JudikaturOLG Innsbruck

3R105/95 – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 1995

Kopf

Beschluß

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Delle-Karth als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Hörbiger und Dr. Höfle als weitere Mitglieder des Senates in der Rechtssache der klagenden Partei Franz B*****, vertreten durch Dr. Peter Lechner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wider die beklagte Partei Josef E*****, vertreten durch Dr. Norbert Kosch, Dr. Jörg Beirer, Dr. Roman Kosch, Dr. Dieter Jedlicka, Dr. Gerhard Schilcher und Dr. Martin Hembach, alle Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, wegen S 48.818,66 s.A. infolge Rekurses des Beklagten gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 27.2.1995, 15 Cg 201/94z-10, idFd Berichtigungsbeschlusses vom 28.6.1995, 15 Cg 201/94z-14, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs, dessen Kosten der Rekurswerber selbst zu tragen hat, wird

k e i n e Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf Grund der am 2.9.1994 beim Erstgericht überreichten Klage, in der dessen Zuständigkeit auf eine Gerichtsstandsvereinbarung gestützt wurde, trug das Erstgericht dem Beklagten mit Beschluß vom 6.9.1994 die Erstattung einer schriftlichen Klagebeantwortung binnen drei Wochen auf (§ 243 ZPO). Nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist fällte das Erstgericht am 12.10.1994 über Antrag der Klägerin ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil (ZPForm 86b). Dagegen erhob der Beklagte einen Widerspruch, in dem er "vor Einlassung in die Streitsache" die örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck einwendete. Die beklagte Partei habe ihren Sitz nicht im Spregel des angerufenen Gerichtes und sei auch das Landesgericht Innsbruck als Gerichtsstand nicht vereinbart worden. Vielmehr resultiere die Geschäftsbeziehung zwischen den Streitteilen, die zur Klage geführt habe, aus der Bestellung des Beklagten Nr 94017 vom 4.3.1994. Wie aus dieser Bestellung ohne weiteres hervorgehe, sei eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Streitteilen nicht zustande gekommen, sodaß das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin unrichtig sei (ON 4).

Das Erstgericht hob das Versäumungsurteil vom 12.10.1994 auf und beschränkte das Verfahren auf die behauptete örtliche Unzuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck (AS 15). Nach Einvernahme des Beklagten im Rechtshilfewege (ON 7) sowie Beweisaufnahme durch Urkunden verwarf das Erstgericht mit dem bei der Streitverhandlung am 3.2.1995 verkündeten Beschluß die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und erklärte sich "als sachlich und örtlich zuständig".

Das Erstgericht traf die Feststellungen laut S 2 und 3 der bekämpften Entscheidung. Daraus ist hervorzuheben:

Mit Schreiben vom 2.3.1994 (Blg G) bot die Klägerin dem Beklagten die Ausführung von Tischlerarbeiten an und führte in diesem Anbot u.a. aus, daß der Gerichtsstand Innsbruck sei. Am 4.3.1994 ging bei der Klägerin ein Telefax des Beklagten bestehend aus zwei Seiten - dabei handelt es sich nicht um die mehrseitige schriftliche Bestellung des Beklagten vom 4.3.1994 Blg 1 - ein. Auf Grund dieses Telefaxes wandte sich die Klägerin mit weiterem Fax vom 6.3.1994 Blg H an den Beklagten und erstellte ein weiteres Anbot, in dem wiederum als Gerichtsstand Innsbruck ausgeführt wurde. Am 30.3.1994 teilte der Beklagte der Klägerin mit:

"... Wie mit Ihnen telefonisch besprochen, schicke ich Ihnen eine

Auftragsbestätigung zu unserer Bestellung vom 4.3.1994 .... " (Blg

F).

Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß die Klägerin in ihren Angeboten festgehalten habe, daß zwischen den Streitteilen der Gerichtsstand in Innsbruck vereinbart werden solle. Der Beklagte habe das Angebot der Klägerin angenommen und sich damit dem Gerichtsstand in Innsbruck unterworfen. Einen Beweis dafür, daß die Streitteile von dieser Vereinbarung in der Folge wieder abgegangen seien, habe der Beklagte nicht erbracht.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der fristgerecht erhobene Rekurs des Beklagten, in dem er wegen Nichtigkeit sowie unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung die angefochtene Entscheidung in ihrem gesamten Umfange nach anzufechten erklärt und deren Abänderung dahin begehrt, als die örtliche und sachliche Unzuständigkeit ausgesprochen werden möge.

Die Klägerin beteiligte sich am Rekursverfahren nicht.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Soweit der Rekurswerber bei der angefochtenen Entscheidung einen Spruch vermißt, so ist dieser Rüge mit der dem Erstgericht aufgetragenen Berichtigung der Entscheidung mit Beschluß vom 28.6.1995 die Grundlage entzogen.

