4R127/92 – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Beschluß.
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Rekursgericht in der Rechtssache der klagenden Partei X-Bank wider die beklagte Partei R wegen S 118.225,-- s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen die im Versäumungsurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 27.3.1992, 8 Cg 32/92 v - 4, enthaltene Kostenentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Kostenentscheidung dahin abgeändert, daß der vom Beklagten der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu ersetzende Kostenbetrag mit S 11.574,30 (darin enthalten S 6.433,50 an Barauslagen und S 856,80 an Umsatzsteuer) bestimmt wird.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit S 22,50 bestimmten Rekurskosten (Barauslagen) zu ersetzen. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Über Antrag der klagenden Partei erging bei der ersten Tagsatzung am 27.3.1992 ein der Klage stattgebendes Versäumungsurteil, wobei die Kosten der klagenden Partei mit S 11.226,-- bestimmt wurden. Die klagende Partei hat am Schluß der ersten Tagsatzung ein Kostenverzeichnis mit einer Endsumme von S 11.574,30 gelegt. Darin waren enthalten ein Betrag von S 129,-- an Zeitversäumnis anläßlich des Besuches der ersten Tagsatzung am 23.7.1992 durch den Klagsvertreter zuzüglich der Umsatzsteuer, sowie ein Betrag von S 193,50 an Fahrtkosten (45 km a S 4,30), die das Erstgericht nicht zuerkannte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der rechtzeitige und zulässige (§ 55 ZPO) Kostenrekurs der klagenden Partei. Sie führt darin aus, daß der Klagsvertreter von seinem Kanzleisitz in Bludenz zur ersten Tagsatzung zum Landesgericht Feldkirch gefahren sei. Die klagende Partei habe deshalb Anspruch auf Ersatz der Reisekosten und auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis nach TP 9 Z. 1 lit. b und Z. 4 RATG. Die klagende Partei beantragt daher, die angefochtene Kostenentscheidung in diesem Sinn abzuändern.
Der Rekurs ist berechtigt.
Die Rechtsprechung darüber, ob bei der Zureise eines Rechtsanwaltes zur Verrichtung einer ersten Tagsatzung bei einem auswärtigen Gericht Reisekosten und Zeitversäumnis gewährt werden können, ist nicht einheitlich. Im Erkenntnis 6 Ob 604/81 (in 2 R 307/80 des OLG Innsbruck) wurde ein solcher Kostenersatz mit der Begründung verweigert, daß für die erste Tagsatzung nicht einmal der doppelte Einheitssatz (§ 23 Abs. 5 RATG) zustehe, umso weniger aber der Ersatz der Fahrtkosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis. Im Erkenntnis ging es um eine Zureise von Lienz nach Innsbruck. Dem folgte das OLG Innsbruck zu 1 R 180/87 (EvBl 1988/19), wobei es aber auch noch Überlegungen dahin anstellte, daß die persönliche Zureise des Klagsvertreters (von Imst nach Innsbruck) zur zweckentsprechen den Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen sei. Demgegenüber hat das OLG Innsbruck zu 4 R 301/91 für die Zureise eines Rechtsanwaltes mit dem Kanzleisitz in Bludenz zu einer vor dem Landesgericht Feldkirch anberaumten ersten Tagsatzung Reisekosten und eine Entschädigung für Zeitversäumnis zuerkannt. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt entspricht im wesentlichen dem hier zu beurteilenden.
Nach Auffassung des erkennenden Senates kann aus der Bestimmung des § 23 Abs. 5 RATG über den Ausschluß des doppelten Einheitssatzes für die Verrichtung einer ersten Tagsatzung noch nicht generell abgeleitet werden, daß in solchen Fällen auch kein Anspruch auf Reisekosten und auf Entschädigung für Zeitversäumnis besteht. Dieser Bestimmung ist aber doch die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, daß einerseits in jedem Falle die Frage zu prüfen ist, ob nicht die Vertretung durch einen am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt als Substitut zumutbar gewesen wäre (siehe den letzten Halbsatz des § 23 Abs. 5 RATG), und daß andererseits jedenfalls eine kostenmäßige Mehrbelastung durch die persönliche Verrichtung einer ersten Tagsatzung durch einen auswärtigen Rechtsanwalt zumindest ab etwa der Differenz zwischen einfachem und doppelten Einheitssatz vermieden werden soll. Eine solche wäre aber in den Fällen der Erkenntnisse 6 Ob 604/81 (Streitwert S 80.466,--; Zureise von Lienz nach Innsbruck) und 1 R 180/87 des OLG Innsbruck (Streitwert S 46.255,--; Zureise von Imst nach Innsbruck) offenkundig eingetreten. Im Gegensatz hiezu erreichten im Falle des Erkenntnisses 4 R 301/91 des OLG Innsbruck (Streitwert S 171.547,--; Zureise von Bludenz nach Feldkirch) die Reisekosten und die Entschädigung für Zeitversäumnis (zusammen S 350,28) die Differenz zwischen einfachem und doppelten Einheitssatz bei weitem nicht. Dies ist auch hier nicht der Fall.
Angesichts der Entfernung zwischen Bludenz (Sitz der Kanzlei des Klagsvertreters) und dem Gerichtsort Feldkirch von nur knapp mehr als 20 km kann nach Auffassung des erkennenden Senates auch nicht gesagt werden, daß vom Klagsvertreter zumutbarerweise zu verlangen gewesen wäre, sich in Feldkirch bei der ersten Tagsatzung durch einen dort ansässigen Substituten vertreten zu lassen. Auch aus der Bestimmung des letzten Halbsatzes des § 23 Abs. 5 RATG ergibt sich daher kein Hindernis für die im Rekurs verfochtene, der Höhe nach richtig verrechnete Kostenforderung (Fahrtkosten, Entschädigung für Zeitversäumnis).
Dem Rekurs war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO sowie auf die Bestimmung des § 11 RATG.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs. 2 Z. 3 ZPO jedenfalls unzulässig. Dies war auszusprechen (§§ 526 Abs. 3, 500 Abs. 2 Z. 2 ZPO).