9Bs275/24w – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch den Richter Mag. Obmann, LL.M. in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15. Oktober 2024, GZ B*-282, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung der A* mit EUR 12.500,00 festgesetzt wird.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Text
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 30. August 2024, GZ B*-269, wurde A*, die erst im Hauptverfahren von einem Verteidiger vertreten war, von der wider sie mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz vom 17. Mai 2024, AZ ** (ON 242), erhobenen Anklage wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 4 erster und zweiter Fall StGB gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 269).
Mit Eingabe vom 18. September 2024 beantragte A* unter Vorlage eines Leistungsverzeichnisses ihres Verteidigers die Zuerkennung eines Beitrags von EUR 21.042,58 zu den Kosten ihrer Verteidigung.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den Beitrag zu den Kosten ihrer Verteidigung mit EUR 6.000,00 (ON 282).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der A* (ON 282a), mit der sie den Zuspruch eines Betrages von insgesamt EUR 20.000,00 anstrebt.
Das Erstgericht hat im bekämpften Beschluss den (hier relevanten) wesentlichen Gang des Hauptverfahrens sowie die anzuwendenden Normen, somit die Sach- und Rechtslage zutreffend dargestellt, weshalb darauf verwiesen wird (RIS-Justiz RS0115236 [insb T1]).
Der Beschwerdeführerin ist zunächst zu konzedieren, dass der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung mit Blick auf die Neuregelung des § 393a StPO mit BGBl I 2024/96 bei einem durchschnittlich einfachen Verteidigungsfall nicht stets mit 10% des Höchstbetrages festzusetzen ist, sondern im Fall eines durchschnittlichen Verfahrens der Stufe 1 von den durchschnittlichen Verteidigerkosten für ein „Standardverfahren“ auszugehen ist und der sich dabei unter Berücksichtigung der Verfahrensart ergebende Betrag (hier: EUR 15.000,00) als Ausgangsbasis für die konkrete und unter Heranziehung der in § 393a Abs 2 StPO genannten Kriterien vorzunehmende Bemessung des Verteidigerkostenbeitrags heranzuziehen ist (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 8; Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 31. Juli 2024, GZ 2024-0.561.623, 6 ff). Allerdings kann der pauschale Beitrag zu den Kosten des Verteidigers stets nur ein Beitrag sein und soll er nicht die gesamten Verteidigerkosten ersetzen. Denn eine Verpflichtung, dem Freigesprochenen sämtliche Aufwendungen für seine Verteidigung zu ersetzen, sieht das Gesetz nicht vor und ist eine solche Verpflichtung weder den geltenden Verfassungsbestimmungen noch der Judikatur des EGMR zu entnehmen (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 2).
Der Beitrag zu den Kosten der Verteidigung ist nach § 393a Abs 2 StPO unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf nach Abs 2 Z 1 leg cit im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht EUR 30.000,00 nicht übersteigen.
Rechtliche Beurteilung
Mit Blick auf die gegen die Beschwerdeführerin erhobenen Tatvorwürfe ist dem Verfahren jedoch nur eine durchschnittliche Komplexität der Sach- und Rechtslage zuzubilligen, zumal ungeachtet des Aktenumfangs (268 Ordnungsnummern bis zu dem in Ansehung der Beschwerdeführerin rechtskräftigen Urteil) die Schwierigkeit des Verfahrens bezogen auf die Beschwerdeführerin in der Lösung der Tat- und nicht der Rechtsfrage lag. Fraglich war nämlich, ob die Beschwerdeführerin im Rahmen des Verbrechens des Suchtgifthandels Suchtgifttransporte organisierte, teilweise selbst durchführte, Suchtgift verkaufte und das aus den Suchtgiftgeschäften lukrierte Geld verwaltete und dieses im Rahmen des Verbrechens der Geldwäsche zur Verschleierung dessen illegaler Herkunft in eine Liegenschaft, hochpreisige Güter und Geschäftslokale investierte und waren diese Fragen allein auf der Beweiswürdigungsebene zu lösen.
Der Verteidiger wurde erst im Hauptverfahren, an das bezogen auf die Beschwerdeführerin auch kein Rechtsmittelverfahren anschloss, tätig und umfasste sein Einschreiten neben einer Vollmachtsbekanntgabe, damit verbunden ein Antrag auf Akteneinsicht, die Vertretung der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung, die an drei Tagen stattfand und insgesamt rund einundzwanzig Stunden dauerte (ON 266, ON 267 und ON 268), sodass selbst unter Berücksichtigung einer Mandatsübernahme wenige Wochen vor der Hauptverhandlung gemessen an der Verfahrensart noch kein überdurchschnittlicher Verteidigungsaufwand vorliegt.
Nach Maßgabe der (durchschnittlichen) Verfahrenskomplexität und -dauer sowie des dargestellten Ausmaßes des (notwendigen und auch zweckmäßigen) Einsatzes des Verteidigers ist bei Gesamtabwägung der vom Gesetzgeber vorgegebenen Kriterien ein Beitrag von EUR 12.500,00 zu den Kosten der Verteidigung angemessen.