1R316/94 – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat in der Rechtssache der klagenden Partei P wider die beklagte Partei N wegen S 1,500.000,-- s.A. über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er unter Einbeziehung des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teiles lautet:
"Die Gebühren des Sachverständigen Dipl.Ing. K werden nach den Bestimmungen des GebAG 1975 idgF wie folgt bestimmt:
§ 28 Fahrtspesen, 215 km je S 4,30 S 924,50
§ 31 sonstige Kosten, Schreibgebühr
33 Seiten Urschrift je S 20,-- S 660,--
96 Seiten Durchschrift je S 6,-- S 576,--
65 Kopien, ein Mappenblatt, Telefongebühren,
2 Fax, 7 Fotos inkl. Film S 816,80
§ 33 Zeitversäumnis
5 angefangene Stunden für Wege zum Augen-
schein, zur Gemeinde, zum Vermessungsamt und
zum Gericht je S 291,-- S 1.455,--
§ 35 Gebühr für Teilnahme am gerichtlichen
Augenschein 2 Stunden je S 350,-- S 700,--
§ 36 Aktenstudium S 189,--
§ 51 Abs 1 Mühewaltung Schätzgebühr
Werte 1 und 2 (je S 3,820.000,--) S 15.113,--
Werte 3 und 4 (S 7,030.000,-- und
S 7,170.000,--) S 23.933,--
Nettosumme S 44.367,30
20 % USt S 8.873,46
Summe (aufgerundet gemäß § 39 Abs 2) S 53.241,--."
Die Änderung der sich daraus allenfalls ergebenden Aufträge an den Rechnungsführer und die Parteien bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Die Rekurskosten hat die klagende Partei selbst zu tragen. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen Dipl.Ing. K für die Erstellung eines schriftlichen Gutachtens antragsgemäß mit S 100.096,-- bestimmt und zur Begründung auf die Aufschlüsselung dieser Gebühren in der einen Bestandteil des Beschlusses bildenden Kopie der Honorarnote verwiesen. Der Sachverständige hatte den Auftrag, den Wert einer Liegenschaft samt darauf errichtetem Wohn- und Geschäftshaus zum Zeitpunkt des Erwerbes durch den Kläger (1.1.1990) sowie zum gegenwärtigen Zeitpunkt (1.7.1994) jeweils mit und ohne das Bestandrecht einer Frau L an einer in diesem Haus gelegenen Geschäftseinheit zu schätzen. Er hat dafür in seiner Gebührennote für Mühewaltung folgende Schätzgebühren nach § 51 Abs 1 GebAG 1975 verzeichnet:
Wert 1 = S 3,820.000,-- (= Wert mit
Bestandrecht am 1.1.1990) S 15.113,--
Wert 2 = S 3,820.000,-- (= Wert ohne
Bestandrecht am 1.1.1990) S 15.113,--
Wert 3 = S 7,030.000,-- (= Wert mit
Bestandrecht am 1.7.1994) S 23.933,--
Wert 4 = S 7,170.000,-- (= Wert ohne
Bestandrecht am 1.7.1994) S 23.933,--
Gegen den Zuspruch einer vierfachen Schätzgebühr in diesem Sinne richtet sich der rechtzeitige Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Gebühren des Sachverständigen Dipl.Ing. König für die Erstattung des Gutachtens mit S 53.240,80 bestimmt werden.
Der Rekurswerber macht geltend, daß eine Schätzung der Liegenschaft zu zwei verschiedenen Stichtagen erfolgt sei, weshalb der Sachverständige berechtigt sei, die Gebühr für jeden Stichtag mit dem jeweils ermittelten Wert zu verzeichnen. Die bloße Berücksich tigung und Ermittlung des Wertes bei Bestehen bzw Nichtbestehen eines Mietverhältnisses rechtfertige jedoch nicht die nochmalige Verzeichnung der Gebühr. Der Gebührenanspruch verringere sich sohin um die Beträge von S 15.113,-- und S 23.933,--, zuzüglich 20 % USt somit insgesamt um S 46.855,20 auf S 53.240,80.
