4R69/94 – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat in der Rechtssache der klagenden Partei H, gegen die beklagte Partei Dr. N, wegen restlich S 350.000,-- s.A. infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Endurteil des Landesgerichtes Feldkirch nach mündlicher Berufungsverhandlung zu Recht er kannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben, sondern das angefochtene Urteil im Rahmen der Anfechtung bestätigt.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters den Betrag von S 29.705,40 (darin enthalten S 4.950,90 Umsatzsteuer) an Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 23.11.1989 verstarb D, die Gattin des Klägers, bei einem Verkehrsunfall. Der Kläger hat dem Beklagten die Vollmacht erteilt, seine Ansprüche und die Ansprüche seiner beiden minderjährigen Kinder A und M gegenüber dem Lenker, dem Halter und der Haftpflichtversicherung des am Verkehrsunfall beteiligten PKWs geltend zu machen. Nachdem außergerichtlich keine endgültige Einigung zwischen dem Beklagten und der Wiener Allianz zur Regelung der Ansprüche aus dem Verkehrsunfall sich abzeichnete, beabsichtigte der Beklagte, im Vollmachtsnamen des Klägers und seiner Kinder eine Klage einzubringen. Da der Kläger bei der I-Versicherung eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hatte, wandte sich der Beklagte an diese Versicherung und ersuchte um Kostendeckung für das beabsichtigte Verfahren. Er legte der Versicherung einen Entwurf der Klage vor. Diese stellte sich in der Folge auf den Standpunkt, daß die vom Beklagten beabsichtigte Klage in der von ihm konzipierten Form nicht genehmigt werde, da keine Erfolgsaussicht dafür bestehe. In zumindest zwei Schreiben vom August 1991 legte die I ihren Standpunkt dar und begründete, weshalb die vorgesehene Klage nicht schlüssig sei. Trotz der Weigerung der Rechtsschutzversicherung, Kostendeckung zu gewähren, brachte der Beklagte im Namen des Klägers und seiner beiden Kinder am 17.9.1991 beim Landesgericht Feldkirch die Klage ein. Der Inhalt dieser Klage sowie der Inhalt der beiden oben erwähnten Schreiben der Rechtsschutzversicherung wurde vom Erstgericht in der Weise festgestellt, daß die Urkunden als integrierender Bestandteil des Urteils behandelt und in Kopie der Ausfertigung desselben angeschlossen wurden. Daraus sei festgehalten, daß in der vom Beklagten verfaßten Klage ein jährlicher Unterhaltsentgang des Klägers von S 259.921,-- und ein solcher der beiden Kinder des Klägers von S 77.297,-- errechnet wurde, weshalb das Klagebegehren auf Zahlung einer monatlichen Rente von S 21.660,-- zu Gunsten des Klägers und von je S 3.320,-- zu Gunsten der beiden Kinder gerichtet wurde. Die Klage ging dabei vom Alleinverschulden der beklagten Parteien aus. Die I kam demgegenüber unter Zugrundelegung der gleichen Ansätze, wie sie der Beklagte bei Verfassung der Klage angenommen hatte, laut den beiden Schreiben vom August 1991 zur Auffassung, daß der reale Unterhaltsentgang des Klägers jährlich nur S 2.777,60 betrage und daß die Kinder überhaupt keinen Unterhaltsentgang hätten. Sie teilte mit, daß daher die Klage in dieser Form nicht genehmigt werden könne, daß aber die Frage aufzuwerfen sei, ob aus dem Titel "Dienstleistungsschäden" schon Beträge bei der Gegenseite geltend gemacht worden seien (zu welcher Frage eine Reihe von höchst gerichtlichen Entscheidungen zitiert wurde).
Das Erstgericht stellte weiters ausdrücklich fest:
Obwohl der Beklagte von der Rechtsschutzversicherung ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die von ihm in der Klage geltend gemachten Ansprüche keine Erfolgsaussichten hätten, daß er jedoch prüfen solle, ob nicht aus dem Titel "Dienstleistungsschäden" berechtigte Ansprüche gegen die Haftpflichtversicherung geltend gemacht werden könnten, unterließ es der Beklagte bis zu seiner am 22.7.1993 erfolgten Pensionierung, das Klagsvorbringen diesbezüglich zu ergänzen und derartige Ansprüche geltend zu machen.
Am 17.9.1991 überreichte der Beklagte auch einen Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zur Klagsführung hinsichtlich der beiden minderjährigen Kinder des Klägers. Auf Anfrage des Gerichts, ob das Prozeßkostenrisiko aufgrund des Bestehens einer Rechtsschutzversicherung ausgeschaltet sei, erklärte der Beklagte gegenüber dem Gericht, daß eine Rechtsschutzversicherung bestehe, die die Kosten aber nicht übernehmen wolle; und weiters, daß er persönlich die Haftung für sämtliche die minderjährigen Kinder betreffenden Verfahrenskosten übernehme, soferne diese in irgendeiner Weise aus den Prozeßkosten ersatzpflichtig werden sollten oder Gerichtsgebühren zurückzuzahlen seien. Damit stellte er klar, daß er das Kostenrisiko für beide Kinder persönlich übernehme und daß er von den Kindern keine eigenen Kosten beanspruchen werde, soferne der Prozeß verloren gehe. Aufgrund dieser Erklärung des Beklagten erteilte das Bezirksgericht Feldkirch die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Klagsführung. Über Aufforderung des Beklagten bezahlte der Kläger am 20.4.1993 S 300.000,-- an den Beklagten als Kostenakonto. Mit Schreiben vom 21.9.1993 forderte der nunmehrige Klagsver treter den Beklagten auf, die ihm zugegangenen Beträge zur Gänze an den Kläger bis längstens 27.9.1993 zurückzuzahlen.
