JudikaturOLG Graz

7R33/25i – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
10. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz) sowie die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig als weitere Senatsmitglieder in der Ablehnungssache des fachkundigen Laienrichters Ing. A* im Zusammenhang mit der beim Landesgericht Klagenfurt zu B* anhängigen Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C*, **, vertreten durch Dr. Roland Gerlach ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei D* AG , **, vertreten durch Baker McKenzie Rechtsanwälte LLP Co KG in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses in eventu Kündigungsanfechtung (Streitwert EUR 115.000,00), über den Rekurs der klagenden und antragstellenden Partei gegen den Beschluss des Ablehnungssenats des Landesgerichts Klagenfurt vom 5. März 2025, GZ: **-2, in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 2.375,70 (darin EUR 395,95 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .

Text

begründung:

Die Beklagte zählt als Teil des internationalen E* Corporation Konzerns zu den führenden Herstellern von verfahrenstechnischen Geräten und Anlagen zur Microchip-Produktion. Der Kläger war von 2012 bis zu seiner Kündigung im Juni 2022 für die Beklagte tätig. Von 2018-2020 arbeitete er in der Produktentwicklung, im Übrigen in der Einkaufsabteilung.

In dem zu B* des Landesgerichts Klagenfurt anhängigen Arbeitsgerichtsprozess begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten ungeachtet der Kündigung weiterhin aufrecht bestehe; eventualiter begehrt er die Rechtsunwirksamerklärung der Kündigung. Aufgrund der konzernweit existierenden Richtlinien, die Vertragsbestandteil seien und sowohl das Unternehmen als auch die Arbeitnehmer:innen verpflichten würden, habe er einen vertraglichen Kündigungsschutz. Vergeltungsmaßnahmen gegen Personen, die im guten Glauben tatsächliche oder mutmaßliche Verstöße gegen die Regeln der Richtlinien offengelegt hätten, seien strengstens untersagt, demgemäß auch Kündigungen, die als derartige Vergeltungsmaßnahmen ausgesprochen würden. Für die Kündigung des Klägers gebe es keine sachliche Begründung; diese sei eine verpönte Retorsionsmaßnahme. Jedenfalls sei die Kündigung aus einem verpönten Motiv erfolgt und daher rechtsunwirksam.

An den Tagsatzungen vom 8. November 2022, 28. März 2023, 20. Juli 2023, 28. November 2023, 19. März 2024, 27. Juni 2024 und 19. September 2024 - in letzterer kam es zum Schluss der Verhandlung - nahm als fachkundiger Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitnehmer:innen Ing. A* teil.

Mit dem schließlich auch angefochtenen Urteil vom 19. September 2024 – den (ehemaligen) Klagevertretern am (richtig) 19. November 2024 zugestellt – wurde die Klage samt dem Eventualbegehren abgewiesen und der Kläger zum Kostenersatz verurteilt.

Mit dem am 29. November 2024 eingelangten Schriftsatz gaben die seinerzeitigen Klagevertreter die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Kläger bekannt.

Mit dem am 6. Dezember 2024 eingelangten Schriftsatz lehnten die nunmehrigen Klagevertreter den an der Entscheidung des Erstgerichts beteiligten Arbeitnehmervertreter Ing. A* als befangen ab .

Zur Rechtzeitigkeit des Ablehnungsantrags führten sie aus, dass dem Kläger die Namen der beiden fachkundigen Laienrichter und somit des nunmehr auch abgelehnten Laienrichters erst mit Zustellung des Urteils des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht bekannt geworden seien. Eine Berufung sei noch nicht eingebracht worden.

