6Rs26/25b – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch die Senatspräsidentin Mag. a Fabsits (Vorsitz) sowie die Richterinnen Dr. in Meier und Mag. a Gassner sowie die fachkundigen Laienrichter Färber (Arbeitgeber) und Zimmermann (Arbeitnehmer) als weitere Senatsmitglieder in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A* B* , **, vertreten durch Dr. Erich Moser, Dr. Martin Moser, Rechtsanwälte in Murau, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen , p.A. Landesstelle **, **, vertreten durch deren Angestellte Mag. a C*, ebendort, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert: EUR 1.300,00), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. März 2025, GZ ** 25, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird abgeändert , es lautet:
„Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass der Anspruch der beklagten Partei auf Rückforderung eines Betrages von EUR 1.300,00 an bezogenem Kinderbetreuungsgeld nicht zu Recht bestehe, wird a b g e w i e s e n.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei EUR 1.300,00 an zu Unrecht bezogenem Kinderbetreuungsgeld binnen 4 Wochen zurückzuzahlen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Vertretung im erstinstanzlichen Verfahren selbst zu tragen “
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Berufungsbeantwortung selbst zu tragen.
Die Revision ist nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Tochter der Klägerin, D* B*, wurde am ** geboren.
Die dritte Mutter-Kind-Pass Untersuchung des Kindes war im Zeitraum 28. Mai 2022 bis 27. August 2022 (zwischen dem dritten und fünften Lebensmonat) durchzuführen und wurde rechtzeitig am 14. Juli 2022 von Dr. E* vorgenommen. Die vierte Untersuchung des Kindes (zwischen dem siebten und neunten Lebensmonat), die eine HNO-Untersuchung einzuschließen hat, war im Zeitraum vom 28. September 2022 bis 27. Dezember 2022 durchzuführen und erfolgte durch Dr. E* rechtzeitig am 13. Dezember 2022. Auch die (zwischen dem 10. und 14. Lebensmonat vorzunehmende) fünfte Kindesuntersuchung einschließlich der Augenuntersuchung wurde rechtzeitig von Dr. E*, am 19. April 2023, durchgeführt.
Auf Seite 68 des Mutter-Kind-Passes, die die Klägerin [als Foto] der Beklagten mit E-Mail vom 22. Juni 2023 übermittelte, wurden die dritte, vierte und fünfte Untersuchung des Kindes [also die achte, neunte und zehnte Mutter-Kind-Pass Untersuchung] jeweils am 13. Dezember 2022 eingetragen:
(ergänzend festgestellt aus Beilage ./2 [vgl 2 Ob 202/15t mwN; RS0040083 [T1]; RS0121557 [T3])
Mit Schreiben vom 26. Juni 2023 teilte die Beklagte der Klägerin mit:
„Sehr geehrte Frau B*! Um Ihren Antrag erledigen zu können, brauchen wir noch folgende Unterlagen bzw. Informationen:
Notwendige Unterlagen sind:
• Vorlage von Kopien der Detailseiten über die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen: 3. Kindesuntersuchung (3. bis 5. Lebensmonat), 4. Kindesuntersuchung (7. bis 9. Lebensmonat), 5. Kindesuntersuchung (10. bis 14. Lebensmonat)
• schriftliche Stellungnahme, warum die 3., 4. und 5. Kindesuntersuchung alle am gleichen Tag (13. Dezember 2023) durchgeführt wurden
Senden Sie uns die notwendigen Unterlagen bzw. Informationen innerhalb von 14 Tagen zu.
Bitte halten Sie die Frist ein, sonst wird Ihr Antrag nicht bearbeitet.
Beachten Sie bitte Ihre Mitwirkungspflicht. Die Grundlage dafür ist § 32 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (KBGG).“
Dieses Schreiben hat die Klägerin nicht erhalten.
Mit Schreiben vom 29. Juni 2023 teilte die Beklagte der Klägerin mit:
„Mitteilungen über Ihren Anspruch auf Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz
[...]
Sehr geehrte Frau B*!
Sie haben einen Antrag auf Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz eingereicht. Diesen haben wir geprüft. Wie hoch Ihre Leistung ist, finden Sie detailliert auf Seite 2.