Diese Feststellungen des Erstgerichts sind im Berufungsverfahren nicht bekämpft.
Der Kläger begehrte (schließlich eingeschränkt) die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von S 450.000,-- samt 4 % Zinsen seit 22.7.1993 und 4 % Zinseszinsen seit 9.10.1993 (dem Tage nach der Klagszustellung) und brachte dazu vor, der Beklagte habe in außergerichtlichen Verhandlungen Schadenersatzzahlungen seitens der W Versicherung in Höhe von S 310.000,-- erwirken können, davon aber S 150.000,-- noch nicht an den Kläger weitergeleitet. Er sei auch nicht nach § 19 Abs 1 RAO zur Zurückbehaltung dieser Gelder berechtigt. Zum einen habe er die außergerichtlichen Leistungen trotz mehrfacher Aufforderung nicht abgerechnet, zum anderen bestehe ohnehin diesbezüglich Deckung durch eine Rechtsschutzversicherung. Sollte der Beklagte es verabsäumt haben, für die außergerichtlichen Bemühungen eine Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung einzuholen, stehe ihm kein Honorar zu. Aus die sem Grunde sei der Beklagte zur Zahlung von S 150.000,-- verpflichtet. Darüberhinaus habe er die Akontozahlung auf seine Honorarforderung in Höhe von S 300.000,-- zurückzuzahlen. Die Leistungen des Beklagten in diesem Zusammenhang seien wertlos und daher nicht zu honorieren. Dies ergebe sich daraus, daß bei richtiger Berechnung der dem Kläger und seinen Kindern entstandenen Unterhaltsschäden auf der Basis der vom Beklagten in der Klage im übrigen aufgestellten Klagsbehauptungen sich für den Kläger nur ein jährlicher Unter haltsentgang von S 2.778,16 und für die Kinder überhaupt kein Unterhaltsentgang ergebe. Die Klage sei somit aussichtslos. Der Beklagte hätte einen sogenannten Dienstleistungsschaden in Form der notwendigen Kosten für ein Haus- und Kindermädchen geltend machen sollen, habe dies aber nicht getan. Dadurch, daß er trotz Ablehnung dieser Klagsführung seitens der Rechtsschutzversicherung diesen Prozeß geführt habe, sei auch eine Obliegenheitsverletzung gegen über der Rechtsschutzversicherung, die zu ihrer Leistungsfreiheit führe, erfolgt. Eine allfällige Deckungsklage sei aus diesem Grunde, aber auch deshalb aussichtslos, weil die Klagsführung zu 10 Cg 345/91 des Landesgerichtes Feldkirch aussichtslos sei. Im übrigen habe der Beklagten (von seiner Rechtsansicht ausgehend) zumindest pflichtwidrig unterlassen, ein Schiedsverfahren mit dem Rechtsschutzversicherer weiterzuführen. Er habe auch nicht die dem Kläger in Aussicht gestellte Deckungsklage eingebracht und seinem mittlerweiligen Stellvertreter keinen Hinweis auf den Ablauf der Frist für die Einbringung der Deckungsklage erteilt. Da der Beklagte den Kläger dahin beraten habe, daß entweder die Gegenseite oder die Rechtsschutzversicherung (allenfalls über Deckungsklage) für die Kosten aufkommen werde und auch erklärt habe, daß dem Kläger die Verfahrenshilfe bewilligt worden sei, habe er ihn nicht ausreichend über das Prozeßkostenrisiko aufgeklärt. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Rückzahlung des Honorarakontos von S 300.000,-- auch wegen eines vom Beklagten veranlaßten Irrtums und wegen Verletzung über die Hälfte. Schließlich habe der Beklagte auch ausdrücklich erklärt, auf sein eigenes Risiko den Prozeß zu führen; auch deshalb habe er keinen Honoraranspruch und sei zur Rückzahlung des Akontos verpflichtet. Die Geltendmachung einer all fälligen Honorarforderung sei dem Beklagten auch verwehrt, weil er diese Forderung an die C abgetreten habe.
Der Beklagte hat ein Teilanerkenntnis über S 100.000,-- samt 4 % Zinsen seit 22.7.1993 abgegeben. Hierüber hat das Erstgericht ein Teilanerkenntnisurteil erlassen.