Zur Begründung wird im Übrigen ausgeführt:

Wesentliche Aufgabe fachkundiger Laienrichter sei die Zurverfügungstellung ihrer besonderen Fachkunde, aber auch die Erhöhung der Akzeptanz der arbeits- und sozialgerichtlichen Entscheidungen. Befangenheit liege vor, wenn Umstände gegeben seien, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigten, die Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Es genüge, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden müsse, auch wenn der Richter tatsächlich unbefangen sein sollte, oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Der abgelehnte Laienrichter sei als Betriebsratsvorsitzender gleichzeitig auch Mitglied des Aufsichtsrats bei der F* AG mit Sitz in **. Gemäß § 110 Abs 3 ArbVG hätten die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat (von Ausnahmen abgesehen) gleiche Rechte und Pflichten wie die Kapitalvertreter. Es gelte § 70 AktG. Zwar sei das Mandat der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat auf die Interessenvertretung der Arbeitnehmer des Unternehmens gerichtet. Dennoch hätten sie die Pflichten aus dem Gesellschaftsrecht. Bei ihren Entscheidungen hätten sie der Richtschnur des § 70 AktG gemäß die Interessen des Unternehmens im Auge zu behalten, aber gleichzeitig auch die Interessenvertretungsaufgabe gemäß §§ 38 und 39 ArbVG zu beachten.

Die F* AG, in deren Aufsichtsrat der fachkundige Laienrichter Ing. A* sitze, und die Beklagte verbinde eine jahrzehntelange enge Geschäftsbeziehung, in der die F* AG als Kunde der Beklagten fungiere. Die Beklagte sei für diese eine der bedeutendsten Geschäftspartner und unverzichtbar. Die Muttergesellschaft der Beklagten und die G* AG mit Sitz in Deutschland seien bedeutende Akteure in der globalen Halbleiterindustrie. Bereits seit 1990, als die Anlage der Rechtsvorgängerin der Beklagten in ** von der damaligen H* (heute F* AG) in Betrieb genommen worden sei, gebe es eine langfristige Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Unternehmen. Die Anlagen, die die Beklagte an Kunden, wie G*, liefere, seien spezifisch konfiguriert, ausgestattet und hergestellt. Ohne die Anlagen und Dienstleistungen der Beklagten wäre ein Geschäftsbetrieb der F* AG nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Die Wichtigkeit der Beklagten für Kunden wie G* werde auch anhand der Webseiten der Beklagten und auch der F* AG deutlich.

Laut Medienberichten sei der abgelehnte Laienrichter in der Vergangenheit nicht nur Vorsitzender des Zentralbetriebsrates und Aufsichtsratsmitglied gewesen bzw. sei dies derzeit, sondern auch Abteilungsleiter im Entwicklungsbereich. Ihm müsse die Bedeutung der Anlagen der Beklagten für den eigenen Geschäftsbetrieb der G* bereits vor Beginn des gegenständlichen Verfahrens bewusst gewesen sein. Die Tatsache, dass der Laienrichter als Aufsichtsratsmitglied in einem Unternehmen tätig sei, das nicht nur in einer engen und langfristig angelegten Geschäftsbeziehung zur Beklagten stehe, sondern von dieser regelrecht abhängig sei, lasse seine Unbefangenheit jedenfalls in Zweifel ziehen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei es äußerst wahrscheinlich, dass sich der Laienrichter (bewusst oder unbewusst) von unsachlichen psychologischen Motiven habe leiten lassen und zugunsten der Beklagten entschieden habe. Dies beeinträchtige die Fairness und Integrität des gesamten Verfahrens. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass alle Richter, einschließlich Laienrichter, frei von jeglichen Interessenkonflikten seien. Auch die ungewöhnlich rasche Urteilsfällung und Abfassung deute darauf hin, dass das Urteil bereits vor dieser letzten Verhandlung festgestanden und keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Beweisen, insbesondere mit der Aussage des erst in der letzten Verhandlung vernommenen Zeugen I* erfolgt sei. Im Übrigen habe der abgelehnte Laienrichter am gesamten Verfahren der ersten Instanz, insbesondere an sämtlichen Verhandlungen, sowie der Urteilsfällung mitgewirkt (die Anmerkung der Neuverhandlung gemäß § 412 ZPO im Protokoll vom 28. März 2024 sei unrichtig), sodass sämtliche vorgenommenen Prozesshandlungen einschließlich des Urteils als nichtig aufzuheben seien.

