7Rs30/25y – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz), die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig sowie die fachkundigen Laienrichter:innen Färber (aus dem Kreis der Arbeitgeber:innen) und Zimmermann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen) als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* , BA, **, vertreten durch Mag. Felix Fuchs, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei BVAEB Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau , Hauptstelle, **, **, vertreten durch ihren Angestellten Mag. B*, ebendort, wegen Feststellung , über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. März 2025, GZ **-18, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung, deren Kosten die klagende Partei selbst zu tragen hat, wird nicht Folge gegeben.
Die Revision ist nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Polizeioffizierin und leitet seit 1. Jänner 2003 das Bildungszentrum der Sicherheitsakademie in C*. Das Bildungszentrum der Sicherheitsakademie dient der Ausbildung von Polizisten und ist dem Bundesministerium für Inneres zugehörig, das die Ausbildung für Polizisten zentral leitet.
Im Bildungszentrum gibt es Lehrgangsklassen für die polizeiliche Grundausbildung, Ausbildungskurse für den mittleren Führungsbereich, sowie zusätzlich Seminare für externe Unternehmen. Pro Lehrgang gibt es 4 bis 7 Klassen mit 25 bis 30 Schülern pro Klasse. Im Jahr 2020 unterrichteten um die 15 Lehrpersonen die Schüler. Die Lehrgänge finden durchgehend Montag bis Freitag einer Woche statt. Nur in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr gibt es eine „Pause“ bei den Lehrgängen.
Zu den Aufgaben der Klägerin gehört die vierteljährliche Abhaltung der zweitägigen Einführungsmodule bei jedem Lehrgang sowie die Vorsitzführung im Rahmen der kommissionellen Abschlussprüfung am Ende eines Lehrganges. Die Klägerin hält täglich Kontakt zu ihren Kollegen und den Mitarbeitern in der Administration. Generell an Montagen, zusätzlich auch bei Anlassfällen, hält die Klägerin mit den im Dienst befindlichen Lehrenden Dienstbesprechungen ab, die von 30 Minuten bis zu 3 Stunden andauern können. Die Klägerin ist entweder in ihrem Büro tätig oder im Haus unterwegs.
Im November 2020 waren weniger Lehrpersonen in der Akademie aufhältig. Es gab seitens der Klägerin zum Updaten der aktuellen Vorgaben mit den Anwesenden tägliche Besprechungen im Sozialraum (Größe ca. 20 m²), wobei die beiden Fenster regelmäßig zum Lüften geöffnet wurden und auch mit Abständen gesessen wurde. Die Besprechungen dauerten 20 bis 30 Minuten.
Am 17. November 2020 waren fünf bis sechs Lehrpersonen bei einer solchen Besprechung.
Die Klägerin traf sich mit Kollegen auch im Sozialraum, wo beim Essen der Mund Nasen Schutz abgenommen wurde, die Kontakte ca. 30 Minuten dauerten und dabei Abstand gehalten wurde.
In Entsprechung der im November 2020 geltenden Covid Verordnungen trugen damals alle Schüler und Lehrer - so auch die Klägerin - bei den Besprechungen und im Klassenzimmer sowie im gesamten Haus lückenlos einen Mund Nasen Schutz, außer beim Einnehmen von Mahlzeiten. Vor Dienstbeginn wurde regelmäßig eine Antigen-Testung durchgeführt. Schutzimpfung gab es noch keine. Auch jeder, der ins Haus kam, musste den Mund Nasen Schutz tragen.
Der Stellvertreter der Klägerin, D* , erkrankte am 6. November 2020 an Covid 19. Er befand sich ab diesem Tag bis 25. November 2020 in Quarantäne.
Die Kollegin E* befand sich seit Anfang November 2020 wegen Covid 19 im Krankenstand und war daher in der Folge in diesem Monat nicht mehr in der Akademie.
Der Kollege F* befand sich den November 2020 über wegen einer Covid 19 Erkrankung im Krankenstand.
