11Bs353/14w – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Dr. ***** als Vorsitzenden und die Richter Dr. ***** und Mag. ***** als weitere Mitglieder des Senates in der Strafsache gegen P***** K***** wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen Nichtigkeit gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.8.2014, GZ 37 Hv 75/14k-23, nach der am 16.12.2014 in Anwesenheit des Schriftführers Rp Mag. M***** S*****, der Sitzungsvertreterin der Oberstaatsanwaltschaft StA Dr. I***** S***** und des Verteidigers RA Dr. T***** O*****, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird F o l g e gegeben, das angefochtene Urteil, das in dem den Privatbeteiligten M***** M***** auf den Zivilrechtsweg verweisenden Adhäsionserkenntnis unberührt bleibt, a u f g e h o b e n und in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Der Angeklagte P***** K***** ist
s c h u l d i g .
Er hat im Zeitraum vom 24.6.2013 bis 4.12.2013 in ***** und an anderen Orten gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführte Verfügungsberechtigte dadurch mit einem insgesamt EUR 3.000,-- übersteigenden Schaden am Vermögen geschädigt oder zu schädigen versucht, dass er das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe von Daten beeinflusste, indem er in nachangeführten Fällen das Guthaben von Paysafecards durch Eingabe der zuvor ausgespähten 16-stelligen PINs im Rahmen eines automationsunterstützten Zahlungsvorganges aktivierte bzw einlöste und die Guthaben zur bargeldlosen Zahlung online angebotener Dienstleistungen verwendete, und zwar:
Der Angeklagte P***** K***** hat hiedurch das Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach §§ 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative, 15 StGB begangen und er wird hiefür gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Hall i.T. vom 14.1.2014, rechtskräftig seit 17.1.2014,*****, nach dem ersten Strafsatz des § 148a Abs 2 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
8 (acht) Monaten
und gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von jeweils EUR 100,-- binnen 14 Tagen ab Rechtskraft an die Privatbeteiligten H***** GmbH Co KG, S***** O*****, M***** S*****, R***** F*****, H***** W*****, M***** S*****, A***** S*****, R***** H*****, P***** K*****, T***** G*****, H***** D*****, M***** M*****, R***** W*****, M***** T*****, A***** H*****, P***** T***** und V***** K*****
sowie gemäß §§ 389 Abs 1, 390a Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens beider Instanzen
v e r u r t e i l t .
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ein Einzelrichter des Landesgerichtes Innsbruck erkannte mit dem angefochtenen Urteil den 1977 geborenen P***** K***** im Wesentlichen anklagekonform des Verbrechens des (teils versuchten, teils vollendeten) schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall und 15 StGB schuldig.
Nach dem (zusammengefassten ) Inhalt des Schuldspruches hat P***** K***** im Zeitraum vom 24.6.2013 bis 4.12.2013 in ***** und an anderen Orten gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die zu 1./ bis 37. / des Urteilstenors namentlich genannnten Verfügungsberechtigten durch die Vorspiegelung, Paysafecard-Ladebons im Wert von jeweils € 100,-- käuflich erwerben zu wollen, um nach Vorlage derselben die Ladebons in einem unbeobachteten Moment mit seinem Mobiltelefon fotografieren zu können, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Vorlage der Ladebons zwecks nachfolgender Einlösung derselben, somit zu Handlungen verleitet, die sie an ihrem Vermögen schädigten oder schädigen sollten , wobei der Schaden insgesamt EUR 3.000,-- überstiegen habe.
Hiefür verhängte der Erstrichter gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Bezirksgerichtes Hall i.T. vom 14.1.2014, *****, nach dem ersten Strafsatz des § 148 StGB eine Zusatzstrafe in Form einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, die gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde und verurteilte den Angeklagten weiters gemäß § 369 Abs 1 StPO zur Zahlung von EUR 100,-- an Schadenersatz binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Urteiles an im Urteil namentlich angeführte Privatbeteiligte und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens.
