JudikaturOLG Graz

7Ra15/25t – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
09. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz), die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Färber (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Zimmermann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , Ordinationsassistentin, **, vertreten durch Mag. B*, Rechtsreferent der Kammer für Arbeiter und Angestellte für C* in D*, gegen die beklagte Partei Dr. in E* , Ärztin, **, vertreten durch die Bartl Scala Rechtsanwälte OG in Graz, wegen EUR 413,45 sA über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 330,76) und die Berufung der beklagten Partei (Berufungsinteresse: EUR 82,69) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Dezember 2024, GZ **-30, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Berufung der beklagten Partei wird hingegen Folge gegeben.

Das Urteil wird bestätigt und abgeändert, sodass es lautet:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 413,45 samt Anhang zu zahlen, wird

abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.487,38 (darin EUR 247,90 Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 381,79 (darin Umsatzsteuer EUR 63,63) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die Revision ist nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 12. Oktober 2020 bis 31. März 2024 als Ordinationsassistentin teilzeitbeschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für Arztangestellte und endete durch die Dienstnehmerkündigung.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Anspruch der Klägerin auf Urlaubsersatzleistung, gestützt auf gemäß § 4 Abs 2 UrlG vom 25. März bis 29. März 2024 nicht wirksam vereinbarte Urlaubstage. Auf die unstrittigen Feststellungen des Erstgerichtes (Urteilsseiten 3 und 4) wird verwiesen; sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Klägerin war in der Ordination der beklagten Ärztin als „Ordinationsassistentin-Sprechstundenhilfe“ tätig und hauptsächlich im Rezeptionsbereich eingesetzt. Die Klägerin etablierte in der Ordination eine Art „Ablagesystem“. So wurden unterschiedliche Schriftstücke wie etwa Kuranträge, Überweisungsscheine, Krankenstandsbestätigungen oder Rezepte in das jeweils dafür vorgesehene Ablagefach eingelegt, damit diese von der Beklagten unterzeichnet werden. Die unterzeichneten Dokumente wurden anschließend in das Ablagefach „erledigt“ zur weiteren Bearbeitung eingelegt. Dabei kam es auch vor, dass die Klägerin die genannten Schriftstücke selbst ausfüllte, Patienten beim Ausfüllen unterstützte und den Ordinationsstempel anbrachte. Sofern die Beklagte die jeweiligen Schriftstücke nicht bis zum Quartalsende unterfertigt hatte, unterzeichnete die Klägerin die noch zu bearbeitenden Schriftstücke mit dem Kürzel „i.V.“ und leitete sie weiter. Die Beklagte erteilte der Klägerin vorab zwar keine ausdrückliche Ermächtigung zu einer solchen vertretungsweisen Unterzeichnung, sie war sich dessen aber bewusst und duldete diese. Sofern solche Schriftstücke die Klägerin selbst betrafen, unterzeichnete die Klägerin diese grundsätzlich sofort „in Vertretung“.

Die Klägerin, die beabsichtigte, einen Kuraufenthalt zu absolvieren, füllte am 15. Mai 2023 den Antrag auf Rehabilitations-, Kur- bzw. Erholungsaufenthalt selbst aus und verfasste auch die dazugehörige “ärztliche Stellungnahme“. Anschließend legte sie den Antrag in das dafür vorgesehene Ablagefach. Da die Beklagte den Antrag bis zum Quartalsende nicht unterzeichnet hatte, unterschrieb die Klägerin - ohne die Beklagte zu informieren - diesen Antrag selbst und leitete ihn am 30. Juni 2023 an die Pensionsversicherungsanstalt weiter. Der Antrag wurde im Sommer 2023 bewilligt und der Kuraufenthalt in der F* G* für die Zeit 25. März bis 15. April 2024 festgelegt. Die Beklagte erlangte davon keine Kenntnis.

