JudikaturOLG Graz

6R69/24z – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
04. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende und die Richterinnen Mag a . Gassner und Dr in . Meier in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Land Kärnten , **, vertreten durch die Reif und Partner Rechtsanwälte OG in Villach, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei B* AG , **, vertreten durch Mag. Gernot Götz, Mag. Martin Götz, Rechtsanwälte in Spittal an der Drau, wegen EUR 21.342,70 samt Anhang, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse: EUR 21.342,70 samt Anhang), gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 27. September 2024, GZ: **-60, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Entscheidungsgründe:

Am 10. September 2022 ereignete sich im Gemeindegebiet von E* auf der B ** auf Höhe Straßenkilometer 60,900 ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger mit dem von ihm gelenkten Motorrad BMW R1250 GS Advancer mit dem behördlichen Kennzeichen ** zu Sturz kam. Die Beklagte ist Halterin der B**. Die Nebenintervenientin betreibt ein auf Straßenbau spezialisiertes Unternehmen. Im Unfallzeitpunkt waren im Unfallbereich sämtliche Fahrbahnen neu asphaltiert. Auf dem vom Kläger im Unfallzeitpunkt benutzten Fahrstreifen verläuft im Asphalt, in seine Fahrtrichtung gesehen, rechts der Sperrlinie eine Bitumennaht.

Zur Unfallörtlichkeit:

Die Unfallstelle liegt im Freilandgebiet, rund 18 km östlich von C* und 6 km westlich von D*, auf der B**, im unmittelbaren Nahebereich des Bahnhofs E* und der Anschlussstelle E*. Die Anschlussstelle E* stellt eine unvollständige niveaufreie Anbindung der L** an die B**. In Fahrtrichtung D* beginnt in etwa bei Straßenkilometer 60,89 ein Verzögerungsstreifen, der in die nördliche Anschlussrampe B ** übergeht. In Fahrtrichtung C* bzw des Klägers schließt die südliche Anschlussrampe B ** bei Straßenkilometer 60,99 an die B ** im rechten Winkel an. Von dort führt ein Beschleunigungsstreifen über eine Länge von rund 200 m Richtung Nordosten und dient dem Einfädeln der Einfahrenden in den Hauptverkehrsstrom.

In Fahrtrichtung C* bzw des Klägers, weist die B** eine langgezogene Linkskurve mit einer geringfügigen Kurvenausneigung von 1 % auf. Auf diesem Straßenabschnitt ist eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h verordnet. Abgesehen von einem Überholverbot und der Geschwindigkeitsbeschränkung befinden sich im näheren Bereich keine Warnschilder bzw Verkehrsschilder. Als Bezugslinie dient eine Normale auf die Fahrbahnlängsachse auf Höhe des Nachrangschildes der Bahnhofsausfahrt, als Verschneidungslinie die südliche Fahrbahnbegrenzung der Geradeausspur in Richtung Osten.

Auf Höhe der Bezugslinie ist die Fahrbahn, bezogen auf die asphaltierte Fahrfläche, 16,5 m breit. Die Beschleunigungsspur von der Anschlussstelle F* kommend ist 3,1 m breit, die südliche Fahrbahnhälfte 4,5 m. Die Beschleunigungsspur ist von der südlichen Fahrbahnhälfte zunächst durch eine Sperrlinie getrennt, die sodann in eine unterbrochene Leitlinie übergeht. Die südliche Fahrbahnhälfte ist in der Fahrbahnmitte von der nördlichen Fahrbahnhälfte durch eine Sperrlinie getrennt. Südlich der Fahrbahnmitte verläuft eine mit einer bitumenhaltigen Fugenmasse ausgefüllte Asphaltnaht. Dieser Bitumenstreifen erstreckt sich in Richtung Osten und Westen über eine Entfernung von zumindest 800 m. Der Abstand zwischen dem Bitumenstreifen und der Fahrbahnmitte variiert zwischen 30 cm und 1 m. In einer Position 27m südlich der Bezugslinie weist die Asphaltnaht zur Fahrbahnmitte einen Abstand von 1 m auf. Der im Unfallzeitpunkt vorhandene Bitumenstreifen wies im Bereich der Oberfläche eine Breite von bis zu 20 cm auf. Bei trockenen Fahrbahnverhältnissen erscheint der Bitumenstreifen gegenüber dem helleren Asphalt farblich stärker hervorgehoben. Bei regennasser Fahrbahn ist der Farbunterschied zwischen Asphalt und Bitumen nur gering und der Bitumenstreifen daher nur schwer zu erkennen. Im näheren Bereich der Unfallörtlichkeit sind keine Oberflächenunebenheiten gegeben. 107 m östlich der Bezugslinie befindet sich am südlichen Fahrbahnrand ein Leitpflock, der im Zuge des Unfalls eines anderen Motorradfahrers am 9. September 2022, dem Tag vor dem gegenständlichen Unfallereignis, beschädigt wurde.

Zum Unfallhergang:

Der Kläger ist ein routinierter Motorradfahrer mit über zehn Jahren Fahrerfahrung. Er legte mit seinem Motorrad bisher zwischen 140.000 und 150.000 Kilometer zurück und unternimmt durchschnittlich zwischen 20 und 25 Touren pro Jahr. Im Rahmen der Führerscheinausbildung wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass bei Bitumenstreifen auf der Fahrbahn Vorsicht geboten ist, da Rutschgefahr besteht. Der Kläger fuhr vor dem klagsgegenständlichen Unfall schon des Öfteren bei starkem Regen Motorrad.

Der Kläger war am 10. September 2022, dem Unfalltag mit seinem Motorrad von ** kommend nach ** unterwegs und befuhr dabei die B** in Richtung C*. Den gegenständlichen Straßenabschnitt kannte der Kläger vor dem Unfall nicht, er fuhr die Strecke im Unfallzeitpunkt zum ersten Mal. Um 17.00 Uhr setzte Regen ein. Im Zeitpunkt des Unfalls, um 17.10 Uhr, herrschte sehr starker Regen.

Die Asphaltnaht zwischen den beiden Asphaltflächen war im Unfallzeitpunkt für den Kläger nicht bzw schwer erkennbar .