Zu den Personalien des Angeklagten, seinem Vorleben und zum äußeren und inneren Tatgeschehen traf das Erstgericht nachangeführte Feststellungen:
Die Strafregisterauskunft des Angeklagten weist insgesamt 7 Vorstrafen auf, wovon mit Ausnahme der beiden ersten Verurteilungen, die wegen Delikten gegen Leib und Leben erfolgten, die anderen überwiegend wegen Vermögensdelikten erfolgten. Zuletzt wurde der Angeklagte vom Bezirksgericht ***** zu ***** am 14.01.2014, rechtskräftig mit 17.01.2014, wegen Diebstahls und Betruges zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen à EUR 4,-- verurteilt. Der Verurteilung lag zu Grunde, dass der Angeklagte zusammen mit seiner Ehegattin Angestellte der *****Tankstelle ***** zur Herausgabe von Ladebons verleitete, wodurch Verfügungsberechtigte der *****-Tankstelle in einem Betrag von EUR 100,-- an ihrem Vermögen geschädigt wurden; zudem hat der Angeklagte im Zuge von 3 Einkäufen betrügerisch die Firma ***** geschädigt.
Der Angeklagte hat die aus dem Spruch ersichtlichen Tathandlungen in den aus dem Spruch ersichtlichen Trafiken und Geschäftsräumlichkeiten zum Nachteil der aus dem Spruch ersichtlichen Berechtigten begangen, indem er dortigen Angestellten bzw. Verfügungsberechtigten vortäuschte, Paysafecard-Ladebons käuflich erwerben zu wollen und ihnen sohin den Umstand verschwieg, dass er zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, diese Paysafecard-Ladebons zu erwerben. In einem unbeobachteten Moment fotografierte der Angeklagte mit seinem Mobiltelefon diese ihm vorgelegten Ladebons, dies bereits in der Absicht, um sich durch die unmittelbare Eingabe des abfotografierten Codes in dem im vor der Geschäftsstelle befindlichen Auto mitgeführten Computer um den Wert des Ladebons von jeweils EUR 100,-- unrechtmäßig zu bereichern. Hätten die Berechtigten gewusst, dass der Angeklagte sich die Paysafecard-Ladebons lediglich zu dem Zweck vorlegen lässt, dass er sie abfotografieren und in weiterer Folge in seinen Computer eingeben und sich um das Guthaben des Ladebons unrechtmäßig bereichern wird, hätten die Verfügungsberechtigten diese Ladebons dem Angeklagten nicht vorgelegt.
Der Angeklagte beabsichtigte durch seine Vorgangsweise sich im Umfang des Guthabens der jeweiligen Ladebons unrechtmäßig zu bereichern und nahm er zumindest auch billigend die Schädigung der jeweils Verfügungsberechtigten in diesem Umfang in Kauf. Der Angeklagte hatte zudem die Absicht, sich über einen Zeitraum von zumindest mehreren Monaten durch diese Tathandlungen eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen. Durch die mittels Täuschung des Angeklagten von den Verfügungsberechtigten gewählte Vorgangsweise, nämlich der Vorlage des Ladebons, wurden diese im Umfang des Guthabens des Ladebons geschädigt und der Angeklagte in diesem Umfang unrechtmäßig bereichert, zumal der Angeklagte von Anfang an mit dem Vorsatz handelte, unmittelbar nach Abfotografieren des Codes des Ladebons diesen mittels des mitgebrachten Computers in seinem Fahrzeug freizuschalten.
Nicht fest steht, dass der Angeklagte auch in der Trafik des M***** M***** am 23.11.2013 auf diese Weise 2 Ladebons betrügerisch herauslockte; vielmehr steht fest, dass zumindest ein derartiger Paysafecard-Ladebon auf diese Weise in der Trafik des M***** M***** herausgelockt wurde.
Im Rahmen seiner Beweiswürdigung verwies der Erstrichter auf das reumütige Geständnis des Angeklagten und die damit korrespondierenden kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnisse der Anzeige.
