6Ra16/25g – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende, die Richterin Dr in . Meier, den Richter Mag. Schweiger sowie die fachkundigen Laienrichter Färber (Arbeitgeber) und Zimmermann (Arbeitnehmer) als weitere Senatsmitglieder in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Mag a . B*, Rechtsreferentin der Kammer für Arbeiter und Angestellte für C*, **, gegen die beklagte Partei D* , **, vertreten durch Mag. Martin Sudi, Rechtsanwalt in Graz, wegen EUR 8.429,27 brutto samt Anhang, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. Oktober 2024, **-17, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klagsvertretung, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für C*, den pauschalierten Aufwandersatz für das Berufungsverfahren von EUR 625,00 binnen 14 Tagen zu zahlen.
Die Revision ist nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig .
Entscheidungsgründe:
Text
Die Klägerin war seit April 2023 beim Beklagten in Teilzeit als Reinigungskraft beschäftigt und wurde regelmäßig beim E* zur Arbeit eingeteilt. Auf das Dienstverhältnis ist der Kollektivvertrag für Arbeiterinnen/Arbeiter im Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereinigungsgewerbe anzuwenden.
Die Klägerin befand sich vom 24. Oktober bis 3. November 2023 in Pflegeurlaub. In dieser Zeit übernahm ein vom Beklagten eingesetzter Vertreter die Arbeit der Klägerin beim E*.
Nachdem die Klägerin nach Ablauf ihres bis zum 3. November 2023 konsumierten Pflegeurlaubs vom Beklagten nicht zur Arbeit eingeteilt worden war, fragte sie bei diesem mit Nachricht per WhatsApp am Sonntag, dem 12. November 2023 nach, ob der Vertreter weiterhin ihre Stelle bei E* übernehme. Daraufhin teilte der Beklagte ihr mit, dass er erst am Mittwoch, dem 15. November 2023, Genaueres darüber wissen werde. In weiterer Folge entschied der Beklagte, dass der Vertreter, der während des Pflegeurlaubs die Arbeit der Klägerin bei E* übernommen hatte, weiterhin deren Arbeitsplatz übernehmen und die Klägerin gekündigt oder, wenn möglich, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst werden solle. Der Beklagte teilte dies der Klägerin mit Nachricht per WhatsApp am Mittwoch, dem 15. November 2023, mit und erklärte zudem Folgendes:
„Morgen und übermorgen kannst du noch arbeiten und dann werden wird die Abmeldung vornehmen.“
Die Klägerin antwortete daraufhin:
„Wenn das so ist, dann schreibe bitte zwei Tage Urlaub. Und danach schreibe bitte Kündigung durch den Arbeitgeber.“
Mit dem Urlaubswunsch der Klägerin war der Beklagte aber nicht einverstanden und teilte dieser in einer weiteren Nachricht mit:
„Wie du willst. Wenn du nicht kommst und ich sehe, dass du nicht willst, dann ist das Entlassung.“
Die Klägerin erschien am 16. November 2023 nicht auf ihrer Arbeitsstelle, zu der sie vom Beklagten eingeteilt worden war, sondern trat den von ihr gewünschten Urlaub selbständig an.
Nach dem Nachrichtenwechsel am 15. November 2023 hatten die Klägerin und der Beklagte erst wieder am Montag, dem 20. November 2023, Kontakt, als die Klägerin dem Beklagten folgende Nachricht per WhatsApp sendete:
„Guten Tag, können Sie mir sagen, woran ich jetzt bin. Ich meine, was und wie weiter?“
Daraufhin teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er lediglich auf die Bestätigung durch die Steuerberatung warte und ihr die Abmeldung von der gesetzlichen Sozialversicherung anschließend weiterleiten werde. Zudem erfuhr die Klägerin an diesem Tag, dass sie schwanger ist und teilte dies dem Beklagten in einer darauffolgenden Nachricht mit. Sie informierte diesen auch, dass sie eine Bestätigung zum Nachweis der Schwangerschaft vorlegen kann. Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin ebenfalls mit Nachricht per WhatsApp mit den Worten „Ok, schick“ auf, ihm diesen Nachweis zu übersenden, woraufhin die Klägerin ein Foto der ärztlichen Schwangerschaftsbestätigung unter Angabe des voraussichtlichen Entbindungstermins am F* übermittelte. Der Beklagte erhielt das Foto mit dem Nachweis und erlangte somit ebenfalls am Montag, dem 20. November 2023, Kenntnis von der Schwangerschaft der Klägerin.
