7R65/24v – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kraschowetz-Kandolf (Vorsitz) sowie die Richter Mag. Russegger und Mag. Reautschnig als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der Antragstellerin A*, **, im Rekursverfahren nicht vertreten, wegen Verfahrenshilfe vor Einleitung eines Verfahrens, hier: Rückerstattung von vorprozessualen Kosten , über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 6.11.2024, GZ **-39, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Der wesentliche Sachverhalt ist im Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz, ** (ON 29) zusammengefasst, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 24.5.2023 der Antragstellerin die Verfahrenshilfe zur vorprozessualen Beratung und Prüfung allfälliger Schadenersatzansprüche aus dem Fehlverhalten des Geschäftsführers aufgrund der Nichteinbringung eines Insolvenzantrages im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit c (Dolmetscher zur Unterstützung beim Klientengespräch bei der vorprozessualen Beratung) und Z 3 ZPO (ON 12).
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 8.11.2023 der Antragstellerin die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a, c und f Z 3 ZPO zur Einleitung eines Schadenersatzprozesses gegen den Geschäftsführer aus dessen Fehlverhalten infolge Nichteinbringung eines Insolvenzantrages (ON 18).
Die Antragstellerin begehrt mit dem Antrag vom 5.11.2024, ihr Barauslagen in Höhe von insgesamt EUR 13.424,00 zu ersetzen, die sie bestritten habe. Sie habe auf Empfehlung ihres Verfahrenshelfers Mag. B*, im Rahmen des Verfahrens externe Sachverständige beauftragt und Gutachten eingeholt. Dadurch seien der Antragstellerin folgende Kosten entstanden: C* GmbH vom 23.12.2023 EUR 3.612,00, C* GmbH vom 23.12.2023 EUR 5.220,00, D* GmbH – ** Prüfung vom 31.01.2024 EUR 600,00, D* GmbH – ** Prüfung vom 12.02.2024 EUR 3.496,00, Barauslagen D* GmbH EUR 496,00, gesamt EUR 13.424,00. Diese Sachverständigenauskünfte seien für die Prozessführung von wesentlicher Bedeutung. Die Barauslagen dafür seien von der Verfahrenshilfe umfasst und daher erstattungsfähig.
Das Erstgericht weist mit dem angefochtenen Beschluss diesen Antrag ab. Da es sich um Kosten von Privatsachverständigen handle, die die Antragstellerin beigezogenen habe, handle es sich nicht um Barauslagen des Verfahrenshelfers und auch um keine Sachverständigengebühren, die im Gerichtsverfahren durch ein von der Richterin beauftragtes Sachverständigengutachten entstanden seien. Der Antrag sei abzuweisen, weil die beantragten Barauslagen nicht vom Verfahrenshilfeumfang gedeckt seien.
Gegen den Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin . Sie beantragt, den Beschluss abzuändern und die Kosten zu erstatten.
Die Revisorin beteiligt sich nicht am Rekursverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurs macht - soweit für die Beurteilung des Beschlussgegenstandes relevant - geltend, die Verfahrenshilfe sei ursprünglich gewährt worden, um die Kosten des Verfahrens zu decken, einschließlich jener der relevanten und beweiskräftigen Privatgutachten, die sie vorfinanziert habe. Die Gutachten seien zur Feststellung der Insolvenzlage und Verantwortlichkeit des Geschäftsführers erforderlich gewesen.
Das Rekursgericht hält die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts für zutreffend, die Rekursausführungen hingegen aus folgenden Gründen für nicht stichhältig (§§ 500a iVm 526 Abs 3 ZPO):
1. Die Verfahrenshilfe ist einer Partei soweit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, als sie außer Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten (§ 63 Abs 1 ZPO). Die Antragstellerin begehrt nun aber den Rückersatz von EUR 13.424,00, die sie für (vorprozessuale) Privatgutachten vorfinanzierte.
2. Das Erstgericht bewilligte der Antragstellerin die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a, c und f und Z 3 ZPO. Die Verfahrenshilfe wirkt für das ganze Verfahren, für das sie beantragt wurde (RS0036177). Die Verfahrenshilfe kann für einen bestimmten Rechtsstreit und ein nach Abschluss des Rechtsstreits eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die Begünstigungen des § 64 Abs 1 Z 1 lit a bis f ZPO umfassen, die die Beträge, von deren Entrichtung die Verfahrenshilfe vorläufig befreien kann, in sechs Kategorien gliedern. § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO betrifft Gerichtsgebühren. § 64 Abs 1 Z 1 lit c ZPO betrifft unter anderem die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher. Das Erstgericht hat dazu aber schon zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Begünstigung die Gebühren von Sachverständigen betrifft, die das Gericht im Verfahren bestellt hat. Nach § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO sind die zur Prozessführung notwendigen Barauslagen (zB Briefporto, Kopierkosten, Reisekosten, Übersetzungskosten...) nur dann nicht von der Partei selbst aufzuwenden, wenn sie von einem vom Gericht beigegebenen Vertreter gemacht worden sind. Der zur Verfahrenshilfe bestellte Vertreter kann bei Gericht einen Vorschuss für die erforderlichen Barauslagen ansprechen (7 Ob 182/14m; § 64 Abs 4 ZPO). Die Klägerin hat nun aber die Privatgutachten selbst bezahlt, was der einstweiligen Befreiung entgegensteht (vgl RS0129881). § 64 Abs 1 Z 1 lit f ZPO betrifft auch nur zur Prozessführung notwendige Barauslagen des Verfahrenshelfers. Dieser Vergütungsanspruch stünde aber dem Verfahrenshelfer zu und nicht der Antragstellerin (M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 64 ZPO Rz 7, 10 (Stand 1.9.2014, rdb.at)). Die begehrten Kosten der (vorprozessualen) Privatgutachten sind somit nicht vom Bewilligungsbeschluss des Erstgerichts umfasst. Die Antragstellerin kann aber Kosten, die sie nach Bewilligung der Verfahrenshilfe ungeachtet einer Befreiung des § 64 Abs 1 Z 1 ZPO gezahlt hat, im Falle eines Obsiegens - unter den allgemeinen Voraussetzungen - als (vorprozessuale) Prozesskosten gegenüber dem Gegner zugesprochen erhalten (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 II/1 § 64 ZPO Rz 7 (Stand 1.9.2014, rdb.at)).
3. Die weiteren Ausführungen zu behaupteten Versäumnissen des Erstgerichtes und des Verfahrenshelfers, sowie zum Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz, ** betreffen aber, soweit es sich dabei nicht um unzulässige Neuerungen handelt (vgl zum Neuerungsverbot in Verfahrenshilfesachen RI0100029; RKL0000064), die Beurteilung der Mutwilligkeit und Aussichtslosigkeit (§ 63 Abs 1 ZPO), auf die es hier nicht entscheidend ankommt.
Der Rekurs bleibt daher insgesamt erfolglos.
4. Der Revisionsrekurs ist nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig. Alle Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz über die Verfahrenshilfe sind absolut unanfechtbar (RS0036078 [T8]; RS0044213 [T5]; RS0052781 [T3]).