Im Dezember 2023 erfolgte in der Ordination der Beklagten die Planung des Betriebsurlaubes für das Jahr 2024. Dabei äußerte die Klägerin den Wunsch, in der Zeit vom 25. März bis 15. April 2024 „frei“ zu bekommen, um mit ihrem Lebensgefährten „auf Urlaub“ zu gehen. Die Beklagte wies die Klägerin am 19. Dezember 2023 im Hinblick auf den vorgesehenen fünfwöchigen Betriebsurlaub darauf hin, dass ein zusätzlicher Urlaub nur als „unbezahlter Urlaub“ möglich sei. Dem stimmte die Klägerin nicht zu.

Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin am 2. Jänner 2024 ließ die Beklagte von ihrem Steuerberater eruieren, wie viel Resturlaub die Klägerin noch habe. Sie teilte der Klägerin das Ausmaß des Resturlaubes von fünf Tagen in der Kalenderwoche 12 (18. bis 22. März 2024) mit und schlug ihr vor, diesen Resturlaub unmittelbar vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses, also in der Woche vom 25. März bis 29. März 2024 zu verbrauchen. Dabei wusste die Beklagte noch immer nichts vom bevorstehenden Kuraufenthalt der Klägerin. Die Klägerin, die grundsätzlich davon Kenntnis hatte, dass ein Kuraufenthalt als Krankenstand gilt, stimmte dem vorgeschlagenen Urlaub zu.

Am 25. März 2024 übermittelte die Beklagte der Klägerin per E-Mail ein Schreiben mit einer Zusatzvereinbarung zur Dienstnehmerkündigung, wonach am Ende des Dienstverhältnisses der Klägerin keine offenen Ansprüche (Urlaube sowie Zeitguthaben) mehr aushafteten, das die Klägerin unterfertigen solle.

Am 28. März 2024 ersuchte die Klägerin die Beklagte per WhatsApp, dieses Schreiben per Fax an die Kuranstalt in G* zu übermitteln. Darüber hinaus übermittelte sie der Beklagten eine Aufenthaltsbestätigung der Kuranstalt vom 26. März 2024 über den Aufenthalt der Klägerin vom 25. März 2024 bis 15. April 2024 und eine Krankenstandsbestätigung der ÖGK vom 28. März 2024, wonach die Klägerin ab 25. März 2024 arbeitsunfähig sei. Dadurch erlangte die Beklagte erstmals Kenntnis vom bewilligten Kuraufenthalt der Klägerin. Die Klägerin unterschrieb die Zusatzvereinbarung zur Dienstnehmerkündigung nicht .

Die Klägerin begehrt EUR 413,45 sA, als Urlaubsersatzleistung für fünf Tage. Es liege keine Urlaubsvereinbarung für den Resturlaub von 25. März 2024 bis 31. März 2024 vor. Darüber hinaus könne für die Zeit eines Kuraufenthalts kein Urlaub vereinbart werden. Die Beklagte habe stets mitgeteilt, dass die Klägerin die Kur erst nach Beendigung des Dienstverhältnisses antreten dürfe. Die Klägerin habe nicht gewusst, dass ein Kuraufenthalt einem Krankenstand gleichgesetzt sei. Sie habe bei der Sozialversicherung keine Leistung erschlichen. Die Klägerin sei vielmehr während ihres gesamten Beschäftigungsverhältnisses berechtigt gewesen, u.a. Überweisungen, Krankmeldungen und Kuranträge „in Vertretung“ der Beklagten zu unterfertigen. Die Unterlagen seien der Beklagten bekannt gewesen. Die Klägerin habe auch ihren Kurantrag nach Rücksprache mit der Beklagten selbständig ausgefüllt, vorbereitet und abgeschickt. Sie sei von 25. März 2024 bis 15. April 2024 auf Kur gewesen und habe das der Beklagten unmittelbar nach der Bewilligung des Kuraufenthalts bekannt gegeben. Selbst wenn eine Urlaubsvereinbarung getroffen worden wäre, sei die Meldung des Kuraufenthalts als Rücktritt davon aus wichtigem Grund zu qualifizieren. Die Beklagte habe die restlichen fünf Urlaubstage ursprünglich anerkannt und der ÖGK die Urlaubsersatzleistung von 1. April 2024 bis 7. April 2024 gemeldet.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Die Urlaubsersatzleistung stehe nicht zu. Die Klägerin habe ihren Resturlaub einvernehmlich vom 25. März bis 31. März 2024 verbraucht. Bei der Urlaubsvereinbarung sei der Beklagten der zeitgleiche Kuraufenthalt nicht, hingegen der Klägerin bekannt gewesen, dass für einen Kuraufenthalt eine Entgeltfortzahlung wie bei einem Krankenstand zustehe. Der Kurantrag der Klägerin vom 15. Mai 2023 enthalte zwar den Stempel der Beklagten, diese habe aber den Antrag nicht ausgefüllt oder unterschrieben. Der Patientenkartei sei kein Kurantrag und auch kein Kuraufenthalt der Klägerin zu entnehmen. Es seien auch keine Befunde vorhanden, die eine Kur gerechtfertigt hätten. Auch das Bewilligungsdatum sei der Beklagten nicht bekannt. Ohne rechtmäßigen Kuraufenthalt sei aber § 4 Abs 2 UrlG nicht anzuwenden. Vielmehr bestehe der Verdacht nach §§ 146 ff, 223 StGB. Die Klägerin habe den Kuraufenthalt auch im Dezember 2023 bei der Urlaubsplanung für das Jahr 2024 nicht bekannt gegeben, sondern für diesen Zeitraum einen Urlaub avisiert und erst am 28. März 2024 behauptet, dass sie sich auf Kur befinde. Die Beklagte habe die Urlaubsersatzleistung für fünf Urlaubstage auch nicht anerkannt.