In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, dass der Angeklagte sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht sämtliche Tatbestandsmerkmale des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall und 15 StGB verwirklicht habe. Im Rahmen der Strafzumessung wurde die vollinhaltlich geständige Verantwortung und die im Verfahren ***** des Bezirksgerichtes H***** erfolgte teilweise Schadensgutmachung als mildernd, die Vorstrafenbelastung und das Zusammentreffen von mehreren Vergehen mit einem Verbrechen als erschwerend gewertet. Ausgehend davon erachtete der Erstrichter eine Zusatzfreiheitsstrafe von einem Jahr als schuld- und tatangemessen und die Gewährung zur Gänze bedingter Strafnachsicht sowohl spezial- als auch generalpräventiv gerade noch vertretbar.
Während der Angeklagte dieses Urteil unangefochten ließ, bekämpft es die Staatsanwaltschaft Innsbruck mit einer rechtzeitig angemeldeten (ON 24) und fristgerecht schriftlich ausgeführten Berufung wegen Nichtigkeit zum Vorteil des Angeklagten. Die als „Subsumtionsrüge“ aus §§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 10 StPO ausgeführte Nichtigkeitsberufung der Staatsanwaltschaft trägt auf einen Schuldspruch wegen „Verbrechens“ (richtig: Vergehens) des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches nach § 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative StGB an. Sie argumentiert unter Bezugnahme auf die erstgerichtlichen Urteilskonstatierungen dahingehend, dass das Erstgericht – ausgehend von diesem festgestellten Sachverhalt – die Rechtsfrage, welchen strafbaren Tatbestand der festgestellte Sachverhalt erfülle, unrichtig gelöst habe. Betrug sei ein Selbstschädigungsdelikt, setze demnach voraus, dass der Vermögensschaden durch Verfügung des Getäuschten eintritt und dieser also selbst jene Vermögensverfügung trifft, durch die er in seinem Vermögen einen effektiven (und nicht nur fiktiven) Schaden erleiden soll. Es seien zwar auch Konstellationen denkbar, in denen – bei Vorliegen sämtlicher anderer, insbesondere auch der subjektiven Tatbestandsmerkmale – erst ein abschließendes Verhalten des Täters den Schadenseintritt auslöse, auch dort müsse aber diesem Täterverhalten eine dafür wesentliche (tatplangemäße und irrtumsbedingte) Vermögensverfügung des Getäuschten nach den Umständen des einzelnen Falles zumindest eine als Vermögensverfügung zu wertende Zustimmung des Getäuschten vorausgehen. Das vom Erstgericht festgestellte Verhalten der Getäuschten, nämlich die Vorlage von Ladebons, stelle jedoch gerade keine Vermögensverfügung dar und könne auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles bereits mangels Bewusstseins der Getäuschten nicht als solche zu wertende Zustimmung angesehen werden. Ausgehend davon sei der festgestellte Sachverhalt nicht dem Tatbestand des schweren und gewerbsmäßigen Betruges zu subsumieren gewesen, vielmehr stelle sich das konstatierte Tatgeschehen als das Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches nach § 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative StGB dar. Unter weiterer Geltendmachung eines Mangels an Feststellungen in Bezug auf die äußere und innere Tatseite der angestrebten rechtlichen Konsequenz verbunden mit dem Vorbringen im Beweisverfahren hervorgekommener Indikation dieser Feststellungen durch die Verantwortung des Angeklagten und einer lebensnahen Betrachtung des äußeren Geschehens trägt die Nichtigkeitsberufung der Staatsanwaltschaft darauf an, das Oberlandesgericht wolle in Stattgebung der Berufung nach Beweiswiederholung bzw Beweisergänzung P***** K***** des „Verbrechens“ (richtig: Vergehens) des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches nach § 148a Abs 1 und 2, erster Satz 1. und 2. Alternative StGB schuldig erkennen und eine schuld- und tatangemessene Zusatzstrafe verhängen, in eventu, das angefochtene Ersturteil aufheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (ON 26).
Der Angeklagte erstattete eine Gegenäußerung, verwies auf die „grundsätzlich identen Strafrahmen“ der abgeurteilten rechtlichen Kategorie und der von der Staatsanwaltschaft angestrebten Fallnorm und beantragte, der Berufung der Staatsanwaltschaft keine Folge zu geben (ON 27).