Mit dem Kollegen G* hatte die Klägerin am 10. November 2020 den letzten Kontakt in diesem Monat. Danach arbeitete er im Homeoffice. Ab 18. November 2020 war er an Covid 19 erkrankt.
Die Kollegin H* war nur am 13. November 2020 in der Akademie. Die Klägerin hatte an diesem Tag Kontakt mit ihr. Am 23. November 2020 wurde H* positiv auf Covid 19 getestet und befand sich anschließend in einem längeren Krankenstand.
Mit ihrem Kanzleileiter I* hatte die Klägerin ab 10. November 2020 mehrfach tägliche Kontakte über 15 bis 30 Minuten, zuletzt am 13. November 2020. Ab 14. November 2020 bis 25. November 2020 befand sich I* wegen einer Covid 19 Erkrankung in Quarantäne.
Der Kollege J* war am 9. und 12. November 2020 im Dienst und befand sich ab 16. November 2020 wegen einer Covid 19 Erkrankung in Quarantäne.
Mit der Kollegin K* hatte die Klägerin am 17. November 2020 noch Kontakt. Ab 21. November 2020 befand sich K* wegen einer Covid 19 Erkrankung in Quarantäne.
Der Kollege L* arbeitete am 18. und 19. November 2020 im Homeoffice, am 20. November 2020 nahm er einen Gleittag, und war dann ab 21. November 2020 wegen einer Covid 19 Erkrankung in Quarantäne.
Ab 10. November 2020 hatte die Klägerin keine näheren Kontakte mehr mit den Schülern der Akademie. Es gab im November 2020 auch an Covid 19 erkrankte Schüler, welche dem BMI gemeldet wurden.
Am 19. November 2020 arbeitete die Klägerin im Homeoffice. Sie fühlte sich gesundheitlich angeschlagen. Da sich ihr Zustand am 20. November 2020 verschlechtert hatte, meldete sie sich krank. Am 21. November 2020 verlief der Covid 19 Test der Klägerin positiv. Darauf folgte ihre behördliche Absonderung bis 12. Dezember 2020.
Im November 2020 lebte die Klägerin allein - getrennt von ihrem Gatten, welcher sich durchgehend in Niederösterreich aufhielt, wo er als Arzt arbeitet - in einer Wohnung. Auch zu den übrigen Familienmitgliedern, Mutter, Schwiegereltern und zu Freunden pflegte die Klägerin keine persönlichen Kontakte. Es gab keine Covid 19 Erkrankungen innerhalb der Familie. Die Klägerin ging einmal wöchentlich in einen Supermarkt einkaufen, wobei sie einen Mund Nasen Schutz trug.
Im November 2020 befand sich Österreich in der zweiten Covid 19 Welle. Am 13. November 2020 wurden 9.586 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet, und wenige Tage später, am 17. November 2020 trat der zweite Lockdown in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt war die Ursprungsvariante des SARS CoV 2 Virus vorherrschend, mit einer typischen Inkubationszeit von fünf bis sechs Tagen. Allerdings konnten auch kürzere oder längere Zeitspannen (95 % Perzentil mit 11,7 Tagen) auftreten.
Die Übertragung erfolgt bei SARS CoV-2 über Tröpfcheninfektion bzw. durch Husten, möglich bereits bei einem sehr kurzem „Face to Face“ Kontakt.
Im beruflichen Umfeld der Klägerin gab es Coronaaktivitäten. Es galten Schutzmaßnahmen, wie das Tragen von Mund Nasen Schutz (MNS), Abstandsregeln und regelmäßiges Lüften. Eine SARS CoV 2 Infektion im beruflichen Umfeld ist daher möglich , ein wissentlich ungeschützter Kontakt mit einer SARS CoV 2 positiven Person ist aber nicht dokumentiert.
Im privaten Umfeld setzte die Klägerin umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen um. Sie beschränkte ihre Einkaufsaktivitäten auf einmal pro Woche. Im November 2020, zu Beginn der zweiten Welle mit steigenden Fallzahlen, war auch beim Einkaufen ein Infektionsrisiko gegeben, selbst bei der Verwendung eines Mund-Nasen-Schutzes.