Unter Zugrundelegung der durch den Starkregen bedingten Fahrbahnverhältnisse und der örtlichen Gegebenheiten ist unter diesen Bedingungen die maximal höchst zulässige Geschwindigkeit mit 50 km/h anzusetzen. Der Kläger hielt ursprünglich eine Fahrlinie in der Mitte der ersten Fahrspur ein, verlagerte dann seine Fahrlinie nach links. Der Kläger durchfuhr die Linkskurve im Abstand von 1 m zur Mitte der Fahrbahn und gab im Kurvenbereich Gas. Infolge Gas gebens im Zuge der Durchfahrt der Linkskurve kam es zu einem Ausdrehen des Motorrades entgegen den Uhrzeigersinn und wurde eine Rutschbewegung eingeleitet. Die Ausdrehbewegung des Motorrades ist mit einem abgenommenen Haftungsreibungswert durch das frische Bitumen in diesem Bereich in Einklang zu bringen. Ob die Fahrbahnoberfläche im Unfallzeitpunkt mangelhaft beschaffen war, kann nicht festgestellt werden. Das Motorrad kam 26,5 m südlich der Bezugslinie mit dem Boden in Kontakt. In diesem Zeitpunkt wies es eine Geschwindigkeit von 77 km/h (21,4 m/s) auf. Der Kläger kam auf der Straße an einer nicht mehr näher feststellbaren Stelle zum Liegen und erlitt unter anderem eine Partialruptur des medialen Seitenbandes im Bereich des rechten Knies. Das Motorrad verließ dahin schlitternd 102,5 m östlich der Bezugslinie die Fahrbahn und kam in der Endlage 113,5 m östlich der Bezugslinie und 2 m südlich der südlichen Fahrbahnbegrenzung in einer Wiese zum Liegen .

Wenn der Kläger eine Geschwindigkeit von 50 km/h eingehalten hätte, wäre es nicht notwendig gewesen, kurvenschneidend eine langgezogene Linkskurve zu durchfahren. Wenn der Kläger eine Fahrlinie in der Mitte der südlichen Fahrbahnhälfte gewählt hätte, wäre er nicht mit dem Bitumenstreifen in Kontakt gekommen. Das Kurvenfahren und Befahren des Bitumens allein führen nicht zur Einleitung einer Sturzbewegung. Wenn der Kläger die Kurve durchfahren hätte, ohne Gas zu geben, wäre es nicht zur Einleitung der Sturzbewegung gekommen. Hätte der Kläger die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h eingehalten, wäre das Motorrad nicht von der Fahrbahn geschlittert und nur auf einer Seite beschädigt worden, und zwar im Bereich der linken Fahrzeuglängsseite.

Zur Sanierung der B**:

Mit Vereinbarung vom 8. Juli 2021 beauftragte die Beklagte die Nebenintervenientin mit Sanierungsarbeiten auf der B**. Die Sanierung der Fahrbahn erfolgte im Zeitraum zwischen 15. April 2022 und 25. Mai 2022. Auf der B** wurden auf einer Länge von 8 km, darunter auch im späteren Unfallbereich, 4 cm der Asphaltdecke mit einer Fräse abgetragen und durch eine neue Asphaltdecke ersetzt. Die Arbeiten führte die G* GmbH, eine Tochtergesellschaft der Nebenintervenientin durch, die als Subunternehmerin von der Nebenintervenientin beauftragt wurde. Auch bei der G* GmbH handelt es sich um ein auf derartige Arbeiten spezialisiertes Unternehmen, das mit entsprechend geschultem Personal arbeitet. Das Straßenbauamt C*, Amt der Kärntner Landesregierung, Abteilung 9 - Straßen und Brücken, nahm am 18. Juli 2022 die Sanierungsarbeiten für die Beklagte ab.

Da es sich bei der B** um eine stark befahrene Straße hoher Bedeutung mit einem Verkehrsaufkommen von rund 7.000 PKW pro Tag und einem entsprechenden Anteil an Schwer- und Motorradverkehr handelt und keine Vollsperre im gegenständlichen Straßenbereich bei der Bezirkshauptmannschaft erwirkt werden konnte, mussten die Arbeiten unter aufrechtem Verkehr jeweils halbseitig durchgeführt werden. Die Deckschicht der Straße wurde daher in zwei Schritten unter Aufrechterhaltung des Verkehrs eingebaut. Zunächst wurde eine Asphaltbahn eingebaut und dann in weiterer Folge die zweite Asphaltbahn dazugelegt. Um den Hohlraum zwischen den Asphaltbahnen auszugleichen wurde ein Bitumenband eingebaut. Das Bitumenband wurde auf die kalte Asphaltflanke der ersten Asphaltbahn aufgebracht, die zweite Asphaltbahn im Heißeinbauverfahren dazu angebracht und eingewalzt .

Die Herstellung der Mittelnaht bzw der Zusammenschluss der beiden Deckschichtbahnen entspricht dem Stand der Technik. Die Breite der Fuge beträgt rund 2 cm und entspricht damit der Norm. Das Fugenband wurde über die gesamte Einbaulänge eingelegt, die Mittelnaht ist damit ordnungsgemäß verschlossen.

Bei der Planung der Baustelle wurde jedoch nicht auf die Fahrstreifeneinteilung gemäß den Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen, RVS 08.16.01 sowie dem zugehörigen RVS Arbeitspapier Nr. 05 geachtet .

Nach den RVS 08.16.01 „Anforderungen an Asphaltschichten“, Punkt 4.2 „Planung der Baustelle“, hat bei der Planung der Baustelle die Festlegung der Aufteilung von Fertigerbahnen so zu erfolgen, dass die Längsnähte nicht in den zu erwartenden Radspuren zu liegen kommen.

Grundsätzlich sind Deckschichten im höherrangigen Verkehrsnetz „heiß an heiß“ mit gestaffelt fahrenden Fertigern herzustellen, damit eine ordnungsgemäße geschlossene Längsnaht ohne weitere besondere Behandlung allein durch die sachgemäße Verdichtung sichergestellt werden kann. Falls dies verkehrstechnisch nicht möglich ist, ist ein Nahtschluss durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Dabei sind die Vorgaben des RVS Arbeitspapiers Nr. 05 einzuhalten.