Im übrigen hat der Beklagte bestritten und eingewendet, eine Kostenabrechnung ergebe einen Anspruch auf vorprozessuale Kosten in Höhe von S 104.200,--, auf tarifmäßige Kosten im Verfahren vor dem Landesgericht Feldkirch in erster und zweiter Instanz in Höhe von S 170.085,24 und Kosten der außerordentlichen Revision in diesem Verfahren in Höhe von S 34.032,--, insgesamt somit S 308.317,24. Im Hinblick auf Teilzahlungen der Versicherung sowie des Kostenvorschusses von S 300.000,-- stünden dem Kläger Rückzahlungsansprüche an nicht verbrauchten Kosten zu, die der Höhe nach aber infolge Arbeitsüberlastung des Beklagten bisher nicht errechnet hätten werden können. Die Leistungen des Beklagten seien sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich zweckentsprechend und keineswegs für den Kläger wertlos gewesen. Der Beklagte habe sich auch von Anfang an um Rechtsschutzdeckung bemüht, und zwar auch für die außerge richtlichen Vergleichsverhandlungen. Die I habe aber Rechts schutz bis heute abgelehnt, was dem Kläger jeweils mitgeteilt worden sei. Der Beklagte hätte, wenn er nicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft im Juli 1993 verzichtet hätte, die Rechtsschutzversicherung auf Deckung geklagt (und habe auch seinem mittlerweiligen Stellvertreter Dr. C dies unter Hinweis auf den baldigen Ablauf der Frist für die Deckungsklage mitgeteilt). Das Erstgericht hat mit dem angefochtenen Endurteil den Beklagten schuldig erkannt, weitere S 350.000,-- samt 4 % Zinsen aus S 50.000,-- vom 22.7.1993 bis 27.9.1993 und aus S 300.000,-- seit 28.9.1993 zuzüglich 4 % Zinseszinsen seit 9.10.1993 zu bezahlen. Das Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen.
Das Erstgericht hat noch weiters festgestellt, daß der Beklagte im Zuge der Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung erreichen konnte, daß Zahlungen in Höhe von insgesamt S 280.000,-- an den Beklagten (darunter eine Zahlung von S 30.000,-- am 23.8.1990) und eine Direktzahlung von S 30.000,-- an den Kläger geleistet wurden, und daß der Beklagte von den an ihn geleisteten Zahlungen am 20.2.1990 S 30.000,--, am 4.4.1990 S 40.000,-- und am 25.5.1990 S 60.000,-- an den Kläger weiterleitete, daß somit also S 150.000,-- beim Beklagten verblieben.
In rechtlicher Hinsicht hat das Erstgericht ausgeführt, § 19 Abs 1 RAO berechtige den Rechtsanwalt zwar, von den für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes in Abzug zu bringen, verpflichte ihn aber auch, sich hierüber sogleich mit der Partei zu verrechnen. Spätestens seit Beendigung seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt am 22.7.1993 hätte der Beklagte die ihm zugegangenen Zahlungen der Haftpflicht versicherung an den Kläger weiterleiten und eine entsprechende Abrechnung erstellten müssen. Da bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz keine Abrechnung vorgelegt worden sei, sei schon aus diesem Grund der Kläger verpflichtet, über den von ihm selbst anerkannten und mit Teilurteil erledigten Betrag von S 100.000,-- hinaus weitere S 50.000,-- (samt gesetzlichen Zinsen seit 22.7.1993) zu bezahlen, da er von den insgesamt erhaltenen S 280.000,-- lediglich S 130.000,-- an den Kläger weitergeleitet habe. Im übrigen stünden dem Beklagten gegenüber dem Kläger keine Honoraransprüche zu. Er habe für den nicht rechtskundigen Kläger eine Klage eingebracht, die unschlüssig sei und von der der Beklagte bereits von allem Anfang an hätte erkennen müssen, daß sie keine Erfolgsaussichten habe. Zu Recht sei er von der Rechtsschutzversicherung mit Schreiben vom 22.8.1991 darauf hingewiesen worden, daß die von ihm in der Klage gewählte Berechnung der Unterhaltsansprüche des Klägers und seiner Kinder nicht der ständigen Rechtsprechung entspreche. Der Beklagte habe jedoch die berechtigten Ausführungen der Rechtsschutzversicherung ignoriert. Hätte er, wie ihm dies von der Rechtsschutzversicherung nahegelegt worden sei, Ansprüche aus dem Titel "Dienstleistungsschaden" entsprechend geprüft und geltend gemacht, hätte er einerseits Deckung seitens der Rechtsschutzversicherung erhalten und andererseits auch berechtigte Aussichten am Obsiegen im Verfahren gehabt. Dann wären die Kosten des Beklagten entweder von der Rechtsschutzversicherung oder von der gegnerischen Haftpflichtversicherung getragen und der Kläger keineswegs damit belastet worden. Daß der Beklagte das Schiedsverfahren gegenüber der Rechtsschutzversicherung nicht weiter betrieben und auch keine Deckungsklage eingebracht habe, sei nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, da bei dieser Sachlage sowohl das Schiedsverfahren als auch eine Deckungsklage von vorneherein aussichtslos gewesen wären. Da somit der Beklagte den Kläger um die Möglichkeit gebracht habe, die vorprozessualen und die prozessualen Kosten im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem tödlichen Verkehrsunfall seiner Gattin von der Rechtsschutzversicherung oder der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu erlangen, habe er gegenüber dem Kläger keinen Kostenanspruch. Er sei daher verpflichtet, den Kostenvorschuß in Höhe von S 300.000,-- an den Kläger zurückzuzahlen, welche Verpflichtung allerdings erst mit Ablauf der dem Beklagten gesetzten Zahlungsfrist (27.9.1993) fällig geworden sei. Das darüberhinausgehende Zinsenbegehren sei abzuweisen. Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Berufung des Beklagten, der es "im gesamten Inhalt", richtig offenkundig im Umfang der Klagsstattgebung, bekämpft. Er macht eine Beweis- und eine Rechtsrüge geltend und stellt den Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des noch offenen Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
