JudikaturOLG Innsbruck

4R128/94 – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 1994

Kopf

Beschluß

Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat in der Rechtssache des Antragstellers H, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, wegen S 30.000,-- sA, infolge Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 18.4.1994, 18 Cg 126/93-8, in nicht öffentlicher Sitzung den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird keine Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung

Dem Rekurswerber ist mit Beschluß des Erstgerichtes vom 4.1.1994, 18 Nc 126/93-4, Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs 1 Z 1 - 3 ZPO zur Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich bewilligt worden. Mit Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 11.1.1994 wurde Rechtsanwalt Dr. P als Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe bestellt.

Zufolge dessen Enthebungsantrages vom 30.3.1994 erklärte das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluß vom 18.4.1994, 18 Nc 126/93-8, die bewilligte Verfahrenshilfe für erloschen. Der Verfahrenshelfer habe vorgebracht, daß er mit Schreiben vom 14.1., 2.3. und 23.3.1994 den Antragsteller zu einem Besprechungstermin eingeladen habe. Alle diese Schreiben seien reaktionslos geblieben. Das Schreiben vom 23.3.1994 sei laut Mitteilung des zuständigen Postzustellers auch gar nicht behoben worden. Der bestellte Verfahrenshelfer gehe somit davon aus, daß der Antragsteller an einer Prozeßführung nicht mehr interessiert sei. Über Auftrag des Gerichtes habe der Verfahrenshelfer die an den Antragsteller gerichteten Schreiben vom 14.1.1994 und 2.3.1994 vorgelegt. Dem Schreiben vom 2.3.1994 sei auch der Postaufgabeschein in Kopie beigeschlossen. Mit beiden Schreiben habe der bestellte Verfahrenshelfer den Antragsteller ersucht, sich nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung in seiner Kanzlei zwecks Besprechung einzufinden. Im Schreiben vom 2.3.1994 habe der Verfahrenshelfer dem Antragsteller zudem angekündigt, daß er seine Enthebung beantragen werde, wenn er nicht binnen einer Woche mit ihm Kontakt aufnehme. Gemäß § 68 Abs 1 ZPO habe das Prozeßgericht erster Instanz die Verfahrenshilfe soweit für erloschen zu erklären, als Änderungen in den Vermögensverhältnissen der Parteien dies erforderten oder die weitere Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheine. Da der Antragsteller auf die Schreiben des für ihn bestellten Verfahrenshelfers nicht reagiert habe, sei davon auszugehen, daß er an der Rechtsverfolgung nicht mehr interessiert sei und eine offenbar mutwillige Prozeßführung angestrebt habe. Dagegen richtet sich ein zulässiger (§§ 72, 514 ZPO) und rechtzeitiger Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, ihm auch weiterhin Verfahrenshilfe zu gewähren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht begründet.

Voraussetzung für die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist nach § 63 Abs 1 ZPO unter anderem, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig erscheint. Mutwillig ist sie, wenn die Partei die Prozeßführung ohne Begünstigung der Verfahrenshilfe unterließe oder die Prozeßführung zur Erzielung eines nicht durch die Rechtsordnung gestützten Erfolges erfolgt oder wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Prozeßstandpunktes bewußt ist (Fasching, Lehrbuch2 Rz 491; ders im Kommentar, ErgBd 9; EvBl 1990/172; 4 R 31/93 des OLG Innsbruck). Das Gesetz erwähnt eine besondere Art der Mutwilligkeit: Jene, die sich aus der Ausnützung des mangelnden Kostenrisikos im Prozeß ergibt. Da die Partei, welche die Prozeßkosten aus eigener Tasche vorzuschießen hat, in der Regel auch abwägt, ob sich deren Aufwendung finanziell als rentabel erweisen wird, muß auch die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei eine solche wirtschaftliche Erfolgsabwägung vornehmen (Fasching, Kommentar aaO; WR 573; EFSlg 64.020, 64.291; MietSlg 42.494; 4 R 239/88 des OLG Innsbruck).

Gemäß § 68 Abs 1 ZPO ist die Verfahrenshilfe für so weit als erloschen zu erklären, als Änderungen in den Vermögensverhältnissen der Partei dies erfordern oder die weitere Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dabei ist die konkrete Art der von der betreffenden Partei beabsichtigten Prozeßführung einer Beurteilung zu unterziehen.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat der für den Rekurswerber bestellte Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe den Rekurswerber mit Schreiben vom 14.1. und 2.3. 1994 zu einem Besprechungstermin eingeladen; im Schreiben vom 2.3.1994 wurde dem Rekurswerber zudem ein Enthebungsantrag für den Fall der Unterlassung einer Kontaktaufnahme angekündigt. Der Rekurswerber hat dennoch auf diese Schreiben nicht reagiert und hat keinen Kontakt mit dem zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt aufgenommen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Sachverhalt, welcher vom Rekurswerber als Grundlage für die von ihm beabsichtigte Amtshaftungsklage herangezogen wird (siehe das vom Erstgericht mit dem Rekurswerber aufgenommene Protokoll vom 14.12.1993, ON 3) noch einer Aufarbeitung durch eine ausführliche Informationsaufnahme mit dem Rekurswerber bedarf. Nur auf diese Weise ist eine den Interessen des Rekurswerbers entsprechende ökonomische Klagsführung und Vertretung im angestrebten Rechtsstreit möglich. Eine Partei, welche die Kosten des angestrebten Rechtsstreites aus eigenem vorstrecken müßte, würde gewiß dem von ihr bestellten Rechtsanwalt die nötigen Informationen nicht vorenthalten und angebotene Besprechungstermine wahrnehmen. Ohne eine solche ergänzende Informationsaufnahme kann nämlich weder eine rechtliche noch eine wirtschaftliche Erfolgsabwägung vorgenommen werden.

Das festgestellte Verhalten des Rekurswerbers widerspricht somit kraß dem rechtlich und wirtschaftlich erfolgsorientierten Zweck der Verfahrenshilfe und jenem Verhalten, das eine die Verfahrenskosten aus eigener Tasche vorstreckenden Partei an den Tag legen würde. Das Vorhaben einer Klagseinbringung durch einen Rechtsanwalt, dem man die nötige Information vorenthält, ist mutwillig im Sinne obiger Kriterien (OLG Wien in WR 573; 12 R 160/90 des OLG Wien). Das Erstgericht hat daher völlig zu Recht dem Antragsteller die Verfahrenshilfe entzogen.

Auf das Vorbringen des Rekurswerbers, er habe zwischenzeitlich bereits mit dem Verfahrenshilfeanwalt eine Besprechung gehabt, ist wegen des auch im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes (Fasching, Kommentar IV 385; E 11 zu § 526 ZPO in der MGA14) nicht einzugehen. Der Rekurs bezweckt nämlich eine Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichtes nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit ihrer Erlassung (E 16 zu § 526 ZPO aaO).

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig. Dies war auszusprechen (§§ 526 Abs 3, 500 Abs 2 Z 2 ZPO).

Ein Kostenspruch entfiel, weil Kosten im Rekurs nicht verzeichnet wurden.

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