Nach Punkt 4.8 „Ausbildung von Rändern, Nähten, Anschlüssen und Fugen“ der RVS 08.16.01 sind Längsnähte in der Deckschicht und der darunter liegenden Schicht so anzuordnen, dass sie außerhalb von Radspuren und idR außerhalb von vorgesehenen Längsmarkierungen zu liegen kommen.

Beim Einbau „heiß an kalt“ ist der Nahtbereich in der Deck-, Binder- und Tragschicht vorzubehandeln. Die Nahtflanke muss hierfür trocken und frei von losen Bestandteilen sein. Die Nahtflanke der bereits erkalteten Nachbarbahn ist über die gesamte Tiefe mittels Anstrich vollflächig vorzubehandeln. Im Anlassfall können mindestens drei Zentimeter unter der Oberkante wie eine Fuge ausgebildet werden.

Bei den Deckschichten hat die Ausbildung als Fuge (mit Fugenband oder maschineller Beschichtung oder Fugenverguss) zu erfolgen. Nach dem RVS Arbeitspapier Nr. 05, Punkt 4. „Ausführung“, hat das Anbringen des Fugenbandes/der maschinellen Beschichtung entsprechend den Verarbeitungs- und Vorbehandlungsanweisungen des Herstellers zu erfolgen, wenn möglich mit einem Überstand von 0,5 cm. Das verlegte Fugenband/die maschinelle Beschichtung darf vor Einbau der Deckschicht nicht über- bzw befahren werden. Im Bedarfsfall sind Überfahrten zu markieren und durch geeignete Maßnahmen zu sichern.

Nach der RVS 13.01.42 „Verfüllen von Rissen, Punkt 7.3 „Nacharbeiten“, ist bei Bedarf der Naht- bzw Vergussbereich mit geeignetem Abstreumittel (zB Steinmehl, Korngruppe 2/4 aus C100/0 oder Gummigranulat 0/2) abzustreuen .

Entgegen den RVS 08.16.01 kommt die Längsnaht im vorliegenden Fall im Bereich einer Radspur zu liegen, was unweigerlich dazu führt, dass die Mittelnaht von Schwerfahrzeugen überfahren wird.

Eine Lage der Mittelnaht im Nahebereich der Mittellinie, leicht kurveninnenseitig, verringert die Wahrscheinlichkeit einer Befahrung wesentlich.

Als Fugenband wurde ein „TOK-Riegel“ der Firma J*-Holding GmbH Co. KG maschinell mit einem Tokomat eingebaut. Dabei handelt es sich um eine bitumenhaltige Masse für die Ausbildung und Abdichtung von Fugen in Asphaltdeckschichten. Bitumen ist ein nahezu nicht flüchtiges, klebriges und abdichtendes rohölstämmiges Produkt. Bei Umgebungstemperatur ist es hochviskos und nahezu fest, bei hoher Temperatur und Sonneneinstrahlung kann es jedoch plastisch werden. Bei entsprechender Belastung, zB durch die Überfahrt von Fahrzeugen, wird die Fugenmasse aus der Fuge gepresst und auf der Fahrbahnoberfläche verteilt. Eine Verteilung erfolgt dabei immer in Fahrtrichtung und zur Kurvenaußenseite. Dieser Umstand ist bei Fugen und Anschlüssen, die überfahren werden, durchaus üblich. Die Breite des ausgetretenen Fugenmaterials bewegt sich in der doppelten bis dreifachen Fugenbreite bzw ist eine Verbreiterung im Ausmaß von 5 bis 6 cm üblich. Beim Austritt des Bitumens aus der Fuge durch Befahren handelt es sich um einen schleichenden Prozess, der von verschiedenen Rahmenbedingungen wie der Umgebungstemperatur und der mechanischen Belastung abhängt und über Wochen erfolgt. Im gegenständlichen Fall war am 12. Mai 2022 und zum Zeitpunkt der Abnahme am 18. Juli 2022 noch kein Austritt aus der Bitumennaht vorhanden. Die Ausbreitung des Bitumenfilms erfolgte im Zeitraum zwischen Verkehrsfreigabe und der mechanischen Entfernung des Bitumenfilms am 17. Oktober 2022, wobei, bedingt durch die sommerlichen Temperaturen, der Austritt der Fugenmasse unmittelbar nach der Verkehrsfreigabe am Größten war und über die Zeit abnahm .

Wird, wie es im gegenständlichen Unfallbereich der Fall war, außergewöhnlich viel an Fugenmasse herausgedrückt, ist eine Nachbearbeitung der Fuge zB durch Abstreuen mit Sand bzw Splitt oder Gummigranulat erforderlich, um die Oberflächenhaftung, Oberflächenrauigkeit und Griffigkeit zu erhöhen. Eine Überprüfung ist vorzunehmen, wenn das ausgetretene Fugenmaterial ein Ausmaß, das ungefähr der Breite der Mittellinie bzw rund 12 cm entspricht, vorliegt. Erfolgt ein weiterer Austritt von Bitumen, sind diese Nachbearbeitungsmaßnahmen zu setzen. Es kann nicht festgestellt werden, ab welchem Zeitpunkt im vorliegenden Fall das ausgetretene Fugenmaterial in etwa die Breite der Mittelleitlinie aufwies.

Durch Umwelteinflüsse, Befahrung und Winterdienst wittert das ausgetretene Fugenmaterial über die Zeit jedoch allmählich wieder ab, wodurch sich die ursprüngliche Fahrbahnoberfläche wieder einstellt .

Zur Betreuung der B **:

Die B** wird von der Straßenmeisterei D* betreut. Als hochrangige Straße mit hohem Verkehrsaufkommen, wird sie vom zuständigen Streckenwart täglich von Montag bis Freitag befahren. Am Wochenende ist ein Unfallbereitschaftsdienst eingerichtet. Hauptaufgabe des Streckenwartes ist, die Straße auf Fahrbahnschäden zu untersuchen, erforderlichenfalls mit Kaltasphalt sofortige Reparaturen vorzunehmen, die Befestigung und Lage von Verkehrszeichen zu überprüfen sowie allfälligen Müll oder Kadaver von der Straße zu beseitigen.