Die Beklagte wandte sich in ihrer Stellungnahme (ON 59) gegen den Ablehnungsantrag und führte aus, dieser sei verspätet. Der Name des abgelehnten Laienrichters sei seit Beginn des Gerichtsverfahrens, somit seit spätestens 11. Juli 2022 (erster Beschluss der Richterin) allen Beteiligten bekannt gewesen, zumal dieser im elektronischen Gerichtsakt, auf den die Rechtsvertretung des Klägers von Beginn an Zugriff gehabt hätte, aufscheine. Zudem sei der Kläger bei der vorbereitenden Tagsatzung am 8. November 2022 sowie bei jeder der darauf folgenden sechs Tagsatzungen anwesend gewesen. Außerdem habe der Kläger erst fünf Tage nach Zustellung des Urteils, also am 23. November 2024, erstmals nach Informationen über den Laienrichter gesucht, um einen Ablehnungsantrag zu konstruieren. Bis zur Einbringung des Ablehnungsantrags seien dann noch weitere zwei Wochen vergangen. Ablehnungsgründe seien aber sofort nach ihrem Bekanntwerden vorzubringen.

Im Übrigen seien die vorgebrachten Ablehnungsgründe völlig verfehlt, unsubstantiiert und unbeachtlich. Die F* AG sei weder wirtschaftlich noch sonst wie von der Beklagten abhängig. Auch könne eine Geschäftsbeziehung zwischen dem G*-Konzern und dem E* Konzern bzw. der F* durch das Gerichtsverfahren in keiner Weise beeinflusst werden. Der Kläger biete keinen einzigen konkreten Beweis für das angeblich „extreme“ Abhängigkeitsverhältnis zwischen der „Unternehmung“ von G* und der Beklagten. Es handle sich um völlig unsubstantiierte Mutmaßungen. Der G*-Konzern, ein Weltkonzern, bzw. die F* sei einer von vielen Kunden und Abnehmern der verfahrenstechnischen Geräte und Anlagen von E*, sodass ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Beklagten und der F* von vornherein nicht bestehen könne. Alleine die Position des Laienrichters als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der F* könne keine Zweifel an seiner Unbefangenheit aufkommen lassen, zumal nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung nicht einmal die Tatsache, dass der Laienrichter Arbeitnehmer einer Gesellschaft ist, die eine beklagte Partei sponsere, ausreichend sei. Zwischen dem vorliegenden Gerichtsverfahren und der F* bzw. dem gesamten G*-Konzern bestünden keine Berührungspunkte. Auch eine rasche Urteilsfällung löse keine Zweifel an der Unbefangenheit von Richtern aus. In der Berufungsbeantwortung bezieht die Beklagte nochmals zur Ablehnung des Laienrichters Stellung.

Der abgelehnte Laienrichter Ing. A* führte in seiner Stellungnahme aus, er habe sich bei seiner Tätigkeit als fachkundiger Laienrichter in diesem Verfahren zu jedem Zeitpunkt ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lassen und unvoreingenommen seine Entscheidungen getroffen. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeiten habe zu keinem Zeitpunkt ein Naheverhältnis bestanden, welches eine Offenlegung erfordert hätte. In seiner beruflichen Tätigkeit als Abteilungsleiter habe er kein einziges Mal mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beruflichen oder privaten Kontakt gehabt. Dies gelte auch für seine Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrates; hier habe er immer nur Investbudgets beschlossen und niemals Lieferanten ausgewählt. Der Ablehnungsgrund sei vollkommen haltlos und entbehre jeglicher objektiven Grundlage.

Mit dem angefochtenen Beschluss weist der Ablehnungssenat den Ablehnungsantrag zurück. In rechtlicher Hinsicht führt er aus, dass der Ablehnungsantrag verspätet sei. Die Rechtzeitigkeit der Ablehnung begründe der Ablehnungswerber damit, dass er den Namen des abgelehnten Laienrichters erstmalig mit Zustellung der Urteilsausfertigung erfahren habe. Berücksichtige man, dass dieser ab der ersten Verhandlung vom 8. November 2022 bis zur letzten Tagsatzung am 19. September 2024 an sämtlichen Streitverhandlungen teilgenommen habe, sei auch dessen Name und Identität durch Anführung auf den Protokolldeckblättern und in den Ladungsverfügungen zu den einzelnen Tagsatzungen zweifellos Akteninhalt und damit auch Inhalt des Kenntnisstandes der Parteien geworden. Person und Name des nun abgelehnten Laienrichters seien demnach dem Kläger bzw. seinem rechtsfreundlichen Vertreter – angesichts mehrfach dokumentierter elektronischer Einsichtnahmen in den Verhandlungsakt – spätestens seit der ersten Verhandlung bekannt, weshalb der erst nach Zustellung des Urteils eingebrachte Ablehnungsantrag vom 6. Dezember 2024 jedenfalls als verspätet anzusehen sei.