In der rechtzeitigen Berufungsbeantwortung beantragt der Kläger, der Berufung keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Bevor auf die Berufung als solche eingegangen wird, ist es er forderlich, auf die Selbstvertretungsbefugnis des Beklagten im Berufungsverfahren einzugehen (für das Verfahren in erster Instanz, in welchem sich der Beklagte, obwohl er sich bereits im Ruhestand befand, ebenfalls selbst vertreten hat, ist ein allfälliger Verstoß gegen die Vorschriften über die gewillkürte Vertretung jedenfalls geheilt, da es sich hiebei nicht um eine Nichtigkeit, sondern nur um einen Verfahrensmangel handeln könnte - Fasching, Komm IV 132 mwN; EFSlg 57.784 - und ein solcher Verfahrensmangel in der Beru fung nicht geltend gemacht wurde). Zur Frage der Selbstvertretungsbefugnis emeritierter Rechtsanwälte existieren seit der Neufassung des § 28 ZPO durch die ZVN 1983 divergierende Auffassungen: In der Entscheidung 1 Ob 695/87, NRsp 1988/85, hat der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf Fasching, LB, Rz 441, die Auffassung vertreten, daß ein Rechtsanwalt, auch wenn er auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft freiwillig verzichtet habe, gemäß § 28 Abs 1 ZPO in eigener Sache als Partei nicht der Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedürfe. Auch das Oberlandesgericht Wien hat sich in der Entscheidung WR 275 zu dieser Auffassung bekannt. Hingegen hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 61/87 (NRsp 1988/116 = AnwBl 1988, 422) ausgesprochen, daß nur die in die Rechtsanwaltsliste eingetragenen Rechtsanwälte, wenn sie in einem Rechtsstreit als Partei einschreiten, keiner Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedürfen; und daß auch nach der ZVN 1983 daran festzuhalten sei, daß sie dann, wenn sie auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft ver zichtet haben, für ein erst nach diesem Zeitpunkt eingeleitetes Verfahren nicht mehr die Begünstigung des § 28 Abs 1 ZPO in Anspruch nehmen können.
In einer späteren Entscheidung (4 Ob 558/90 = EFSlg 66.924) hat der Oberste Gerichtshof diese Streitfrage offen gelassen. Der erkennende Senat schließt sich der ersterwähnten Auffassung an, geht also davon aus, daß der Beklagte, obwohl er vor Einleitung dieses Verfahrens bereits in den Ruhestand getreten ist, keiner anwaltlichen Vertretung bedarf.
Die Entscheidung 7 Ob 61/87 weist darauf hin, daß bis zur ZVN 1983 einhellig die Ansicht geherrscht habe, daß die Begünstigung des § 28 Abs 1 ZPO nur für in der Liste der Rechtsanwälte eingetragene Anwälte gegolten habe (unter Berufung auf Fasching II 256, Neumann, Kommentar zur Zivilprozeßordnung4 Bd 1 492; Petschek,
Der österreichische Zivilprozeß 161 und EvBl 1983/33). Durch die ZVN 1983 seien dann die Worte "und bei Gericht angestellten" in Abs 1 des § 28 ZPO gestrichen worden, um - wie sich dies aus den Gesetzesmaterialien ergebe - nicht nur wie bisher aktiven Richtern und Staatsanwälten, sondern auch im Ruhestand befindlichen Richtern und Staatsanwälten (und etwa Konzeptbeamten des Bundesministeriums für Justiz oder der Finanzprokuratur), die ja die Richteramts- oder Rechtsanwaltsprüfung abgelegt hätten, zu ermöglichen, im Anwaltsprozeß ihre Rechtsstreite selbst zu führen. Da der Gesetzgeber es unterlassen habe, gleichzeitig für im Ruhestand befindliche Rechtsanwälte (und Notare) eine ähnliche Regelung zu treffen, und dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, daß ihm unbekannt gewesen sei, daß Rechtsanwälte im Ruhestand die Begünstigung nicht genössen, sei der Schluß gerechtfertigt, daß Rechtsanwälten und Notaren die Begünstigung des § 28 Abs 1 ZPO nach der Absicht des Gesetzgebers auch weiterhin nicht zukommen solle. Dem Berufungsgericht erscheint dieser Schluß nicht zwingend. Sager (Wie aus Fortschritt Rückschritt wurde, AnwBl 1993, 11 ff) ist darin zuzustimmen, daß bis zur ZVN 1983 die herrschende Recht sprechung und Rechtslehre gerade wegen des Teilsatzes "und bei Gericht angestellten" im Zusammenhang mit den "zur Ausübung des Richteramts befähigten Personen" im Sinne der Gleichberechtigung aller in § 28 Abs 1 ZPO genannten Berufsgruppen geboten erschien (in diesem Sinne ist wohl auch Neumann, Band 1 492 f in der vierten Auflage zu verstehen; die übrigen in 7 Ob 61/87 zitierten Stellen aus Lehre und Rechtsprechung geben keine nähere dogmatische Begründung für die dort vertretene Auffassung).