Dem zuständigen Streckenwart der Straßenmeisterei D* fiel vor dem 10. September 2022 nichts im Zusammenhang mit der gegenständlichen Bitumennaht auf. In den Streckenwarttagesberichten für den Zeitraum 18. Juli 2022 bis 9. September 2022 wurde im Zusammenhang mit der gegenständlichen Bitumennaht nichts festgehalten .

Aufgrund der räumlichen Nähe zwischen der Straßenmeisterei D* und der gegenständlichen Unfallstelle wäre ein außergewöhnlicher Bitumenaustritt im Unfallbereich für die Straßenmeisterei D* erkennbar gewesen.

Auch dem zuständigen Straßenmeister Ing. H* fiel nichts im Zusammenhang mit der gegenständlichen Bitumennaht auf, als er den Unfallbereich im fließenden Verkehr befuhr. Die RVS sind dem zuständigen Straßenmeister generell bekannt. Die Vorgabe der RVS 08.16.01, wonach bei der Planung der Baustelle die Aufteilung von Fertigerbahnen so zu erfolgen hat, dass die Längsnaht nicht in den zu erwartenden Radspuren zu liegen kommt, war dem zuständigen Straßenmeister bis zum Unfall des Klägers jedoch nicht bekannt. Es wurde eine Fachfirma mit den Arbeiten beauftragt; die Beklagte und der zuständige Straßenmeister gingen davon aus, dass die beauftragte Firma die Vorgaben einhält. Dem zuständigen Straßenmeister war im Zusammenhang mit der Risssanierung bekannt, dass eine Bitumenoberfläche einen deutlich niedrigeren Reibungskoeffizienten im Vergleich zu einer Asphaltoberfläche hat und die davon ausgehende Gefahr, insbesondere des Wegrutschens der Reifen, für einspurige Fahrzeuge, weshalb aus diesem Grund das Bitumen bei der Risssanierung im heißen Zustand abgestreut wird. Im Zusammenhang mit einer Naht - wie im gegenständlichen Fall - war ihm das nicht bekannt.

Zum Unfallereignis am 9. September 2022:

Am 10. September 2022, dem Tag an dem der Kläger verunfallte, kam um 9.30 Uhr ein anderer Motorradlenker auf die Polizeiinspektion E* und meldete, dass er am Abend zuvor, dem 9. September 2022, im gegenständlichen Unfallbereich bei regennasser Fahrbahn mit seiner Frau am Sozius mit dem Motorrad gestürzt sei und dabei der 107 m östlich der Bezugslinie am südlichen Fahrbahnrand befindliche Leitpflock beschädigt wurde. Da der Lenker angab, dass ein breiter Bitumenstreifen auf der Fahrbahn sei und nirgends beschildert oder abgesichert sei, verständigte der erhebende Polizeibeamte I* unmittelbar danach, um 9.45 Uhr telefonisch den Bereitschaftsdienst der Straßenmeisterei D* und schilderte dem diensthabenden Streckenwart J* das Unfallereignis, forderte diesen auf, Veranlassungen zu treffen, und wies ihn auf die Gefahr eines weiteren Unfalls bei Regen hin. Weiters gab er J* den Straßenkilometer, bei dem sich der Unfall ereignete, bekannt und teilte ihm mit, dass die Unfallstelle auf Höhe des Bahnhofs liegt .

Der Streckenwart der Straßenmeisterei D* fuhr nach der Verständigung durch die Polizei um 10:30 Uhr die Unfallstelle ab, um sie auf Fehler der Fahrbahn zu überprüfen. Dabei fiel ihm nichts Gefährliches auf. Während der Kontrollfahrt teilte der Polizeibeamte I* dem Streckenwart J* mit, dass etwas beim Bitumenstreifen sein könnte. Dem Streckenwart fiel auf, dass der gegenständliche Bitumenstreifen breiter war als sonst jene Bitumenstreifen, die im Rahmen der Ausbesserungsarbeiten der Straßenmeisterei entstehen und bis zu 5 cm breit sind. Der Streckenwart stieg auch aus dem Fahrzeug aus, fertigte Fotos an und prüfte, ob der Bitumenstreifen rutschig ist. Dies war nicht der Fall. Zum Zeitpunkt der Kontrolle war die Fahrbahn trocken. Der Streckenwart stellte keine Gefahrenzeichen auf. Es wurde auch kein Granulat angebracht. Den zuständigen Straßenmeister Ing. H* konnte er urlaubsbedingt nicht erreichen. Einen Stellvertreter gab es zu diesem Zeitpunkt nicht.

Gefahrenzeichen wurden erst nach dem Unfall des Klägers, nämlich am 12. September 2022 angebracht.

Im Verfahren begehrt der Kläger von der Beklagten, gestützt auf § 1319a ABGB, die Zahlung von insgesamt EUR 21.342,70 sA an Schadenersatz. Dazu bringt er zusammengefasst vor, der Verkehrsunfall vom 10. September 2022 sei auf grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten als Halterin der B** zurückzuführen. Dieser sei die mangelhafte Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche vorzuwerfen, weil sich auf der Fahrbahn ein 30 cm breiter, bei Regen nicht sichtbarer Bitumenstreifen befunden habe, auf dem der Kläger weggerutscht sei. Die Ausführung des Fugenbands sei nicht lege artis und mit technisch nicht geeigneten Materialien erfolgt. Der Beklagten sei die Abnahme dieses nicht den Regeln der Technik entsprechenden Straßenabschnitts vorzuwerfen. Obwohl ihr diese Gefahrenstelle bekannt gewesen sei und trotz Möglichkeit zur Beseitigung derselben, habe sie nichts unternommen und die Fahrbahn in Betrieb gehalten. Selbst nach Meldung eines auf die Gefahrenstelle zurückzuführenden Unfalls habe die Straßenmeisterei nichts weiter unternommen, auch keine Gefahrenzeichen aufgestellt. Grobe Fahrlässigkeit werde schließlich auch durch die Unkenntnis der Straßenaufsichtsorgane hinsichtlich der Vorschriften der RVS und der Gefährlichkeit des Bitumenstreifens begründet. Den Kläger treffe kein Mitverschulden.