Am 21. November 2023 sendete der Beklagte der Klägerin per WhatsApp das Dokument der Abmeldung der Klägerin von der gesetzlichen Sozialversicherung. Diese erfolgte mit 21. November 2023 unter Angabe des Abmeldegrunds der fristlosen Entlassung. Das Ende der Beschäftigung war mit 15. November 2023 datiert.
Die Klägerin war anschließend vom 14. Dezember 2023 bis 15. Mai (richtig wohl:) 2024 arbeitslos gemeldet. Ab dem 16. Mai bis zum 5. September 2024 erhielt sie infolge Mutterschutz Wochengeld von der ÖGK. Nach diesem Zeitraum bezog die Klägerin Kinderbetreuungsgeld.
Nachdem der voraussichtliche Entbindungstermin der Klägerin auf den F* fiel, bestand die Schwangerschaft jedenfalls bereits mit Anfang November 2023. Das Kind der Klägerin kam schließlich am ** zur Welt. Eine Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeits- und Sozialgericht liegt nicht vor.
Die Arbeitszeit der Klägerin betrug, verteilt auf fünf Arbeitstage, 15 Stunden pro Woche. Das Entgelt wurde nach dem Kollektivvertrag vereinbart, wobei die Klägerin in die Lohngruppe 6 fiel. In dieser Gruppe werden die kollektivvertraglichen Stundenlöhne für das Jahr 2023 mit EUR 10,58 und für 2024 mit EUR 11,55 festgelegt. Aufgrund ihrer Teilzeitbeschäftigung erhielt sie überdies Urlaubs- und Weihnachtsremuneration aliquot, in dem ihrer Beschäftigung entsprechenden Ausmaß. Die Klägerin leistete am 20. September 2023 von 12.00 Uhr bis 14.00 Uhr zwei Mehrstunden, welche mit EUR 26,45 brutto zu zahlen sind.
Mit ihrer am 3. Mai 2024 eingebrachten Mahnklage begehrt die Klägerin vom Beklagten letztlich (Klagsausdehnung mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2024, ON 14), die Zahlung von EUR 8.429,27 brutto samt Anhang, resultierend aus Kündigungsentschädigung samt anteiligen Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung, Abgeltung für zwei Mehrstunden und Entgelt samt anteiligen Sonderzahlungen von 1. bis 21. November 2023. Begründend bringt die Klägerin vor, dass sie dem Beklagten am 20. November 2023 schriftlich per WhatsApp mitgeteilt habe, dass sie schwanger sei und ihr Kind voraussichtlich am F* zur Welt kommen werde. Sie habe auch eine ärztliche Bestätigung der Schwangerschaft übermittelt. Damit sei sie einem besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz nach dem MSchG unterlegen. Am 21. November 2023 habe sie vom Beklagten das Foto einer Abmeldung von der gesetzlichen Sozialversicherung mit dem Abmeldegrund „fristlose Entlassung“ und dem Ende der Beschäftigung am 15. November 2023 per WhatsApp erhalten. Der Beklagte habe keine Zustimmung des Gerichts zur Entlassung eingeholt. Die Klägerin habe auch keinen Entlassungsgrund gesetzt. Sie lasse die unzulässige Entlassung gegen sich gelten und verlange Schadenersatz nach § 1162b ABGB. Sie habe von 4. bis 15. November 2023 Urlaub konsumiert und nie die Arbeitsleistung verweigert. Der Beklagte habe am 15. November 2023 nicht die Entlassung ausgesprochen.
Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und wendet ein, dass die Klägerin zu Recht entlassen worden sei. Sie habe trotz mehrfacher Aufforderung die Arbeitsleistung verweigert, sodass am 15. November 2023 die Entlassung ausgesprochen worden sei. Das Beschäftigungsverhältnis habe daher mit 15. November 2023 geendet. Eine Inanspruchnahme von Pflegeurlaub vom 24. Oktober bis 3. November 2023 sei mit § 16 Urlaubsgesetz nicht in Einklang zu bringen. Der Urlaub sei nicht ordnungsgemäß beantragt oder gar bewilligt worden. Die Klägerin sei somit vom 24. Oktober bis 15. November 2023 ohne hinreichenden Grund nicht zur Arbeit erschienen und sei trotz Aufforderung auch nicht gewillt gewesen, der Arbeit am 16. und 17. November 2023 nachzukommen.
Die Klägerin habe ihre Schwangerschaft dem Beklagten nicht gesetzmäßig kundgetan. Die Verständigung sei lediglich über WhatsApp erfolgt. Die nachträgliche Meldung einer Schwangerschaft habe unter gleichzeitiger Vorlage einer ärztlichen Bestätigung schriftlich zu erfolgen. WhatsApp erfülle das Schriftformgebot nicht.
Die Dienstnehmerin müsse sich auch anrechnen lassen, was sie sich infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart, durch andere Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe.
Mit dem angefochtenen Urteil gibt das Erstgericht dem Klagebegehren auf Grundlage des eingangs dargestellten und unstrittigen Sachverhalts statt. In rechtlicher Hinsicht vertritt es den Standpunkt, dass die Entlassung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung sei. Sie müsse den betroffenen Teil zugehen, sei aber nicht annahmebedürftig. Es müsse in deutlicher, jeden Zweifel ausschließender Weise erklärt werden, dass der Dienstgeber das Dienstverhältnis fristlos, also sofort, beenden wolle. Es sei jedoch zulässig, eine Entlassung unter Beisetzung einer Potestativbedingung, dass der Arbeitnehmer bei Verwirklichung eines bestimmten Verhaltens „entlassen sei“, bereits auszusprechen, wenn der Arbeitnehmer dieses Verhalten nur angekündigt habe und sonst aus den Umständen hervorgehe, dass er es demnächst verwirklichen wolle. Hier habe der Beklagte der Klägerin mit der Nachricht vom 15. November 2023 klar und unmissverständlich die Entlassung angedroht und diese für den Fall eines eigenmächtigen Urlaubsantritts bedingt ausgesprochen. Da die Klägerin den Urlaub am 16. November 2023 eigenmächtig angetreten habe, würde das Dienstverhältnis grundsätzlich mit diesem Urlaubsantritt enden. Dass sie erst mit 21. November 2023 von der gesetzlichen Sozialversicherung abgemeldet worden sei, sei unerheblich.
Gemäß § 15n MSchG bestehe aber auch bei einer Teilzeitbeschäftigung der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß §§ 10 und 12 MSchG. Infolge § 12 Abs 1 MSchG könnten Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft rechtswirksam nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts entlassen werden. Spreche der Arbeitgeber eine Entlassung ohne Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts aus, bzw unterlasse er es im Falle des § 12 Abs 2 Z 4 und 5 MSchG nachträglich die Zustimmung zur Entlassung einzuholen, sei die Entlassung rechtsunwirksam und das Arbeitsverhältnis nach wie vor aufrecht. Der Entlassungsschutz werde bereits mit dem objektiven Bestehen der Schwangerschaft wirksam und sei nicht an die Kenntnis des Arbeitgebers über die Schwangerschaft geknüpft. Spreche der Arbeitgeber die Entlassung in Unkenntnis der Schwangerschaft aus, gelte § 10 Abs 2 MSchG analog. Die Arbeitnehmerin habe ihre Schwangerschaft binnen fünf Arbeitstagen nach Zugang der Entlassungserklärung bekanntzugeben, um den Entlassungsschutz nicht zu verlieren. Gleichzeitig habe sie die Schwangerschaft durch ein ärztliches Zeugnis zu belegen.
