JudikaturOLG Graz

8Bs260/25h – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
24. September 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Obmann, LL.M. als Vorsitzenden, den Richter Mag. Koller und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A* wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 18. Juni 2025, GZ **-28, nach Anhörung der Oberstaatsanwaltschaft in nichtöffentlicher Beratung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt zurückgewiesen .

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* mehrerer Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB nach § 107 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Gemäß § 389 Abs 1 StPO wurde er zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Dem Schuldspruch nach hat er am 22. Jänner 2025 in ** nachgenannte Personen mit zumindest einer Verletzung am Körper bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar „B*, indem er ihr im Zuge eines Telefongesprächs sagte, dass er sie und C* (eine Sympathieperson) umbringen werde, wobei B* diese Äußerung C* unverzüglich nach seinem Eintreffen zur Kenntnis brachte.“

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 5 und „Z 9a“ StPO) und wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe (ON 29.1).

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der Berufung überzeugte sich das Berufungsgericht davon, dass das Urteil Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Äußerung vermissen lässt und sohin mit einem Rechtsfehler mangels Feststellungen gemäß § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet ist, der in der Berufung nicht geltend gemacht wurde. Es ist daher von Amts wegen so vorzugehen, als wäre dieser Nichtigkeitsgrund geltend gemacht worden (§§ 489 Abs 1, 471, 290 Abs 1 StPO).

Eine Drohung ist nach der Legaldefinition des § 74 Abs 1 Z 5 StGB dann gefährlich, wenn sie sich gegen eines der dort genannten Rechtsgüter (hier: die körperliche Integrität) richtet und die Eignung besitzt, dem Bedrohten begründete Besorgnisse einzuflößen. Die Beurteilung des Sinns und Bedeutungsinhalts (sowie der Ernstlichkeit) einer Äußerung betrifft eine – nicht nur auf den Wortlaut zu beschränkende, sondern einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu ermittelnde – Tatfrage (RS0092088, RS0092588, RS0092437; Jerabek/Ropper , WK² StGB § 74 Rz 34). Die rechtliche Annahme der Eignung einer Äußerung, die begründete Besorgnis einzuflößen, der Täter sei willens und in der Lage, das angekündigte Übel herbeizuführen (RS0092538, RS0092255 [T1]), setzt unmissverständliche Feststellungen zum Bedeutungsinhalt dieser Äußerung dergestalt voraus, dass der Drohende dem Bedrohten ankündigt, diesem ein zukünftiges, vom Willen des Drohers abhängiges Übel zuzufügen, das – würde es tatsächlich zugefügt werden – eine Verletzung des relevierten Rechtsguts darstellt. Der Wortlaut einer Äußerung ist – gemeinsam mit den situativen Umständen und den Eigenschaften der Beteiligten – bloß Beweisquelle für die Ermittlung des Bedeutungsinhalts, wobei Feststellungen allein zum Wortlaut einer Äußerung fehlende Feststellungen zum Bedeutungsinhalt nicht ersetzen (RS0092088, RS0092887, RS0092588, RS0092437 [T4]). Ohne Feststellungen zum Bedeutungsinhalt, darunter zur Art des angedrohten Übels, bleibt schließlich auch die an den (bloßen) Wortlaut anschließende Verwendung der verba legalia ohne den für die Subsumtion erforderlichen Sachverhaltsbezug (12 Os 14/20f).

Das Erstgericht stellte lediglich fest, dass der Angeklagte im Zuge zweier Telefongespräche mit B* damit gedroht habe, seinen Hund umzubringen, den toten Hund vor ihre Tür zu legen und dann sie umzubringen. Im zweiten Telefonat habe er zusätzlich auch noch angedroht, C* umzubringen (US 5). Subsumtionstaugliche Feststellungen zum Bedeutungsinhalt dieser Äußerungen wurden nicht getroffen. Insoweit wird im Urteil lediglich floskelhaft ausgeführt, dass „für B* klar und ernst gemeint“ gewesen sei, dass der Angeklagte ihr und C* zumindest eine Verletzung am Körper in Aussicht stellt (US 6). Damit fehlt aber ein hinreichender Sachverhaltsbezug, weil die Feststellungen nicht erkennen lassen, was der Angeklagte mit seiner Äußerung konkret angekündigt hat und ob diese Ankündigung tatsächlich dem Rechtsbegriff der „Verletzung am Körper“ entspricht.

Nur der Vollständigkeit halber wird auch noch darauf hingewiesen, dass das Urteil nicht klar erkennen lässt, ob sich die Drohung (mittelbar) auch gegen C* richtete (insoweit hätte zusätzlich die Absicht festgestellt werden müssen, dass die Drohung diesem zur Kenntnis gelangt – vgl dazu Schwaighofer , WK² StGB § 107 Rz 13) oder ob lediglich B* mit einer eigenen Verletzung und mit der Verletzung einer ihr persönlich nahestehenden Person bedroht werden sollte. Auch insoweit hätte es unmissverständlicher Feststellungen bedurft.

Das aufgezeigte Feststellungsdefizit erfordert die Aufhebung des Urteils und die Zurückweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt, wodurch sich ein Eingehen auf die vom Angeklagten geltend gemachten Berufungsgründe erübrigt.

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