Das Erstgericht verpflichtet die Beklagte, der Klägerin EUR 82,69 sA zu zahlen und weist das Klagemehrbegehren, weitere EUR 330,76 sA zu zahlen, ab. Es geht dabei vom unstrittigen Sachverhalt aus und folgert rechtlich, der Urlaubsvereinbarung komme der Charakter eines Dauerschuldverhältnisses zu. Das Verbot des § 4 Abs 2 UrlG beziehe sich auf jene Fälle, in denen die Verhinderungsgründe im Zeitpunkt des Abschlusses der Urlaubsvereinbarung beiden Parteien bekannt seien. Wenn daher in diesem Zeitraum ein Verhinderungsgrund im Sinn des § 4 Abs 2 UrlG entstehe bzw. bekannt werde, könne sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber unter Berufung darauf von der Urlaubsvereinbarung zurücktreten. Der Rücktritt sei eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung, an keine Form gebunden und daher auch schlüssig möglich. Trete der Verhinderungsgrund nach Abschluss der Urlaubsvereinbarung oder erst nach Urlaubsantritt ein, sei der Arbeitnehmer zum Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung mit Wirkung ex nunc berechtigt. Der Kuraufenthalt der Klägerin sei im Sommer 2023 bewilligt worden und grundsätzlich ein tauglicher Hinderungsgrund. Jedoch habe die Beklagte erst am 28. März 2024 und somit nach der Urlaubsvereinbarung davon Kenntnis erlangt. Die WhatsApp-Nachricht der Klägerin vom 28. März 2024, die gleichzeitig erfolgte Zusendung der Aufenthaltsbestätigung des Gesundheitszentrums vom 26. März 2024 und der Krankenstandsbestätigung vom 28. März 2024 seien als Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung mit Wirkung ex nunc zu werten. Die Berechnung der Klageforderung für Urlaubstage stehe außer Streit. Da die Klägerin bei der Rücktrittserklärung bereits vier der vereinbarten fünf Urlaubstage verbraucht habe, bestehe ihr Anspruch auf Urlaubsersatzleistung für einen Urlaubstag in Höhe von EUR 82,69 zu Recht. Das Mehrbegehren von EUR 330,76 sei abzuweisen. Da die Beklagte das Zinsenbegehren nicht bestritten habe, seien Zinsen nach § 49a erster Satz ASGG zuzusprechen.