Zufolge des letzten Absatzes des § 10 Abs 2 MSchG sei die Bekanntgabe auch dann rechtzeitig, wenn die Arbeitnehmerin aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nicht innerhalb von fünf Tagen bekanntgeben könne, sofern sie die Bekanntgabe unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachhole. Ein Hinderungsgrund liege vor allem dann vor, wenn die Arbeitnehmerin im Zeitpunkt der Kündigung bzw Entlassung selbst noch keine Kenntnis von ihrer Schwangerschaft gehabt habe.
Die Mitteilung der Schwangerschaft sei an keine besondere Form gebunden. Hier sei die Klägerin jedenfalls ab Anfang November 2023 schwanger gewesen. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der bedingten Entlassung am 15. November 2023 seien beide Parteien darüber in Unkenntnis gewesen. Die Klägerin habe am 20. November 2023 von ihrer Schwangerschaft erfahren und den Beklagten durch eine WhatsApp-Nachricht noch am gleichen Tag davon in Kenntnis gesetzt und nach einer Aufforderung des Beklagten unverzüglich auf diesem Weg eine ärztliche Schwangerschaftsbestätigung übermittelt. Der Beklagte habe daher zum frühestmöglichen Zeitpunkt – jedenfalls binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Entlassung – Kenntnis von der Schwangerschaft der Klägerin gehabt. Nachdem die Mitteilung der Schwangerschaft an keine besondere Form gebunden sei, sei die Vorgehensweise im Hinblick auf die aktuellen Kommunikationsmöglichkeiten und -gepflogenheiten angemessen gewesen.
Der Klägerin sei daher zum Zeitpunkt der Entlassung am 16. November 2023 Entlassungsschutz nach § 12 MSchG zugekommen. Da es der Beklagte unterlassen habe, die Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichts zur Entlassung einzuholen, sei diese rückwirkend rechtsunwirksam.
Die Höhe der Kündigungsentschädigung habe sich an der Bestimmung es § 14 MSchG über die Weiterzahlung des Arbeitsentgelts zu orientieren. Bei der Berechnung der Ersatzansprüche sei die ganze Dauer des Sonderschutzes zuzüglich der Dauer der zu beachtenden Kündigungsfrist zu berücksichtigen. Die Kündigungsentschädigung gebühre daher jedenfalls bis zum Beendigungszeitpunkt, der sich aufgrund des fiktiven, frühestmöglichen Kündigungsausspruch nach Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ergebe.
Die Klägerin habe daher Anspruch auf EUR 8.429,27 brutto. Auf die detaillierte Aufschlüsselung dieses Betrags durch das Erstgericht (Urteilsseiten 9 bis 12) kann verwiesen werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Da das Berufungsgericht die Berufungsausführungen für nicht stichhältig, die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hingegen für zutreffend erachtet, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen und sie – bezugnehmend auf die Argumentation des Beklagten – nur wie folgt kurz zu ergänzen (§ 500a ZPO):
Der Beklagte hält seinen Standpunkt, dass die Klägerin die Schwangerschaft nicht gesetzmäßig kundgetan habe und daher der Schutz des MSchG verwirkt sei, aufrecht. Er argumentiert, dass eine Benachrichtigung mit WhatsApp nicht das Schriftformgebot des § 10 MSchG erfülle. § 3 MSchG, wonach kein besonderes Formerfordernis bestehen solle, sei nicht einschlägig, weil dies lediglich die Mitteilung an den Arbeitgeber bei aufrechtem Arbeitsverhältnis betreffe. Hier sei das Arbeitsverhältnis aber bereits beendet gewesen und habe die Klägerin die Schwangerschaft erst nachträglich gemeldet. Das sei nach § 12 MSchG und nicht nach § 3 MSchG zu bewerten. Aus der Analogie zu § 10 Abs 2 MSchG sei daher zu fordern, dass die schriftliche Bekanntgabe der Schwangerschaft nur dann rechtzeitig sei, wenn sie innerhalb der Fünf-Tage-Frist zur Post gegeben werde, wobei die Schwangerschaft gleichzeitig durch eine Bestätigung des Arztes nachzuweisen sei.
