8Bs141/25h – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Senatspräsidenten Mag. Ohrnhofer (Vorsitz) und die Richter Mag. Koller und Mag. Petzner, Bakk. in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, 15 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 18. Dezember 2024, GZ **-27, nach der am 3. Juni 2025 in Gegenwart des Oberstaatsanwalts Dr. Kirschenhofer und der Angeklagten durchgeführten öffentlichen Verhandlung
I. zu Recht erkannt :
Spruch
Aus Anlass der Berufung wird über A* unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichts Wolfsberg vom 19. März 2025, AZ B*, die Zusatzfreiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
II. den Beschluss gefasst :
Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO wird die bedingte Entlassung zu AZ C* des Landesgerichts Klagenfurt widerrufen.
gründe:
Text
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am D* geborene A* des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür in Anwendung von § 39 Abs 1 StGB nach § 147 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet. Ferner enthält das Urteil ein (auf dem Anerkenntnis der Angeklagten beruhendes [ON 26, PS 3]) unbekämpft gebliebenes Adhäsionserkenntnis.
Dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch zufolge hat sie in ** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen, „teilweise unter Verwendung falscher Daten“, zu nachgenannten Handlungen verleitet bzw zu verleiten versucht, die diese in einem EUR 5.000,00 nicht übersteigenden Betrag von EUR 3.705,25 am Vermögen schädigten, und zwar
I) am 13. August 2024 E* durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, wobei sie dem Geschädigten zur Untermauerung der Täuschung eine „Transaktionsvorbereitung“ übermittelte, zur Lieferung eines Mobiltelefons der Marke Samsung Galaxy A55 samt Ladegerät und Handyhülle im Wert von EUR 410,00;
II) Ende Juli 2024 F* durch die wahrheitswidrige Vorgabe, ihre Wohnung in ** vermieten zu wollen, zur Überweisung eines Geldbetrags von insgesamt EUR 1.300,00 für die Möbelablöse;
III) Verfügungsberechtigte der G* GmbH durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, teils unter Verwendung falscher Daten, zum Abschluss nachangeführter Verträge, wodurch der genannten Gesellschaft ein Schaden in der Höhe von EUR 1.995,25 entstand, und zwar
1. am 31. Dezember 2023 unter Angabe des Namens „H*, geboren am **“,
2. am 10. Februar 2024 unter Angabe des Namens „I*, geboren am D*“,
3. am 3. März 2024 unter Angabe des Namens „J*, geboren am D*“, wobei der Vertragsabschluss abgelehnt wurde und es daher beim Versuch blieb,
4. am 31. Mai 2024 unter Angabe ihres eigenen Namens samt Geburtsdatums,
5. am 21. Juli 2024 unter Angabe der Namen „K*, geboren am D*“ und „L*, geboren am D*“.
Mit unter einem gefassten Beschluss widerrief das Erstgericht gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB die der Angeklagten im Verfahren AZ C* des Landesgerichts Klagenfurt gewährte bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe (Strafrest 22 Tage; vgl ON 16).
Gegen das Urteil richtet sich die zum Nachteil der Angeklagten ausgeführte Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe, mit der sie die Anhebung des Strafmaßes anstrebt (ON 31.1).
1. Zur Berufung :
Rechtliche Beurteilung
Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO (§§ 489 Abs 1 zweiter Satz, § 471 StPO) ist zunächst anzumerken, dass sich aus den Entscheidungsgründen, die zur Verdeutlichung des Spruchs herangezogen werden können (RS0098734, RS0098795), unmissverständlich ergibt, dass nur die zu III) 1., 2., 3. und 5. dargestellten (Betrugs-)Taten dem Qualifikationstatbestand des § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB unterstellt wurden, sodass dem Urteil kein von Amts wegen wahrzunehmender Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) anhaftet.
