 20 %) gebühre, weil das Versäumungsurteil nur gegen die erst- und zweitbeklagte Partei erlassen wurde. Auch die ersatzfähige Pauschalgebühr sei demgemäß zu berichtigen gewesen.

Die Klägerin beantragte daraufhin die Ergänzung der Kostenentscheidung im Versäumungsurteil dahingehend, dass ausgesprochen werde, dass die Entscheidung über die weiter verzeichneten Prozesskosten der Klägerin in Höhe von EUR 944,38 bis zur Entscheidung über die Klage gegen die dritt- und viertbeklagte Partei vorbehalten werde, in eventu erhob sie - fristgerecht - Kostenrekurs. Den Ergänzungsantrag wies das Erstgericht mit Beschluss vom 23.7.2015 mit der Begründung ab, eine gesetzliche Grundlage für einen (teilweisen) Kostenvorbehalt liege nicht vor, wobei sich das Erstgericht diesbezüglich auf § 52 Abs 2 letzter Satz ZPO bezog.

Eine Rekursbeantwortung wurde von der erst- und zweitbeklagten Partei nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, aus der Entscheidung 4 R 108/05x des Oberlandesgerichts Innsbruck, auf die sich auch das Erstgericht berufen habe, ergebe sich, dass die Klägerin den auf die dritt- und viertbeklagte Partei entfallenden Streitgenossenzuschlag nur „vorläufig“ selbst zu tragen habe, da noch ungewiss sei, ob sie auch gegen diese beiden beklagten Parteien obsiege oder nicht. Sollte die Klägerin auch gegen die dritt- und viertbeklagte Partei obsiegen, stehe ihr für die Klage und die Pauschalgebühr der volle Streitgenossenzuschlag zu, da die Klägerin in diesem Fall vollständig obsiegt habe.

Hiezu hat das Rekursgericht erwogen:

Die Bestimmung des § 46 ZPO regelt die Frage des Kostenersatzes, wenn der zum Kostenersatz verpflichtete Teil aus mehreren Personen besteht. Nach Abs 2 leg. cit. erstreckt sich die Solidarhaftung auch auf die dem Gegner zugesprochenen Prozesskosten, sofern die zum Kostenersatz verpflichteten Personen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts in der Hauptsache solidarisch zu haften haben.

Nach dem hier maßgeblichen Vorbringen in der Klage haften die beklagten Parteien gegenüber der Klägerin solidarisch für die eingeklagte Kreditforderung, eine Einschränkung besteht diesbezüglich nur hinsichtlich der Viertbeklagten, die nur im Rahmen des auf ihren Liegenschaftsanteilen eingeräumten Höchstbetragspfandrechts über EUR 200.000,-- haftet. Ein gegenüber allen vier Beklagten klagsstattgebendes Urteil hätte zur Folge, dass alle vier beklagten Parteien der Klägerin gegenüber auch solidarisch für die Prozesskosten haften. (Auf die Frage, ob die Viertbeklagte aufgrund des ihr gegenüber geringeren Streitwertes nur eine aliquote Kostentragungspflicht träfe, braucht im Rahmen der gegenständlichen Entscheidung nicht eingegangen werden, zumal die Viertbeklagte am gegenständlichen Rekursverfahren nicht beteiligt ist.) Bei einem Obsiegen gegenüber allen vier beklagten Parteien sind den tarifmäßigen Kosten für die Klage und der Pauschalgebühr auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 350.000,-- jeweils 20 % Streitgenossenzuschlag hinzuzurechnen (§§ 15 RATG, 19a GGG).

Die dritt- und viertbeklagte Partei erstatteten jeweils rechtzeitig eine Klagebeantwortung, seitens der erst- und zweitbeklagten Partei erfolgte keine Streiteinlassung, sodass die Klägerin hinsichtlich der erst- und zweitbeklagten Partei mit Schriftsatz vom 14.7.2015 die Fällung eines Versäumungsurteils beantragte, wobei sie insgesamt Kosten von EUR 12.372,79 (darin enthalten 20 % Streitgenossenzuschlag) für die Klage sowie die Pauschalgebühr verzeichnete. Das in der Folge vom Erstgericht gegenüber der erst- und zweitbeklagten Partei erlassene Versäumungsurteil stellt, weil es nur gegen zwei von vier Beklagten erging, ein Teilurteil im Sinne des § 391 Abs 1 ZPO dar (siehe Rechberger in Rechberger 4 , ZPO § 392 Rz 2 lit. b mwN). Damit kommt hinsichtlich der Kostenentscheidung die Bestimmung des § 52 Abs 4 ZPO zur Anwendung, wonach dann, wenn das Gericht bei Erlassung eines Teilurteils nicht in der Lage ist, hinsichtlich des abgeurteilten Anspruchs oder Teilanspruchs zugleich über die Kosten zu entscheiden, im Urteil auszusprechen ist, inwiefern eine solche Entscheidung noch einem weiteren Urteil vorbehalten bleibt.