Gegen das Urteil richten sich die Berufung der Klägerin aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil abzuändern und der Klage vollständig, in eventu hinsichtlich weiterer EUR 82,69 brutto sA (gesamt somit EUR 165,38 brutto sA) stattzugeben und die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen. Beide stellen hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin und die Beklagte beantragen in ihren Berufungsbeantwortungen , der Berufung der Gegnerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Über die Berufungen konnte gemäß § 480 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

Die Berufung der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Berufung der Beklagten ist berechtigt.

Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt zugrunde (§ 498 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

1. Die Klägerin macht mit Rechtsrüge geltend, § 5 Abs 1 UrlG und § 2 Abs 2 EFZG seien analog anzuwenden. Nach § 2 Abs 2 EFZG seien Kuraufenthalte einer Krankheit gleichzuhalten. Der tatsächliche Dienstverhinderungsgrund habe erst am 25. März 2024 und damit mit dem Urlaubsantritt begonnen. Erkranke ein Arbeitnehmer aber während des Urlaubs, unterbreche die Krankheit den Urlaub gemäß § 5 Abs 1 UrlG, wenn diese länger als drei Kalendertage dauere. Für Kuraufenthalte könne nichts anderes gelten, weil auch während des Kuraufenthalts der Erholungszweck des Urlaubs beeinträchtigt werde. Die Klägerin habe der Beklagten den Kuraufenthalt nach dreitägiger Dauer mit geeigneten Nachweisen über Beginn, Dauer und Ursache gemeldet. Es seien daher alle fünf Urlaubstage, die sich mit dem Kuraufenthalt überschneiden würden, dem Urlaubsaldo der Klägerin wieder zuzurechnen. Da die Klägerin diese im aufrechten Dienstverhältnis nicht verbrauchen habe können, bestehe der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung zu Recht. Jedenfalls sei die Übermittlung der Krankenstandsbestätigung am 28. März 2024 als schlüssiger Rücktritt aus wichtigem Grund zu werten. Die Krankenstandsbestätigung dokumentiere die Arbeitsverhinderung ab 25. März 2024. Da sich die Klägerin am Tag ihres Rücktritts von der Urlaubsvereinbarung noch auf Kur befunden habe, habe diese Arbeitsverhinderung auch den gesamten Kalendertag (ab 00:00 Uhr) betroffen. Auch an diesem Tag sei kein Urlaubsverbrauch mit Erholungswert möglich gewesen. Sie habe Anspruch auf eine Urlaubsersatzleistung im Ausmaß von zumindest zwei Arbeitstagen.

Die Beklagte macht hingegen mit Rechtsrüge geltend, es treffe zwar zu, dass für Zeiten eines Kuraufenthalts Urlaub nicht vereinbart werden könne, wenn diese Umstände bereits bei Abschluss der Vereinbarung bekannt seien. Werde aber der Verhinderungsgrund nach § 4 Abs 2 UrlG erst nach Abschluss der Vereinbarung bekannt oder trete er erst danach ein, sei der Arbeitnehmer zum Rücktritt von der Urlaubsvereinbarung nur aus wichtigem Grund mit Wirkung ex nunc berechtigt. Für den Rücktritt nach Urlaubsantritt sei das Vorliegen eines wichtigen Grundes strenger zu beurteilen als davor. Liege kein wichtiger Grund für einen Rücktritt auf Seiten des die Urlaubsvereinbarung Lösenden vor, sei die Erklärung des Rücktrittes nichtig. Die Urlaubsvereinbarung bleibe aufrecht. Die Klägerin könne den Kuraufenthalt nicht als wichtigen Grund für die vorzeitige Auflösung der Urlaubsvereinbarung geltend machen, weil ihr dieser schon seit Sommer 2023, daher Monate vor der Urlaubsvereinbarung bekannt gewesen sei und sie diesen daher auch nicht unverzüglich geltend gemacht habe. Die bloße Übermittlung der Aufenthalts- und Krankenstandsbestätigung sei nicht als Rücktritt zu werten, weil die Klägerin einen solchen nie erklärt habe. Da die Urlaubsvereinbarung zur Gänze aufrecht sei, habe die Klägerin den gesamten Urlaub verbraucht.

