JudikaturOLG Graz

8Bs80/25p – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Berzkovics (Vorsitz) sowie die Richter Mag. Petzner, Bakk. und Mag. Obmann, LL.M. in der Strafsache gegen A* wegen Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 28. Jänner 2025, GZ **-20a, und dessen Beschwerde gegen die gleichzeitig gefassten Beschlüsse gemäß §§ 494, 494a StPO nach der am 28. Mai 2025 in Gegenwart der Oberstaatsanwältin Mag a . Dexer und des Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Reichenvater, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten A* durchgeführten Berufungsverhandlung

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Auf die Berufung wegen Nichtigkeit wird keine Rücksicht genommen.

Der weiteren Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

2. den Beschluss gefasst:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

gründe:

Text

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür in Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 105 Abs 1 StGB zur für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Mit dem unter einem gefassten Beschluss wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO iVm § 53 Abs 1 und Abs 3 StPO vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ B* des Landesgerichts Leoben abgesehen und die Probezeit gemäß § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.

Aus Anlass der Verurteilung ordnete das Gericht gemäß § 494 Abs 1 StPO iVm § 50 Abs 1 StGB mit dem nicht gesondert ausgefertigten Beschluss (siehe aber RIS-Justiz RS0101841 [T1], RS0120887 [T2 und T3]) für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe an.

Dem Schuldspruch zufolge hat der Angeklagte am 28. Juli 2024 C*

1. in ** mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich mit ihm mitzukommen und mit ihm im Zug nach D* mitzufahren, genötigt, indem er sie zum Bahnhof zog und in weiterer Folge gegen ihren Willen festhielt, mit dem Arm umfasste und in einen Zug zog und dort festhielt;

2. in ** mit Gewalt zu einer Unterlassung, nämlich nicht wegzulaufen, genötigt, indem er sie, als sie aus dem Zug nach D* entwischt war, verfolgte und wieder zurück zum und in den Zug zog.

Gegen dieses Urteil richtet sich die unmittelbar nach der Verkündung des Urteils angemeldete „volle“ Berufung des Angeklagten (ON 20.2, 9), die in weiterer Folge nur wegen des Ausspruchs über die Schuld und die Strafe zur Ausführung gelangte (ON 24). Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe impliziert nach § 498 Abs 3 StPO die Beschwerde gegen den Beschluss auf Verlängerung der Probezeit zu AZ B* des Landesgerichts Leoben sowie gegen die Anordnung der Bewährungshilfe.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung und die Beschwerde sind nicht erfolgreich.

Auf die Berufung des Angeklagten wegen Nichtigkeit ist gemäß §§ 489 Abs 1, 467 Abs 2 StPO keine Rücksicht zu nehmen, weil er weder bei der Anmeldung der Berufung noch in der Berufungsschrift ausdrücklich erklärt hat, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen will. Amtswegig wahrzunehmende Nichtigkeit haftet dem Urteil nicht an.