Die Auslegung, welche die Entscheidung 7 Ob 61/87 der durch die ZVR 1983 eingetretenen Neufassung des § 28 Abs 1 ZPO zuteil werden läßt, führt nun demgegenüber zu einer unterschiedlichen Behandlung des an sich dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung nach gleichwertig aufgezählten Personenkreises der Rechtsanwälte, Notare und der zur Ausübung des Richteramts befähigten Personen. Das Berufungsgericht teilt die zu WR 275 vertretene Auffassung, daß den Erläuternden Bemerkungen zur ZVN 1983 sich nur ausdrücklich entnehmen läßt, daß es durch die Streichung der Worte "und bei Gericht angestellten" nicht nur - wie bisher - aktiven Richtern und Staatsanwälten, sondern auch solchen im Ruhestand (und Konzeptsbe amten) ermöglicht werden sollte, ihre Sache auch im Anwaltsprozeß selbst zu führen, wobei noch besonders darauf hingewiesen wurde, daß auch Konzeptsbeamte der Finanzprokuratur die Richteramts- oder die Rechtsanwaltsprüfung abgelegt hätten. Daß durch die Neufassung des § 28 Abs 1 ZPO nur eine Besserstellung der zum Richteramt befähigten Personen (und Konzeptsbeamten) beabsichtigt war, läßt sich hingegen aus diesen Gesetzesmaterialien nicht zwingend entnehmen. Bei dieser Gesetzesnovellierung wurde es zwar unterlassen, die Rechtsfolge ausdrücklich auch auf Rechtsanwälte und Notare zu erstrecken, doch ergab sich auch nicht eine unbedingte Notwendigkeit hiezu: Wird die durch die Novellierung aufgehobene Wortfolge als eine Einschränkung angesehen, die erst auf dem Wege der darauf basierenden Interpretation auch als für Rechtsanwälte und Notare gültig angesehen wurde, kann durch den Wegfall der Wortfolge aufgrund der Novellierung auch die Basis einer solchen einschränkenden Interpretation in bezug auf Rechtsanwälte und Notare als weggefallen angesehen werden. Dies bedeutet, daß im gegenständlichen Fall nicht nur die grammatische und systematische, sondern auch die historische Gesetzesauslegung zu keinen klaren Ergebnissen in der Streitfrage führen, sodaß auf die objektiv-teleologische Auslegung (F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 437 und 453 f) gegriffen werden kann. Die Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art 7 B-VG) kann im Rahmen derselben als zusätzliche positiv-rechtliche Grundlage oder auch allenfalls als eine Abart der systematisch-teleologischen Interpretation, nämlich eine sogenannte "verfassungskonforme" Auslegung, angesehen werden (Bydlinski aaO 455 f). Im Rahmen der systematisch-teleologischen Inter pretation ist danach zu streben, Wertungswidersprüche, dh sachlich nicht begründete und somit willkürliche Verschiedenbehandlung gleichartiger Sachverhalte, zu vermeiden (Bydlinski aaO 456). Der Entscheidung WR 275 ist darin zuzustimmen, daß dann, wenn man davon ausgeht, daß sich pensionierte Richter und Konzeptsbeamte, soweit sie zur Ausübung des Richteramts befähigt sind, in eigener Sache selbst vertreten dürfen, obwohl sie während ihrer aktiven Berufs ausübung mit der Vertretung von Parteien in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht befaßt waren, jeder vernünftige Grund dafür fehlt, daß dies emeritierten Rechtsanwälten, die vorher mit solchen Vertretungen berufsmäßig betraut waren, versagt sein sollte. Auch Strigl hat in seiner Anm zu AnwBl 1988, 422 darauf hingewiesen, daß nicht ganz einzusehen sei, weshalb diese Ungleichbehandlung durch den Gesetzgeber erfolgte. Daß er trotzdem der Entscheidung 7 Ob 61/87 zustimmte, begründet er mit der "bei Analogie stets gebotenen Vorsicht". Nach der hier vertretenen Auffassung muß aber gar kein Analogieschluß gezogen werden. Analogieschlüsse haben nach herrschender Auffassung erst einzutreten, wenn die Möglichkeit der Interpretation beim weitesten nach dem Sprachgebrauch noch möglichen Wortsinn der gesetzlichen Normen endet (Bydlinski aaO 467 f). Daß diese Grenze, nach welcher unter Umständen die Analogie eingreift, hier bereits erreicht wäre, kann nicht gesagt werden (auch das Oberlandesgericht Wien hat in WR 275 keinen Analogieschluß bemüht, sondern eine teleologische Interpretation vorgenommen).
Das Berufungsgericht ist daher der Auffassung, daß der Beklagte als emeritierter Rechtsanwalt sich im Berufungsverfahren selbst vertreten kann.
Ein Verbesserungsverfahren, wie es in dem der Entscheidung EFSlg 66.924 zugrunde liegenden Fall eingeleitet wurde, kann daher unterbleiben.
In der Sache selbst ist zu sagen, daß die Berufung des Beklagten nicht berechtigt ist.
1. Zur Beweisrüge:
Die Beweisrüge richtet sich gegen die Feststellung einer Überweisung von S 30.000,-- am 23.8.1990 seitens der W Versicherung an den Beklagten; und gegen die Feststellungen des Erstgerichts zur Weiterleitung der dem Beklagten zugekommenen Zahlungen seitens der W, insbesondere gegen die Feststellung, daß S 150.000,-- beim Beklagten verblieben. Der Beklagte wünscht die Feststellungen, daß am 23.8.1990 kein Betrag an ihn überwiesen wurde und daß er am 11.9.1990 einen weiteren (vom Erst gericht nicht festgestellten) Betrag von S 30.000,-- an den Kläger überwiesen hätte. Es befänden sich daher nur noch S 90.000,-- aus Zahlungen der W Versicherung in seinen Händen. Zur Begründung wird auf das Expensar und die Parteienvernehmung des Beklagten verwiesen.
