JudikaturOLG Innsbruck

15Ra11/97y – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 1997

Kopf

Beschluß

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Prokop als Vorsitzenden und die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Petter und Dr. Pirker als weitere Mitglieder des Senates in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Elisabeth A*****, vertreten durch Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, wider die beklagte Partei Friedrich S*****, vertreten durch Dr. Markus Hupfauf, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen eingeschränkt Kosten, infolge "Berufung" der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.11.1996, 47 Cga 239/96 x - 7, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der als Rekurs aufzufassenden Berufung wird t e i l w e i s e Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, sodaß sie insgesamt zu lauten hat wie folgt:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 4.099,92 (davon S 683,32 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen."

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der Klägerin zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen S 1.626,24 (davon S 271,04 Umsatzsteuer) an Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu bezahlen.

Die Berufungsbeantwortung wird z u r ü c k g e w i e s e n .

Der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung ist auf jeden Fall unzulässig.

Text

Begründung:

Das Bezirksgericht Schwaz bewilligte am 2.9.1996 zu 4 E 4124/96 g aufgrund des vollstreckbaren Zahlungsbefehles desselben Gerichtes vom 9.1.1995, 2 C 21/95 b, die Forderungsexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 2.500,-- an Hauptsache samt Nebengebühren (insgesamt S 8.121,38) gegen den Verpflichteten Andreas S*****. Als Drittschuldner wurde der nunmehr Beklagte angeführt. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wurde dem Beklagten am 4.9.1996 zugestellt. Gleichzeitig wurde ihm der Auftrag zur Erstattung einer Drittschuldneräußerung erteilt. Am 17.9.1996 kam der Beklagte diesem Auftrag nach und übermittelte die Drittschuldneräußerung an das Bezirksgericht Schwaz, worin er ausführte, daß das Arbeitsverhältnis mit 30.9.1996 zu Ende ist und der Verpflichtete monatlich S 8.000,-- erhalten habe. Weiters gab er an, daß der Verpflichtete bereits einen Vorschuß bezogen habe. Diese Drittschuldneräußerung langte am 20. September 1996 beim Bezirksgericht Schwaz ein. Der betreibenden Partei bzw. dessen Vertreter übermittelte der Drittschuldner und nunmehrige Beklagte keine Drittschuldneräußerung.

Im vorliegenden Verfahren begehrte nun die Klägerin die Bezahlung von S 8.121,38 s.A. mit der Behauptung, daß die Gehaltsansprüche des Verpflichteten gepfändet und überwiesen worden seien. Bei gehörigem Abzug wäre bereits der Klagsbetrag einzubehalten und zu übermitteln gewesen.

Gegen den Zahlungsbefehl erhob der Beklagte fristgerecht Einspruch mit dem Bemerken, daß der Verpflichtete nicht mehr bei ihm beschäftigt sei. Daraufhin schränkte die Klägerin ihr Begehren auf Kosten ein und verwies darauf, daß der Beklagte ihr gegenüber keine Drittschuldneräußerung abgegeben habe.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und räumte ein, daß er an die betreibende Partei und deren Vertreter keine Drittschuldneräußerung übermittelt habe.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Erstgericht das Kostenbegehren der Klägerin abgewiesen und im übrigen folgenden Spruch gefällt:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen des Beklagtenvertreters die mit S 1.845,52 bestimmten Prozeßkosten (darin enthalten S 490,-- Barauslagen und S 225,92 Umsatzsteuer) zu ersetzen."

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß der Beklagte als Drittschuldner dadurch, daß er die Äußerung an das Bezirksgericht übermittelt habe, seiner Verpflichtung nach § 301 Abs. 1 EO nachgekommen sei, sodaß der klagenden Partei kein Kostenersatz nach § 301 Abs. 3 EO zustehe.

Gegen die am 27. November 1996 dem Klagsvertreter zugestellte Entscheidung richtet sich die am 3.12.1996 zur Post gegebene und als Berufung bezeichnete Rechtsmittelschrift der Klägerin, die die Entscheidung ihrem gesamten Inhalte nach anficht. Unter Geltendmachung der Rechtsmittelgründe der Nichtigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung und "Kostenrekurs" beantragt die Rechtsmittelwerberin die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne eines Kostenzuspruches an die klagende Partei; hilfsweise wird Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat eine Berufungsbeantwortung mit dem Antrag, der "Berufung" keine Folge zu geben und eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, eingebracht.

Dazu ist zunächst folgendes festzuhalten. Nach ständiger Rechtsprechung hat das Erstgericht über das auf Kosten eingeschränkte Begehren zu Recht in Urteilsform entschieden (Stohanzl, ZPO 14. Auflage E 1 zu § 55). Ebenso einhellig ist die Judikatur dazu, daß eine derartige Entscheidung nach § 55 ZPO ausschließlich mittels Rekurses, und zwar einem einseitigen Rekurs anzufechten ist (Kodek in Rechberger Rz 5 zu § 517 ZPO, Fasching, Zivilprozeßrecht**2 Rz 470).

