8Bs242/25m – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Petzner, Bakk. als Einzelrichter in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Revisorin beim Oberlandesgericht Graz gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 1. August 2025, AZ ** (ON 14.4 der Akten AZ ** der Staatsanwaltschaft Leoben), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
In Stattgebung der Beschwerde werden die Gebühren des Sachverständigen Dipl. Ing. (FH) B* mit EUR 4.000,00 bestimmt.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.
Text
Begründung:
Im Ermittlungsverfahren zum AZ ** der Staatsanwaltschaft Graz wurde Dipl. Ing. (FH) B* am 7. Februar 2025 zum Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Kfz-Technik bestellt und damit beauftragt, binnen sechs Wochen Befund („inklusive Nachtsichtuntersuchung“) und Gutachten über den Hergang und die Ursache des (tödlichen) Verkehrsunfalls vom 6. Februar 2025 auf der ** in ** zu erstatten (ON 4).
Für sein – nach zuvor von der Anklagebehörde gewährter Fristerstreckung (ON 1.14 und ON 1.18) – am 7. Juli 2025 eingelangtes Gutachten verzeichnete der Sachverständige mit Honorarnote vom selben Tag insgesamt EUR 5.048,00 brutto (ON 14.2).
Eine Kostenwarnung erfolgte nicht.
Die Revisorin beim Oberlandesgericht Graz äußerte sich dahingehend, dass zufolge Verletzung der Warnpflicht gemäß § 25 Abs 1a GebAG lediglich ein Betrag von EUR 4.000,00 zuzusprechen sei (ON 14.3).
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 14.4) bestimmte das Erstgericht die Gebühren – entgegen den Einwendungen der Revisorin – mit „gerundet“ EUR 5.048,04 (in Zusammenschau mit der Auszahlungsanordnung erkennbar gemeint: EUR 5.048,00). Es begründete dies im Wesentlichen damit, dass eine Kürzung der Sachverständigengebühren bei Verletzung der Warnpflicht dann nicht stattzufinden habe, wenn das Gutachten zur amtswegigen Wahrheitserforschung notwendig gewesen sei und auch eine rechtzeitige Kostenwarnung zu keiner Änderung des Gutachtensauftrags geführt hätte. Da die Staatsanwaltschaft nach der eingeholten Stellungnahme (ON 1.25) auch bei entsprechender Kostenwarnung nicht von der „Gutachtenseinholung“ abgesehen hätte, seien die Gebühren in der (zutreffend) verzeichneten Höhe zu bestimmen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen – inhaltlich den Einwendungen entsprechende – Beschwerde der Revisorin (ON 14.5), zu der sich der Beschuldigte und der Sachverständige nicht äußerten, ist berechtigt.
Gemäß § 25 Abs 1a iVm § 52 Abs 1 GebAG hat der Sachverständige, die Staatsanwaltschaft rechtzeitig auf die voraussichtlich entstehende Gebührenhöhe hinzuweisen, wenn zu erwarten ist oder sich bei seiner Tätigkeit herausstellt, dass die tatsächlich entstehende Gebühr EUR 4.000,00 (brutto) übersteigt. Unterlässt er diesen Hinweis, so entfällt insoweit der Gebührenanspruch. In dringenden Fällen können unaufschiebbare Tätigkeiten auch schon vor der Warnung oder dem Zeitpunkt einer Reaktion darauf begonnen werden. Diese Tätigkeiten sind dann ungeachtet der unterbliebenen Warnung zu entgelten; zum nächstmöglichen Zeitpunkt ist die Kostenschätzung aber nachzuholen (ErlRV 303 BlgNR 23.GP 47).
Zweck der mit dem BRÄG 2008 (BGBl I 2007/111) auf alle gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren ausgedehnten Warnpflicht ist, (hier:) der Staatsanwaltschaft frühzeitig eine grobe Vorstellung von den Kosten des Gutachtens und dem Sinn des Gutachtensaufwands zu verschaffen und ihr – zur Gewährleistung der Einhaltung der in § 126 Abs 2c StPO zum Ausdruck kommenden Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit – die Möglichkeit zu eröffnen, den Gutachtensauftrag präziser zu fassen oder den Umfang einzuschränken, um frustrierte Aufwendungen im Ermittlungsverfahren zu vermeiden (ErlRV 303 BlgNR 23. GP 47). Solcherart hat der Sachverständige bei sonstigem Verlust des Mehrbetrags vor jeder Überschreitung der Gebühr zu warnen, wobei der zu erwartende Kostenaufwand zu beziffern ist, ( Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG 4 § 25 Anm 6 ff, E 85 ff und E 142 ff jeweils mwN). Der Entfall des Gebührenanspruchs ist schon nach dem Gesetz an keine weiteren Voraussetzungen (etwa ein Verschulden) geknüpft und unterscheidet auch nicht nach den Verfahrensarten, sodass es entgegen der auf mehrere zivil- und strafgerichtliche Entscheidungen gestützten Rechtsansicht des Erstgerichts auch im grundsätzlich der Parteiendisposition entzogenen Strafverfahren nicht darauf angekommen kann, dass der Auftrag auch bei entsprechender Gebührenwarnung aufrechterhalten worden wäre (so aber etwa OLG Wien 17 Bs 82/23t und OLG Linz 7 Bs 73/20i). Eine solche Auslegung widersprecht dem gerade kein Ermessen zulassenden Gesetzestext und wird auch dessen eingangs dargestellten Zweck nicht gerecht (idS schon OLG Graz 8 Bs 234/23g, 1 Bs 56/21g; OLG Innsbruck 7 Bs 340/10y; so jüngst auch OLG Wien 30 Bs 108/25i, 19 Bs 94/25z; vgl im Übrigen auch Krammer/Schmidt/Guggenbichler, aaO § 25 E 114 und 184; OGH 16 Ok 7/10 [in Bezug auf eine zu geringe Schätzung der voraussichtlichen Kosten]).
Da der Sachverständige zu keinem Zeitpunkt auf die den Betrag von EUR 4.000,00 übersteigende Gebührenhöhe hingewiesen hat und auch kein Fall des § 25 Abs 1a letzter Satz GebAG vorliegt, verletzte er die ihm gemäß § 25 Abs 1a erster Satz GebAG obliegende Warnpflicht, sodass gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung sein Gebührenanspruch auf den EUR 4.000,00 übersteigenden Betrag entfällt.
Der Beschwerde der Revisorin war daher vollinhaltlich stattzugeben.
Die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtszugs ergibt sich aus § 41 Abs 1 GebAG (RIS-Justiz RS0106197; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, aaO § 41 E 96).
Die durch die Rechtsmittelentscheidung bedingte Änderung der Auszahlungsanordnung obliegt dem Erstgericht ( Krammer/Schmidt/Guggenbichler , aaO § 42 E 36).