Nachdem das Erstgericht bei Fällung des (Teil-)Versäumungsurteils gegenüber der erst- und zweitbeklagten Partei noch nicht endgültig über den auf die dritt- und viertbeklagte Partei entfallenden Streitgenossenzuschlag hinsichtlich der Klage und Pauschalgebühr absprechen konnte, weil die Frage, ob die erst- und zweitbeklagte Partei auch für diese weiteren Kosten allenfalls solidarisch haften, davon abhängt, ob die Klägerin mit ihrem Anspruch auch gegenüber der dritt- und viertbeklagten Partei durchdringt, hätte das Erstgericht gemäß § 52 Abs 4 ZPO aussprechen müssen, dass insoweit die Entscheidung über die Kosten der (den) Entscheidung(en) gegenüber der Dritt- und Viertbeklagten vorbehalten bleibt.

Soweit sich das Erstgericht bei der Abweisung seines Berichtigungsantrags darauf beruft, dass ein Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 2 letzter Satz ZPO bei Versäumungsurteilen nicht vorgesehen ist, so ist dem entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber bei dieser mit BBG 2011 neu eingeführten Bestimmung offenbar nur den Fall im Auge hatte, bei dem der klagenden Partei nur eine beklagte Partei gegenübersteht oder - bei mehreren beklagten Parteien - das Versäumungsurteil gegen alle beklagten Parteien zugleich ergeht. Bei den sogenannten „sukzessiven“ Versäumungsurteilen ergeht allerdings gegen die Personenmehrheit auf Beklagtenseite kein einheitliches Versäumungsurteil, sondern zumindest zwei oder mehrere Versäumungsurteile oder sonstige Urteile (Anerkenntnis-, Streit-, Verzichtsurteil etc). Bei „sukzessiven“ Versäumungsurteilen stellt das zeitlich zuerst ergehende Versäumungsurteil jedenfalls immer ein Teilurteil gemäß § 391 ZPO dar, weil die Sache nur gegenüber einer (hier: zwei) von mehreren (hier: vier) Beklagten entscheidungsreif ist, was zur Anwendung der Bestimmung des § 52 Abs 4 (vor BBG 2011: Abs 2) ZPO führt.

In Stattgebung des Rekurses war daher die Kostenentscheidung im Versäumungsurteil des Erstgerichts vom 16.7.2015 dahingehend zu ergänzen, dass auszusprechen war, dass die Entscheidung über die weiteren im Antrag auf Erlassung eines Versäumungsurteils verzeichneten Kosten der (den) Endentscheidung(en) gegenüber der dritt- und viertbeklagten Partei vorbehalten wird.

Der Vorbehalt hinsichtlich der Kosten des Rekurses stützt sich auf § 52 Abs 1 letzter Satz ZPO, weil die Ersatzpflicht für die Rekurskosten davon abhängig ist, ob die Klägerin auch gegenüber der dritt- und viertbeklagten Partei in der Hauptsache durchdringt und somit ihr auch weitere 10 % Streitgenossenzuschlag für Klage und Pauschalgebühr zuerkannt werden, zu deren Ersatz dann auch die erst- und zweitbeklagte Partei solidarisch mitverpflichtet wären. Insoweit darüber - nach der Aktenlage - bereits vom Erstgericht entschieden wurde, hat dies bei der gegenwärtigen Rekursentscheidung außer Betracht zu bleiben, weil über den Rekurs auf Basis des Zeitpunkts der Erlassung des Versäumungsurteils vom 16.7.2015 abzusprechen ist. Sollte über die weiteren Kosten bereits Entscheidungsreife vorliegen, so wird das Erstgericht diesbezüglich eine ergänzende Entscheidung zu treffen haben.

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