Das Berufungsgericht hat dazu erwogen:

1.1. Auf das im erstinstanzlichen Verfahren behauptete Anerkenntnis ist nicht mehr einzugehen, weil die Berufungen darauf nicht mehr zurückkommen ( RS0043352 [T23, T31 und T33 bis T35]; RS0043338 ).

1.2. Nach § 4 Abs 2 UrlG darf kein Urlaubsverbrauch für Zeiten vereinbart werden, in denen die Arbeitszeit unter Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts aus anderen Gründen entfällt, wenn diese Umstände bereits bei Abschluss der Vereinbarung bekannt waren ( 9ObA121/16h ). Das Erstgericht hat dazu bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass dieses Verbot auf jene Fälle beschränkt ist, in denen die Verhinderungsgründe im Zeitpunkt des Abschlusses der Urlaubsvereinbarung beiden Parteien bekannt waren ( Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3 § 4 UrlG Rz 23 (Stand 1.1.2018, rdb.at); Mayr/Erler, UrlG 3 § 4 Rz 22 (Stand 1.3.2019, rdb.at)). Wird eine Urlaubsvereinbarung so entgegen dem gesetzlichen Verbot getroffen, gilt der Zeitraum der Arbeitsverhinderung nicht als Urlaub (§ 4 Abs 2 UrlG; RS0052347 ; RS0077467 ; 9 ObA 90/02d ). Der Arbeitnehmer soll nicht durch derartige Doppelanrechnungen um Urlaubsansprüche gebracht werden ( 14Ob159/86 ). Für den Fall, dass erst nach Abschluss der Urlaubsvereinbarung oder nach Urlaubsantritt ein Verhinderungsgrund den Parteien bekannt wird oder eintritt, hat der Gesetzgeber bewusst keine Regelung vorgenommen. Eine Lösung soll hier nach allgemeinem Vertragsrecht mittels einseitigen Rücktritts von der Urlaubsvereinbarung aus wichtigen Gründen erfolgen. Wenn daher in diesem Zeitraum ein Verhinderungsgrund iSd § 4 Abs 2 entsteht (bekannt wird), kann der Arbeitnehmer (oder der Arbeitgeber) unter Berufung darauf von der Urlaubsvereinbarung zurücktreten ( Reissner in Neumayr/ Reissner, ZellKomm 3 § 4 UrlG Rz 24 (Stand 1.1.2018, rdb.at); Mayr/Erler, UrlG 3 § 4 Rz 23 (Stand 1.3.2019, rdb.at); 9 ObA 90/02d mwN). Eine solche Erklärung muss aber bei sonstiger Unwirksamkeit materiell berechtigt sein; eine unberechtigte Erklärung lässt die Urlaubsvereinbarung daher aufrecht bestehen. Liegt ein wichtiger Grund auf Seiten des die Urlaubsvereinbarung Lösenden nicht vor, ist die Erklärung nichtig, die Urlaubsvereinbarung bleibt aufrecht ( Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3 § 4 UrlG Rz 14 (Stand 1.1.2018, rdb.at); Mayr/Erler, UrlG 3 § 4 Rz 16 (Stand 1.3.2019, rdb.at). Ein Festhalten am vereinbarten Urlaub ist etwa nicht angezeigt, wenn ein wichtiger Grund eingetreten ist, der - auf Arbeitnehmerseite - wegen Verfehlung des Erholungszweckes ein Verbleiben im Urlaub unzumutbar macht ( RS0077467 [T4]). Ein Verhinderungsgrund im Sinne des § 4 Abs 2 UrlG ist immer ein berechtigter Rücktrittsgrund. Auch Kur- und Erholungsaufenthalte, die von einem Sozialversicherungträger bewilligt oder angeordnet wurden, werden als einschlägige Zeiträume ausdrücklich hervorgehoben (vlg § 8 Abs 1 und 2 AngG, § 2 EFZG; Reissner in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3 § 4 UrlG Rz 25 (Stand 1.1.2018, rdb.at)). Die Rücktrittserklärung selbst ist dabei an keine Form gebunden und kann somit auch schlüssig erfolgen. Dafür genügt etwa die Bekanntgabe des Verhinderungsgrundes an den Arbeitgeber ( Mayr/Erler, UrlG 3 § 4 Rz 23 (Stand 1.3.2019, rdb.at); § 863 ABGB; 9 ObA 2082/96h ). Die in der Lehre teils abgelehnte (vgl Mayr/Erler, UrlG 3 § 4 Rz 23 (Stand 1.3.2019, rdb.at)) analoge Anwendung des § 5 UrlG ist nach dem Obersten Gerichtshof - bei Auftreten eines Pflegebedarfs für Angehörige - dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer nach den allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechtes von der Urlaubsvereinbarung zur Gänze zurücktreten könnte, von diesem Rücktrittsrecht aber nicht Gebrauch machen möchte ( RS0077523 ; RS0116927 ). Dass selbst der eindeutige Gesetzeswortlaut keine unübersteigbare Grenze juristischer Argumentation darstellt, ist auf Grundlage des § 7 ABGB in der Rechtsprechung anerkannt (vgl RS0008765 [T1]). Bei der Analogie zu Ausnahmetatbeständen ist aber grundsätzlich Vorsicht geboten ( RS0086687 ; 9 ObA 28/09x ).