Die Oberstaatsanwaltschaft vertrat in ihrer schriftlichen Stellungnahme den Standpunkt, dass die Nichtigkeitsberufung der Staatsanwaltschaft im Recht sei. Die bloße Vorlage ungehindert les- und abfotografierbarer PIN-Codes als Folge der Täuschungshandlung stelle für sich genommen noch keine Vermögensverfügung dar. Das Täterverhalten des Angeklagten sei daher nach § 148a StGB zu beurteilen.
Die Berufung der Staatsanwaltschaft ist im Recht.
Rechtliche Beurteilung
Da die von der Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Subsumtionsrüge angestrebte Fallnorm nach § 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative StGB als Vergehen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht ist, während das abgeurteilte Tatgeschehen vom Erstgericht dem Verbrechen des (teils versuchten, teils vollendeten) schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 erster Fall, 15 StGB subsumiert wurde, wurde die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt. Nach dem fallbezogen anzuwendenden § 465 Abs 1 zweiter Satz StPO kann im bezirksgerichtlichen und im einzelrichterlichen Verfahren die Staatsanwaltschaft stets auch gegen den Willen des Angeklagten zu dessen Gunsten die Berufung ergreifen (Ratz, WK-StPO § 465 Rz 1; anders gegen den erklärten Willen des Angeklagten im kollegialgerichtlichen Verfahren, Ratz, WK-StPO § 282 Rz 37 und die dort zitierte Judikatur und Literatur; siehe hiezu auch Sailer, Strafrozessrecht 12. Auflage Rz 1000).
Gegenstand einer Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts, einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen, mit dem festgestellten Sachverhalt. Der Nichtigkeitsgrund aus §§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 10 StPO liegt daher, von Feststellungsmängeln abgesehen, dann vor, wenn die im Urteil festgestellten Tatsachen zwar zu Recht einen Tatbestand des materiellen Strafrechtes subsumiert wurden, aber bei der Subsumtion Fehler unterlaufen sind. Den tatsächlichen Bezugspunkt bildet dabei die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen. Von diesem Gesamtzusammenhang ausgehend, ist zur Geltendmachung eines aus Z 10 gerügten Fehlers klarzustellen, aus welchen ausdrücklich zu bezeichnenden Tatsachen (einschließlich der Nichtfeststellung von Tatsachen) welche rechtliche Konsequenz hätte abgeleitet werden sollen. Die abgeleitete rechtliche Konsequenz ist nicht bloß zu behaupten, sondern methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 581, 584 und 588 und die jeweils dort zitierte Literatur und Judikatur; RIS-Justiz RS0118415 [T2 und T3] RS0118580 [T1]).
Indem die Nichtigkeitsberufung der Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf ausdrückliche Urteilskonstatierungen, nämlich der festgestellten Vorgangsweise durch Vorlage der Ladebons (US 7) methodengerecht (vgl §§ 6 f ABGB, § 1 StGB) den irrtumsbedingten selbstschädigenden Charakter dieses Verhaltens der Getäuschten als Vermögensverfügungen bestreitet, die ausdrückliche Bezeichnung der angestrebten Subsumtion samt methodengerechter Ableitung enthält und unter Hinweis auf aktenkundige Verfahrens- und Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung einen Mangel an Feststellungen im Hinblick auf die angestrebte rechtliche Konsequenz darlegt, genügt sie den formalen Kriterien geltend gemachter Nichtigkeit.
Die Nichtigkeitsberufung der Staatsanwaltschaft erweist sich aber nicht nur als begründet, sondern auch als berechtigt ( Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584; RIS-Justiz RS0118415).
Betrug erfordert auf der äußeren Tatseite eine täuschungsbedingte Vermögensverfügung durch den Getäuschten. Darunter fällt jede Handlung, Duldung oder Unterlassung, die auf das Vermögen des Getäuschten oder eines Dritten einwirkt. Die Vermögensrelevanz muss dem Getäuschten nicht bewusst sein ( Kirchbacher in WK 2 § 146 Rz 52 f). Verhaltensweisen ohne Auswirkungen auf das Vermögen, auch wenn sie auf einer Täuschung beruhen, stellen keine Vermögensverfügungen dar.