Die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Schuld ist nicht erfolgreich, weil gegen die Richtigkeit der im Urteil erster Instanz enthaltenen Feststellungen keine Bedenken bestehen. Die Erstrichterin nahm auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse eine sehr ausführliche und für das Rechtsmittelgericht gut nachvollziehbare Abwägung vor, die gemessen am Akteninhalt mit den Denkgesetzen der Logik im Einklang steht und unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Lebenserfahrung überzeugend ist. Entgegen der leugnenden Einlassung des Angeklagten (ON 2.5, ON 12.2, 2 ff und ON 20.2, 2) stützte sie die Sachverhaltsannahmen zum objektiven Tatgeschehen in nicht zu beanstandender Weise auf die Angaben des als Zeugin einvernommenen Opfers C* (ON 2.6 und ON 12.2, 6 ff) und der weiteren Zeugen E* (ON 2.8 und ON 20.2, 5 ff), RI F* (ON 20.2, 3 ff) und AI G* (ON 20.2, 11 ff) deren Schilderungen sie aufgrund des von ihnen gewonnenen persönlichen Eindrucks (vgl RIS-Justiz RS0098413 und RS0106588) für überzeugend hielt. Mit Blick auf den vom Erstgericht gewonnenen persönlichen Eindruck vom Angeklagten und dessen widersprüchliche Angaben, auf die das Erstgericht in der Beweiswürdigung detailliert einging (US 5 ff), ist die erstgerichtliche Wertung der Aussagen des Angeklagten als unglaubwürdig und solcherart das Erstgericht nicht überzeugend nicht zu kritisieren, zumal sich aus dem Akteninhalt keine Hinweise darauf ergeben, dass die Zeugen den Angeklagten wahrheitswidrig belastet hätten. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Opfers sowie der weiteren Zeugen und die plausible und schlüssige Beweiswürdigung des Erstgerichts zu erwecken gelingt der Rechtsmittelschrift nicht. In der solcherart gebotenen Kürze ist den bezughabenden Rechtsmittelausführungen zu erwidern, dass aus der Aussage des Opfers eindeutig hervorgeht, dass es dem Angeklagten mehrfach mitgeteilt habe nach Hause zu wollen (ON 12.2, 8 erster Absatz und 9 letzter Absatz) und er ihm das Handy weggenommen habe als es versucht habe, Hilfe zu rufen (ON 2.6, 4). Soweit der Angeklagte argumentiert, dass das Opfer andere Personen hätte ansprechen können, wenn es tatsächlich Angst vor ihm gehabt hätte, ist ihm zu erwidern, dass es dies tatsächlich, jedoch vom Angeklagten unbemerkt getan hat (Zeugin C* in ON 12.2, 8; Zeuge E* in ON 2.8, 3 und ON 20.2, 6) und führte dies letztlich auch zum Einschreiten der Kriminalpolizei (ON 2.2). Soweit der Angeklagte moniert, dass er die Handzeichen, mit denen das Opfer andere um Hilfe bat, nicht bemerkt hätte, ist anzumerken, dass es gerade Sinn dieser Geste ist, Dritte vom Täter unbemerkt um Hilfe zu bitten.

Auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite sind trotz der leugnenden Angaben des Angeklagten nicht zu kritisieren, sondern vielmehr zwingender Schluss aus dem Tatgeschehen und – wie hier – bei leugnenden Angeklagten in der Regel methodisch gar nicht zu ersetzen und rechtsstaatlich vertretbar (RIS-Justiz RS0116882 und RS0098671; Ratz in WK-StPO § 281 Rz 452).

Das Rechtsmittelgericht hegt somit im Rahmen der bei der Prüfung der Beweiswürdigung anzustellenden Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der erstrichterlichen Lösung der Schuldfrage.

Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ist nicht erfolgreich.

Fallbezogen reicht die Strafbefugnis nach § 105 Abs 1 StGB bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen.

Erschwerend ist, dass der Angeklagte zwei strafbare Handlungen derselben Art begangen hat (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB). Schuldsteigernd (§ 32 Abs 2 StGB) ist die Tatbegehung im äußerst raschen Rückfall nach der Verurteilung am 24. Juli 2024 beim Landesgericht Leoben zu AZ B*.

Mildernd ist nichts.

Bei diesem Strafzumessungssachverhalt erweist sich die vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen und solcherart keiner Reduktion zugänglich.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

Zum Beschluss:

Mit Blick auf die Begehung einschlägiger Taten innerhalb der Probezeit und im äußerst raschen Rückfall nach der Verurteilung zu AZ B* des Landesgerichts Leoben stellt sich die Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre als spezialpräventiv gebotenes Mindesterfordernis dar, um den Zeitraum der Bewährung des Angeklagten entsprechend zu erstrecken und seine Legalbewährung sicherzustellen, womit die erstgerichtliche Entscheidung nicht zu kritisieren ist.

Unter Bedachtnahme auf das einschlägig belastete Vorleben und den äußerst raschen Rückfall ist evident, dass der Angeklagte Unterstützung durch die Bewährungshilfe im Bemühen zu straffreiem Leben benötigt, sodass deren Anordnung durch das Erstgericht notwendig und zweckmäßig im Sinne des § 50 Abs 1 StGB und solcherart nicht zu beanstanden ist.

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