Aber auch inhaltlich sei das Vorbringen zur Ablehnung nicht geeignet, eine Befangenheit des Laienrichters zu begründen.

Der Kläger stütze die behauptete Befangenheit auf die zwar ausführlich, aber dennoch bloß allgemein dargestellte langjährige Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin und dem G*konzern, welcher global tätig sei und alleine in Österreich über ca. 6000 Beschäftigte verfüge. Gehe man mit dem Ablehnungswerber davon aus, dass sowohl die Beklagte als auch die F* AG bedeutende Akteure in der globalen Halbleiterindustrie seien und zwischen den beiden Unternehmen eine langjährige Geschäftsbeziehung liege, so sei aus dem Vorbringen, welches großteils auf Inhalten der Webseiten der beiden Konzerne basiere, dennoch kein zwingender Schluss auf eine regelrechte Abhängigkeit der F* AG von der Beklagten zu ziehen. Es sei auch nicht erkennbar, warum der Betrieb der G* ohne die Anlagen und Dienstleistungen der Beklagten nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sein solle, da weder davon ausgegangen werden müsse, dass die Beklagte die einzige Herstellerin solcher Produktionsanlagen sei, noch behauptet werde, dass G* ausschließlich mit Anlagen der Beklagten produziere. Der Ablehnungsbewerber verweise in diesem Zusammenhang bloß darauf, dass „unterschiedliche Anlagen der beklagten Partei eingesetzt werden“ und in den Jahren 2004 und 2017 die Muttergesellschaft der Beklagten in ihrer Funktion als Lieferantin ausgezeichnet worden sei. Eine tatsächlich vorliegende wirtschaftliche Abhängigkeit im Sinne des behaupteten extremen Abhängigkeitsverhältnisses, welches bei einer Störung der Geschäftsbeziehung für die F* AG existenzgefährdend wäre, sei daraus nicht plausibel ableitbar. Dass G* ausschließlich mit Anlagen der Beklagten produziere bzw. produzieren könne, gehe nicht hervor, ebenso wenig, dass ein anderer Prozessausgang die langjährige Geschäftsbeziehung – es handle sich um zwei weltweit tätige Unternehmen mit jeweils mehreren 1000 Mitarbeitern – überhaupt gefährden würde. Dass der abgelehnte Laienrichter selbst ein – mittelbares oder unmittelbares – eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens habe, sei im Ablehnungsantrag gar nicht behauptet worden. Unter Bedachtnahme auf die vorliegende Stellungnahme des Laienrichters lasse sich auch kein Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter bzw. seiner ehemaligen Funktion als Abteilungsleiter und dem Prozessgegenstand herstellen, weshalb sich auch daraus kein Grund für eine Befangenheit ergebe. Warum aus der vorbildlich raschen Urteilsfällung und -ausfertigung durch die Vorsitzende eine Befangenheit des Laienrichters abzuleiten sein solle, bleibe dem Befangenheitssenat verborgen. Soweit die behauptete Befangenheit des Laienrichters mit einer unzureichenden Auseinandersetzung des abgelehnten Richterkollegiums mit Beweisergebnissen zu begründen versucht werde, sei darauf zu verweisen, dass Unrichtigkeiten von Gerichtsentscheidungen, wie Verfahrensmängel oder Unrichtigkeiten der Beweiswürdigung, nicht zum Gegenstand eines Ablehnungsverfahrens gemacht werden könnten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers und Ablehnungswerbers erkennbar aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer vollinhaltlichen Stattgebung abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Dem Rekurs tritt die Beklagte mit einer Rekursbeantwortung entgegen und beantragt, diesem keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Generell wirft der Rekurswerber dem Erstgericht vor, dass es zahlreiches Vorbringen übergangen habe und sich mit den Ablehnungsgründen mangelnd und bis gar nicht auseinandergesetzt habe.

