JudikaturOLG Innsbruck

4R296/96b – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
07. Januar 1997

Kopf

Beschluß

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hager als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Brock und Dr. Moser als weitere Mitglieder des Senates in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred A*****, vertreten durch Dr. Rainer Welte, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1) Erna G*****, vertreten durch Dr. Manfred Lenz, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, 2) Rudolf A*****, vertreten durch Dr. Arnulf Summer und Dr. Nikolaus Schärtler, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, 3) Herlinde S*****, 4) Rosa B*****, beide vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, 5) Reinhard H*****, vertreten durch Dr. Manfred Lenz, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, wegen Aufhebung des Miteigentums infolge Rekurses der dritt- und viertbeklagten Parteien gegen die im Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 18.10.1996, 7 Cg 65/95v-55, enthaltene Kostenentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird t e i l w e i s e Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert, daß sie zu lauten hat:

"Die erst-, zweit- und fünftbeklagten Parteien sind zur unge-

teilten Hand schuldig, dem Kläger zu Handen des Klagsvertreters die

mit S 170.642,14 (darin enthalten S 24.752,02 Umsatzsteuer und

S 22.130,-- Barauslagen) bestimmten Kosten binnen 14 Tagen zu

ersetzen.

Der Kläger ist schuldig, den dritt- und viertbeklagten Parteien

binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters die mit S 44.515,02 (darin

enthalten S 7.419,17 Umsatzsteuer) bestimmten Prozeßkosten zu er-

setzen."

Der Kläger ist schuldig, den dritt- und viertbeklagten Parteien binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters den Betrag von S 7.821,-- (darin enthalten S 1.303,50 Umsatzsteuer) an Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Der Kläger hat mit der am 28.2.1995 beim Erstgericht eingelangten Klage die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft des Klägers und der erst-, zweit-, dritt- und viertbeklagten Parteien an den Liegenschaften EZ 1088 GB 92005 Lustenau und EZ 6001, 1113 und 7210 je GB 92001 Dornbirn sowie des Klägers und der fünftbeklagten Partei an der Liegenschaft EZ 1325 GB 92001 Dornbirn durch gerichtliche Feilbietung begehrt; er hat zudem eine Eventualbegehren auf Realteilung gestellt.

Während die übrigen beklagten Parteien bestritten haben, haben die dritt- und viertbeklagten Parteien bei der in dieser Rechtssache stattgefundenen ersten Tagsatzung am 23.3.1995 das Klagebegehren anerkannt und Kostenersatz nach § 45 ZPO mit der Begründung, sie hätten zur Klagsführung keinen Anlaß gegeben, begehrt. Die dritt- und viertbeklagten Parteien haben in der aufgetragenen Klagebeantwortung lediglich Vorbringen erstattet, das ihren Kostenersatzanspruch nach § 45 ZPO betrifft (und zwar, daß der Kläger nun auf Zivilteilung klage, obwohl er in der vorprozessualen Korrespondenz lediglich eine Realteilung in Aussicht gestellt habe, zu welcher die dritt- und viertbeklagten Parteien sogleich ihre Zustimmung erteilt hätten).

Der Vertreter der dritt- und viertbeklagten Parteien hat am weiteren Verfahren teilgenommen. Bei der Tagsatzung am 4.5.1995 hat er die zu seinem Vorbringen angebotene Korrespondenz gelegt, die zum Beweis zugelassen und dargetan worden ist (der Klagsvertreter hat Echtheit der vorgelegten Urkunden anerkannt und im übrigen auf das Prozeßvorbringen verwiesen).

Im Zuge des weiteren Verfahrens hat der Vertreter der dritt- und viertbeklagten Parteien lediglich in der Tagsatzung vom 20.10.1995 ergänzend vorgebracht, daß auch das Begehren auf Realteilung anerkannt werde, soferne hierauf entschieden werde, und daß auch insoweit keine Veranlassung zur Klage gegeben worden sei. Zum Beweis hat er wiederum auf die bereits vorliegende Korrespondenz verwiesen.