1.3. Die Behauptungen der Klägerin, dass „schlicht und einfach keine Urlaubsvereinbarung getroffen“ worden sei und sie „den Kurantrag in Absprache mit der Beklagten gestellt habe“ (ON 14.2.), ist durch die - detaillierten, ausführlich begründeten und unbekämpften - Feststellungen des Erstgerichtes widerlegt. Danach füllte die Klägerin am 15. Mai 2023 den Antrag auf Rehabilitations-, Kur- bzw. Erholungsaufenthalt selbst aus, verfasste auch die dazugehörige “ärztliche Stellungnahme“ , unterschrieb letztlich - ohne die Beklagte zu informieren - den Antrag selbst und leitete ihn am 30. Juni 2023 an die Pensionsversicherungsanstalt weiter, die den Antrag im Sommer 2023 bewilligte und den Kuraufenthalt in der F* G* für die Zeit 25. März 2024 bis 15. April 2024 festlegte. Der Beklagten war dagegen bei der Urlaubsvereinbarung der Kurantrag und dessen Bewilligung durch die Pensionsversicherungsanstalt im Sommer 2023 nicht bekannt. Es trifft nun zwar zu, dass nach § 2 Abs 2 EFZG (rechtmäßig) bewilligte Kuraufenthalte einer Krankheit gleichzuhalten sind, doch war der Kuraufenthalte bis 28. März 2024 nur der Klägerin bekannt. Den Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Klägerin der Beklagten eine Bescheinigung über die Bewilligung des Kuraufenthaltes (§ 2 Abs 2 EFZG) sowie über den Zeitpunkt des Antrittes und die Dauer des die Arbeitsverhinderung begründenden Aufenthaltes vor dessen Antritt vorlegte. Für die Dauer dieser Säumnis besteht aber jedenfalls kein Entgeltanspruch (§ 4 Abs 3 und 4 EFZG; § 8 Abs 8 AngG; 12 Ra 39/13m, ARD 6351/1/2013; Drs in Neumayr/ Reissner, ZellKomm 3 § 4 EFZG Rz 6 (Stand 1.1.2018, rdb.at)). Die Klägerin legt in der Rechtsrüge auch nicht dar, warum die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, dass das Verbot des § 4 Abs 2 UrlG auf jene Fälle beschränkt sei, in denen der Verhinderungsgrund im Zeitpunkt des Abschlusses der Urlaubsvereinbarung beiden Parteien bekannt gewesen sei, unrichtig sein sollte ( RS0043603 ). Soweit sie sich aber erstmals in der Berufung auf die analoge Anwendung des § 5 Abs 1 UrlG beruft, verstößt dieses Vorbringen gegen das Neuerungsverbot, das für die qualifiziert vertretene Klägerin auch in Arbeitsrechtssachen gilt (§§ 40 ASGG, § 63 ASGG; vgl RS0085785 ; RS0085822 ). Die Berufung stellt auch nicht nachvollziehbar dar, warum ein zwar bewilligter Kuraufenthalt, der aber auf einem Antrag beruht, den die klagende Ordinationsassistentin ohne Wissen und Wollen der beklagten Arbeitgeberin (und Hausärztin, die im Verfahren die Voraussetzungen für eine Kur überhaupt bestritt) verfasste, bei der Pensionsversicherungsanstalt einreichte und dessen Bewilligung und Dauer nur ihr bereits seit Sommer 2023 bekannt war, Grundlage für die behauptete analoge Anwendung des § 5 Abs 1 UrlG sein könnte. Die Klägerin stimmte der Urlaubsvereinbarung erst danach zu, ohne die Beklagte darüber zu informieren, sodass in diesem Zeitraum kein Entgeltanspruch bestanden hätte (§ 4 Abs 4 EFZG). Nur bei einer rechtzeitigen Meldung hätte aber der Urlaubsantritt nicht vereinbart werden können. Soweit sich die Klägerin aber nur gegen die Bemessung der Urlaubsersatzleistung mit nur einem Tag wendet, wäre die Beurteilung des Erstgerichtes nicht korrekturbedürftig. Eine stundenweise Berechnung des Entfalls eines Entgeltfortzahlungsanspruchs für den Tag des Beginns und des Endes der Säumnis scheidet dabei schon aus Praktikabilitätserwägungen aus ( 9ObA66/12i ). Nichts anderes könnte aber für die hier zu beurteilende Frage gelten.