Vorweg ist klarzustellen, dass für die Ablehnung von fachkundigen Laienrichtern grundsätzlich die §§ 19 ff JN gelten ( Neumayr in ZellKomm 3 § 34 ASGG Rz 1mwN).

1.: Zur Frage der Rechtzeitigkeit des Ablehnungsantrags:

Gemäß § 21 Abs 2 JN kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei demselben, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat.

Mit dieser Bestimmung vermeidet das Gesetz eine Prozessverschleppung und zwingt die Parteien, Ablehnungsgründe sofort nach ihrem Bekanntwerden und nicht erst in einem nach prozesstaktischen Kriterien als richtig angesehenen Zeitpunkt vorzubringen. Sie soll daher willkürlicher Verzögerung entgegenwirken und verhindern, dass bereits geleistete prozessuale Arbeit nutzlos wird ( Rassi in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 21 JN  Rz 3    (Stand 9.10.2023, rdb.at)). Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt des Bekanntwerdens, nicht hingegen des „Kennenmüssens“ von Tatsachen, die die Besorgnis der Befangenheit begründen (bei Richtern etwa die genaue Kenntnis der Geschäftsverteilung und die darin festgelegte Zuweisung einer Rechtssache an eine bestimmte Geschäftsabteilung; Ballon in Fasching/Konecny 3 § 21 JN Rz1 (Stand 30.11.2013, rdb.at)).

Zur Rechtzeitigkeit des Ablehnungsantrags bringt der Ablehnungswerber vor, ihm seien die Namen der fachkundigen Laienrichter erst mit Zustellung des Urteils des Landesgerichts Klagenfurt bekannt geworden (Punkt I. Seite 2 des Ablehnungsantrags ON 56 im Anlassverfahren). Erst im nächsten Punkt II., mit dem er den Ablehnungsantrag inhaltlich begründet, führt er aus, dass sich mit der Zustellung des Urteils und daran anschließenden Recherchen, die der Kläger ab 23. November 2024 durchgeführt habe, Umstände herausgestellt hätten, die es nach objektiven Merkmalen rechtfertigten, die Unbefangenheit des Laienrichters in Zweifel zu ziehen.

In Ansehung des Namens des Laienrichters muss davon ausgegangen werden, dass dieser dem Kläger und seinem Vertreter jedenfalls schon vorher bekannt war. Im Hinblick auf die elektronische Akteneinsicht in die Protokolldeckblätter und Ladungsverfügungen kann wohl nur davon ausgegangen werden, dass zumindest die rechtsfreundliche Vertretung des Klägers in Kenntnis des Namens des bei insgesamt sieben Tagsatzungen anwesenden Laienrichters war.

Erst im Rekurs verknüpft der Rekurswerber ausdrücklich die Kenntnis der Person des Laienrichters mit den Tatsachen, die nach seiner Ansicht die Besorgnis seiner Befangenheit auslösen. Die Rekursgegnerin verweist durchaus zutreffend darauf, dass der Kläger unter der Voraussetzung, dass er, wie er im Ablehnungsantrag ausführt, nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils Recherchen zur Person des Laienrichters ausgeführt hat, offenkundig mögliche Gründe für einen Ablehnungsantrag gesucht hat, mit dem das für ihn ungünstige Urteil beseitigt werden könnte; diese Überlegung ist zumindest nicht von der Hand zu weisen. Damit wäre allerdings eine Verfristung des Ablehnungsantrags nicht so ohne Weiteres anzunehmen, weil es wohl auf die Kenntnis der Umstände im Zusammenhang mit dem Laienrichter ankommt, die eine Befangenheit begründen.

Dessen ungeachtet muss die Frage der Verspätung vom Rekursgericht nicht abschließend beurteilt werden, weil das Erstgericht den Ablehnungsantrag auch inhaltlich geprüft hat.