Das Erstgericht hat mit dem Urteil, das die angefochtene Kostenentscheidung enthält, dem Zivilteilungsbegehren (mittlerweile rechtskräftig) Folge gegeben. Es hat sämtliche beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 170.642,14 an Prozeßkosten verurteilt und dies damit begründet, daß alle beklagten Parteien eine einheitliche Streitpartei darstellten, sodaß die dritt- und viertbeklagten Parteien trotz ihres Anerkenntnisses für die gesamten Kosten solidarisch hafteten. Da nur dann von einer fehlenden Veranlassung zur Klage im Sinne des § 45 ZPO gesprochen werden könne, wenn sich der betreffende Miteigentümer auf Seite des Klägers am Verfahren beteilige (unter Berufung auf JBl 1993, 58), sei für die dritt- und viertbeklagten Parteien aus ihrem Anerkenntnis und dem Umstand, daß eine außergerichtliche Aufforderung zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft nicht erfolgt sei, nichts zu gewinnen. Im Rahmen der Feststellungen hat das Erstgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, daß der Kläger die dritt- und viertbeklagte Partei zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft außergerichtlich vor Klagseinbringung aufgefordert hätte.

Gegen die erwähnte Kostenentscheidung richtet sich der Kostenrekurs der dritt- und viertbeklagten Parteien, die die Abänderung der Kostenentscheidung dahin begehren, daß der Kläger schuldig erkannt werde, den dritt- und viertbeklagten Parteien die gesamten von ihnen (mit S 140.210,40) verzeichneten Prozeßkosten zu ersetzen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat sich bei seiner Kostenentscheidung auf die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 4.7.1991, 2 R 118/91, veröffentlicht in JBl 1993, 58, bezogen.

Diese Entscheidung wurde von Michael Bydlinski in der Anmerkung JBl 1993, 58 eingehend besprochen. Das Rekursgericht stimmt der Auffassung Bydlinskis zu, daß es kein wünschenswertes Ergebnis der Anwendung der Bestimmungen der §§ 45 und 46 Abs 2 ZPO sein kann, wenn einem Miteigentümer, der, wie hier, der vom Teilungskläger gewünschten Realteilung schon vor der Klagsführung zugestimmt hat, der in der Folge aber mit einer Zivilteilungsklage als Mitbeklagter belangt wird, ohne daß ihm zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Zivilteilungsbegehren gegeben wurde, und der dann sofort im Prozeß auch das Zivilteilungsbegehren anerkennt, der Ersatz der vollen Klagskosten solidarisch mit den übrigen (bestreitenden) beklagten Miteigentümern auferlegt wird. Die Gesetzeslage muß auch nicht zwingend zu diesem Ergebnis führen. M. Bydlinski hat in seiner Entscheidungsbesprechung einen Weg aufgezeigt, um ein vertretbares Ergebnis in einer solchen Kostenfrage zu erzielen.

Das Rekursgericht stimmt zunächst der Auffassung zu, daß die Bestimmung des § 45 ZPO auch in einem solchen Falle grundsätzlich anwendbar ist. Die grundsätzliche Anwendbarkeit wurde schon in den Entscheidungen GlUNF 2726 und SZ 44/139 bejaht. Bejaht wurde sie auch vom Oberlandesgericht Wien in der Entscheidung WR 491. Fucik (in Rechberger ZPO Rz 2 zu § 45) stimmt dieser Auffassung zu. Voraussetzung dazu ist nach den zitierten Auffassungen, daß der Kläger nicht versucht hat, den betreffenden Miteigentümer zur Aufhebung der Gemeinschaft zu bestimmen bzw. aufzufordern. Dies trifft auch dann zu, wenn, wie hier, der klagende Miteigentümer vorprozessual nur eine Realteilung angestrebt und kein Begehren auf Zivilteilung, auf die er dann schließlich klagte, gestellt hat.

Allerdings ist zu bedenken, daß, weil eben im Teilungsprozeß sämtliche Miteigentümer auf Klags- oder Beklagtenseite vertreten sein müssen, ein Miteigentümer, der dem vorprozessual angekündigten Begehren auf Teilung zustimmt, auch seine Bereitschaft erklären muß, sich auf Seite des Klägers am Verfahren zu beteiligen. Um die Notwendigkeit einer solchen Zustimmung zur Beteiligung als Streitgenosse des Klägers zu erkennen, muß aber der Kläger den vorprozessual zustimmenden Miteigentümer vor Klagseinbringung davon in Kenntnis setzen, daß zumindest ein anderer Miteigentümer seinem Begehren auf Teilung nicht zustimmt, also eine Klagsführung erforderlich sein werde.

