2R15/94 – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Beschluß
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat in der Rechtssache der klagenden Partei L gegen die beklagten Parteien Y und 2. Ö wegen Unterlassung (Streitinteresse S 200.000,--), Urteilsveröffentlichung (Streitinteresse S 50.000,--) und S 20.000,-- sA über den Rekurs der beklagten Parteien gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 9.12.1993, 10 Cg 334/93x-5, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, daß sie (P 2 des Urteilsspruches) zu lauten hat:
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihrer Vertreter binnen 14 Tagen die mit S 36.295,68 (hierin enthalten S 12.240,-- Barauslagen und S 4.009,28 USt) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 1.994,08 bestimmten Rekurskosten zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Mit der am 13.9.1993 eingebrachten und auf die Bestimmungen des UWG sowie des MSchG gestützten Klage stellte die Klägerin ein mit S 500.000,-- bewertetes Unterlassungs-, weiters ein mit S 50.000,-- bewertetes Veröffentlichungs- und schließlich ein auf Zahlung von S 20.000,-- samt 4 % Zinsen seit dem Klagstag gerichtetes Leistungsbegehren. Nach den Klagsbehauptungen habe die Klägerin gegen "die Beklagten" (richtig: ua den Zweitbeklagten) wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des MSchG (im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Jeans-Hosen) beim LG Feldkirch auch einen Antrag auf Einleitung gerichtlicher Vorerhebungen samt einem Beschlagnahmeantrag gestellt, welches Privatanklageverfahren von ihr nach Sicherstellung etlicher Hosen durch die Gendarmerie allerdings "aus prozeßökonomischen Gründen" nicht mehr fortgesetzt und daher eingestellt worden sei.
Nach zunächst Bestreitung der beklagten Parteien und Schriftsatzwechsel setzte das Erstgericht in der Streitverhandlung vom 27.10.1993 den Streitwert hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens gemäß § 7 RATG auf S 200.000,-- herab. Nach Einschränkung des Veröffentlichungsbegehrens hinsichtlich der hiefür begehrten Druckmedien anerkannten die Beklagten das gesamte verbleibende Klagebegehren, worauf über Antrag der Klägerin ein Anerkenntnisurteil gefällt und verkündet, dessen Kostenentscheidung allerdings der schriftlichen Urteilsausfertigung vorbehalten wurde (ON 4). Im Rahmen dieser wurden die beklagten Parteien sodann zur ungeteilten Hand zur Zahlung der mit S 53.502,14 (hierin enthalten S 17.467,-- Barauslagen und S 6.005,80 USt) verurteilt. Das Erstgericht begründete seine Kostenentscheidung dabei mit § 41 ZPO. Die dem Zivilverfahren vorgeschaltete Einleitung des Strafverfahrens habe der Klärung des Sachverhaltes durch Zutagebringen der im vorliegenden Rechtsstreit behaupteten Markenrechtsverletzungen und damit "ohne Zweifel" der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient, sodaß die damit verbundenen Kosten als vorprozessuale Kosten von der Ersatzpflicht der Beklagten umfaßt seien.
Gegen diese Kostenentscheidung richtete sich der fristgerechte Kostenrekurs (§ 55 ZPO) der beklagten Parteien aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß die beklagten Parteien lediglich zur Zahlung von S 24.137,16 verurteilt werden. Dem Rekurs kommt teilweise Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Vorauszuschicken ist zunächst, daß die Erledigung dieser Rechtssache durch das Erstgericht durch zwei voneinander getrennte Entscheidungen (nämlich zunächst verkündetes Anerkenntnisurteil mit Kostenvorbehalt und sodann ausgefertigtes Anerkenntnisurteil mit Kostenentscheidung) unzulässig war. Eine solche Vorgangsweise wäre nur zulässig gewesen, wenn die Voraussetzungen für die Fällung eines bloßen Teilanerkenntnisurteils vorgelegen hätten; das ist aber dann, wenn der Beklagte - wie hier - das gesamte Klagebegehren zur Gänze anerkennt, nicht der Fall. Bei einem solchen kann nämlich aufgrund der Bestimmung des § 416 Abs 3 ZPO (sofortiges Wirksamwerden gegenüber den Parteien, schriftliche Ausfertigung nur auf deren Verlangen, wofür im Protokoll ON 4 jeglicher Hinweis fehlt) nicht § 53 Abs 2 ZPO - Vorbehalt der Kostenfestsetzung in der schriftlichen Ausfertigung des Urteils - angewendet werden. Falls also die Kosten nicht sogleich und zugleich bestimmt werden können, muß das ganze Urteil vorbehalten werden (vgl § 540 Abs 1 3. Satz Geo, wo es ausdrücklich heißt, "die auch den Kostenbetrag umfassende Beurkundung der verkündeten Entscheidung"; 1 R 295/76, 3 R 247/88, 1 R 150/91, sämtliche des OLG Innsbruck; ebenso auch LG Innsbruck zB 1a R 81/88, 1a R 514/88, 3a R 417/93). Dieser Verfahrensverstoß wurde allerdings nicht gerügt und ist daher vom Rekursgericht nur aufzuzeigen, jedoch nicht weiter aufzugreifen.