Die Beklagte bestreitet und wendet das Alleinverschulden des Klägers ein. Dieser habe weder seine Fahrlinie noch seine Geschwindigkeit den Straßenverhältnissen bei Nässe angepasst und sein Motorrad in der Kurve beschleunigt, obwohl jedem Motorradfahrer bekannt sei, dass eine Bitumenoberfläche einen deutlich niedrigeren Reibungskoeffizienten als eine Asphaltfläche habe. Die Beschaffenheit der Fahrbahnoberfläche sei nicht mangelhaft gewesen. Die Beklagte habe die Nebenintervenientin mit der Sanierung der Fahrbahn im Unfallbereich beauftragt, die die Arbeiten sach- und fachgerecht durchgeführt habe, worauf sich die Beklagte habe verlassen können. Ihr könne kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden zur Last gelegt werden. Der durchgeführte Asphaltanschluss sei ex ante nicht als mögliche Gefahrenquelle erkennbar gewesen. Von einem Sturz eines anderen Motorradfahrers am Vortag habe ein Mitarbeiter der Beklagten erst am 10. September 2022 gegen 10.30 Uhr erfahren und eine Kontrollfahrt durchgeführt. Für den Mitarbeiter sei eine zu sofortigen Maßnahmen verpflichtende Gefährlichkeit nicht erkennbar gewesen. Bei den Vorschriften betreffend die Lage der Naht handle es sich um eine Spezialvorschrift, von der nur das fachausführende Unternehmen Kenntnis haben müsse. Der Bitumenstreifen habe den Regeln der Technik entsprochen.

Die Nebenintervenientin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei und schloss sich im Wesentlichen deren Vorbringen an. Die Anbringung des bituminösen Fugenbands entspreche dem Stand der Technik. Die Bitumennaht sei für den Kläger, der eine Fahrlinie am rechten Fahrbahnrand hätte einhalten müssen, bereits in der Annäherung über eine weite Strecke erkennbar gewesen.

Mit dem angefochtenen Urteil weist das Erstgericht das Klagebegehren ab. Ausgehend vom eingangs wiedergegebenen, soweit strittig, kursiv dargestellten Sachverhalt kommt es rechtlich zum Ergebnis, eine Haftung nach § 1319a ABGB scheide aus, weil dem Kläger der Nachweis, dass der Verkehrsunfall auf ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten zurückzuführen sei, nicht gelungen sei. Dabei führt es – nach zutreffender und mit Judikaturzitaten belegter Darstellung der Rechtslage zu § 1319a ABGB – bezogen auf die konkret vom Kläger erhobenen Vorwürfe aus: Der im Unfallzeitpunkt vorhandene, ungewöhnlich breite Bitumenstreifen sei eine adäquate Ursache dafür gewesen, dass der Kläger mit seinem Motorrad zu Sturz gekommen sei. Ein Motorradfahrer müsse sich zwar grundsätzlich auf vorhandene Bitumenflächen einstellen, jedoch nicht damit rechnen, dass diese eine ungewöhnliche Breite von bis zu 20 cm aufwiesen. Der Bitumenstreifen sei bei regennasser Fahrbahn nur schwer erkennbar gewesen. Aufgrund der hohen Verkehrsbedeutung der B ** sei von der Wegehalterin zu verlangen und ihr auch zuzumuten, die Straße in einem Zustand zu erhalten, dass sie keine derartige Gefahrenstelle für Motorradfahrer aufweise. Allerdings hafte der Wegehalter für Unfallfolgen nur dann, wenn ihn oder seine Leute grobe Fahrlässigkeit treffe. Für die bauliche Gestaltung des Straßenabschnitts, in dem sich der Unfall ereignet habe, bei welcher die Vorgaben Punkt 4.2 und 4.8 der RVS 08.16.01 nicht berücksichtigt worden seien, was zur Ausbreitung des Bitumenstreifens geführt habe, hafte die Beklagte nicht, weil diese die Sanierungsarbeiten nicht selbst durchgeführt, sondern die Nebenintervenientin mit der Herstellung der Asphaltdecke beauftragt habe. Würden die Aufgaben des Wegehalters durch jemanden besorgt, der wie ein selbständiger Unternehmer einen eigenen Organisations- und Verantwortungsbereich begründe, gehöre dieser nicht mehr zu den Leuten des Wegehalters im Sinne des § 1319a ABGB. Der Wegehalter hafte in diesem Fall nur, wenn er den Unternehmer nicht sorgfältig ausgewählt oder eine Überwachungspflicht verletzt habe, was hier vom Kläger nicht behauptet worden sei und wofür die Verfahrensergebnisse auch keinerlei Anhaltspunkte lieferten. Auch die Abnahme einer nicht den Regeln der Kunst entsprechenden Fahrbahnoberfläche am 18. Juli 2022 habe der Kläger nicht unter Beweis stellen können. In diesem Zeitpunkt sei für die Leute der Beklagten ein Austreten von Bitumenmasse, das sich erst danach schleichend entwickelt habe, nicht zu erkennen gewesen. Die Abnahme dieses Bereichs, obwohl die Längsnaht entgegen den technischen Vorgaben im Bereich einer Radspur zu liegen komme, stelle keine auffallende Sorglosigkeit der Beklagten dar. Im Zeitpunkt der Abnahme der Sanierungsarbeiten sei der Sturz des Klägers aufgrund eines sich erst im Laufe der Zeit durch die kontinuierliche Belastung der – an sich dem Stand der Technik entsprechenden – Mittelnaht sukzessive herausbildenden, breiteren Bitumenstreifens für die Leute der Beklagten selbst unter Zugrundelegung des Sorgfaltsmaßstabs nach § 1299 ABGB nicht als geradezu wahrscheinlich vorauszusehen gewesen. Dem Kläger sei es auch nicht gelungen, eine außergewöhnlich lange Reaktionsdauer der Beklagten nachzuweisen, zumal zwar fest stehe, dass der Bitumenstreifen im Unfallzeitpunkt bis zu 20 cm breit gewesen sei, jedoch nicht festgestellt werden könne, seit wann ein gravierendes Defizit vorgelegen habe und wie lange die Beklagte nicht darauf reagiert habe. Die Straße sei jedenfalls vom zuständigen Streckenwart der Straßenmeisterei täglich von Montag bis Freitag kontrolliert worden, ein grob fahrlässiges Organisationsverschulden im Sinne eines nicht ausreichenden Intervalls für die Überprüfung des zu betreuenden Straßennetzes sei daher ebenfalls nicht unter Beweis gestellt worden. Schließlich sei ein grober Sorgfaltsverstoß auch nicht dadurch begründet, dass die Beklagte kein Gefahrenzeichen aufgestellt habe, obgleich sie am Tag des Unfalls von einem Unfallereignis verständigt worden sei. Der diensthabende Streckenwart sei davon informiert worden, dass sich an der Stelle ein gleichartiger Unfall ereignet habe, woraufhin er nicht untätig geblieben, sondern die Unfallstelle abgefahren sei. Er habe bemerkt, dass der Bitumenstreifen breiter sei, als jene, die ihm von Ausbesserungsarbeiten bekannt seien. Er habe eine Überprüfung der Rutschfestigkeit bei trockener Fahrbahn vorgenommen und festgestellt, dass der Bitumenstreifen nicht rutschig sei. Da sich der Bitumenstreifen im Abstand von maximal 1 m zur Sperrlinie in Fahrtrichtung des Klägers im äußeren linken Fahrbahndrittel neben der Sperrlinie befunden habe, habe der diensthabende Streckenwart den Eintritt eines weiteren Schadens für Motorradfahrer nicht für geradezu wahrscheinlich halten müssen, sondern davon ausgehen dürfen, dass Verkehrsteilnehmer diesen, im linken Bereich der Fahrbahn befindlichen Streifen nach Möglichkeit nicht befahren. Zudem habe er nicht damit rechnen müssen, dass ein Verkehrsteilnehmer diesen Bereich bei Starkregen mit einer relativ wie absolut überhöhten Geschwindigkeit von 77 km/h kurvenschneidend befahren und sein Motorrad auf dem Bitumenstreifen beschleunigen werde. Die Verwendung von Bitumen zur Ausbildung von Fugen in Asphaltdeckenschichten entspreche dem Stand der Technik. Unter diesen Umständen sei die Unterlassung des Aufstellens eines Gefahrenzeichens zwar sorgfaltswidrig, aber nicht als grob fahrlässig zu beurteilen. Eine Haftung als Wegehalter nach § 1319a ABGB scheide daher schon dem Grunde nach aus. Da schon nach dem Vorbringen des Klägers, aber auch nach den Verfahrensergebnissen nur die – der Privatwirtschaftsverwaltung, nicht der Hoheitsverwaltung zuzurechnende – Straßenmeisterei D* in Kenntnis des Vorunfalls und des ausgetretenen Fugenmaterials gewesen sei (eine Kenntnis der zuständigen Behörde sei nicht behauptet worden und habe sich im Verfahren nicht erwiesen), scheide die Inanspruchnahme der Beklagten als Rechtsträger nach § 1 AHG aus.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers , in der er formal die Berufungsgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ausführt und beantragt, das Urteil im klagsstattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen jeweils, der Berufung nicht Folge zu geben.