2.: Zur Frage des Vorliegens eines Ablehnungsgrundes:

2.1. Gemäß § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (RS0045975 [T1]). In erster Linie kommen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozessparteien oder zu ihren Vertretern in Betracht (RS0045935 [T1]). Ein Richter ist dann als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (RS0046024 [T2]). Eine bloß subjektive Besorgnis einer Partei genügt nicht (RS0046045). § 22 Abs 1 JN fordert die genaue Angabe der Umstände, welche die Ablehnung begründen, in der Ablehnungserklärung (5 Ob 154/07v; RS0045962). Bei Prüfung der Unbefangenheit ist zwar im Interesse des Ansehens der Justiz ein strenger Maßstab anzulegen, die Ablehnung soll jedoch den Parteien nicht die Möglichkeit bieten, sich eines nicht genehm erscheinenden Richters zu entledigen (RS0109379; RS0046087). Insofern ist der Grundsatz der festen Geschäftsverteilung (Art 87 Abs 3 B-VG) in Ergänzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG) in der Judikatur zum Ablehnungsrecht streng verankert (RS0109379).

Allerdings entspricht es auch der ständigen Rechtsprechung, dass es für die Annahme des Vorliegens von Befangenheit genügt, dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein entstehen könnte, der Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten (RS0046052 [T10]).

Wie bereits eingangs dargelegt sind diese Grundsätze auch auf fachkundige Laienrichter anzuwenden.

2.2. Auszugehen ist zunächst vom vorliegenden Gerichtsverfahren, in dem der Kläger seine Kündigung durch die Beklagte, die Teil des internationalen E* Corporation Konzerns ist, mit der Begründung vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten in eventu des Vorliegens eines verpönten Motivs bekämpft. Dem abgelehnten Laienrichter wird vorgeworfen, als Aufsichtsrat infolge seiner Betriebsratsfunktion (Arbeitnehmervertreter) in der F* AG (in der Folge kurz F*) befangen zu sein, weil die Beklagte im Rahmen einer langjährigen, in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis bestehenden Geschäftsbeziehung Geschäftspartner der F* ist.

2.3. Der Rekurswerber bemängelt an der Entscheidung des Ablehnungssenats zunächst die fehlende Berücksichtigung der Aufsichtsratsposition verbunden mit den rechtlichen Befugnissen und Pflichten samt Haftung.

Im Weiteren setzt er sich mit der wirtschaftlichen Abhängigkeit der F* von der Beklagten auseinander, wobei er in weiterer Folge seine Ausführungen weitgehend sowohl jeweils auf den Mutterkonzern als auch auf die Tochtergesellschaften bezieht (Seite 11 Punkt 7. des Rekurses).

Dabei bringt er in Anschlag:

– den Erwerb langlebiger und hochkomplexer Wirtschaftsgüter im Vergleich zu einfachen Wirtschaftsgütern;

– eine bereits bestehende Abhängigkeit durch den Einsatz der Anlagen der Beklagten (hoher Marktanteil weltweit) in der Halbleiterproduktion;

– das Bestehen langfristiger bereits vorhandener Abhängigkeit aufgrund der Notwendigkeit regelmäßiger Wartungen, Reparaturen, Fehlerbehebungen, Lieferung von Ersatzteilen, ständige Innovationen, Upgrades, Software Upgrades;

– Installation und Inbetriebnahme neuer Anlagen, Personalschulungen.

In einem weiteren Punkt verweist der Rekurswerber auf die Konsequenzen eines Ausfalls oder verringerter Produktivität bei E* auf G* (wiederum bezogen auf den Mutterkonzern, siehe Seite 15 des Rekurses). Diese beschreibt der Rekurswerber mit Umsatzverlusten, Vertragsstrafen und Kundenverlusten, Beeinträchtigung und Schwächung der langfristigen Marktposition, Unterbrechung der Produktionsabläufe, erhöhten Betriebskosten und Qualitätsproblemen. Schließlich erblickt er eine Abhängigkeit des Mutterkonzerns von G* in der Komplexität der Herstellung von Halbleitern.

2.4. Wie bereits das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, erschließt sich aus alldem ein Abhängigkeitsverhältnis der G* von der Beklagten bzw. deren Mutterkonzern, das auch nur ansatzweise den Anschein einer Befangenheit des fachkundigen Laienrichters als Aufsichtsratsmitglied der F* in dem Sinne begründen könnte, dass er sich bei der Entscheidung von unsachlichen Motiven leiten ließe, nicht.

