1Bs144/24x – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Schwingenschuh als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Wieland und Mag. Redtenbacher in der Strafsache gegen A* B* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über den Einspruch des Angeklagten gegen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Klagenfurt vom 4. Oktober 2024, AZ ** (GZ **-22 des Landesgerichts Klagenfurt), in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Spruch
Der Einspruch wird abgewiesen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festgestellt.
Begründung:
Text
Mit der beeinspruchten Anklageschrift legt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem am ** geborenen ungarischen Staatsbürger A* B* zur Last, er habe zu nachangeführten Zeitpunkten in **
I. zwischen November 2022 und Oktober 2023 gegen C* B* eine längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er sie in regelmäßigen Abständen durch das feste Zusammendrücken ihrer Arme und Oberschenkel am Körper misshandelte und verletzte (Schmerzen und Hämatome) sowie mit Strafe bedrohte Handlungen gegen die Freiheit beging, indem er sie gefährlich mit zumindest einer Verletzung am Körper bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzten, indem er ihr mehrmals sinngemäß sagte, dass er ihren Schädel einschlagen/zerschlagen werde;
II. zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Herbst 2023 ein Tier, nämlich den Familienhund „D*“ der Rasse **, roh misshandelt, indem er ihm aus Wut gegen eine Glastüre schmiss, wodurch die Glastüre zerbrach und „D*“ durch dieses Glas flog;
III. zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach Weihnachten 2023 C* B* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes sowie einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie, als sie gemeinsam auf einer Couch lagen, bei der Hüfte packte, auf den Bauch drehte, ihr Nachthemd hochzog, ihre Unterhose auf die Seite schob und anschließend zuerst seine Finger und dann seinen Penis in ihre Vagina einführte, wobei er C* B* dabei die ganze Zeit mit seinen Unterarmen am Nacken und am unteren Rücken nach unten drückte und derart fixierte.
Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt qualifiziert diese Sachverhalte als zu I. das Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB, zu II. das Vergehen der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB und zu III. das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB.
Gegen diese Anklageschrift richtet sich der Einspruch des Angeklagten mit dem Begehren, das gegen ihn geführte Strafverfahren einzustellen (ON 26). Die Oberstaatsanwaltschaft äußerte sich zu diesem Rechtsbehelf nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Einspruch ist nicht berechtigt.
Das Einspruchsgericht hat aus Anlass des Anklageeinspruches die Zulässigkeit der Anklage und die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes von Amts wegen nach allen Richtungen auf das Vorliegen aller Voraussetzungen zu überprüfen ( Birklbauer in WK-StPO Vor §§ 210 bis 215 Rz 47 und § 215 Rz 4).
Zur Z 1 des § 212 StPO
Die dem Einspruchswerber zur Last gelegten Taten sind unter hypothetischer Annahme ihres Nachweises den von der Anklagebehörde angeführten Tatbeständen zu subsumieren. Anhaltspunkte für Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe ergeben sich aus den Akten nicht. Bleibt in Ansehung des Faktums I. anzumerken, dass der Angeklagte durch die Annahme eines (aufgrund der Gleichartigkeit der Tathandlungen auch indizierten) Fortsetzungszusammenhangs sämtlicher Gewalttaten im Zeitraum zwischen November 2022 und Oktober 2023 trotz deren Unterbrechung für rund zwei Monaten (C* B* in ON 20, 11) nicht beschwert ist (RIS-Justiz RS0117640).
Zur Z 2 des § 212 StPO
Zum objektiven Tathergang begründen die Angaben der Zeugin C* B* (zu I. in ON 2.1, 5 und ON 20, 10 f; zu II. in ON 2.1, 9 f und ON 20, 14; zu III. in ON 2.1, 6 f und ON 20,12 f) in Zusammenschau mit den Lichtbildern der Verletzungen des Tatopfers (ON 10.1) jedenfalls die Möglichkeit anklagekonformer Verurteilung im Sinn des § 210 Abs 1 iVm § 212 Z 2 StPO. Die Angaben der Zeuginnen E* (ON 2.3 = ON 10.7) und F* B* (ON 2.3 = ON 10.6) enthalten zwar keine Schilderungen zu den konkreten Tatvorwürfen, bezeugen aber die vom mutmaßlichen Tatopfer geschilderte Aggressionstendenz des Angeklagten.
In Anbetracht dieser Beweislage ist die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des mutmaßlichen Tatopfers einerseits und der Überzeugungskraft der sämtliche angelasteten Tathandlungen leugnenden Verantwortung des Angeklagten der Hauptverhandlung unter den Bedingungen der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit vorzubehalten. Mit seinen eigenständigen Beweiswerterwägungen ist der Einspruchswerber darauf zu verweisen, vermögen diese den Tatverdacht doch nicht zu entkräften.
Zur Z 3 des § 212 StPO
Sämtliche Beweismittel, die eine unmittelbare Aufklärung des Tatverdachts erwarten lassen, wurden im Ermittlungsverfahren aufgenommen. Soweit der Einspruchswerber die Einvernahme weiterer Zeugen und Zeuginnen zum Beweis eines mit der Tatausführung im Widerspruch stehenden Charakters des Angeklagten releviert, legt er Mängel in der Sachverhaltsklärung nicht nachvollziehbar dar. Denn auch wenn die Beweisführung über die Beweiskraft von Beweisen, etwa zur Glaubwürdigkeit von Zeugen, grundsätzlich zulässig ist (RIS-Justiz RS0120634), lassen die Einspruchsausführungen doch jeglichen Hinweis darauf vermissen, welche sinnlichen Wahrnehmungen über Tatsachen von den Zeugenvernehmungen zu erwarten sind. Nur diese sind Gegenstand der gerichtlichen Beweisaufnahme, während die Wiedergabe subjektiver Eindrücke eines Zeugen nicht in den Rahmen seines gerichtlichen Zeugnisses fällt (RIS-Justiz RS0097545).
Formelle Mängel weist die Anklageschrift nicht auf (§ 212 Z 4 StPO).
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht gründet sich auf § 31 Abs 3 Z 1, § 36 Abs 3 erster Satz StPO, wurde die nach der Verdachtslage nach § 201 Abs 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von zwei bis zehn Jahren strafbare Handlung doch im Sprengel dieses Gerichtshofs ausgeführt (Z 5 und 6 des § 212 StPO).
Gemäß §§ 4 Abs 1, 20 Abs 1 StPO ist die Berechtigung der Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung wegen der dem Angeklagten angelasteten Taten zu bejahen (§ 212 Z 7 StPO).
Hinweise auf eine unrechtmäßige nachträgliche Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens gemäß § 205 Abs 2 StPO oder § 38 Abs 1 oder 1a SMG durch die Anklagebehörde ergeben sich aus den Akten nicht (Z 8 des § 212 StPO).
Da somit keiner der Fälle der Abs 2 bis 4 des § 215 StPO vorliegt, ist der Einspruch nach Abs 6 leg. cit. abzuweisen und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift festzustellen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung steht ein Rechtsmittel nicht zu (§ 214 Abs 1 StPO).