Die Kritik ist unberechtigt.
Es ist zwar richtig, dass die Mitteilungs- und Nachweispflicht gemäß § 3 Abs 4 MSchG lediglich wegen diverser Beschäftigungsverbote besteht. Verlangt der Arbeitgeber keinen Nachweis der Schwangerschaft, besteht für die Arbeitnehmerin im aufrechten Arbeitsverhältnis keine Pflicht, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen (vgl Burger-Ehrnhofer in Mutterschutzgesetz und Väter-Karenz-Gesetz2 § 3 MSchG, 104). Es trifft auch zu, dass die entlassene Arbeitnehmerin, sofern dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft nicht schon bekannt ist, eine Mitteilungsobliegenheit analog zu § 10 Abs 2 MSchG trifft (8 ObA 2003/96h, RIS-Justiz RS0101984). Nach § 10 Abs 2 MSchG ist eine Kündigung auch rechtsunwirksam, wenn die Schwangerschaft bzw Entbindung dem Dienstgeber binnen fünf Arbeitstagen nach Ausspruch der Kündigung, bei schriftlicher Kündigung binnen fünf Tagen nach deren Zustellung bekanntgegeben wird. Die schriftliche Bekanntgabe der Schwangerschaft bzw Entbindung ist rechtzeitig, wenn sie innerhalb der Fünf-Tage-Frist zur Post gegeben wird. Wendet die Dienstnehmerin die Schwangerschaft bzw Entbindung innerhalb der Fünf-Tage-Frist ein, so hat sie gleichzeitig durch eine Bestätigung des Arztes die Schwangerschaft oder die Vermutung der Schwangerschaft nachzuweisen oder die Geburtsurkunde des Kindes vorzuweisen. Kann die Dienstnehmerin aus Gründen, die nicht von ihr zu vertreten sind, dem Dienstgeber die Schwangerschaft bzw Entbindung nicht innerhalb der Fünf-Tage-Frist bekanntgeben, so ist die Bekanntgabe rechtzeitig, wenn sie unmittelbar nach Wegfall des Hinderungsgrunds nachgeholt wird.
Das vom Beklagten ins Treffen geführte Formerfordernis der „Unterschriftlichkeit bzw Schriftlichkeit“ der Bekanntgabe der Schwangerschaft lässt sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht ableiten, wird doch (nur) geregelt, dass – für den Fall einer schriftlichen Bekanntgabe – diese rechtzeitig ist, wenn sie innerhalb der Fünf-Tage-Frist zur Post gegeben wird. Auch im Anwendungsbereich des § 10 Abs 2 MSchG ist die Mitteilung der Schwangerschaft an keine Form gebunden (RIS-Justiz RS0070702). Die Arbeitnehmerin hat aber wenn sie – wie hier – die Schwangerschaft innerhalb der Fünf-Tage-Frist einwendet, die Schwangerschaft gleichzeitig durch eine Bestätigung des Arztes nachzuweisen. Dem ist die Klägerin durch die Übermittlung der ärztlichen Bestätigung per WhatsApp nachgekommen. Zu berücksichtigen war auch, dass die Streitteile ständig über WhatsApp miteinander kommunizierten und auch die „bedingte Entlassung“ mittels einer WhatsApp-Nachricht ausgesprochen wurde. Nach der Rechtsprechung ist ein Dienstgeber, dem eine Mitteilung zugegangen ist, aus welcher sich ergibt, dass die Dienstnehmerin schwanger ist, nach der Übung des redlichen Verkehrs gefordert, eine entsprechende Aufklärung von der Dienstnehmerin zu verlangen oder sich auf andere Weise zu verschaffen, wenn er sich wegen des ihm unklar erscheinenden Inhalts der Mitteilung damit nicht begnügen will (vgl RIS-Justiz RS0070684). Es wäre demnach am Beklagten gelegen gewesen, das Original der ärztlichen Bestätigung der Schwangerschaft zu verlangen, sollte er Bedenken gegen deren Echtheit/Richtigkeit gehabt haben.