In seiner Beweisrüge möchte der Beklagte festgestellt haben, daß er sehr wohl am 4.3.1994 eine schriftliche Bestätigung per Telefax an die Klägerin übersendet habe, in welcher keine Gerichtsstandsvereinbarung enthalten gewesen sei. Im Rahmen des Rekursgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Rekurswerber im wesentlichen aus, daß nach den Beschlußannahmen der Beklagte nur eine Auftragsbestätigung zu einer bereits erfolgten Bestellung vom 4.3.1994 übermittelt habe. Es sei also lediglich zu prüfen, ob die am 4.3.1994 erfolgte Bestellung - also die rechtliche Vereinbarung - eine Zuständigkeitsvereinbarung gemäß § 104 JN enthalte. Das Erstgericht habe aber keinerlei Feststellungen darüber getroffen, daß am 4.3.1994 etwa der Beklagte im Rahmen seiner mündlichen Annahme des Angebotes auch eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen habe. Da über den Inhalt der angeblich mündlichen Annahme keinerlei taugliche Feststellungen getroffen worden seien, sei kein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß eine entsprechende Zuständigkeitsvereinbarung erfolgt sei.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist festzuhalten, daß der Beklagte in seinem Widerspruch gegen das Versäumungsurteil gar nicht mehr berechtigt gewesen wäre, die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit - die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichtes war auf Grund der Klagsforderung von S 213.069,42 s. A. ja nie bestritten - zu erheben. Gemäß § 397 a Abs 1 ZPO ist im Falle eines Widerspruches gegen ein nach § 396 ZPO (sohin nach Versäumung der ersten Tagsatzung gefälltes) Versäumungsurteil jenes Vorbringen ausgeschlossen, das der ersten Tagsatzung vorbehalten ist, also unter anderem die Einrede der prorogablen Unzuständigkeit. Daher kann auch das Fehlen der Voraussetzungen des Fakturengerichtsstandes nicht mehr eingewendet werden (EvBl 1983/35). Nicht anders ist der Fall dann zu beurteilen, wenn sich die klagende Partei auf eine Zuständigkeitsvereinbarung nach § 104 JN beruft. Zwar läßt die hier anzuwendende Bestimmung des § 398 ZPO (Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil nach Ablauf der Klagebeantwortungsfrist) eine ausdrückliche Regelung für den Fall vermissen, daß erst gar keine erste Tagsatzung anberaumt worden ist. Da nach § 398 ZPO die Bestimmung des § 397 a ZPO aber "sinngemäß" anzuwenden ist, muß hier auch dessen Grundgedanke zur Anwendung kommen: Ein Vorbringen, welches das Gesetz nur bei der ersten, sich den Parteien (insbesonders dem Beklagten) im Prozeß bietenden Gelegenheit zuläßt, soll - wenn diese versäumt worden ist - im Widerspruch nicht nachgeholt werden können. Das muß auch dann gelten, wenn diese erste Gelegenheit eben die (versäumte) Klagebeantwortung gewesen wäre (Rechberger in Rechberger KommzZPO Rz 4 zu § 397 a; EvBl 1983/35).

Daraus folgt also, daß das vom Erstgericht über die verfristete Unzuständigkeitseinrede des Beklagten abgeführte Verfahren von vorneherein entbehrlich gewesen wäre.

Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, daß die grundsätzlich zulässigerweise erhobene Beweisrüge des Beklagten (das Erstgericht traf seine Feststellungen auf Grund von Urkunden sowie der Einvernahme des Beklagten im Rechtshilfeweg) unbegründet ist.

Soweit er sich darauf beruft, daß die Klägerin (gemeint wohl: der

Beklagte) die Bestellung laut Beilage 1 vorgenommen habe und es der

Lebenserfahrung entspreche, daß nur solche Telefax-Meldungen, die

ordnungsgemäß abgesendet worden seien, von der Sekretärin als

erledigt vermerkt worden sei, kann dies nicht überzeugen. Auch einer

Sekretärin können Irrtümer und Fehlleistungen passieren. Da das

Buchungsjournal der Klägerin (Blg A) auch andere Telefax-Eingänge

korrekt aufgezeichnet hat, muß davon ausgegangen werden, daß die

Bestellung laut Blg 1 nicht oder nicht an die Klägerin abgesendet

wurde. So weist das Buchungsjournal der Klägerin für den 4.3.1994

zwei Eingänge auf, und zwar einen um 9.23 Uhr (mit 2 Seiten von der

Rufnummer des Beklagten). Diese beiden Seiten (Blg B), die nicht die streitgegenständliche Sache betreffen, weisen am oberen Seitenrand Datum, Uhrzeit und Gegenstellennummer auf, welche Angaben zum Buchungsjournal Blg A korrespondieren. Dagegen enthält das Buchungsjournal keine Angaben über die Zusendung einer 9 Seiten langen Bestellung entsprechend Blg 1. Da der Beklagte keine gegenteiligen Buchungsjournale vorlegen konnte, folgte das Erstgericht zu Recht den von der Klägerin vorgelegten Urkunden.

Auch die Rechtsrüge des Beklagten geht ungeachtet der Verfristung seiner Unzuständigkeitseinrede fehl. Ausgehend von den Beschlußannahmen des Erstgerichtes hat die Klägerin in ihre Angebote vom 2.3. und 6.3.1994 eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung aufgenommen und hat der Beklagte spätestens mit Telefaxmitteilung vom 30.3.1994 (Blg F) die Angebote angenommen. Der im § 104 Abs 1 JN verlangte urkundliche Nachweis stellt keine Formvorschrift, sondern eine Beweisregelung dar. Diesem Erfordernis entspricht u.a. auch ein Briefwechsel etwa durch Brief und Gegenbrief ebenso wie ein Schriftwechsel unter Verwendung moderner Kommunikationstechniken wie u. a. Telegramme, Telex oder Telefax (Mayr in Rechberger a.a.O. Rz 6 zu § 104).

Es war deshalb wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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