§ 148a StGB setzt voraus, dass der tatbestandsmäßige Vermögensschaden als unmittelbare Folge einer auf die im Tatbestand beschriebene Weise vorgenommenen Beeinflussung des Ergebnisses einer automationsunterstützten Datenverarbeitung eintritt (RIS-Justiz RS0094395). Betrug steht zu § 148a StGB im Verhältnis der Exklusivität ( Kirchbacher/Presslauer in WK² StGB § 148a Rz 32 und die dort zitierte Literatur und Judikatur).
Formulierungen, wonach der Betrugstatbestand nur den unmittelbar aus der Vermögensverfügung des Getäuschten entstandenen Schaden erfasst, dienen insbesondere der Erklärung, dass mittelbar herbeigeführte (Folge-)Schäden unbeachtlich sind. Der Betrug wird zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass zwischen der irrtumsbedingten Vermögensverfügung des Getäuschten und dem Schadenseintritt noch ein die Tat plangemäß zur Vollendung führendes Täterverhalten liegt. Als Betrug zu beurteilen sind daher Konstellationen, in denen der Getäuschte durch eine tatplangemäß irrtumsbedingte Vermögensverfügung dem Täter ein (zu dessen Betrugskonzept gehörendes) Verhalten gestattet , das den schon bei Vornahme der Täuschung von einem konkreten Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz umfassten Schadenseintritt auslöst. In diesen Fällen geht es nicht um schlechthin „eigenmächtiges“ Handeln des Täters, sondern um ein den Betrug abschließendes Täterverhalten aufgrund einer dafür wesentlichen, nach den Umständen des einzelnen Falles als Vermögensverfügung zu wertenden, durch Täuschung über Tatsachen erschlichenen Zustimmung des Getäuschten ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 71 ff; RIS-Justiz RS0123004).
Betrug erfordert daher auch aus Täterperspektive ein Handlungselement auf Opferseite in Form einer gewollten Vermögensverschiebung ( Kirchbacher/Presslauer in WK 2 StGB § 153 Rz 51).
Anknüpfend daran zeigt aber die Subsumtionsrüge der Staatsanwaltschaft zutreffend auf, dass die vom Erstgericht konstatierte Vorlage der Ladebons im Kontext mit der erstgerichtlichen Feststellung, dass der Angeklagte diese in einem unbeobachteten Moment fotografierte, keine gewollte Vermögensverfügung auf Opferseite ist, vielmehr aus diesen erstgerichtlichen Konstatierungen unmissverständlich folgt, dass die jeweils über die Kaufabsicht Getäuschten - auch aus Täterperspektive – mit einer Überlassung der Paysafecards und Verwendung der PIN-Codes zu Zahlungszwecken gerade nicht einverstanden waren, was nach den Umständen des Einzelfalls bei einer wertenden Betrachtungsweise des Tatgeschehens diesem den „selbstschädigenden Charakter“ nimmt und die Eigenmächtigkeit der Handlungsweise des Angeklagten bei der Herbeiführung des Schadens in den Vordergrund treten lässt.
Dabei kann die vom Erstgericht nicht weiter relevierte Frage der „Wertträgereigenschaft“ von Paysafecards nicht unberücksichtigt bleiben. Handelt es sich dabei nämlich um selbstständige Wertträger (Kirchbacher in WK² § 146 Rz 63; vgl auch Bertel in WK² § 127 Rz 7), tritt der Vermögensschaden bereits mit der irrtumsbedingten Überlassung der Paysafecards ein. Die Wertträgereigenschaft und damit der Eintritt des Vermögensschadens durch Überlassung der Ladebons wäre dann zu bejahen, wenn diese uneingeschränkt übertragbar und von beliebigen Inhabern unter denselben Bedingungen benützbar sind (RIS-Justiz RS0093556 [T1]). Eine Bestrafung wegen der darauffolgenden Inanspruchnahme des Guthabens mangels eines dadurch bewirkten (zusätzlichen) Vermögensschadens käme dann nicht in Betracht. Für diese Annahme bieten die im Verfahren hervorgekommenen Beweisergebnisse durchaus Anlass (siehe hiezu insbesondere AS 315//ON6).
