7Bs261/13k – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Senatspräsidentin Dr. Brandstätter als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Klotz und Mag. Knapp als weitere Mitglieder des Senates in der Maßnahmenvollzugssache R***** über die Beschwerde der „p*****“ gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 9.7.2013, GZ 71 BE 134/05v-166, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Text
Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 4.12.2007 (ON 37) wurde R***** gemäß § 47 Abs 1 StGB aus der mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7.11.2005, 29 Hv 140/05x-47, angeordneten Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB zum 2.1.2008 bedingt entlassen und die Probe zeit mit fünf Jahren bestimmt.
Gemäß § 50 Abs 1 StGB wurde ihm unter anderem die Weisung erteilt,
sich regelmäßig in dem seitens der behandelnden Ärzte als erforderlich erachteten Umfang ambulanten Kontrollen und Behandlungen einschließlich Depotgaben an der forensischen Ambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck zu unterziehen und die verordneten Medikamente regelmäßig einzunehmen .
Bis Ende 2012 erfolgten die Depotverabreichungen und ambulanten Kontrollen durch den „Verein Institut für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Forensisch-Psychiatrische Ambulanz Tirol“ an der Universitätsklinik für Psychiatrie in Innsbruck.
Mit Beschluss vom 18.12.2012 wurde gemäß § 54 Abs 3 StGB die Probezeit um zwei Jahre verlängert (ON 139).
Am 22.3.2013 beschloss das Landesgericht Innsbruck als Vollzugsgericht obgenannte Weisung dahingehend zu ändern, dass die Kontrollen und Behandlungen künftig in der Forensischen Ambulanz im Bereich der Psychiatrie des Landes kranken hauses Hall i.T. durchzuführen sind (ON 149), da die Forensische Ambulanz an der Universitätsklinik für Psychiatrie Innsbruck nicht mehr weitergeführt und von der TILAK, Landeskrankenhaus Hall, am 26.2.2013 mitgeteilt wurde, dass am LKH Hall, „allgemeinpsychiatrische Ambulanz der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie A“, seit 1.1.2013 (befristet bis 30.6.2013) im Auftrag „pro mente plus“ die forensische Ambulanz angeboten werde.
Am 31.3.2013, 30.4.2013 und 31. 5. 2013 übermittelte „Pro mente plus, Foram Tirol“, Rechnungen für „ärztliche Leistung“ bei R***** am 21.2.2013 und 7.3.2013 über EUR 205,70,- und am 4.4.2013 und 2. 5. 2013 über jeweils EUR 102,85,- (ON 150, 154 und 162).
Mit der nun bekämpften Entscheidung beschloss das Landesgericht Innsbruck
In der Begründung wurde ausgeführt, die Sachwalterin des Betroffenen habe mitgeteilt, dass dieser bei der Tiroler Gebietskrankenkasse krankenversichert sei und über Ersparnisse in Höhe von EUR 5.796,15 verfüge, welche zum Teil für Verbesserungen in der Wohnung notwendig seien, wenn R***** „entlassen werde“.
Fallbezogen sei davon auszugehen, dass einerseits R***** über eine Krankenversicherung verfüge und andererseits, selbst wenn er für die Kosten aufkommen müsste, durch Zahlung von Arztkosten in Höhe von monatlich rund EUR 100,-- auf Grund seiner Ersparnisse auch nicht sein Fortkommen erschwert werde.
Eine Übernahme der Kosten durch den Bund scheide daher aus.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen, die Krankenversicherung bei der Tiroler Gebietskrankenkasse ändere nichts an der Kostenersatzpflicht des Bundes, da die bei R***** durchgeführte Behandlung nicht als Kranken behandlung im Sinn des § 133 ASVG gelte. Dadurch sei eine Kostenübernahme durch die Gebietskrankenkasse nicht möglich. Die Kosten seien dem R***** im Hinblick auf seine geringen Ersparnisse für sein weiteres Fortkommen wirtschaftlich nicht zumutbar.
Beantragt wurde, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Kosten ersatz pflicht des Bundes festzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist zulässig ( Pieber in WK StVG § 179a Rz 9; aM offen sichtlich OLG Graz zu 10 Bs 105/13m), aber nicht berechtigt.
Der Bund hat die aufgrund einer dem bedingt Entlassenen erteilten Weisung entstanden Kosten der ärztlichen Behandlung dann zu übernehmen, wenn dieser nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung hat und durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten sein Fortkommen erschwert würde. Nur das kumulative Vorliegen der im § 179a Abs 2 StVG genannten Voraussetzungen begründet daher die Pflicht des Bundes auf Übernahme der Behandlungskosten. Aufgrund der im Schreiben der Sachwalterin vom 1.7.2013 (ON 165) angeführten Ersparnissen des R***** in Höhe von EUR 5.796,15 kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Verpflichtung zur Zahlung der bislang aufgelaufenen Behandlungskosten in Höhe von ca. EUR 610,-- das Fortkommen des bedingt Entlassenen erschwert würde, zumal auch nicht feststeht, ob es überhaupt zu den „Verbesserungen“ in der Wohnung und wenn ja, in welchem Ausmaß kommen wird. Der Beschwerde war daher schon aus diesem Grunde nicht Folge zu geben.
Sollten jedoch weiterhin Behandlungskosten auflaufen und geltend gemacht werden, deren Zahlung durch den Betroffenen dessen Fort kommen erschweren würde, wäre im Hinblick auf die Ausführungen in der Beschwerde, wonach eine Kostenübernahme „durch die Gebiets krankenkasse“ nicht möglich sei, näher abzuklären, um welche in den Rechnungen erwähnten „ärztlichen Leistungen“ es sich überhaupt handelt, ob jemals ein Antrag der Beschwerdeführerin an die Tiroler Gebietskrankenkasse auf Kostentragung gestellt und allenfalls abgewiesen wurde, ob diese die Kosten tatsächlich nicht – und bejahendenfalls mit welcher Begründung - übernimmt oder ob allenfalls eine Kostenübernahme durch den Krankenhausträger erfolgt. Die Kosten für jene Behandlungen, die (seinerzeit) in der Ambulanz des Institutes für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie in Innsbruck erfolgten, wurden nach dem Akteninhalt offenkundig übernommen. Für eine solche Kostenübernahme spräche jedenfalls auch die Vereinbarung von einheitlichen Stundensätzen für ambulante Betreuungsleistungen zwischen dem Bundesministerium für Justiz und „pro mente plus GmbH“, Standorte Linz, Salzburg und Wien (siehe Erlässe des BMJ vom 19. 3. 2012 und 13. 2. 2013)