Im gegenständlichen Fall liegt die Negativfeststellung des Erstgerichts vor, daß nicht festgestellt werden kann, daß der Kläger die dritt- und viertbeklagten Parteien zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft vor Klagseinbringung außergerichtlich aufgefordert hätte. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes (siehe SZ 44/139) und Faschings (Komm II 339) muß ein Teilungskläger, um nicht nach § 45 ZPO kostenersatzpflichtig zu werden, behaupten, versucht zu haben, den anderen Teilhaber zur Aufhebung der Gemeinschaft außergerichtlich zu bestimmen und aufzufordern. Eine solche Behauptung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Ob der Kläger im Falle eines Kostenbegehrens nach § 45 ZPO seine diesbezügliche Behauptung auch beweisen muß, erscheint zweifelhaft. Im allgemeinen läuft zwar Behauptungs- und Beweislast zweifellos parallel. Andererseits aber kann es kaum zweifelhaft sein, daß derjenige Beklagte, der sich auf die Ausnahmebestimmung des § 45 ZPO beruft, die entsprechenden Umstände, aus denen sich diese Rechtsfolge ableiten läßt, auch beweisen muß.

Auch dann, wenn nicht von einer generellen Beweispflicht des Teilungsklägers im Sinne seiner Behauptungspflicht ausgegangen wird, ist aber im gegenständlichen Fall zu unterstellen, daß der Kläger vor Einbringung der Zivilteilungsklage die dritt- und viertbeklagten Parteien nicht versucht hat, zur Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung zu bestimmen bzw. aufzufordern. Dann nämlich, wenn, wie hier, aufgrund der allem Anschein nach vollständigen Korrespondenz, die die dritt- und viertbeklagten Parteien zur Begründung ihres Kostenersatzanspruches nach § 45 ZPO vorgelegt haben, der Teilungskläger nur eine Realteilung, nicht aber eine Zivilteilung vorprozessual wünschte und die betreffenden Miteigentümer ihre Zustimmung zur Realteilung äußerten, und der Kläger die entsprechenden Tatsachenbehauptungen dieser Miteigentümer lediglich unsubstantiiert bestreitet, muß den auf Beklagterseite belangten Miteigentümern die Erbringung des Anscheinsbeweises im Sinne ihrer Behauptungen zugestanden werden, sodaß der Kläger zum Erschütterungsbeweis verpflichtet wäre. Dieser wurde vom Kläger hier nicht geführt. Es ist daher zu unterstellen, daß die dritt- und viertbeklagten Parteien vorprozessual nicht zur Zustimmung zur Zivilteilung aufgefordert wurden.

Da sich aus der anscheinend vollständigen vorprozessualen Korrespondenz zwischen dem Kläger und den dritt- und viertbeklagten Parteien auch keinerlei Hinweis darauf ergibt, daß der Kläger die dritt- und viertbeklagten Parteien davon verständigt hätte, daß andere Miteigentümer dem Realteilungsbegehren nicht zustimmen, liegen alle oben genannten Voraussetzungen für die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 45 ZPO hier vor.