Bitte beachten Sie dazu folgende Hinweise:
[...]
Kindesversicherung besteht nur für die Dauer des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld. Ihre (individuelle) Zuverdienstgrenze konnte aufgrund fehlender Daten (noch) nicht errechnet werden. Ihr Anspruch auf Leistungen im Detail:
Beginn Ende Leistungsart Anspruch in Euro
24.05.2022 31.12.2022 Kinderbetreuungsgeld pro Tag 35,85
24.05.2022 31.12.2022 Beihilfe pro Tag 6,06
01.01.2023 27.03.2023 Kinderbetreungsgeld pro Tag 35,85
01.01.2023 27.03.2023 Beihilfe pro Tag 6,06
Mutter-Kind-Pass-Kürzung:
Kind ** EUR – 1.300,00
Sie haben alle oder einzelne Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nicht nachgewiesen bzw. nicht oder verspätet durchgeführt, daher reduziert sich Ihr Leistungsanspruch um den oben angeführten Kürzungsbetrag.
Dieser oben angeführte Kürzungsbetrag ist auf das Konto der ÖGK – IBAN: ** (BIC: **) – Zahlungsreferenz: ** zu überweisen, sofern Sie den Nachweis nicht bis spätestens zur Vollendung des 18. Lebensmonates des Kindes vorlegen bzw. der vollständige Nachweis über die fristgerechte Durchführung der Mutter-Kind-Passuntersuchungen nicht erbracht werden kann, weil einzelne oder mehrere Untersuchungen nicht oder verspätet durchgeführt wurden.
Wird der vollständige Nachweis über die fristgerechte Durchführung der Mutter-Kind-Pass- Untersuchungen spätestens bis zur Vollendung des 18. Lebensmonates nachgebracht, kann die Kürzung entfallen.
[…] “ .
Dieses Schreiben erhielt die Klägerin, sie ließ es jedoch unbeantwortet. Ihre Tochter vollendete am 28. September 2023 das 18. Lebensmonat.
Nachdem mit Bescheid vom 8. November 2023 festgestellt worden war, dass sich der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld um EUR 1.300,00 reduziert, übermittelte die Klägerin der Beklagten mit E-Mail vom 13. Dezember 2023 Auszüge aus dem Mutter-Kind-Pass sowie eine Bestätigung Dris. E* über die am 13. Dezember 2022 durchgeführte vierte und am 19. April 2023 durchgeführte fünfte Kindesuntersuchung.
Mit Bescheid vom 8. November 2023 sprach die Beklagte aus, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld für das Kind D* B* um EUR 1.300,00 reduziere und dieser Betrag binnen vier Wochen an die Beklagte zu überweisen sei.
Dagegen wendet sich die in erster Instanz unvertretene Klägerin mit ihrer Klage und dem erkennbaren Begehren, festzustellen, dass der von der Beklagten erhobene Anspruch auf Reduzierung und Rückzahlung des Kinderbetreuungsgelds nicht zu Recht bestehe. Dazu bringt sie im Wesentlichen vor, sie habe alle Mutter-Kind-Pass Untersuchungen bis zum 15. Lebensmonat ihres Kindes zeitgerecht durchgeführt und auch nachgewiesen. Dass im Mutter-Kind-Pass irrtümlich die dritte, vierte und fünfte Untersuchung jeweils mit 13. Dezember 2022 eingetragen worden seien, sei auf ein nicht von ihr zu verantwortendes Versehen des untersuchenden Arztes zurückzuführen.
Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung und wendet im Wesentlichen ein, die vorgeschriebenen Mutter-Kind-Pass Untersuchungen seien nicht oder verspätet durchgeführt bzw. entgegen der gesetzlich geregelten Verpflichtungen für einen vollen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld aus Unachtsamkeit nicht vollständig oder verspätet nachgewiesen worden.