Text

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen der beklagten Partei die mit EUR 2.351,52 (darin EUR 391,92 USt) sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei die mit EUR 2.351,52 (darin EUR 391,92 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig .

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung, über die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden konnte, ist nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht hält die Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, hingegen die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend. Dem Berufungswerber gelingt es nicht, die plausiblen Ausführungen des Erstgerichts im Tatsachenbereich zu erschüttern, weshalb darauf, wie auch auf die zutreffende und ausführliche, die relevante höchstgerichtliche Judikatur zur Haftung nach § 1319a ABGB berücksichtigende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts verwiesen werden kann (§ 500a ZPO). Ergänzend ist den Argumenten des Berufungswerbers noch entgegenzuhalten:

I. Der Berufungswerber erhebt eine Tatsachenrüge und „bekämpft die Feststellungen, wonach

• im Unfallzeitpunkt der vorhandene Bitumenstreifen bloß eine Breite bis zu 20 cm aufwies (Urteil Seite 7, 1. Absatz);

• im gegenständlichen Fall und zum Zeitpunkt der Abnahme am 18.07.2022 noch „kein Austritt“ aus der Bitumennaht vorhanden war (Urteil Seite, 11 unten) und ein solcher „noch nicht einmal erkennbar“ gewesen sei (in die rechtliche Beurteilung disloziert, Urteil Seite 21, unten);

• nicht festgestellt werden könne, ab welchem Zeitpunkt im vorliegenden Fall das ausgetretene Fugenmaterial in etwa die Breite der Mittellinie (12 cm) aufwies (Urteil Seite 12, oben);

• nicht festgestellt werden könne, dass die Fahrbahnoberfläche im Unfallzeitpunkt mangelhaft beschaffen war (Urteil Seite 8, letzter Absatz);

• aufgrund der räumlichen Nähe zwischen der Straßenmeisterei D* und der gegenständlichen Unfallstelle ein außergewöhnlicher Bitumenaustritt im Unfallbereich für die Straßenmeisterei D* erkennbar gewesen wäre (Urteil Seite 12, vorletzter Absatz);

• dem zuständigen Straßenmeister „im Zusammenhang mit einer Naht“ nicht bekannt gewesen sei, dass eine Bitumenoberfläche einen deutlich niedrigeren Reibungskoeffizienten im Vergleich zu einer Asphaltoberfläche aufweist (Urteil Seite 13, 1. Absatz).“.