Ausgehend von den Urteilskonstatierungen hat das Erstgericht sohin das Tatgeschehen fehlerhaft subsumiert, weil die getroffenen Konstatierungen einer für den Tatbestand des Betruges erforderlichen gewollten Vermögensverfügung der Getäuschten entgegenstehen. Zu Recht moniert die Staatsanwaltschaft in ihrer Subsumtionsrüge weiters aber auch, dass im Hinblick auf in der Hauptverhandlung hervorgekommene Beweisergebnisse, insbesondere in Form der eigenen geständigen Verantwortung des Angeklagten und der kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnisse Feststellungen zur äußeren und inneren Tatseite des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches nach §§ 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative StGB indiziert gewesen wären, zumal der Angeklagte nach „Ausspähung“ der PIN-Codes deren Guthaben durch Eingabe des PIN-Codes in einem Online-Zahlungsvorgang aktivierte und – ohne das Entgelt für das Guthaben entrichtet zu haben – zur bargeldlosen Zahlung online angebotener Dienstleistungen verwendete.
In Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit aus §§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 10 StGB war daher das angefochtene Urteil im spruchgemäßen Ausmaß aufzuheben.
Aufgrund eigener Beweisergänzung durch gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO erfolgte einvernehmliche Verlesung des gesamten Akteninhaltes sowie einer aktuellen Strafregisterauskunft und von Internet-Recherchen zu Art und Funktion des elektronischen Zahlungsmittels Paysafecard (http://de.wikipedia.org/wiki/Paysafecard vom 12.12.2014 und https://www.paysafecard.com/de-de/produkte/paysafecard/ vom 12.12.2014 ) stellt der Berufungssenat unter ausdrücklicher und identifizierender Übernahme der erstgerichtlichen Urteilskonstatierungen zu den Personalien und dem Vorleben des Angeklagten zum äußeren und inneren Tatgeschehen abweichend von den erstgerichtlichen Feststellungen nachangeführten Sachverhalt fest:
Paysafecard ist ein elektronisches Zahlungsmittel, das nach dem Prepaid-System funktioniert. Der Benutzer kann an den Verkaufsstellen (zB Tankstelle, Kiosk, Post, Lotto-Annahmestelle, Lebensmitteleinzelhandel) verschiedene Guthaben im Bereich von EUR 10,-- bis EUR 100,-- erwerben, die in Form einer 16-stelligen PIN ausgehändigt werden. Zur bargeldlosen Zahlung angebotener Waren und Dienstleistungen in einem Web-Shop genügt die Eingabe der 16-stelligen PIN während des Bezahlvorgangs. Die Paysafecard lautet nicht auf Namen, sie ist frei übertragbar, zur Zahlung reicht ausschließlich die Eingabe des auf der Paysafecard frei ersichtlichen 16-stelligen Pin-Codes. Der Zahlungsvorgang und die Inanspruchnahme des Guthabens erfolgt automationsunterstützt, eine begleitende oder nachprüfende menschliche Kontrolle des Ergebnisses der automationsunterstützten Datenverarbeitung findet nicht statt.
Der Angeklagte war mit diesem elektronischen Zahlungsmittel vertraut. Ihm war insbesondere bekannt, dass allein die Eingabe der 16-stelligen PIN zu Zahlungszwecken ausreicht und auf diese Art und Weise eine anonyme Zahlung von Waren und Dienstleistung, die von Web-Shops angeboten werden, möglich ist. Er tätigte Online-Pokerspiele im Tatzeitraum, deren Einsätze auf diese Art und Weise bargeldlos bezahlt werden konnten. Aus finanziellen Motiven und aus Geldnot begab er sich im Tatzeitraum in den im Tenor der Entscheidung detailliert angeführten Fällen in die dort genannten Verkaufsstellen von Paysafecards, wobei er in Umsetzung des zuvor gefassten Tatentschlusses den dortigen Angestellten bzw Verfügungsberechtigten ein Kaufinteresse an Guthaben von Paysafecards im Wert von jeweils EUR 100,-- vortäuschte. Dabei verschwieg er, dass er zu keinem Zeitpunkt die Absicht hatte, diese Guthaben auch käuflich zu erwerben bzw den entsprechenden Gegenwert zu entrichten. In allen im Urteilstenor angeführten Fällen fotografierte er mit seinem Mobiltelefon in einem unbeobachteten Moment die ihm vom Verkaufspersonal vorgelegten PIN-Codes der generierten Paysafecards und verließ sodann unter einem Vorwand das Geschäft. In allen Fällen lag eine Zustimmung des Verkaufspersonals bzw der Verfügungsberechtigten zur Verwendung der abfotografierten PIN-Codes zu Zahlungszwecken nicht vor, zu einer Ausfolgung bzw. Überlassung der Paysafecards kam es nicht.