Daraus folgt nun, daß die Berufungsbeantwortung unzulässig ist und damit zurückgewiesen werden muß.

Da die als Berufung bezeichnete Rechtsmittelschrift innerhalb von 14 Tagen eingebracht wurde, ist sie einer sachlichen Erledigung als Rekurs zugänglich, da nach § 84 ZPO die Falschbezeichnung nicht schadet. Das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.

Zunächst moniert die Rechtsmittelwerberin eine Nichtigkeit der Entscheidung nach § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO, da der Spruch derart mangelhaft sei, daß eine Überprüfung nicht möglich sei. Die Begründung sei im wesentlichen nicht viel besser, sodaß auch daraus nicht die notwendige Klarheit abgeleitet werden könne.

Diesen Ausführungen ist insoweit zu folgen, daß der Spruch in sich vertrakt und widersprüchlich, jedoch nicht unüberprüfbar ist. Aus der im Spruch angeführten Zahlstelle (Beklagtenvertreter) und dem zugesprochenen Betrag, der dem Kostenverzeichnis der beklagten Partei entspricht, läßt sich mit der notwendigen Klarheit ableiten, daß die klagende Partei zum Kostenersatz an die beklagte Partei verurteilt wurde. Insoweit ist auch die Begründung des Ersturteiles nachvollziehbar und klar, sodaß Nichtigkeit nicht angenommen wird.

Rechtliche Beurteilung

Im weiteren vertritt die Rechtsmittelwerberin die Ansicht, daß das Erstgericht Kosten nach § 301 Abs. 3 EO ihr hätte zusprechen müssen. Der Beklagte und Drittschuldner habe eindeutig gegen den Auftrag verstoßen, eine Gleichschrift der Drittschuldneräußerung dem Vertreter der klagenden Partei zu übermitteln. Dieser Verstoß müsse, wenn nicht gar als vorsätzlich, so doch zumindest als grob fahrlässig erkannt werden, wenn man nicht ohnehin annehme, daß der Drittschuldner seiner Verpflichtung überhaupt nicht nachgekommen sei. In § 301 Abs. 1 EO sei der Inhalt der Drittschuldnererklärung geregelt, während der Abs. 2 die Verpflichtung beinhalte, eine Abschrift dem betreibenden Gläubiger zu übersenden. Der Abs. 3 dieser Bestimmung pönalisiere den Verstoß gegen Abs. 1 mit einer Kostenersatzpflicht des Beklagten. Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Abs. 2 werde nach dem dritten Satz (des Abs. 3) gleichfalls pönalisiert, wobei für das Nichterfüllen jegliches Verschulden des Drittschuldners ausreiche. Auf jeden Fall könne aber dem betreibenden Gläubiger nicht zugemutet werden, aufgrund der klaren Anordnung des Gesetzes vor Klagseinbringung noch bei Gericht nachzufragen, ob dort eine Drittschuldneräußerung eingelangt sei.

Diesen Ausführungen wird im Ergebnis gefolgt. § 301 EO (in der Fassung BGBl 628/1991) regelt die Drittschuldnererklärung. Abs. 1 dieser Bestimmung hat das Gericht, wenn nichts anderes beantragt ist, dem Drittschuldner gleichzeitig mit dem Zahlungsverbot aufzutragen, sich binnen vier Wochen zu verschiedenen Fragen, die unter mehreren Punkten dargelegt werden, zu erklären. In Abs. 2 wird angeordnet, daß der Drittschuldner seine Erklärung dem Exekutionsgericht, eine Abschrift davon dem betreibenden Gläubiger zu übersenden hat. Gleichzeitig wird ihm aber auch das Recht eingeräumt, diese Erklärung bei Gericht zu Protokoll zu geben, wobei in diesem Fall das Gericht eine Abschrift dem Betreibenden übermitteln muß. Abs. 3 setzt sich nun mit den Folgen auseinander, die eintreten, wenn diesen Anordnungen nicht oder nicht ordnungsgemäß entsprochen wird, und setzt folgendes fest: "Hat der Drittschuldner seine Pflichten nach Abs. 1 schuldhaft nicht, vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig erfüllt, so ist dem Drittschuldner trotz Obsiegens im Drittschuldnerprozeß (§ 308) der Ersatz der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. § 43 Abs. 2 ZPO gilt sinngemäß. Überdies haftet der Drittschuldner dem betreibenden Gläubiger für den Schaden, der dadurch entsteht, daß er seine Pflichten schuldhaft überhaupt nicht, vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig oder unvollständig erfüllt hat. Diese Folgen sind dem Drittschuldner bei Zustellung des Auftrages bekanntzugeben."