Die Beweisrüge ist nicht berechtigt. Aus der Parteienvernehmung des Beklagten ergibt sich für die gegenständlichen Fragen nichts. Die Überweisung von S 30.000,-- seitens der W an den Beklagten, die am 23.8.1990 erfolgte, ist ausreichend durch Beilage E (nämlich durch S 2 derselben und das zu diesem Urkunden konvolut gehörige Schreiben der W vom 22.8.1990 samt handschriftlichem Vermerk) belegt.
Aus dem "Expensar" des Beklagten ergeben sich nur die vom Erstgericht festgestellten Überweisungen des Beklagten an den Kläger und insbesondere keine Überweisung von S 30.000,-- vom 11.9.1990. Im "Expensar" scheint zwar eine weitere (vom Erstgericht nicht festgestellte) Überweisung seitens des Beklagten von S 30.000,-- auf, die aber keine Überweisung an den Kläger, sondern eine Rücküberweisung einer irrtümlichen Zahlung der W Versicherung an diese darstellt (in Übereinstimmung mit der Aufstellung auf S 2 in Beilage E).
Das Berufungsgericht hat also keine Bedenken gegen die hier bekämpften Feststellungen.
2. Zur Rechtsrüge:
In der Rechtsrüge führt der Beklagte sinngemäß aus, seine Prozeßführung für den Kläger im Schadenersatzprozeß sei nicht aus sichtslos; entscheidend seien nicht die rechtlichen Ausführungen, sondern die Tatsachenbehauptungen, die die vom Beklagten verfaßte Klage enthalte. Die Klagsausführungen könnten bis zum Schluß der Verhandlung in erster Instanz korrigiert werden. Diese Korrektur vorzunehmen sei Aufgabe von Rechtsanwalt Dr. C, da der Beklagte infolge seiner nicht vorhersehbaren Frühpensionierung den Prozeß an diesen habe abgeben müssen. Der Beklagte sei im Verfahren, das über den Grund des Schadenersatzanspruchs geführt worden sei, in der zweiten Instanz durchaus erfolgreich gewesen. Das Erstgericht irre auch darin, daß eine Deckungsklage bzw ein Schiedsgerichtsverfahren gegen die Rechtsschutzversicherung aussichtslos gewesen wäre.
Dem ist folgendes zu entgegnen:
2.1. Zur Herausgabe der beim Beklagten eingegangenen "Bar schaften" im Sinne des § 19 RAO ist der Beklagte jedenfalls, allerdings aus einem anderen als vom Erstgericht angeführten Grunde, verpflichtet: Nach § 19 Abs 1 RAO ist ein Rechtsanwalt zwar berechtigt, von den für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften die Summe seiner Auslagen und seines Verdienstes, insoweit sie durch erhaltene Vorschüsse nicht gedeckt ist, in Abzug zu bringen (ist jedoch schuldig, sich hierüber sogleich mit seiner Partei zu verrechnen - wobei aber zwischen dem Entlohnungsanspruch und der Rechnungslegungspflicht kein synallagmatischer Zusammenhang gesehen wird - Strasser in Rummel Rz 14 zu § 1012 ABGB). Nach § 19 Abs 2 RAO ist in dem Falle, als die Richtigkeit und Höhe seiner Forderung bestritten wird, ein Rechtsanwalt berechtigt, den Ausschuß der Rechtsanwaltskammer um die gütliche Beilegung des Streites anzugehen. Nach § 19 Abs 3 RAO ist er im gleichen Falle zu seiner Deckung auch zum gerichtlichen Erlage der ihm eingegangenen Barschaften bis zur Höhe der bestrittenen Forderung befugt (zu gleich aber, wenn die angesuchte gütliche Beilegung ohne Erfolg geblieben ist, verpflichtet, die Richtigkeit und Höhe der letzteren nachzuweisen).
§ 19 Abs 3 RAO wird als strikte Formalvorschrift angesehen, die den Rechtsanwalt, dessen Kostenforderung dem Grunde oder der Höhe nach bestritten ist, zwingt, das eingegangene Geld auszufolgen oder gerichtlich zu hinterlegen (Feil-Hajek, RAO, Rz 7 zu § 19). Ein Rechtsanwalt kann demnach bei Bestreitung von Richtigkeit und Höhe seiner Kostenforderung der Ausfolgungspflicht von für seine Partei an ihn eingegangenen Barschaften nur dadurch entgegen, daß er von seiner Befugnis zum gerichtlichen Erlag Gebrauch macht (GesRZ 1987, 210; Schuppich-Tades, RAO4 Anm 2 zu § 19). Da im gegenständlichen Fall die Kostenforderung des Beklagten schon grundsätzlich bestritten wird und der Beklagte nie einen gerichtlichen Erlag behauptet hat (und ein solcher auch offensicht lich nicht erfolgt ist), hat der Beklagte den bei ihm noch verbliebenen Restbetrag aus den Zahlungen der W Versicherung an den Kläger auszufolgen. Daß aus diesem Grunde der Beklagte dem Kläger über den vom Teilanerkenntnisurteil erfaßten Betrag von S 100.000,-- hinaus weitere S 50.000,-- zu bezahlen hat, wurde daher im Ergebnis vom Erstgericht richtig ausgesprochen.