Mit dem angefochtenen Urteil stellt das Erstgericht (auch im zweiten Rechtsgang) fest, dass der Anspruch der Beklagten auf Rückforderung des Kinderbetreuungsgelds für das Kind D* B* in Höhe von EUR 1.300,00 nicht zu Recht bestehe, und weist das Begehren der Beklagten, die Klägerin sei schuldig, EUR 1.300,00 an die Beklagte zurückzubezahlen, ab. Dabei geht vom eingangs dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus und meint rechtlich nach Darstellung der Grundlagen eines Anspruchs nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz iVm der Mutter-Kind-Pass-Verordnung, eine Versäumung oder Verspätung von Untersuchungen und/oder versäumte Nachweiserbringung werde durch die Reduzierung des Anspruchs von EUR 1.300,00 sanktioniert. Die Nachfrist zur Nachholung der versäumten Vorlagepflicht durch die Eltern, ohne die nicht überprüft werden könne, ob die Untersuchungen vollständig und rechtzeitig durchgeführt worden seien, ende mit der Vollendung des 18. Lebensmonats des Kindes. Im Falle einer Nichtdurchführung einer Untersuchung oder eines nicht rechtzeitigen Nachweises der vorgeschriebenen Untersuchungen sei eine Rückforderung des aufgrund einer nachträglichen Reduktion zu Unrecht ausgezahlten Betrages nach § 31 Abs 2 KBGG erster Satz zulässig. Da dieser Rückforderungstatbestand unabhängig von einem Verschulden bestehe, komme es nicht darauf an, ob der Mutter in Bezug auf die Nichterbringung ein Vorwurf zu machen sei. Eine Reduzierung des Anspruchs erfolge nur dann nicht, wenn die unterbliebene Vornahme oder der unterbliebene Nachweis aus Gründen erfolgt sei, die nicht von dem das Kinderbetreuungsgeld beziehenden Elternteil zu vertreten seien. Der Umstand, dass die (rechtzeitig wahrgenommenen) Untersuchungstermine vom Arzt „falsch gestempelt“ und eingetragen worden seien, sei nicht von der Klägerin zu vertreten. Die Klägerin habe bereits mit Schreiben vom 22. Juni 2023 nachgewiesen, dass die Untersuchungen zeitgerecht durchgeführt worden seien. Aus dem Gesetzestext des § 7 Abs 2 Z 2 KBGG gehe nicht hervor, dass „jede einzelne Untersuchung auch an dem tatsächlich durchgeführten Tag nachgewiesen werden“ müsse. Es werde der Nachweis durch Vorlage der Untersuchungsbestätigungen gefordert und diesen Nachweis habe die Klägerin erbracht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in eine Klagsabweisung abzuändern und auszusprechen, dass die Rückforderung des Kinderbetreuungsgelds für das Kind D* B* in Höhe von EUR 1.300,00 zu Recht bestehe und die Klägerin schuldig sei, EUR 1.300,00 binnen vier Wochen ab Zustellung der gerichtlichen Entscheidung an die Beklagte zurückzubezahlen; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist berechtigt.
1.1. Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe setzt gemäß § 7 Abs 2 Z 2 KBGG unter anderem voraus, dass die zweite bis fünfte Untersuchung des Kindes bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats nach der MuKiPassV vorgenommen und spätestens bis zur Vollendung des 15. Lebensmonats des Kindes durch Vorlage der entsprechenden Untersuchungsbestätigungen nachgewiesen werden. Erfolgt das nicht, reduziert sich gemäß § 3 Abs 4 KBGG der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für jeden Elternteil um EUR 1.300,00.
1.2. Gemäß § 7 Abs 3 KBGG besteht – ungeachtet des § 7 Abs 2 KBGG – Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld in voller Höhe, wenn die Vornahme oder der Nachweis der Untersuchungen (1.) nur aus Gründen, die nicht von den Eltern zu vertreten sind, unterbleibt oder (2.) die jeweiligen Nachweise bis spätestens zur Vollendung des 18. Lebensmonates des Kindes nachgebracht werden. Außerhalb der Zurechnungssphäre der Eltern liegende Hinderungsgründe müssen innerhalb der in § 7 Abs 2 KBGG angeführten Nachweisfrist (hier: bis zur Vollendung des 15. Lebensmonats des Kindes) zum Tragen kommen (10 ObS 58/21h). Der Oberste Gerichtshof wiederholte in seiner Entscheidung 10 ObS 31/24t unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung, dass die Bestimmung des § 7 Abs 3 KBGG nicht unabhängig von der Nachweisregelung des § 7 Abs 2 KBGG bestehe, sondern an diese (systematisch) anknüpfe.