Ganz grundsätzlich müssen Ablehnungsgründe zudem glaubhaft gemacht werden, sofern sie sich nicht auf protokollarisch festgehaltene Vorfälle während der Verhandlung oder auf den Akteninhalt beziehen ( Ballon in Fasching/Konecny 3 § 22 JN Rz 6 (Stand 30.11.2013, rdb.at)). Insbesondere wenn der Richter die geltend gemachte Befangenheit bestreitet, muss der Ablehnungswerber diese bescheinigen. § 22 Abs 3 JN legt dem Ablehnungswerber demgemäß die Bescheinigungslast auf ( Rassi in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 22 JN Rz 11 (Stand 9.10.2023,  rdb.at)).

Die Ausführungen des Rekurswerbers erschöpfen sich – auch im Rekurs - über weite Bereiche im Versuch, ohne geeignete Unterlagen, insbesondere im Zusammenhang mit den dargestellten Zahlen, die Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Konzernen oder den jeweiligen Tochtergesellschaften darzustellen, und Mutmaßungen anzustellen, was beispielsweise passieren könnte, würde G* keine Anlagen bei der Beklagten (oder deren Mutterkonzern) mehr erwerben, diese nicht mehr warten, reparieren lassen oder Anlagen gar durch andere Hersteller austauschen bzw. ersetzen lassen. Weshalb es aufgrund des konkreten Anlassverfahrens bei einer tatsächlich so positiven und langjährigen Zusammenarbeit dazu kommen sollte und dies eine Befangenheit des abgelehnten Laienrichters begründen sollte, kann nicht nachvollzogen werden. Insbesondere trifft dies auf die Ebene der weltweit operierenden Konzerne zu.

Völlig zutreffend weist der Ablehnungssenat auch darauf hin, dass ein – mittelbares oder unmittelbares – eigenes wirtschaftliches Interesse des abgelehnten Laienrichters am Ausgang des Verfahrens vom Ablehnungswerber gar nicht behauptet wurde und sich im Zusammenhang mit der Stellungnahme des Laienrichters kein Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter bzw. seiner ehemaligen Funktion als Abteilungsleiter und dem Prozessgegenstand herstellen lässt. Daran ändert auch der Umstand, dass er im Rahmen seiner Aufsichtsratstätigkeit „Investbudgets“ (mit)beschlossen hat, nichts. Es bestehen schließlich keine Hinweise darauf, dass der abgelehnte Laienrichter in die vom Rekurswerber ausführlich dargestellten Geschäftsbeziehungen zwischen den Mutterkonzernen bzw. Tochtergesellschaften involviert war. Die weiteren Ausführungen im Rekurs, die Angaben des abgelehnten Laienrichters dahingehend, er habe im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Abteilungsleiter kein einziges Mal mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beruflichen oder privaten Kontakt gehabt, seien unglaubwürdig, werden nur mit einer „allgemeinen Lebenserfahrung“ (Stadt in der Größe von ** zu einem Unternehmen, das als wichtiger Lieferant auftrete und bei dem ca. 900 Mitarbeiter beschäftigt seien) begründet, die derartige Kontakte gar nicht vermeiden ließen, und bleiben demgemäß unbelegt.

Zusammenfassend zeigt der Rekurs keine Aspekte auf, die geeignet wären, den objektiven Anschein einer Befangenheit des abgelehnten Laienrichters zu begründen, weshalb diesem ein Erfolg zu versagen war.

Das Ablehnungsverfahren bildet nach der ständigen Rechtsprechung einen Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RS0126588; 8 Ob 59/23v; OLG Graz 6 R 1/25 a, 7 R 3/25 b). Demgemäß richtet sich die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens nach den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO i.V.m. § 2 Abs 1 ASGG. Da sich das Klagehauptbegehren auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses ausgehend von einem vertraglichen Kündigungsschutz richtet, liegt keine Streitigkeit nach § 50 Abs 2 ASGG vor, für die eine Kostenersatzpflicht erst vor dem Obersten Gerichtshof gegeben wäre (§ 58 Abs 1 ASGG).

Der Revisionsrekurs ist in Ablehnungssachen gemäß § 24 Abs 2 JN jedenfalls unzulässig (RS0098751).

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