2.2. Was den Kostenvorschuß von S 300.000,-- betrifft, ist folgendes auszuführen:
2.2.1. In der zu 10 Cg 345/91 des Landesgerichtes Feldkirch eingebrachten Schadenersatzklage hat der Beklagte den Rentenanspruch des Klägers und seiner beiden Kinder auf der Basis des Unterhaltsentganges (und nicht auf der Basis entgangener Beistandsleistungen in der Haushaltsführung bzw. entgangener Betreuungslei stungen) geltend gemacht. Er hat dabei den Unterhaltsentgang auf eine im Sinne der seit Jahren ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes falschen Weise berechnet. Die im Sinne der Recht sprechung anzustellende Berechnungsart hat der Kläger in seinem Vorbringen unter K) richtig dargestellt (siehe EFSlg 36.218 und die weitere Rechtsprechung laut E 113 zu § 1327 ABGB in MGA33, weiters Reischauer in Rummel Rz 34 zu § 1327 ABGB und Harrer in Schwimann, Praxis-Kommentar, Rz 31 zu § 1327 ABGB). Unter Zugrundelegung des Alleinverschuldens von A und unter Zugrundelegung der übrigen in der Klage verwendeten Zahlen (also auch des offenkundigen Mißverhältnisses der dort angesetzten Konsumquoten der getöteten Gattin des Klägers und des Klägers selbst) würde sich ein reiner Unterhaltsentgang des Klägers von jährlich S 9.481,36 (= monatlich S 790,11) errechnen. Würde, wie es die Rechtsschutz versicherung des Klägers richtig forderte, der Rentenbezug des Klägers einschließlich der Sonderzahlungen angesetzt, ergäbe sich ein jährlicher Unterhaltsentgang des Klägers von S 2.777,96 (= monatlich S 231,49). Würde davon ausgegangen, daß der Beklagte nicht nur beim Rentenbezug, sondern auch beim Ansatz des Einkommens der getöteten Gattin des Klägers übersehen hat, die Sonderzahlungen anzurechnen (würde also ein Einkommen von H von jährlich S 196.000,-- unterstellt), ergäbe sich ein jährlicher Unterhaltsentgang des Klägers von S 17.915,10 (= monatlich S 1.492,92). Würde von einer Konsumquote des Klägers von 40 % und seiner Gattin von 30 % ausgegangen, errechnete sich nach keiner der oben angeführten Varianten irgendein Unterhaltsentgang des Klägers. Bei rich tiger Berechnung ergibt sich auch ausgehend von den in der Klage genannten Zahlen niemals ein Unterhaltsentgang der Kinder des Klägers.
Das heißt, daß nach den bis heute nicht geänderten Klagsausführungen im Verfahren 10 Cg 435/93 des Landesgerichtes Feldkirch selbst dann nur ein verschwindend geringer Prozeßerfolg möglich gewesen wäre, wenn D H nicht ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls getroffen hätte (deren Mitverschulden zu einem Viertel steht mittlerweile rechtskräftig fest).
2.2.2. Der OGH vertritt aber in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß der Anspruch hinterbliebener Familienmitglieder auf Beistand durch Gattin bzw. Mutter in der Haushaltsführung bzw. auf Pflege, Erziehung, Vermögensverwaltung usw. dem Unterhaltsanspruch im Sinne des § 1327 ABGB gleichzustellen ist und daß daher den Hinterbliebenen für infolge des Todes der Gattin bzw. Mutter entgangene solche Leistungen nach § 1327 ABGB grundsätzlich Schadener satz gebührt (EFSlg 51.517 mwN; siehe auch Reischauer aaO Rz 27 zu § 1327 ABGB; ZVR 1989/106; ZVR 1978/22, in welcher Entscheidung auch die Vorteilsausgleichung in diesem Zusammenhang behandelt wird). Unterhaltsentgang und Beistandsentgang sind aber nicht ident (sondern eben nur im Sinne des § 1327 ABGB gleichgestellt) und sind klarerweise mit anderen Tatsachenbehauptungen zu begründen und zu berechnen. Grundsätzlich ist eine Korrektur der vom Beklagten ver faßten Klage zu 10 Cg 435/93 des Landesgerichtes Feldkirch derzeit noch nicht als unmöglich zu bezeichnen. Keinesfalls ist aber, selbst wenn eine solche Korrektur erfolgen sollte, heute aus reichend abzuschätzen, inwieweit dann die Klage letztlich erfolgreich sein wird. Es kann demnach heute auch noch nicht ausge schlossen werden, daß durch eine solche Korrektur die Klagsführung zu 10 Cg 435/93 des Landesgerichtes Feldkirch so weit erfolgreich sein wird, daß ein zumindest teilweiser Kostenersatz seitens der beklagten Parteien erreicht werden kann. Sollte dies der Fall sein, wären die Leistungen, die der Beklagte im Rahmen des Prozesses, bei dem es im wesentlichen bisher um den Grund des Anspruches ging, zu mindest so weit zu honorieren, als Kostenersatz auch für diese er reicht wird. Es ist daher verfrüht, wenn in Unkenntnis des weiteren Verlaufes des Prozesses 10 Cg 435/93 des Landesgerichtes Feldkirch von einer völligen Wertlosigkeit der Leistungen des Beklagten aus gegangen wird.