In der Sache bestreiten die Rekurswerber die Zweckdienlichkeit der geltend gemachten vorprozessualen Kosten. Nach Einstellung des Strafverfahrens gegen die dort Beschuldigten (wobei solcher nur der Zweitbeklagte gewesen sei, sodaß auch nur teilweise Personenidentität zwischen diesen beiden Verfahren bestehe) sei die klagende Partei gemäß § 393 StPO als Privatanklägerin verpflichtet gewesen, diesem die Vertretungskosten zu ersetzen und habe daher ihrerseits keinen Anspruch auf Ersatz der im Strafverfahren aufgelaufenen Kosten. Da von den insgesamt drei Beschuldigten nur einer hier Beklagter sei, seien die vorprozessualen Kosten um jedenfalls 2/3 zu kürzen. Außerdem sei der Schriftsatz der Klägerin vom 15.10.1993 nicht zweckmäßig gewesen, da das dortige Vorbringen in der Tagsat zung vom 27.10.1993 vorgetragen hätte werden können. Schließlich sei als Bemessungsgrundlage nur der herabgesetzte Streitwert von S 200.000,-- zu veranschlagen.
Hiezu ist folgendes zu erwidern:
Zu den vorprozessualen Kosten:
Nach § 53 Abs 1 MarkenschutzG 1970 BGBl 260 (idF Art I Z 36 der Nov BGBl 1977/350) werden die in §§ 51 und 52 leg cit bezeichneten Vergehen nur auf Verlangen des Verletzten verfolgt. Sie sind daher Privatanklagedelikte im Sinne des § 46 StPO. Endet das solcherart eingeleitete Strafverfahren nicht mit einer Verurteilung des Beschuldigten, so hat der Privatankläger gemäß § 390 Abs 1 StPO die Kosten des Strafverfahrens sowie dem Gegner dessen Kosten aus der Involvierung in das Strafverfahren (für den Vertreter, Anreise zur Hauptverhandlung, Kopien von Aktenstücken uäm) zu ersetzen (§§ 390 Abs 1, 393 Abs 3 StPO; Bertel, Grundriß des österr Strafprozeßrechts3, Rz 881). Diese Kostenersatzpflicht trifft den Privatankläger dabei ohne jegliche Einschränkung; sie ist eine Folge des für den Beschuldigten günstigen Verfahrensausganges, gleichgültig, ob das Strafverfahren durch Einstellung oder Freispruch beendet wird (Mayerhofer-Rieder, Das österr Strafrecht3
2. Teil/2. HBd, E 15, 18 und 19 zu § 390; Foregger-Serini, StPO5 Anm
II und III zu § 390).
Die Klägerin hat nun selbst in ihrer Klage zu P 7 vorgebracht, das seinerzeit ua gegen den jetzigen Zweitbeklagten eingeleitete Strafverfahren "aus prozeßökonomischen Gründen" nicht fortgesetzt zu haben. Aus den ihrem Kostenverzeichnis (offenbar zur Bescheinigung im Sinne des § 54 Abs 1 ZPO) beigeschlossenen Kopien des Aktes 28 Vr 896/93 des LG Feldkirch geht hervor, daß sie mit Äußerungsschriftsatz vom 24.9.1993 ausdrücklich "von der Anklage zurückzutreten" erklärt hat (letzte Beilage in ON 4). Nur wenn die in diesem Strafverfahren als Beschuldigte belangten Personen auch verurteilt worden wären, wären sie daher ihrer Gegnerin (der nunmehrigen Klägerin) im Strafverfahren kostenfällig geworden (Bertel, aaO). Eine (umgekehrte) Kostenersatzpflicht der zufolge ihrer Rücktrittserklärung unterlegenen Privatanklägerin ist hingegen im geschlossenen System des prozessualen Verfahrenskostenersatzes der StPO nicht vorgesehen.