[F1] Aus infektionsmedizinischer Sicht ist es nicht möglich, eine definitive prozentuale Wahrscheinlichkeit für die Ansteckung der Klägerin im beruflichen Kontext oder während eines Einkaufs anzugeben. Da ein eindeutig ungeschützter Kontakt im beruflichen Umfeld nicht dokumentiert ist, bleibt es im jeden Fall gleich wahrscheinlich, dass die Infektion sowohl im beruflichen Umfeld, als auch beim Einkaufen stattgefunden haben kann. Da ein einmaliger Kontakt für eine SARS CoV-2-Infektion ausreichen kann und aufgrund der hohen Fallzahlen im November 2020 keiner dieser Bereiche vollständig ausgeschlossen werden kann.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 6. März 2024 die COVID-19 Erkrankung der Klägerin im November 2020 nicht als Dienstunfall gemäß § 90 B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967 fest.
Die Klägerin begehrt zuletzt, nach Modifikation des Klagebegehrens am 5. März 2025, den Verlust des Geruchs und Geschmacksinns und die Beeinträchtigung ihrer Vitalfunktionen aufgrund der Covid 19 Erkrankung vom November 2020 als Folge einer Berufskrankheit festzustellen.
Sie habe sich im November 2020 während ihrer Tätigkeit als Leiterin des Bildungszentrums der Polizeisicherheitsakademie in C* mit Covid 19 infiziert. Das Bildungszentrum sei eine „(Polizei)Schule“ im Sinne der lfd. Nr. 38 der Anlage 1 zum ASVG, die ihrer Typizität nach für dort tätige Versicherte ein erhöhtes Risiko einer Ansteckung mit Infektionskrankheiten mit sich bringe. Es sei dort auch vermehrt zu Covid 19 Erkrankungen bei Bediensteten und Polizeischülern gekommen. Am wahrscheinlichsten sei die Ansteckung durch einen Kollegen der Administration, der am 13. November 2020 erkrankt sei. Eine Ansteckung im privaten Bereich sei auszuschließen. Die Beklagte habe bei einer Kollegin die Covid-19 Erkrankung als Dienstunfall gewertet hat.
Die Beklagte beantragt, das modifizierte Klagebegehren abzuweisen.
Es liege auch keine Berufskrankheit vor. Die Klägerin sei nicht in einem Unternehmen beschäftigt, das in der Nr. 38 der Anlage 1 zum ASVG angeführt sei. Die Polizei sei kein Unternehmen, das eine vergleichbare Gefährdung im Sinn der in Nr. 38 Anlage 1 zum ASVG aufgelisteten Unternehmen aufweise. Das Bildungszentrum der Sicherheitsakademie sei in seiner Typizität nicht mit einer Schule vergleichbar. Die Sicherheitsakademie sei kein Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, sondern eine unselbständige Organisationseinheit im Wirkungsbereich des BMI.
Bei der Tätigkeit der Klägerin seien auch umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen eingehalten worden. Es sei in der typischen Inkubationszeit im beruflichen Zusammenhang kein ungeschützter Kontakt mit einer infektiösen Person dokumentiert. Die versicherte Tätigkeit müsse aber die wesentliche Bedingung für das Auftreten der Erkrankung sein, um eine Leistungsverpflichtung der Unfallversicherung auszulösen.
Das Erstgericht weist das Klagebegehren ab, wobei es vom - soweit strittig kursiv - wiedergegebenen Sachverhalt ausgeht. Es folgert rechtlich, im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie in C* sei zwar von einem gesteigerten Infektionsrisiko auszugehen und bestehe für die Lehrenden eine mit einer Bildungseinrichtung vergleichbare Gefährdungslage, sodass es als Unternehmen im Sinn der Nr. 3.1. der Anlage 1 zum ASVG anzusehen sei. Versicherte müssten aber zusätzlich den haftungsbegründenden Zusammenhang beweisen. Der Klägerin sei konkret nicht der Beweis gelungen, dass ihre Covid 19 Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf ihre berufliche Tätigkeit zurückzuführen sei. Neben der Infektion am Arbeitsplatz könne nach den Feststellungen auch bei den alltäglichen Verrichtungen (wie Einkaufen) eine Ansteckung ebenso leicht erfolgt sein.
Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung, und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt, das Urteil abzuändern und der Klage stattzugeben. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte beantragt in der Berufungsbeantwortung , der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung , über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.
1. Bei dem angefochtenen Bescheid muss es sich um eine Sachentscheidung handeln ( RS0085867 ), gegen die die Klagefrist noch offen steht ( RS0085778 ). Andernfalls ist die Klage von Amts wegen wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen (§ 73 ASGG; RS0085643 ); ein davon betroffener Verfahrensteil ist nichtig ( RS0042080 ; RS0107802 ; RS0110616 ). Das Erstgericht bejahte in den Entscheidungsgründen implizit die Rechtzeitigkeit der Klage auf Feststellung der Berufskrankheit und damit die Zulässigkeit des Rechtsweges. Die Beklagte erhebt dagegen keinen Rekurs und kommt darauf auch in ihrer Berufungsbeantwortung nicht zurück. Darauf ist nicht mehr einzugehen ( RS0035572 [T9; T26]; RS0039774 ; Köck/Sonntag, Komm ASGG (2020) § 73 Rz 3; OLG Graz 7Rs21/25z).
2. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor. Grundsätzlich trifft das Gericht gemäß § 87 Abs 1 ASGG die Pflicht, selbst alle Tatsachen von Amts wegen zu erwägen und zu erheben, die für die begehrte Entscheidung erforderlich sind, und die zum Beweis dieser Tatsachen notwendigen Beweise von Amts wegen aufzunehmen. Die Verletzung dieser Pflicht begründet unter den allgemeinen Voraussetzungen einen Verfahrensmangel ( RS0042477 ; RS0086455 ). Diese Pflicht wird aber gegenüber den - hier qualifiziert vertretenen Parteien (§ 40 Abs 1 Z 2 ASGG) - durch deren Vorbringen begrenzt ( RS0109126 ; RS0042477 [T8] ). Das Erstgericht hat umfangreich Beweis erhoben durch Einsicht in die vorgelegten Urkunden, Einvernahme der Klägerin (ON 7 und 12) und der Zeugen M* und N* (ON 12) und das Gutachten von Univ.Prof. Dr. O*, MBA (Klinische Mikrobiologie und Hygiene, Klinische Immunologie und Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, Klinische Mikrobiologie und Virologie). Das Gutachten kommt unter Berücksichtigung der Einvernahmen und der persönlichen Anamnese mit der Klägerin zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin zwar eine Covid 19 Erkrankung vorlag (ON 14, Seite 11), jedoch diese nicht mit mehr als 50 %iger Wahrscheinlichkeit in einem kausalen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin als Leiterin des Bildungszentrums der Sicherheitsakademie Krumpendorf steht (ON 14, Seite 11). Befund und Gutachten unterliegen der freien Beweiswürdigung. Das Gericht hat Sachverständigen auch die anzuwendende Methode im Allgemeinen nicht vorzuschreiben, gehört doch die Methodenwahl zum Kern der Sachverständigentätigkeit. Wenn daher die Sachverständige, in ihrem Verantwortungsbereich, den Befund als ausreichend betrachtete und auf dieser Grundlage die erforderlichen Schlussfolgerungen (Gutachten) treffen konnte, so liegt in der unterlassenen Einholung eines weiteren Gutachtens durch das Erstgericht keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens ( RS0119439 ; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 362 Rz 7; OLG Graz 7 Ra 21/23x). Es trifft zunächst nicht zu, dass die Sachverständige die Frage nicht beantwortete, ob bei der Klägerin im November 2020 eine Covid-19 Erkrankung vorlag. Im erstgerichtlichen Verfahren beantragte die qualifiziert vertretene Klägerin auch nicht, das Gutachten der Sachverständigen Univ. Prof. Dr. O*, MBA zu erörtern. Soweit sie sich aber erstmals in der Berufung auf das Gutachten Univ. a.d. Dr. P* aus einem Parallelverfahren beruft, scheitert das inhaltlich daran, dass dieses Gutachten - im Hinblick auf die konkrete Beschäftigung - eine Dienstnehmerin