2.2.3. Trotzdem hat aber das Erstgericht im Ergebnis zu Recht den Beklagten auch zur Rückzahlung des gesamten Kostenvorschusses von S 300.000,-- an den Kläger verpflichtet. Ein Rechtsanwalt hat nämlich, wenn es mehrere zur Durchsetzung der Klienteninteressen denkbare Wege gibt, den sichersten Weg zu wählen (Reischauer aaO Rz 17 zu § 1299 ABGB; AnwBl 1992, 155 = Ecolex 1991, 782; so auch die deutsche Lehre und Rechtsprechung, siehe Borgmann-Haug, Anwaltshaftung2, 116 ff). Im gegenständlichen Fall bedeutete dies, daß der Beklagte die Schadenersatzklage zu 10 Cg 435/93 mit dem In halt hätte einbringen müssen, wie ihn die Rechtsschutzversicherung angeregt hatte; bzw. umgekehrt nicht in der tatsächlichen Form hätte einbringen dürfen, weil die Rechtsschutzversicherung des Klägers zu Recht diese Klage nicht genehmigt hat (zur Genehmigung der Klage und damit zur Beauftragung des Beklagten zur Schadener satzprozeßführung im Sinne dieser Klage nach Art 4 lit g ARB 1965 war die Rechtsschutzversicherung nicht verpflichtet, da diese Art der Klagsführung, wie oben dargelegt, praktisch aussichtslos war). Dadurch, daß der Beklagte sich den begründeten Bedenken der Rechts schutzversicherung verschlossen hat und eine im Sinne einhelliger Rechtsprechung praktisch aussichtslose Klage eingebracht hat, hat er den Kläger um die Rechtsschutzdeckung gebracht, die ja seitens der Rechtsschutzversicherung keineswegs schlichtweg, sondern nur in bezug auf die im Entwurf vorgelegte Klage verweigert wurde. Die Art der Verfassung dieser Schadenersatzklage durch den Beklagten muß ihm als eine die Schadenersatzpflicht grundsätzlich auslösende Sorgfaltsverletzung in Ausübung seines Berufes vorgeworfen werden, weil sie nicht als Verfechtung einer vertretbaren Rechtsansicht, sondern als Ergebnis der Unkenntnis einhelliger Rechtsprechung an zusehen ist. Solche Unkenntnis einhelliger Rechtsprechung wird der Gesetzesunkenntnis gleichgehalten und macht den Rechtsanwalt dem Auftraggeber gegenüber haftbar (Reischauer aaO Rz 13 bis 15 zu § 1299 ABGB mwN). Hätte der Beklagte die einschlägige Rechtsprech ung gekannt, hätte er erkannt, daß der von ihm verfolgte Weg zur Durchsetzung der Ansprüche des Klägers (und dessen Kinder) auch nicht annähernd dem Gebot entsprach, den sichersten Weg zur Durch setzung dieser Ansprüche zu wählen. Im Sinne dieses Gebotes hätte er vielmehr die Verpflichtung gehabt, wie von der Rechtsschutzversicherung angeregt, die Schadenersatzansprüche auf der Basis des Beistandsentganges (anstelle des Unterhaltsentganges) geltend zu machen, weil nur dies erfolgreich sein konnte und weil zugleich damit auch die Rechtsschutzdeckung nicht fraglich sein konnte.
Das Prinzip des österreichischen Schadenersatzrechtes ist die Naturalherstellung: Der Geschädigte ist primär real so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde (Reischauer aaO Rz 2 zu § 1293 und Rz 1 zu § 1323 ABGB; JBl 1990, 653 uva). Da der Beklagte eine Sorgfaltspflichtverletzung dem Kläger gegenüber begangen und somit rechtswidrig gehandelt hat (und den ihm gemäß § 1298 ABGB obliegenden Beweis, daß ihn hieran kein Ver schulden treffe, nicht erbracht hat), hat er den Kläger somit im Sinne dieses Grundsatzes so zu stellen, wie er stünde, hätte er den sichersten Weg für die Durchsetzung der Ansprüche des Klägers (und seiner Kinder) gewählt. Er hat ihn also so zu stellen, wie wenn er eine im Sinne der Rechtsprechung zu Hinterbliebenenansprüchen er folgversprechende Klage verfaßt und somit den Rechtsschutz des Klägers in Anspruch hätte nehmen können. Nach den (dem Versicherungs verhältnis zwischen dem Kläger und seiner Rechtsschutzversicherung zugrunde liegende) ARB 1965 hätte dann die Verpflichtung des Rechtsschutzversicherers bestanden, den Beklagten als Rechtsanwalt selbst zu bestellen und seine Kosten unmittelbar zu tragen
(SZ 46/125 = VersE 616 = VersR 1975, 170 = VR 1974, 364 = EvBl
1964/198; JBl 1987, 458 = VersE 1323). Der Kläger wäre dann
überhaupt nicht in die Situation gekommen, dem Beklagten einen Kostenvorschuß zahlen zu müssen. Um den Kläger so zu stellen, wie er in diesem Falle stünde, hat daher der Beklagte dem Kläger den Kostenvorschuß zurückzuerstatten. Ob der Beklagte aus der Prozeßführung zu 10 Cg 435/93 des Landesgerichtes Feldkirch letztendlich doch einen gewissen Honoraranspruch haben wird, muß daher derzeit nicht entschieden werden.
Der Berufung des Beklagten war somit keine Folge zu geben, sondern das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO.
Gründe, die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zuzu lassen, liegen nicht vor.