Daraus folgt jedoch, daß die Klägerin nun nicht über den Umweg des Zivilprozesses einen ihr im vorangegangenen Strafverfahren ausdrücklich versagten Kostenersatzanspruch (weder selbständig noch als vorprozessuale Kosten) mit Erfolg betreiben kann. Die (einzige) Ausnahmebestimmung des § 393 Abs 4 StPO, wonach der mit seinen privatrechtlichen Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesene Privatbeteiligte seine zur zweckentsprechenden Geltendmachung im Strafverfahren aufgewendeten Kosten seines Vertreters im zivilgerichtlichen Verfahren, in dem sodann über seinen Anspruch erkannt wird, geltend zu machen berechtigt ist, läßt sich nicht verallgemeinen. Abgesehen davon, daß das Rekursgericht die Auffassung des Erstgerichtes nicht zu teilen vermag, daß die von der Klägerin für das Strafverfahren aufgewendeten und verzeichneten Kosten "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung" notwendig waren, da sie ja ausdrücklich "von der Anklage zurückgetreten" und von einer Verfahrensfortsetzung "aus prozeßökonomischen Gründen" abgesehen hatte - ohne dieses Strafverfahren (trotz erfolgter Beschlagnahmen) aus welchen Gründen immer bis zu einer Verurteilung (samt daraus resultierendem Kostenersatzanspruch) zu betreiben und fortzusetzen -, ist ihr durch diese gewählte Vorgangsweise auch verwehrt, eine ihr im Strafverfahren (allerdings eben nur bei Verfahrensfortsetzung und Erwirkung eines verurteilenden Erkenntnisses!) mögliche Kostenbestimmung nunmehr über den Umweg des Zivilverfahrens zu verzeichnen und zugesprochen zu erhalten. Die Kosten des Strafverfahrens sind nämlich nur dann als vorprozessuale Kosten ein Teil der Kosten des Zivilverfahrens, wenn die Voraussetzungen der Strafprozeßordnung für einen solchen Zuspruch zwar im Strafverfahren nicht vorliegen, aber ihre Geltendmachung im Zivilverfahren auch nicht ausdrücklich versagt ist (vgl EvBl 1966/500). Insoweit ist daher dem nunmehrigen Begehren der Klägerin der Rechtsweg insgesamt verschlossen.
Die unter diesem Titel zuerkannten Kosten von S 9.075,40 zuzüglich 10 % Streitgenossenzuschlag und 20 % USt (= S 11.979,52) sowie S 5.227,-- Barauslagen, zusammen sohin S 17.206,52, müssen daher aus dem Kostenverzeichnis ausgeschieden werden.
Zum vorbereitenden Schriftsatz ON 3:
Da zum Zeitpunkt seiner Erstattung (15.10., bei Gericht eingelangt am 20.10.1993) die erste mündliche Streitverhandlung noch nicht stattgefunden hatte, war dieser Schriftsatz grundsätzlich gemäß § 258 ZPO zulässig. Nach dem Inhalt des Protokolls dieser Streitverhandlung wurde er auch vom Klagsvertreter vorgetragen (§ 210 Abs 1 ZPO). Im Hinblick darauf, daß er somit exakt eine Woche vor diesem Termin bei Gericht einlangte, liegt auch keiner jener Fälle vor, in welchem ein Schriftsatz so knapp vor der Streitverhandlung eingebracht wird, daß er nicht einmal mehr dem Gegner zugestellt werden kann und dieser daher keine Zeit findet, eine sachgerechte Erwiderung für die mündliche Verhandlung seinerseits vorzubereiten (hiezu ausführlich Danzl in EBspr JBl 1987, 392 (393 aE mwN in FN 15)). Der Schriftsatz wurde daher vom Erstgericht zutreffend in der tarifmäßig richtigen (nämlich auf die Streitwertneubemessung nach § 7 RATG Bedacht nehmenden) Höhe zugesprochen.
Zur Bemessungsgrundlage:
Die Rekurswerber sind im Unrecht, wenn sie als Bemessungsgrundlage bloß den vom Erstrichter herabgesetzten Unterlassungsstreitwert von S 200.000,-- in Ansatz bringen, da die Klägerin ja auch noch ein Leistungsbegehren (S 20.000,--) und ein (unbemängelt gebliebenes) Veröffentlichungsbegehren mit S 50.000,-- erhoben hat, mit welchen sie auch durchgedrungen ist. Bemessungsgrundlage für die zu honorierenden Verfahrensschritte erster Instanz ist daher der Betrag von S 270.000,--.
Dem Rekurs war daher insgesamt nur teilweise Folge zu geben, wobei - da im Rechtsmittel nicht aufgegriffen - unerörtert bleiben kann, ob im Hinblick auf die klägerischerseits bei der einzigen Tagsatzung vorgenommene teilweise Einschränkung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens zu P c des Klagebegehrens die ostenent scheidung nicht nach § 41 ZPO, sondern nach § 43 ZPO zu erfolgen gehabt hätte; ebenso aber auch (wiederum mangels Relevierung im Rekurs), ob im Hinblick auf die Streitwertreduktion nach § 7 RATG der Klägerin damit nicht bloß die hiedurch gleichfalls reduzierte Pauschalgebühr nach § 18 Abs 2 Z 1 GGG gebührt hätte. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO, § 11 RATG. Ausgehend von der Bemessungsgrundlage von S 17.206,52 belaufen sich die berechtigten Rekurskosten auf (einschließlich Einheitssatz und Streitgenossenzuschlag) S 1.994,08. Da eine Umsatzsteuer nicht verzeichnet wurde, konnte eine solche auch nicht zugesprochen werden (§ 405 ZPO).
Die Revisionsrekursunzulässigkeit stützt sich auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.