In allen Fällen begab sich der Angeklagte, nachdem er die PIN-Codes ohne Zustimmung abfotografiert hatte, zu seinem in der Nähe der Verkaufsstellen geparkten PKW, wo er mittels eines Rechners mit Internetanschluss durch unrechtmäßige Eingabe des 16-stelligen PIN-Codes den jeweiligen Gegenwert der Paysafecards im Wert von EUR 100,-- aktivierte bzw einlöste und das Ergebnis der automationsunterstützten Datenverarbeitung solcherart beeinflusste. Dadurch schädigte er in den angeführten Fällen die über die Paysafecard Verfügungsberechtigten unmittelbar am Vermögen, indem das Guthaben aufgrund des automationsunterstützten Bezahlvorgangs abgebucht wurde, ohne dass der Gegenwert des Guthabens zuvor in bar entrichtet wurde. In den angeführten 37 Fällen verursachte der Angeklagte insgesamt einen Vermögensschaden in Höhe von EUR 3.400,--, in drei Fällen (Fakten 6./, 16./ und 36./ des Urteilstenors) blieb die Tat deswegen beim Versuch, weil die über die Guthaben Verfügungsberechtigten das Abfotografieren der 16-stelligen PIN bemerkten und das generierte Guthaben noch vor dem automationsunterstützten Zahlungsvorgang des Angeklagten stornierten.
Dem Angeklagten kam es in den spruchgemäß angeführten Fällen darauf an , das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung unrechtmäßig durch Eingabe von Daten, nämlich der 16-stelligen PIN, zu beeinflussen, sich unrechtmäßig zu bereichern und die über die Guthaben der Paysafecard Verfügungsberechtigten dadurch unmittelbar am Vermögen zu schädigen, wobei der EUR 3.000,-- übersteigende Schaden von seinem Vorsatz mitumfasst war und er die wiederholten Zugriffe in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung seiner Taten eine fortlaufende Einnahme für unbestimmte Zeit, zumindest aber für einige Monate , zu verschaffen.
Diese Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen gründet der Berufungssenat auf die umfänglich geständige Verantwortung des Angeklagten zum äußeren Tatgeschehen, die sich mit den kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnissen deckt, damit in Einklang bringen lässt und auch mit den Einvernahmen der zahlreichen Geschädigten bzw Getäuschten als Zeugen korreliert. Die Feststellungen zur Wertträgereigenschaft der Paysafecards stützen sich auf die verlesenen Internet-Recherchen. Die innere Tatseite ergibt sich im Hinblick auf die Verantwortung des Angeklagten, die strafbaren Handlungen aus Geldnot begangen zu haben und das Geld zum Online-Pokerspielen benötigt zu haben, zwanglos aus einer lebensnahen Betrachtungsweise des äußeren Tatgeschehens, das zur Annahme des Tatvorsatzes ebenso führt wie zur Annahme des Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes. Die Gewerbsmäßigkeit der Begehungsweise resultiert aus dem vorgetragenen Motiv, dem sich über Monate erstreckenden Tatzeitraum, der Wiederholung der Zugriffe und der eingeschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Tatzeitraum. All diese Umstände lassen nur den Schluss zu, dass der Angeklagte die Taten verübt hat, um sich für längere Zeit eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Dass der Angeklagte die 16-stelligen PIN-Codes ohne bzw gegen Zustimmung der darüber Verfügungsberechtigten zu Zahlungszwecke verwendete, folgt aus den kriminalpolizeilichen Ermittlungsergebnissen und den unbedenklichen, mit diesen Feststellungen korrespondierenden Aussagen der zahlreichen Getäuschten (Abschlussbericht ON 6), ebenso wie der Umstand, dass es zu keiner Ausfolgung der Paysafecards kam.