Die Angeklagte wurde in der Zwischenzeit mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Bezirksgerichts Wolfsberg vom 19. März 2025 , AZ B*, wegen des am 28. Oktober 2024 begangenen Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB zur Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die vom gegenständlichen Schuldspruch umfassten Taten hätten nach der Zeit ihrer Begehung bereits in diesem Verfahren abgeurteilt werden können. Auf diesen Umstand ist gemäß § 31 Abs 1 erster und zweiter Satz StGB dadurch Bedacht zu nehmen, dass zu der im Vorverfahren verhängten Sanktion eine Zusatzstrafe zu verhängen ist, deren Höchstmaß jene Strafe nicht übersteigen darf, die für die nun abzuurteilenden Taten angedroht ist (Freiheitsstrafe von bis zu viereinhalb Jahren [§ 147 Abs 2 StGB iVm § 39 Abs 1 StGB]), und deren Summe nach § 31 Abs 1 dritter Satz StGB die Strafe nicht übersteigen darf, die nach den Regeln über die Strafbemessung beim Zusammentreffen strafbarer Handlungen und über die Zusammenrechnung der Werte und Schadensbeträge zulässig wäre. Demgemäß ist bei der Bemessung der Zusatzstrafe zu prüfen, welche Strafe bei gemeinsamer Aburteilung der Strafen verhängt worden wäre und ist von dieser die bereits im vorangegangenen Urteil ausgesprochene Strafe abzuziehen (RIS-Justiz RS0090661).
Unter Einbeziehung der (rechtsrichtig anzuwendenden) besonderen Strafbemessungsgründe des Vor-Urteils ( Ratz , WK² StGB § 40 Rz 2; RIS-Justiz RS0091425) ist als erschwerend zu werten, dass die Angeklagte mehrere (wenngleich zu einer Subsumtionseinheit nach § 29 StGB zusammengefasste) strafbare Handlungen derselben Art begangen hat (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB; Riffel , WK 2 StGB § 33 Rz 3) und – bereinigt um ein Zusatzstrafenverhältnis (Nr. 7 der Strafregisterauskunft) – schon sieben Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; zur Einschlägigkeit sämtlicher Vorstrafen bei Anwendung des § 39 Abs 1 StGB siehe RIS-Justiz RS0091527 [T3]; Riffel , WK 2 StGB § 33 Rz 8).
Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) wirken der – eine besondere Nachhaltigkeit der wertwidrigen Einstellung der Angeklagten demonstrierende – rasche Rückfall nach der letzten Verurteilung durch das Landesgericht Klagenfurt am 15. Mai 2024, AZ **, ungeachtet des bevorstehenden Vollzugs der dort verhängten viermonatigen Freiheitsstrafe (Nr. 8 der Strafregisterauskunft), die Tatbegehung teils während dieses Strafverfahrens (Vernehmung als Beschuldigte am 28. November 2023 [dort: ON 2.4.2.6]) sowie in einer bereits auf fünf Jahre verlängerten Probezeit nach einer bedingten Entlassung aggravierend.
Mildernd hingegen sind das sowohl hier als auch im Bedachtnahmeverfahren abgelegte reumütige und auch wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB) sowie, dass es in Ansehung der zu III.3. abgeurteilten Tat beim Versuch blieb (§ 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB).
Ausgehend von diesen Strafbemessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) wäre auf Grundlage der Schuld der Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) und mit Blick auf den geringen Erfolgsunwert bei gemeinsamer Aburteilung aller Taten die Verhängung einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten schuld- und tatangemessen. Nach Abzug der in dem vorangegangenen (§ 31 Abs 1 StGB) Urteil verhängten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verbleibt eine Zusatzfreiheitsstrafe von sieben Monaten.
Eine bedingte Nachsicht der Sanktion (§ 43 StGB) kommt mit Blick auf das massiv einschlägig getrübte Vorleben und die Tatbegehung im raschen Rückfall nach einer Verurteilung und während einer Probezeit aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht.
Auf diese Entscheidung ist die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung ist eine Folge der Sachentscheidung und gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
2. Zum Beschluss :
Die Abänderung des Strafausspruchs bedingt den Wegfall des vom Erstgericht gefassten Beschlusses nach § 494a StPO, weshalb das Berufungsgericht über den Widerruf der bedingten Entlassung neu zu entscheiden hat ( Jerabek , WK-StPO § 498 Rz 8; RIS-Justiz RS0101886).
Aufgrund des wiederholten einschlägigen Rückfalls während einer bereits auf fünf Jahre verlängerten Probezeit nach einer Verurteilung zu einer unbedingten Haftstrafe bedarf es zusätzlich zu der verhängten Freiheitsstrafe auch des Widerrufs der bedingten Entlassung zu AZ C* des Landesgerichts Klagenfurt betreffend eines Strafrests von 22 Tagen, um die gebotene spezialpräventive Wirkung, und zwar die Angeklagte von weiteren Straftaten dieser oder anderer Art abzuhalten, zu erreichen.