Diese Anordnung ist zunächst dahin klar, daß sich lediglich die Sätze 1 und 2 mit den Kostenfolgen im Drittschuldnerprozeß befassen, während der dritte Satz den darüber hinausgehenden Schaden und dessen Tragung festlegt. Für die vorliegende Entscheidung kommen sohin ausschließlich die beiden ersten Sätze dieses Absatzes zum Tragen.

Die Schwierigkeit der Anwendung liegt nun darin, daß nach dem Wortlaut der gesetzlichen Anordnung nur der Verstoß gegen Abs. 1 mit Kostenfolgen pönalisiert erscheint. Diese wörtliche Interpretation ergibt für sich aber keinen abschließenden Sinn, da der Abs. 1 ausschließlich den Inhalt der Drittschuldnererklärung darlegt und die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe einer derartigen Erklärung normiert. Wie und gegenüber wem die Erklärung abgegeben werden muß, ist aber ausschließlich im Abs. 2 festgeschrieben, sodaß eine nähere inhaltliche Ausgestaltung und Darlegung des Abs. 1 erst durch den Abs. 2 erfolgt, sodaß die Anordnung nur im Zusammenhalt ihren eigentlichen Sinn erhält. Nach den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu BGBl 628/1991 (GP XVIII RV 181 Seite 44 Z. 4) ist angeführt: "Entstehen dem betreibenden Gläubiger dadurch Kosten, daß er wegen der Verweigerung oder der unvollständigen oder unrichtigen Abgabe der Drittschuldnererklärung einen Drittschuldnerprozeß führen muß, so kann der Anspruch auf Ersatz dieser Kosten nicht im Drittschuldnerprozeß (etwa durch Einschränkung des Klagebegehrens auf Kosten), sondern nur mit besonderer (Schadenersatz )Klage geltend gemacht werden (JBl 1984, 686). Durch die neue Bestimmung des Abs. 3 soll die Geltendmachung als Kostenersatzanspruch im Drittschuldnerprozeß ermöglicht werden. Dies erspart einen weiteren Prozeß. ..." Wollte man nun im vorliegenden Fall ausschließlich den dritten Satz des Abs. 3 anwenden, da kein Verstoß gegen Abs. 1 vorliegt, so wären die in diesem Verfahren entstandenen Kosten vom nunmehrigen Kläger in einem eigenen Schadenersatzprozeß gegen den nunmehrigen Beklagten geltend zu machen. Genau diesen Vorgang wollte man aber durch die Neuregelung verhindern. Nach der Intention des Gesetzgebers ist sohin klar, daß Abs. 1 und Abs. 2 nur im Kontext gelesen werden können und eine einheitliche Verpflichtung des Drittschuldners darstellen (in diesem Sinne auch OLG Graz 8 Ra 74/95; 7 Ra 82/94 u.a.). So bleibt noch die Frage, wie der Verstoß zu werten ist. Schuldhaftes Handeln wird, da eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung für die Abgabe der Erklärung besteht, vermutet. Subsumiert man das vorliegende Fehlverhalten als schuldhaftes Nichterfüllen, so genügt jegliches Verschulden. Reiht man es in eine unvollständige Erfüllung ein, so ist zumindest grob fahrlässiges Handeln notwendig. Auch dieses muß der beklagten Partei im vorliegenden Fall unterstellt werden, da in der Mitteilung an ihn die Verpflichtung klar und eindeutig normiert wurde und von seiner Seite keinerlei Angaben darüber gemacht wurden, warum ihm die Erfüllung dieser Verpflichtung entgangen ist. Bei einer derart einfachen und klaren Anordnung kann, wenn zur Entschuldung nichts vorgebracht wird, zweifellos von einem groben Verstoß gesprochen werden. Demnach hat die Klägerin Anspruch auf Kostenersatz. Bei der Höhe ist allerdings eine Kürzung vorzunehmen, da der Schriftsatz vom 8.11.1996 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war. Die Einschränkung hätte ohne jede Verzögerung und ohne wesentlichen Aufwand auch in der Streitverhandlung vorgenommen werden können. Eine Pauschalgebühr war nicht zu entrichten, da in Arbeitsrechtssachen bei Streitwerten bis S 20.000,-- Gebührenfreiheit besteht. Im übrigen wurde die Gebühr bereits rückerstattet.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO iVm § 11 RATG. Die Honorierung ist nach TP 3 A RATG vorzunehmen, wobei Bemessungsgrundlage der obsiegte Betrag (S 1.845,52 an Kostenverpflichtung beseitigt und S 4.099,92 erstritten) ist. Die auf dieser Basis zu berechnenden Kosten finden noch Deckung im begehrten Kostenbetrag.

Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs. 2 Z. 3 ZPO auf jeden Fall unzulässig.

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