2.1. Dass die dritte, vierte und fünfte Untersuchung des Kindes der Klägerin jeweils rechtzeitig erfolgte, ist im Berufungsverfahren nicht weiter strittig. Entscheidend ist, ob als Nachweis im Sinne des § 7 Abs 2 Z 2 KBGG eine Bestätigung ausreichen konnte, die alle drei Untersuchungen mit 13. Dezember 2023 datiert. Ist dies nicht der Fall, bleibt zu prüfen, ob ein adäquater Nachweis der Untersuchungen nur aus Gründen, die nicht von den Eltern zu vertreten sind, unterblieb oder die jeweiligen Nachweise bis spätestens zur Vollendung des 18. Lebensmonates des Kindes nachgebracht wurden.
2.2. Gemäß § 7 Abs 1 letzter Satz KBGG hat der Eltern-Kind-Pass (früher: Mutter-Kind-Pass) für den Nachweis der ärztlichen Untersuchungen einen entsprechenden Vordruck zu enthalten (vgl auch § 12 Abs 4 Z 3 MuKiPass-V). Dies dient nicht nur der Erleichterung der Administration, sondern vor allem dem Zweck, dass andere Urkunden als der Eltern-Kind-Pass nicht zum Nachweis von durchgeführten Untersuchungen ausreichen (vgl OLG Wien 10 Rs 101/24g; OLG Linz 12 Rs 67/23v).
2.3. Auf das - der Beklagten ohnehin erst nach dem 18. Lebensmonat des Kindes mit E-Mail vom 13. Dezember 2023 übermittelte - (undatierte) Schreiben Dris. E* (Beilagen ./A, ./7) kann sich die Klägerin daher nicht erfolgreich stützen.
Vor dem 18. Lebensmonat, aber auch vor Bescheiderlassung übermittelte die Klägerin der Beklagten als Nachweis der dritten, vierten und fünften Kindesuntersuchung (insgesamt der achten, neunten und zehnten Untersuchung) lediglich ein Foto der Seite 68 ihres Mutter-Kind-Passes per E-Mail vom 22. Juni 2023. Daraus war ersichtlich, dass der untersuchende Arzt nach dem vorhandenen Text „Untersuchung am“ jeweils das Datum 13.Dezember 2022 und seinen Namensstempel beifügte, den er paraphierte.
Dass damit zwar die Vornahme der genannten Untersuchungen bestätigt war, aber jedenfalls kein tauglicher Nachweis dafür vorlag, dass diese auch rechtzeitig, nämlich zwischen dem dritten und fünften Lebensmonat, danach zwischen dem siebten und neunten Lebensmonat und letztlich zwischen dem 10. und 14. Lebensmonat des Kindes durchgeführt worden waren, steht außer Zweifel. Ist der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld daran geknüpft, dass klar definierte Untersuchungen in klar definierten Zeiträumen erfolgen, muss der geforderte Nachweis derselben nicht nur die Durchführung der jeweiligen Untersuchung, sondern auch die Einhaltung der zeitlichen Komponente beinhalten.