Der Umstand, daß eine wirksame Anerkennung des Klagsanspruches, wie sie § 45 ZPO fordert, hier infolge der einheitlichen Streitgenossenschaft auf Beklagterseite von einem einzelnen beklagten Miteigentümer nicht erfolgen kann, sollte dieses Ergebnis nicht (jedenfalls) verhindern können. Zu bedenken ist, daß der eigentliche Grund der Bestimmung des § 45 ZPO darin liegt, daß der Kläger, wenn der Tatbestand dieser Bestimmung erfüllt ist, einen ohne Not geführten Prozeß verursacht hat (M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozeß, 270; Fucik aaO Rz 1 zu § 45). Im Regelfall kann dies nur dann gesagt werden, wenn der Beklagte tatsächlich prozessual wirksam bei der ersten im Prozeß sich bietenden Gelegenheit das Klagebegehren anerkennt. Im Grunde aber stellt § 45 ZPO auf ein fiktives Verhalten, nämlich das des belangten Beklagten ab, das eingetreten wäre, wäre er vor Klagsführung mit der Klagsforderung konfrontiert worden: Er hätte sich dann eben der Klagsforderung unterworfen und es wäre nicht zur Prozeßführung gekommen. Die folgende Anerkennung im Prozeß ist lediglich die zwangsläufige Folge dessen, daß dieses Verhalten eben nicht realisiert werden konnte, sondern fiktiv unterstellt werden muß. Nach Auffassung des Rekursgerichtes bedarf es daher, um § 45 ZPO auf einzelne beklagte Miteigentümer anwenden zu können, nicht der weiteren Interpretation von § 46 Abs 2 zweiter Satz, die M. Bydlinski in seiner Besprechung zur Entscheidung JBl 1993, 58 vornimmt. Ein Kläger, der sich einem oder mehreren Miteigentümern gegenüber, die seinem Teilungsbegehren nichts entgegengesetzt hätten, so verhält wie im gegenständlichen Fall, hat allein schon nach § 45 ZPO aufgrund der sinngemäßen Interpretation dieser Gesetzesbestimmung den unnötig beklagten Miteigentümern gegenüber keinen Kostenersatzanspruch, vielmehr diesen die notwendigen Prozeßkosten zu ersetzen.

Allerdings kann der Auffassung M. Bydlinskis beigepflichtet werden, daß eine ungleiche Behandlung mehrerer beklagter Miteigentümer im Teilungsprozeß mit § 46 Abs 2 zweiter Satz ZPO begründet werden kann.

Im grundsätzlichen ist daher dem Rekurs der dritt- und viertbeklagten Parteien zuzustimmen. Was aber die Höhe der im Rekurs begehrten Kosten betrifft, ist darauf hinzuweisen, daß die Teilnahme des Vertreters der dritt- und viertbeklagten Parteien lediglich bis einschließlich der Tagsatzung vom 4.5.1995 als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendig gewesen sein kann. Alle weiteren Prozeßhandlungen des Vertreters der dritt- und viertbeklagten Parteien waren unnotwendig und sind demnach auch nicht zu honorieren. Die angefochtene Kostenentscheidung ist daher dahin abzuändern, daß die bis einschließlich 4.5.1995 verzeichneten Leistungen honoriert werden. Dies ergibt einen Betrag

von S 37.095,85

zuzüglich 20 % Umsatzsteuer S 7.419,17

insgesamt also S 44.515,02.

Der Kläger ist also verpflichtet, den dritt- und viertbeklagten Parteien diese Prozeßkosten zu ersetzen. Die Kostenentscheidung ist weiters dahin abzuändern, daß lediglich die verbliebenen beklagten Parteien (erst-, zweit- und fünftbeklagte Partei) solidarisch zur Zahlung der vom Erstgericht bestimmten Prozeßkosten verurteilt werden.

Der Rekurserfolg beträgt daher S 215.157,16 (S 170.642,14, mit welchem Betrag das Erstgericht die Kostenersatzpflicht der dritt- und viertbeklagten Parteien bestimmte, zuzüglich S 44.515,02). Auf dieser Basis errechnen sich die vom Kläger den dritt- und viertbeklagten Parteien zu ersetzenden Rekurskosten nach § 11 RATG unter Berücksichtigung von 10 % Streitgenossenzuschlag mit S 7.821,-- (darin enthalten S 1.303,50 Umsatzsteuer).

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß zwar der Streitwert im gegenständlichen Fall nach § 60 Abs 2 JN nach dem Einheitswert der streitverfangenen Liegenschaften zu berechnen wäre (der, wie das Rekursgericht beim Finanzamt telefonisch feststellte, lediglich S 28.000,-- betrüge). § 4 RATG verweist aber hinsichtlich der Bemessungsgrundlage für das Rechtsanwaltshonorar lediglich auf §§ 54 bis 59, also nicht 60 JN. Für das Anwaltshonorar ist daher, da eine Streitwertbemängelung nicht erfolgt ist, die Streitwertbemessung laut Klage entscheidend.

Gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung jedenfalls unzulässig.

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