Die Ansicht des Erstgerichts, dass die Klägerin rechtswirksam nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts (§ 12 MSchG) entlassen hätte werden können, ist daher zutreffend.
Der Beklagte macht noch geltend, dass sich das Erstgericht mit seinem Einwand, dass sich die Klägerin anrechnen lassen müsse, was sie sich infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart habe, durch andere Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe, nicht näher auseinandergesetzt habe, sodass dem Urteil auch ein sekundärer Feststellungsmangel anhafte.
Dem ist zunächst zu erwidern, dass die Feststellungsgrundlage nur dann mangelhaft ist, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RIS-Justiz RS0053317). Feststellungsmängel setzen also voraus, dass bereits im Verfahren erster Instanz ein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet wurde (1 Ob 241/05f). Sekundäre Feststellungsmängel kommen nur im Rahmen des Tatsachenvorbringens der jeweiligen Partei in Betracht. Ein sekundärer Feststellungsmangel ist daher nur denkbar, wenn die verfahrensrelevante Feststellung von einem ausreichend konkreten Tatsachenvorbringen der Partei erfasst ist (8 Ob 6/17s).
Das Vorbringen des Beklagten in erster Instanz zu dieser Thematik erschöpfte sich in der Wiedergabe der verba legalia des § 1162b ABGB (Seite 3 des Einspruchs vom 23. Mai 2024, ON 4). Ein konkretes Sachverhaltssubstrat behauptete der Beklagte nicht, sodass schon aus diesem Grund der gerügte rechtliche Feststellungsmangel nicht vorliegt. Im Übrigen legt der Beklagte auch in der Berufung nicht dar, welche ergänzenden Feststellungen das Erstgericht im Einzelnen zu treffen gehabt hätte. Schon deswegen bringt er seine Rechtsrüge nicht gesetzmäßig zur Ausführung (9 ObA 102/15p, vgl RS0053317).
Soweit der Beklagte ein individuelles Beschäftigungsverbot nach § 4 MSchG anzieht, weil die Klägerin bei ihrer Tätigkeit Umgang mit chemischen Reinigungs- und Desinfektionsmitteln gehabt habe und die Reinigung der Toiletten zu ihren täglichen Aufgaben gehört habe, woraus er den Schluss ziehen will, dass die Klägerin Anspruch auf Wochengeld gehabt hätte, verstößt er gegen das Neuerungsverbot nach § 482 Abs 2 ZPO. Darüber hinaus übersieht der Beklagte, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach den Feststellungen am 16. November 2023 durch Entlassung beendet war.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang auf § 14 MSchG hingewiesen:
Nach § 14 Abs 1 MSchG hat die Dienstnehmerin Anspruch auf das Entgelt, das dem Durchschnittsverdienst gleichkommt, den sie während der letzten 13 Wochen bezogen hat, wenn die Anwendung der §§ 2b, 4, 4a, 5 Abs 3 und 4 oder des § 6 MSchG, soweit § 10a Abs 3 MSchG nichts anderes bestimmt, eine Änderung der Beschäftigung im Betrieb notwendig macht. Der Anspruch auf Weiterzahlung des bisherigen Entgelts gemäß § 14 MSchG besteht daher bei Beschäftigungsverboten vor der Entbindung wegen schwerer körperlicher Arbeiten und wegen Arbeiten, die nach der Art des Arbeitsvorgangs oder der verwendeten Arbeitsstoffe oder -geräte für die Schwangere oder das ungeborene Kind schädlich sind (§ 4 MSchG). Besteht aufgrund eines Beschäftigungsverbots nach § 4 MSchG keine oder nur mehr eine teilweise Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb, so hat die Arbeitnehmerin dennoch ihren vollen Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber (Burger-Ehrnhofer aaO § 14 MSchG, 306).
Aus diesen Erwägungen ist der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG, wobei zu berücksichtigen war, dass der Klagsvertretung nur der pauschalierte Aufwandersatz wie verzeichnet, nämlich in der Höhe von EUR 625,00 zugesprochen werden konnte.
Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen war.