Der Rekurs ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Gebühr für Mühewaltung für Befund und Gutachten über die Schätzung von Häusern richtet sich gemäß § 51 Abs 1 Z 1 GebAG entsprechend dem Wert des Hauses einschließlich des bebauten Grundstückes nach fixen Sätzen. Da hier die Schätzung einer Liegenschaft mit einem Haus zu zwei mehrere Jahre auseinanderliegenden Stichtagen angeordnet war, wobei die Verkehrswerte auch nicht durch bloße Aufwertung, sondern getrennt unter Berücksichtigung des jeweiligen Boden-, Bau- und Ertragswertes zu den beiden Stichtagen ermittelt wurden, für jeden Stichtag also jeweils ein eigener, nur für den bestimmten Stichtag bedeutsamer Befund und eine die jeweiligen Besonderheiten berücksichtigende Wertermittlungsmethode erforderlich war, gebührt nach herrschender Auffassung (Krammer in Der Sachverständige, 1983, Heft 3, Seite 6f; E 23 zu § 51 GebAG MGA2; Der Sachverständige 1993, Heft 4 Seite 32f) für die Schätzung zu den beiden Stichtagen jeweils die dem Schätzwert entsprechende Gebühr nach § 51 Abs 1 Z 1 GebAG. Daß dem Sachverständigen in diesem Sinne eine doppelte Gebühr für Mühewaltung nach § 51 GebAG zusteht, wird vom Rekurswerber auch nicht in Frage gestellt.
Zu Recht wird im Rekurs jedoch die Berechtigung einer weiteren Verdoppelung der Gebühr für Mühewaltung aus dem Grunde, daß zu beiden Stichtagen der Verkehrswert der Liegenschaft jeweils mit und ohne Berücksichtigung des Bestandrechtes Kneringer zu schätzen war, bestritten. Eine Schätzung der Liegenschaft mit Berücksichtigung des aufrecht bestehenden Bestandrechtes hätte auch ohne einen solchen ausdrücklichen Auftrag auf jeden Fall erfolgen müssen, wobei die Bedachtnahme auf das Bestandverhältnis jeweils nur einen Bestandteil der Liegenschaftsschätzung dargestellt hätte. Für die Schätzung ohne Bestandrecht war lediglich zusätzlich darauf Bedacht zu nehmen, ob und in welchem Ausmaß bei einer Neuvermietung ein höherer Bestandzins erreicht werden hätte können. Die Ermittlung der Höhe des erreichbaren Bestandzinses geschah hier durch Einsicht in den von der Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreuhänder herausgegebenen Immobilien-Preisspiegel. Der dafür und für die daraus sich ergebenden rechnerischen Operationen erforderliche Aufwand ist jedenfalls nicht so groß, daß er einer völlig unabhängigen weiteren Schätzung einer Liegenschaft mit Haus gleichgestellt werden könnte. Damit kann aber aus dem Umstand, daß die Liegen schaft mit und ohne Bestandrecht zu schätzen war, kein Anspruch auf eine weitere Verdoppelung der Gebühr für Mühewaltung nach § 51 GebAG abgeleitet werden (in diesem Sinne bei ähnlichem Sachverhalt auch die Entscheidung des OLG Wien vom 15.2.1993, 13 R 18/93, veröffentlicht in Der Sachverständige 1993, Heft 4 Seite 32f).
Ob für den zusätzlichen Aufwand für eine Schätzung der Liegen schaft ohne Bestandrecht eine Gebühr für Mühewaltung nach § 34 Abs 2 GebAG zusätzlich zur Schätzgebühr nach § 51 GebAG in Frage käme, muß nicht geprüft werden, weil der Sachverständige eine solche Gebühr nicht angesprochen hat.
Im Sinne der zutreffenden Rekursausführungen ist somit die Gebühr des Sachverständigen um die Beträge von S 15.113,-- und S 23.933,-- jeweils zuzüglich USt auf den Betrag von S 53.240,80 (aufgerundet S 53.241,--) herabzusetzen.
Daß die klagende Partei der Bestimmung der Gebühr in der beantragten Höhe trotz des diesbezüglichen Auftrages des Erstgerichtes vom 29.8.1994 (ON 27) nicht ausdrücklich widersprochen hat, steht einem Rekurserfolg schon deshalb nicht entgegen, weil die klagende Partei eine Erörterung des Gutachtens durch den Sachverständigen in der nächsten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung beantragt hat, die Tätigkeit des Sachverständigen somit noch nicht abgeschlossen war. Nach der überwiegenden Rechtsprechung ist die Gebühr des Sachverständigen aber erst nach Beendigung seiner Tätigkeit anzusprechen und zu bestimmen (E 8 ff zu § 38 GebAGm MGA2). Mit einer in diesem Sinne verfrühten Gebührenbestimmung mußte der Kläger nicht rechnen. Abgesehen davon hat das Gericht auch bei fehlender Äußerung der Parteien die Pflicht, die Gesetzmäßigkeit der vom Sachverständigen verzeichneten Gebühren zu prüfen (E 23 bis 25 zu § 39 GebAG MGA2). Die Rekurskosten hat die klagende Partei trotz ihres Erfolges aufgrund der Bestimmung des § 41 Abs 3 letzter Satz GebAG selbst zu tragen.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 528 Abs 2 Z 5 ZPO.