8Bs102/25y – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Haas als Einzelrichterin in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 27. März 2025, AZ ** (ON 14 der Akten AZ ** der Staatsanwaltschaft Graz), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung des A* mit EUR 1.000,00 festgesetzt wird.
begründung:
Text
Am 5. Juli 2024 stellte die Staatsanwaltschaft Graz das gegen A* wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB geführte Ermittlungsverfahren nach § 190 Abs 2 StPO ein und verständigte hiervon den Verteidiger der Genannten (ON 1.3). Ein Fortführungsantrag der Mag a . B* wurde am 24. März 2025 vom Drei-Richter-Senat des Landesgerichts für Strafsachen Graz abgewiesen (ON 12.3).
Am 26. März 2025 beantragte A* unter Vorlage eines Kostenverzeichnisses die Zuerkennung eines Beitrags zu den Kosten seiner Verteidigung im Ermittlungsverfahren von EUR 2.650,42 (ON 13).
Mit dem angefochtenen Beschluss erkannte das Erstgericht ihm einen Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung von EUR 230,00 zu (ON 14).
Dagegen richtet sich seine Beschwerde, mit der er den Zuspruch eines höheren Beitrags zu den Kosten der Verteidigung von EUR 1.312,70 begehrt (ON 15.3).
Die Oberstaatsanwaltschaft Graz äußerte sich dazu inhaltlich nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Wird (wie hier) ein Ermittlungsverfahren gemäß § 190 StPO eingestellt, so hat der Bund dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf (in der hier relevanten Grundstufe [„Stufe 1“]) den Betrag von EUR 6.000,00 nicht übersteigen (§ 196a Abs 1 StPO).
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein durchschnittliches Standardverfahren im Regelfall eine Besprechung mit dem Mandanten, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw. einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenen Aktenstudium bzw. Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) rund EUR 3.000,00 an Aufwand für die Verteidigung verursacht. Bei einem Verfahren, das in die bezirksanwaltliche Zuständigkeit fällt, wird aufgrund der im Regelfall geringeren Komplexität und kürzeren Verfahrensdauer ein Richtwert von EUR 1.500,00 angenommen. Erfolgs- und Erschwerniszuschläge bleiben dabei außer Betracht. Diese Beträge stellen die Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags dar. Der im Einzelfall zuzuerkennende Betrag hat sich sodann je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag anzunähern oder sich von diesem weiter zu entfernen (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 5; Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 31. Juli 2024, GZ 2024-0.561.623, 6).
Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich freilich, dass (weiterhin) lediglich ein (nach freiem richterlichem Ermessen festzusetzender pauschaler) Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten ist. Eine Verpflichtung, dem Beschuldigten sämtliche Aufwendungen für seine Verteidigung zu ersetzen, sieht das Gesetz nicht vor. Derartiges ergibt sich auch weder aus den geltenden Verfassungsbestimmungen noch aus der Judikatur des EGMR (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 2).
Im Gegenstand dauerte das Ermittlungsverfahren insgesamt rund sechs Wochen. Die Ermittlungsakten umfassten bis zur Einstellung sechs Ordnungsnummern. Der Bericht ON 2.2 verweist lediglich auf die (fünfeinhalbseitige) Anzeige ON 2.3, der Abschlussbericht ON 6.2 umfasst ca. eineinhalb Seiten und enthält weiters im Wesentlichen ein Personalblatt (ON 6.3) und eine Strafregisterauskunft (ON 6.4) des Beschuldigten sowie das Protokoll seiner (ohne Verteidiger durchgeführten) Einvernahme (ON 6.5).
Bei dem in Rede stehenden Vorwurf, der Beschwerdeführer habe das Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB begangen, indem er Mag a . B* vorgeblich aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes für Besitzstörung zu einer Zahlung von EUR 180,00 veranlassen wollte, handelte es sich um einen einfachen Sachverhalt, der von der Staatsanwaltschaft auf der Tatsachenebene gelöst wurde (s. ON 8).
Die (in diesem Umfang notwendige und zweckmäßige) aktenmäßig dokumentierte Tätigkeit des Verteidigers bis zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens umfasste eine Vollmachtsbekanntgabe (verbunden mit dem Antrag auf Akteneinsicht; ON 4.2) sowie die Erstattung einer zweieinhalbseitigen Stellungnahme mit drei Beilagen (ON 5.2 iVm ON 5.3 bis ON 5.5). Die im Fortführungsverfahren AZ 15 Bl 5/24b des Landesgerichts für Strafsachen Graz zusätzlich zu einem Antrag vom 10. Oktober 2024 auf Zustellung von Einstellungsbegründung und Fortführungsantrag sowie auf Gewährung von Akteneinsicht erstattete Stellungnahme vom 22. Oktober 2024 (zur grundsätzlichen Ersatzfähigkeit einer Äußerung zu einem Fortführungsantrag mit überzeugender Argumentation jüngst OLG Wien 21 Bs 14/25z [unveröff]) ist inhaltlich weitestgehend ident mit der Stellungnahme ON 5.2 (samt Beilagen). Für den Antrag auf Leistung eines Beitrags zu den Kosten der Verteidigung nach § 196a StPO selbst (hier: ON 14.2) können weiterhin keine Kosten verzeichnet werden (vgl. zur Rechtslage vor BGBl I 2024/96 Lendl in WK StPO § 393a Rz 23; zu § 196a StPO jüngst OLG Wien 23 Bs 11/25y [unveröff]).
Zusammengefasst handelte es sich fallbezogen um einen an sich einfachen Verteidigungsfall, in dem der notwendige und zweckmäßige Aufwand des Verteidigers etwas unter jenem eines in die bezirksgerichtliche Zuständigkeit fallenden durchschnittlichen Standardverfahrens lag. Bei einer Gesamtabwägung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Bemessungskriterien erachtet das Beschwerdegericht daher einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung von EUR 1.000,00 für angemessen.
Die Neufassung der Auszahlungsanordnung obliegt dem Erstgericht.
R echtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).