JudikaturOLG Graz

10Bs132/25z – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
08. Oktober 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag. Tröster in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 und Z 7 StGB nach öffentlicher Verhandlung am 8. Oktober 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M.,sowie des Angeklagten und seines Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Hirsch über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 11. April 2025, GZ **-30, zu Recht erkannt :

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene tunesische Staatsangehörige A* des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 und 7 StGB schuldig erkannt, in Anwendung des § 39 Abs 1 StGB nach § 126 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Verfahrenskostenersatz verpflichtet.

Demnach hat er zu nachgenannten Zeitpunkten in ** einen wesentlichen Bestandteil der kritischen Infrastruktur (§ 74 Abs 1 Z 11 StGB) beschädigt, und zwar

I. am 31. Mai 2024 gemeinsam mit B* die Mauer zwischen den Hafträumen ** und ** in der Sicherheitsabteilung ** der Justizanstalt **, indem sie begonnen haben, einen Durchgang herzustellen, und B* im Haftraum ** bereits ein großes, rechteckiges Loch (Breite: 44 cm, Höhe: 28 cm, Tiefe: 48 cm) und A* im Haftraum ** bereits zwei runde Löcher (Durchmesser jeweils 7 cm, Tiefe: 18 cm bzw 38 cm) herausgebrochen hatte, wobei durch die Tat an der Wand ein Schaden in der Höhe von insgesamt EUR 327,52 herbeigeführt wurde;

II. am 19. Juni 2024

1. gemeinsam mit D* die Zwischendecke zwischen dem Haftraum ** und dem darunterliegenden Haftraum ** der Justizanstalt **, indem sie begonnen haben, einen Durchbruch bzw eine Öffnung herzustellen, und zwar D* vom Haftraum ** nach unten und A* vom Haftraum ** nach oben, wobei sie bereits ein großflächiges Loch (Durchmesser: ca 50 cm) aus der Zwischendecke herausgearbeitet hatten;

2. allein die Außenmauer des Haftraumes ** der Justizanstalt **, indem er beabsichtigte, eine Öffnung in die Außenmauer zu schlagen, wobei er bereits ein Loch (ON 2.8.3:) mit einem Durchmesser von 38 cm und einer Tiefe von 13 cm herausgearbeitet hatte,

und durch die Taten zu Punkt II.1. und II.2. an den Wänden des Haftraumes ** ein Schaden in Höhe von insgesamt EUR 5.777,40 herbeigeführt wurde.

Dagegen richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe (§§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 10a StPO) sowie wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe. Er strebt seinen Freispruch, in eventu ein diversionelles Vorgehen oder die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Strafsache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung, zumindest jedoch die Reduktion der Freiheitsstrafe und deren bedingte Nachsicht an (ON 32).

Die Oberstaatsanwaltschaft Graz trat dem Rechtsmittel entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld verfehlt ihr Ziel.

Gegen die vom Erstgericht festgestellten schulderheblichen Tatsachen und die dazu angestellte, an allgemeinen Erfahrungssätzen und an den Denkgesetzen der Logik orientierte Beweiswürdigung bestehen keine Bedenken (vgl §§ 489 Abs 1 iVm § 473 Abs 2 StPO).

Die Sachverhaltsannahmen zum objektiven Tatgeschehen stützte das Erstgericht auf die Meldungen von Ordnungswidrigkeiten [ON 2.6.6.2.7, 2.8.3 und 2.8.4] iVm den die Beschädigungen des Mauerwerks in den Hafträumen zeigenden Lichtbilder [ON 2.6.2.4, 2.6.2.5 und 2.8.9 bis 2.8.11] sowie die Aussagen der diensthabenden Justizwachebeamten (ON 2.10.13, 14, 15, 16 und 18) iVm deren schriftlichen Meldungen, die aufgrund von „Grab bzw Kratzgeräuschen“ in den Hafträumen auf die Aktivitäten der beteiligten Strafgefangenen aufmerksam wurden und das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten (ON 29,2 f).

Lebensnah ist fallbezogen auch die erstgerichtliche Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem äußeren Tatgeschehen in Verbindung mit der geständigen Verantwortung des Angeklagten.