Er begehrt stattdessen – wörtlich wiedergegeben – die Ersatzfeststellungen, „wonach

• der im Unfallbereich vorhandene Bitumenstreifen spätestens Ende Juni 2022 bereits bis zu 12 cm Breite erreicht hat, was etwa der Breite der Mittellinie entspricht,

• der Bitumenstreifen im Zeitpunkt der Abnahme am 18.07.2022 zumindest bis zu 17 cm breit war und somit von den Mitarbeitern der beklagten Partei als Gefahr insbesondere für Zweiradfahrer erkennbar war,

• der Bitumenstreifen im Unfallzeitpunkt (19.09.2022) bereits mindestens bis zu 27,5 cm Breite aufgewiesen hat und die Fahrbahnoberfläche infolge der Anordnung des Bitumenstreifens innerhalb des vom Kläger benutzten Fahrstreifens als mangelhaft zu bezeichnen ist,

• aufgrund der räumlichen Nähe zwischen der Straßenmeisterei D* und der gegenständlichen Unfallstelle, der werktags täglichen Befahrung der **straße zu Kontrollzwecken sowie der Ortskenntnis des Straßenmeisters, der außergewöhnliche Austritt im Unfallbereich der Straßenmeisterei D* deutlich erkennbar gewesen ist und

• der zuständige Straßenmeister über das Wissen verfügte, dass auch „im Zusammenhang mit einer Naht eine Bitumenoberfläche einen deutlich niedrigeren Reibungskoiffizienten im Vergleich zu einer Asphaltoberfläche aufweist.“

Um den Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung zur gesetzmäßigen Darstellung zu bringen, muss der Rechtsmittelwerber zumindest deutlich zum Ausdruck bringen, a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, c) welche Feststellung stattdessen begehrt wird und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0041835, RS0041830; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 471 Rz 15 mwN). Die Ausführungen zur Beweisrüge müssen somit eindeutig erkennen lassen, aufgrund welcher Umwürdigung bestimmter Beweismittel welche vom angefochtenen Urteil abweichenden Feststellungen angestrebt werden (RIS-Justiz RS0041835 [T2]). Es genügt nicht, nachteilige Feststellungen zu bekämpfen und demgegenüber für den Verfahrensausgang günstigere Feststellungen zu begehren, sondern es muss auch dargelegt werden, weshalb die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen unrichtig sein sollen und aufgrund welcher aktenmäßigen Grundlagen die begehrten Feststellungen hätten getroffen werden müssen (vgl Kodek aaO mwN). Ohne kritische Auseinandersetzung mit der gesamten Beweiswürdigung kann die Beweiswürdigung nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden (Kodek, Praxistipps zum Berufungsverfahren, ZAK 2011/688 [365]; hg 5 R 149/19z, 6 Ra 61/22w uva).

Diesen Anforderungen genügt die Berufung in keiner Weise.

Der Kläger bekämpft sechs Feststellungen, zu denen er bloß fünf Ersatzfeststellungen begehrt, ohne für jede einzelne Feststellung darzulegen, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde und welche konkrete Ersatzfeststellung anstelle der konkret bekämpften Feststellung begehrt wird. Mit der – die getroffenen Feststellungen ausführlich begründenden – Beweiswürdigung des Erstgerichts auf den Urteilsseiten 14 bis 18 setzt er sich nicht auseinander. Eine „gemeinsame“ Bekämpfung diverser Feststellungen, die unterschiedliche Themen betreffen und auf unterschiedlichen Beweisgrundlagen fußen (Sachverständigengutachten zu technischen Belangen; Personalbeweise zum subjektiven Kenntnisstand von Personen), wie es die Berufung tut, in der nach Auflistung der bekämpften Feststellungen bloß allgemeine Ausführungen zu Verfahrensergebnissen und Kritik am Gutachten des Sachverständigen DI K* folgen, ohne Auseinandersetzung mit der die jeweils bekämpften Feststellungen begründenden Beweiswürdigung, stellt keine gesetzmäßige Ausführung der Beweisrüge dar. Zudem nennt der Kläger kein Beweisergebnis für die begehrten Ersatzfeststellungen und stellt nicht ansatzweise plausibel dar, auf welche bereits vorhandenen Beweisergebnisse er diese gründen will. Er verweist bloß auf eigene Berechnungen, mit denen er das Gutachten des Sachverständigen DI K* kritisiert, die auf der Annahme einer konstanten, gleichbleibenden Ausbreitungsgeschwindigkeit des Bitumens fußen, anhand welcher Prämisse der Kläger berechnet, die Breite des Bitumenstreifens am Unfalltag habe rechnerisch mindestens 27,5 cm betragen. Hierbei ignoriert er jedoch die wesentlichen Ausführungen des Sachverständigen, der nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Verbreiterung des Bitumenmaterials ein ungleichmäßiger Prozess sei, der von einer Vielzahl physikalischer und mechanischer Einflüsse abhängig sei und als schleichender Prozess über Wochen erfolge; in welchem Ausmaß kontinuierlich ein Austritt stattgefunden habe, könne nicht beurteilt werden, weil es diesbezüglich keine wissenschaftliche Studie gebe, die Ausbreitung des Bitumenstreifens könne auch nicht linear berechnet werden (vgl insb ON 46, Seite 7). Für die – mit diesen gutachterlichen Ausführungen nicht vereinbare – Annahme, dass sich „zwingend eine durchschnittliche Ausbreitungsgeschwindigkeit von 0,2278481 cm pro Tag“ ergebe, nennt die Berufung keinerlei nähere Begründung oder dafür vorliegende Beweisergebnisse. Sämtliche weitere Berechnungen in der Berufung fußen auf dieser – nach der Aktenlage fehlerhaften – Annahme. Damit zeigt der Kläger nicht ansatzweise auf, warum die bekämpften Feststellungen, die durch die vorliegenden Beweisergebnisse gedeckt sind, unrichtig sein sollen. Der Rechtsmittelwerber müsste jedoch plausibel darlegen, dass die bekämpften Feststellungen entweder evident unrichtig sind oder zumindest bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für die ersatzweise begehrten Feststellungen vorliegen (SVSlg 62.416, 62.412, 57.287; Klauser/Kodek JN-ZPO 18 § 487 ZPO E 40/5), was hier nicht gelingt.

Abgesehen davon, dass formal betrachtet keine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge vorliegt, sind die vom Kläger in seiner Berufung vorgetragenen Argumente somit auch inhaltlich nicht geeignet, Zweifel an den nachvollziehbar begründeten und durch die vorliegenden Beweisergebnisse gedeckten Feststellungen zu erwecken.

Zu den weiteren Ausführungen in der Beweisrüge, die widersprüchliche Feststellungen behaupten, ist festzuhalten, dass Widersprüche der getroffenen Tatsachenfeststellungen untereinander eine Sonderform des sekundären Feststellungsmangels darstellen (vgl RIS-Justiz RS0043182, RS0043293, RS004274; Pochmarski/Tanczos/Kober, Berufung in der ZPO 4 , 189). Dementsprechend handelt es sich um eine Frage der rechtlichen Beurteilung, ob widersprüchliche Feststellungen vorliegen. Selbiges gilt für die – vom Kläger formal unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemachte – Behauptung sekundärer Feststellungsmängel (Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 496 Rz 10).

Das Berufungsgericht übernimmt daher gemäß § 498 ZPO die Feststellungen des Erstgerichts und legt diese seiner Entscheidung zugrunde.

II. Ausgehend vom festgestellten, für die rechtliche Beurteilung ausreichenden Sachverhalt versagt auch die Rechtsrüge.

Entgegen der Meinung des Klägers erweisen sich die Feststellungen nicht als widersprüchlich. Der Kläger führt nicht näher aus, worin er den „diametralen Gegensatz“ der von ihm genannten Feststellungen zu den bekämpften Feststellungen erblickt. Es genügt daher darauf zu verweisen, dass das Berufungsgericht eine Widersprüchlichkeit allfälliger Feststellungen überprüft hat und die Feststellungen zur Breite der Fuge, zur Ausbreitung des Bitumenfilms zwischen Verkehrsfreigabe und 17. Oktober 2022 sowie dazu, dass das Fugenmaterial im Zeitpunkt der Entfernung eine Breite von 38 cm aufgewiesen habe, nicht im Widerspruch zu den formal bekämpften – oder sonstigen – Feststellungen stehen. Das Erstgericht traf bezogen auf konkrete, objektivierbare Zeitpunkte Feststellungen zur Breite des Bitumenstreifens (im Unfallzeitpunkt bis zu 20 cm, im Zeitpunkt der Befundaufnahme bis zu 38 cm), die weder untereinander noch zur Negativfeststellung dazu, ab wann in etwa die Breite des Mittelstreifens erreicht worden sei, in Widerspruch stehen.

Schließlich argumentiert der Kläger, das Erstgericht habe eine Haftung nach § 1319a ABGB zu Unrecht verneint, weil bereits ausgehend von den Feststellungen, wonach der Bitumenstreifen im Unfallzeitpunkt bis zu 20 cm breit gewesen und bei regennasser Fahrbahn nicht bzw schwer erkennbar gewesen sei, wonach der Austritt der Fugenmasse unmittelbar nach Verkehrsfreigabe am größten gewesen sei und wonach die Straße ein sehr hohes Verkehrsaufkommen habe, von grober Fahrlässigkeit der Beklagten auszugehen sei. Bereits eine Breite von ca 12 cm des Bitumenstreifens hätte Anlass zu Nachbearbeitungsmaßnahmen geben müssen, die Beklagte habe die Gefahrenstelle jedoch erst beseitigt, als der Bitumenstreifen sich von bis zu 20 cm auf 38 cm ausgebreitet habe und zwei Verkehrsunfälle erfolgt seien.

Dabei ignoriert der Kläger wesentliche Feststellungen und setzt sich mit der, auf sämtliche erhobenen Vorwürfe eingehenden, ausführlichen rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts (Urteilsseiten 18 bis 25) nicht auseinander. Im Wesentlichen kommt er mit seinen Ausführungen auf die bereits in erster Instanz erhobenen Vorwürfe zurück, wonach die Fahrbahn trotz ausreichender Möglichkeit zur Beseitigung über längere Zeit in einem erkennbar gefährlichen Zustand belassen worden sei und auch nach Meldung der Gefahrenstelle im zeitlichen Nahebereich zum Unfall keine Maßnahmen gesetzt worden seien. Grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten bzw ihrer Mitarbeiter, also eine auffallende Sorglosigkeit, bei der die gebotene Sorgfalt in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist, konnte der Kläger jedoch nicht unter Beweis stellen: Es steht nicht fest, ab wann der Bitumenstreifen eine Ausbreitung erreichte, die Veranlassung zur Überprüfung und Beseitigung gegeben hat. Damit steht auch nicht fest, wie lange eine Gefahr für die Beklagte erkennbar war dieser daher Untätigkeit vorzuwerfen wäre. Eine Gefährlichkeit war nach den getroffenen Feststellungen erst am Unfalltag nach 9.45 Uhr erkennbar, nachdem der diensthabende Streckenwart von einem gleichartigen Unfall informiert wurde und die Strecke besichtigte. Eine Untätigkeit danach ist ihm nicht vorzuwerfen, weil er sich zur bekanntgegebenen Unfallstelle begab und die Rutschfestigkeit der (damals trockenen) Fahrbahn überprüfte, wobei auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts dazu, warum er in dieser konkreten Situation mit dem Eintritt eines weiteren Schadens für einen Motorradfahrer nicht als geradezu wahrscheinlich rechnen musste, verwiesen werden kann (zusammengefasst, weil er im Hinblick auf die Lage des Bitumenstreifens im äußeren linken Fahrbahndrittel neben der Sperrlinie nicht mit einem Befahren rechnen habe müssen, schon gar nicht mit einem kurvenschneidenden, auf dem Bitumenstreifen beschleunigenden Fahrmanöver bei Starkregen mit einer relativ wie absolut überhöhten Geschwindigkeit von 77 km/h), denen die Rechtsrüge keine Argumente entgegensetzt. Insgesamt gelingt es der Berufung daher nicht, die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, das schlüssig und im Einklang mit der Rechtslage (vgl RIS-Justiz RS0124486; RS0030171) das Vorliegen grober Fahrlässigkeit verneint hat, zu erschüttern.

Da das Klagebegehren bereits dem Grunde nach nicht zu Recht besteht, bedurfte es keiner Feststellungen zur Höhe des eingetretenen Schadens. Die insoweit behaupteten Feststellungsmängel liegen nicht vor.

Die Berufung ist daher insgesamt nicht berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Die ordentliche Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu entscheiden waren.

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