2.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt es für die Beurteilung, ob die nicht fristgerechte Vornahme oder - wie hier - der nicht rechtzeitige Nachweis der Untersuchungen von den Eltern zu vertreten ist, darauf an, ob ihnen ein rechtlich relevanter Vorwurf gemacht werden kann. In den Gesetzesmaterialien zu den jeweiligen Fassungen des § 7 KBGG werden dafür ein Aufenthalt im Ausland, wo entsprechende Untersuchungen nicht möglich sind, höhere Gewalt oder auch die spätere Adoption des Kindes als Beispiele genannt (10 ObS 15/20h [ErwGr 2.1 mit Hinweis auf die jeweiligen Materialien], 10 ObS 31/24t [Rz 26 f] mwN). In der Rechtsprechung wurde etwa die Unkenntnis von der Nachweispflicht (OGH 10 ObS 33/21g), das Übersehen der rechtzeitigen Vornahme oder des Nachweises einer Untersuchung (OGH 10 ObS 157/14g), das Ansteckungsrisiko während einer Grippewelle im Warteraum des Kinderarztes (OGH 10 ObS 26/16w, 10 ObS 45/15p) oder die Fehlvorstellung der Eltern, „Vollendung des 18. Lebensmonats“ bezeichne nicht den Zeitpunkt 18 Monate nach dem Tag der Geburt des Kindes, sondern einen Monat später (OGH 10 ObS 187/21d), nicht als Rechtfertigung anerkannt. Als von den Eltern nicht zu vertretender Grund wurde dagegen angesehen, wenn der Kinderarzt den ursprünglich innerhalb der Frist des § 7 Abs 2 Z 2 KBGG angesetzten Untersuchungstermin wegen seiner Erkrankung oder einer Erkrankung des Kindes auf einen außerhalb dieser Frist liegenden Termin verschoben hat (OGH 10 ObS 75/21h, 10 ObS 15/20h), ein durch die schweren gesundheitlichen Probleme der Mutter hervorgerufener Ausnahmezustand in der Familie vorlag (OGH 10 ObS 140/15h) oder etwa ein aufgrund mehrerer Fehler des behandelnden Arztes und einer unrichtigen Auskunft eines Mitarbeiters des Sozialversicherungsträgers unterbliebener vollständiger Nachweis einer Untersuchung (OGH 10 ObS 15/20h; OLG Linz 12 Rs 12/25h mwN).
2.5. Anhaltspunkte für das Vorliegen derart gewichtiger, von den Eltern nicht zu vertretender Umstände ergab das Verfahren nicht. Dass sich die Klägerin um die Vorlage eines korrekten Nachweises und eine Korrektur des (bereits bei einem kurzen Blick in ihren Mutter-Kind-Pass, aber jedenfalls im Zuge des Fotografierens und der Übermittlung an die Beklagte) ins Auge fallenden Fehlers, mag er auch auf einem Versehen des eintragenden Arztes beruhen, nicht bereits innerhalb der ihr dafür offen stehenden Frist, sondern erst (nach Bescheiderlassung) im Dezember 2023 bemühte, ist nach dem festgestellten Sachverhalt nicht auf Gründe zurückzuführen, die nicht von ihr zu vertreten wären. Der maßgebliche und rechtlich relevante Vorwurf liegt in der – gemessen an der Bedeutung, die der Gesetzgeber den Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen beimisst (10 ObS 157/14g [ErwGr 2.]), in dieser Form unerwünschten – Inaktivität der Klägerin (vgl etwa auch 10 Obs 31/24t). Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich in diesem Punkt auch wesentlich von dem der Entscheidung 10 ObS 15/20h zugrunde liegenden, wurde die Klägerin hier von der Beklagten doch sogar mit Schreiben vom 29.Juni 2023 explizit darauf hingewiesen, dass die vorgelegten „Nachweise“ nicht ausreichend seien und sie vollständige Nachweise bis 29. September 2023 vorlegen könne. Auch dies ignorierte die Klägerin gänzlich und übermittelte der Beklagten erst (nach Erhalt des angefochtenen Bescheids vom 8. November 2023) mit E-Mail vom 13. Dezember 2023 weitere Unterlagen.
3. Da die im § 7 Abs 2 KBGG vorgesehenen Eltern-Kind-Pass-Untersuchungen bis zu den vorgesehenen Zeitpunkten nicht vollständig nachgewiesen wurden und ausgehend vom festgestellten Sachverhalt keiner der beiden Ausnahmetatbestände des § 7 Abs 3 KBGG erfüllt ist, reduziert sich der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld um 1.300 EUR (§ 3 Abs 4 KBGG).
Es ist daher der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen und die Klägerin zur Rückzahlung eines Betrags von EUR 1.300,00 verpflichtet wird.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich für beide Instanzen auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch aus Billigkeit wurden weder geltend gemacht noch ergeben sich solche aus der Aktenlage.
5. Gründe für die Revisionszulassung liegen im Hinblick auf die zitierten, die Rechtslage klarstellenden, Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs nicht vor. Die Frage, ob die Eltern den nicht rechtzeitigen Nachweis einer Eltern-Kind-Pass-Untersuchung zu vertreten haben, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl RS0130213).