Als selbständige Wertträger sind Paysafecards zwar Objekt eines Betruges, allerdings liegt Betrug nur dann vor, wenn der Wertträger selbst betrügerisch herausgelockt wird. Dann tritt der Schaden aber schon mit der Überlassung des Wertträgers ein, die nachfolgende Verwertung des Guthabens durch Aktivierung des automationsunterstützen Zahlungsvorgangs würde keinen zusätzlichen Vermögensschaden mehr bewirken, wäre daher nicht mehr strafbar. Betrug scheidet im Anlassfall deshalb aus, weil die werthaltigen Paysafecards dem Angeklagten nicht überlassen wurden. Sein Vorsatz war auch nicht auf die Überlassung des Wertträgers gerichtet, vielmehr auf die Kenntnisnahme des frei lesbaren PIN-Codes auf der Paysafecard. Damit liegt in der bloßen Vorlage der Ladebons, auch wenn diese durch Täuschung erschlichen wurde, keine selbstschädigende Vermögensverfügung der Getäuschten. Das Tatverhalten des Angeklagten ist vielmehr nach § 148a StGB zu beurteilen, zumal der Vermögensschaden unmittelbar durch die Beeinflussung des Ergebnisses einer Datenverarbeitung entstand bzw entstehen sollte.
Ausgehend vom konstatierten Sachverhalt hat der Angeklagte in objektiver und subjektiver Hinsicht sämtliche Tatbestandsmerkmale des Vergehens des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches nach § 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative StGB begangen. Dieses Vergehen ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht.
Im Rahmen des Sanktionsausspruches war auf die Verurteilung des Angeklagten im Verfahren ***** des Bezirksgerichtes Hall i.T. gemäß § 31, 40 StPO Bedacht zu nehmen, weil sämtliche zu diesem Verfahren abgeurteilten Taten nach dem Zeitpunkt ihrer Begehung schon in dem angeführten Verfahren hätten mitabgeurteilt werden können. Damit sind im Rahmen der Strafzumessung unter Heranziehung der Strafbemessungsgründe im Vorverfahren auf der erschwerenden Seite insgesamt das Zusammentreffen von drei Vergehen, drei einschlägige Vorstrafen, die doppelte Qualifikation des Vergehens nach § 148a Abs 1 und 2 erster Satz 1. und 2. Alternative und die Begehung von Straftaten während anhängigen Verfahrens zu ***** des Bezirksgerichtes Hall i.T. heranzuziehen, während sich als mildernd die umfänglich geständige Verantwortung des Angeklagten in beiden Verfahren, die teilweise Schadenswiedergutmachung zu den Schuldsprüchen im bezirksgerichtlichen Verfahren als auch die teilweise Beschränkung des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauches in drei Fällen auf den Versuch darstellt.
Bei einer gemeinsamen Aburteilung wäre ausgehend von diesen besonderen Strafzumessungsgründen und unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze über die Bemessung der Strafe nach § 32 f StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Monaten schuld- und tatangemessen gewesen. Unter Berücksichtigung der bereits im Verfahren ***** des Bezirksgerichtes Hall i.T. verhängten Sanktion war somit die Zusatzstrafe mit acht Monaten auszumessen.
Die (neuerliche) Gewährung zur Gänze bedingter Strafnachsicht ist infolge fehlender Bekämpfung des Sanktionsausspruches zum Nachteil des Angeklagten durch die Staatsanwaltschaft allein schon zwingende Folge des Verschlechterungsverbotes.
Die Privatbeteiligtenzusprüche gründen auf dem Anerkenntnis des Angeklagten.
Die Verpflichtung zum Kostenersatz resultiert aus den bezogenen Gesetzesstellen (für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auch bei Berufung der Staatsanwaltschaft zu Gunsten ausdrücklich Lendl in WK-StPO § 390a Rz 7).