betrifft, die mit der Klägerin nicht vergleichbar ist. Darauf ist aber schon deshalb nicht näher einzugehen, weil auch in Sozialrechtssachen das Neuerungsverbot ausnahmslos gilt ( RS0042049 ). In der unterlassenen Erörterung dieses weiteren Gutachtens durch das Erstgericht liegt daher keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Es ist ein Akt der Beweiswürdigung, ob zur Gewinnung der erforderlichen Feststellungen noch weitere Beweise notwendig sind ( RS0043414 ; RS0043320 [T17]; OLG Graz 6Rs40/23h). Auch der implizit behauptete Begründungsmangel liegt nicht vor. Die knappe aber präzise Beweiswürdigung des Erstgerichtes, die sich auf die wesentlichen Aspekte der Behauptungen und das Sachverständigengutachten bezieht ( RS0040165 ; RS0040180 ; RS0102004 ; RL0000220 ), ist zweifellos überprüfbar und trifft auch zu. Die Feststellungsgrundlage ist auch nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und das Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren ( RS0053317 ). Solche zeigt die Klägerin in ihrer Berufung aber nicht auf.
3. Die gesetzmäßige Ausführung einer Beweisrüge erfordert die Darlegung a) welche Feststellung bekämpft wird, b) aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung das Erstgericht die bekämpfte Feststellung getroffen hat, c) welche Ersatzfeststellung begehrt wird sowie d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und welcher beweiswürdigenden Erwägungen das Erstgericht richtigerweise die begehrte Ersatzfeststellung treffen hätte müssen ( RS0041835 ; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 ZPO Rz 15). Die Beweisrüge bleibt hier schon deshalb erfolglos, weil sie nicht aufzeigt, aufgrund welcher unrichtigen Beweiswürdigung das Erstgericht die bekämpfte Feststellung getroffen hat, die es zweifellos richtig aus dem Gutachten der Sachverständigen Univ. Prof. Dr. O*, MBA ableitete. Im Übrigen ist dem Sachverständigengutachten die Anamnese zu entnehmen, nach der die Klägerin positive Coronafälle in der Polizeischule berichtete, ein wissentlich ungeschützter Kontakt jedoch nicht erinnerlich war (vgl **-14, Seite 9). Insgesamt zeigt die Beweisrüge somit keine stichhaltigen Bedenken gegen die Beweiswürdigung auf, sondern weist nur auf einzelne Beweisergebnisse hin, die zwar isoliert betrachtet für ihren Standpunkt sprechen, jedoch die zutreffende Beweiswürdigung des Erstgerichtes nicht erschüttern können. Es trifft zwar zu, dass am Arbeitsplatz Corona-Aktivität bestand, jedoch lässt die Klägerin bei ihren Überlegungen die konkret festgestellten letzten Kontakte zu den Arbeitskollegen und die typische Inkubationszeit von fünf bis sechs Tagen außer Acht, wie ihre Überlegungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (Seite 8) zeigen. So erkrankten D* und F* Anfang November 2020 (vgl Klägerin ON 7, 4). G* und J* waren nach dem 11. November 2020 nicht mehr im Dienst. L*, K* und H* erkrankten gleichzeitig oder nach der Klägerin, was keinen Rückschluss auf eine Ansteckung ermöglicht. Einzig der Kontakt mit N*, der zuletzt am 13. November 2020 im Dienst war, mit dem aber kein ungeschützter Kontakt bestand, kommt als mögliche, nach dem Sachverständigengutachten aber nicht als überwiegend wahrscheinliche Ursache in Betracht. Vor diesem Hintergrund sind aber die Feststellungen des Erstgerichtes, gestützt auf das Sachverständigengutachten Univ. Prof. Dr. O*, MBA nicht zu beanstanden, weil ein einmaliger Kontakt für eine SARS CoV-2 Infektion ausreichen und aufgrund der hohen Fallzahlen im November 2020 keiner dieser Bereiche vollständig ausgeschlossen werden kann. Dass auch andere Feststellungen möglich gewesen wären oder es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt der Berufungswerberin sprechen, reicht nicht aus, eine unrichtige Beweiswürdigung aufzuzeigen ( RES0000012 ).
Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 498 Abs 1 ZPO den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt zugrunde.
Davon ausgehend versagt die Rechtsrüge.
4. Das Berufungsgericht hält die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend, die Rechtsmittelausführungen dazu hingegen aus folgenden Gründen für nicht stichhältig (§ 500 a ZPO):
4.1. Die Bezeichnung einer bestimmten Krankheit als Berufskrankheit bedeutet nur, dass sie rechtlich generell geeignet ist, eine Berufskrankheit zu sein, stellt aber - von der Beweislast aus gesehen - keine Kausalitätsvermutung auf. Der haftungsbegründende Zusammenhang muss von der Versicherten, die die objektive Beweislast hinsichtlich der rechtsbegründenden Tatsachen trifft, als wahrscheinlich nachgewiesen werden; die bloße Möglichkeit eines Kausalzusammenhanges genügt nicht ( RS0084375 ; RS0043249 ).
4.2. Die Zulässigkeit des Anscheinsbeweises beruht dabei darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher und nicht ein atypischer Ablauf gegeben ist ( RS0040266 ; RS0110571 ). Ob der Anscheinsbeweis erbracht worden ist, ist eine Beweisfrage ( RS0086050 [T2, T11]; RS0022624 ). In Sozialrechtssachen ist der Anscheinsbeweis dann entkräftet, wenn dem atypischen Geschehensablauf zumindest die gleiche Wahrscheinlichkeit zukommt ( 10 ObS 88/17i ; RS0040266 [T9]).
4.3. Die Rechtsrüge wendet sich in Wahrheit nur gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, wenn sie wieder das Sachverständigengutachten kritisiert, dieses aufgrund der sonstigen Beweisergebnisse für entbehrlich hält (vgl auch Seite 7) und meint, dass das Erstgericht schon aus den „eigenen“ Feststellungen schließen hätte müssen, dass eine Berufskrankheit vorliege. Damit führt die Klägerin aber die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß aus, weil sie nicht - ausgehend vom festgestellten Sachverhalt - konkret darlegt, warum die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig ist ( RS0043603 ). Eine Rechtsrüge, die nicht vom konkret festgestellten Sachverhalt ausgeht, kann aber nicht weiter behandelt werden ( RS0043603 [T2, T6, T8, T12]; RS0043312 ; RS0043605 ; RS0041719 ). Werden zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist es ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden ( RS0053317 [T3]). Die Beklagte wiederholt daher in ihrer Rechtsrüge die in der Beweisrüge vorgetragenen Argumente, sie zeigt aber keine unrichtige rechtliche Beurteilung basierend auf den Feststellungen auf ( RS0043603 ;).
4.4. Die Frage, ob das Unternehmen (vgl RS0134302 ), in dem die Klägerin ihre Tätigkeit ausübt, einem in der Spalte 3 der Anlage 1 zum ASVG bezeichneten entsprach, ist daher nicht (mehr) entscheidend.
5. Die Klägerin hat die Kosten selbst zu tragen: Sie ist vollständig unterlegen und hat keine Gründe für den ausnahmsweisen Kostenersatzanspruch nach Billigkeit behauptet. Aus dem Akteninhalt ergeben sich solche Umstände nicht (§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; RS0085829 ).
6. Da keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt, besteht kein Anlass, die ordentliche Revision zuzulassen.