Die Berufung der Klägerin bleibt daher erfolglos.

1.4. Das Erstgericht weist zutreffend darauf hin, dass der Urlaubsvereinbarung der Charakter eines Dauerschuldverhältnisses zukomme und diese aus wichtigem Grund durch einseitige Erklärung aufgelöst werden könne. Es ist aber der Beklagten zuzustimmen, dass es sich dabei immer um Gründe handeln muss, die nicht schon im Zeitpunkt der Begründung des Dauerschuldverhältnisses bekannt waren ( RS0027780 [T26]; RS0018305 [T20, T24]; RS0018377 [T4, T6]; vgl Riss in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.02 § 1117 Rz 1 (Stand 1.10.2016, rdb.at)). Der Klägerin war aber der Kuraufenthalt bei der Urlaubsvereinbarung bekannt. Liegt aber ein wichtiger Grund auf Seiten des die Urlaubsvereinbarung Lösenden nicht vor, ist die Erklärung nichtig und die Urlaubsvereinbarung bleibt aufrecht. Die Klägerin hat ihren Urlaub somit verbraucht.

Der Berufung der Beklagten ist daher Folge zu geben und das Klagebegehren abzuweisen.

1.5. Aufgrund der Abänderung der Entscheidung ist über die Verfahrenskosten erster Instanz neu abzusprechen. Die Kostenentscheidung folgt dabei aus § 2 Abs 1 ASGG, §§ 41 Abs 1, 54 Abs 1a ZPO.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf § 2 Abs 1 ASGG, §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat der Beklagten die Kosten der Berufungsbeantwortung (EUR 211,63) und der Berufung (EUR 170,16) zu ersetzen; das sind EUR 381,79 (darin Umsatzsteuer EUR 63,63). Die Erhöhung der Entlohnung für die Berufung beträgt EUR 2,60 (§ 23a RATG). Das Berufungsgericht vertritt auch ständig die Auffassung, dass auch in Arbeitsrechtssachen bei Streitwerten bis zu EUR 2.700,00 in Analogie zu § 501 Abs 1 ZPO, § 23 Abs 9 und 10 RATG nur der einfache Einheitssatz zuzuerkennen ist ( RG0000018 ; OLG Graz 7Ra3/25b; vgl auch Neumayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm 3 §§ 45 bis 48, Rz 7 (Stand 1.1.2018, rdb.at); Obermaier, Kostenhandbuch 4 Rz 1.467 (Stand 8.1.2024, rdb.at)).

3. Da keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt, besteht keine Anlass, die ordentliche Revision zuzulassen.

Rückverweise