Daran Bedenken zu wecken gelingt dem Berufungswerber, der in der Hauptverhandlung zugestand, „natürlich gewusst zu haben, dass es verboten ist, die Mauern (der Justizanstalt) kaputt zu machen“ (ON 29,3) lediglich mit dem Verweis auf seine Erklärung (zu I.), dass er damit dem im angrenzenden Haftraum untergebrachten, an psychischen Problemen leidenden B* (durch die entstehende Kontaktmöglichkeit) helfen wollte (ON 29,3), schon deshalb nicht, weil das Tatmotiv die Schuldfrage nicht berührt (Ris-Justiz RS0088761) und der Angeklagte danach noch weitere Beschädigungen an den Haftraummauern sowohl an der Decke, als auch an der Außenmauer verursachte.

Auf Basis der solcherart unbedenklichen Konstatierungen des Erstgerichts erfolgte daher die Subsumtion als das Vergehen der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 1 StGB rechtskonform.

Auch die Diversionsrüge (§§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 10a StPO) verfängt nicht.

Ein Urteil ist unter diesem Aspekt nichtig, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen (Rechtsfehler) oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gebe, das Gericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat (Feststellungsmangel; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 659; RIS-Justiz RS0119091). Die gesetzmäßige Ausführung der Diversionsrüge erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Tatsachenfeststellungen unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS-Justiz RS0124801).

Indem das Rechtsmittel außer Acht lässt, dass bei dem Angeklagten mit Blick auf die mehrfache Tatbegehung, fünf einschlägige Vor-Verurteilungen und die Tatbegehung während des Strafvollzugs nach den Urteilskonstatierungen spezialpräventive Hindernisse vorliegen (US 5 letzter Absatz), wird es diesen Vorgaben nicht gerecht (vgl RIS-Justiz RS0116299 [T 2, T 3] RS0126734). Davon ausgehend erübrigt sich eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem nicht aktenkonformen Einwand mangelnder spezialpräventiver Hinderungsgründe.

Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ist nicht erfolgreich.

Strafnormierend ist § 126 Abs 1 StGB mit infolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB erweiterter Strafbefugnis von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Erschwerend sind fünf einschlägige Vor-Verurteilungen (aktuelle Strafregisterauskunft; § 33 Abs 1 Z 2 StGB; zur Einschlägigkeit sämtlicher Vorstrafen bei Anwendung des § 39 Abs 1 StGB siehe RIS-Justiz RS0091527 [T 3]; Riffel in WK 2 StGB § 33 Rz 8), die mehrfache Qualifikation der Sachbeschädigung sowie die Tatbegehung in Gesellschaft (zu I. und II.1.) jeweils eines Mittäters (RIS-Justiz RS0105898, RS0090930, RS0118773) sowie, dass der Angeklagte mehrere – wenngleich zu einer Subsumtionseinheit (§ 29 StGB) zusammengefasste – strafbare Handlungen begangen hat (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB; Rebisant in WK 2 StGB § 125 Rz 25).

Mildernd ist hingegen das (in der Hauptverhandlung abgelegte) reumütige Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) sowie die teilweise Schadensgutmachung, weil der Angeklagte den auf ihn entfallenen Teil des Schadens von EUR 109,00 (zu I.) bezahlt hat (§ 34 Abs 1 Z 14 zweiter Fall StGB).

Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) wirkt die – eine besondere Nachhaltigkeit der wertwidrigen Einstellung des Angeklagten demonstrierende – Tatbegehung während des Strafvollzugs und deren Wiederholung nach der Entdeckung der Beschädigung zu I.erschwerend.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) ist auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) die – vom Erstgericht bereits ausgemessene – Freiheitsstrafe von einem Jahr tat- und schuldangemessen und der im Rechtsmittel angestrebten Herabsetzung nicht zugänglich.

Eine bedingte Nachsicht auch nur eines Teils der Freiheitsstrafe scheitert bereits am massiv getrübten Vorleben des Angeklagten, bei dem auch der Strafvollzug keine Verhaltensänderung bewirken konnte.

Der Kostenausspruch gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise