JudikaturOLG Graz

9Bs299/24z – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
08. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser als Vorsitzende, den Richter Mag. Obmann, LL.M. und die Richterin Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 3. April 2024, GZ **-19, nach der am 8. Jänner 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., des Angeklagten und seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Scala durchgeführten Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird dahin Folge gegeben, dass über A* unter Anwendung des § 43a Abs 2 StGB nach § 205 Abs 1 StGB die Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je EUR 60,00, im Uneinbringlichkeitsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, sowie die für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten verhängt wird.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Bestimmung zur Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt, von der gemäß § 43a Abs 3 StGB der Teil von 16 Monaten für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Gemäß § 389 Abs 1 StPO wurde er zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

Dem infolge Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 13. November 2024, AZ 13 Os 84/24p, in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch nach hat der Angeklagte in der Nacht vom 29. auf den 30. November 2019 in ** die schlafende und solcherart wehrlose B* unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornahm, indem er einen Finger in ihre Scheide einführte.

Gegen den Ausspruch über die Strafe richtet sich die Berufung des Angeklagten, die auf die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren gänzliche bedingte Nachsicht, in eventu auf die Anwendung des § 43a Abs 2 StGB abzielt.

Rechtliche Beurteilung

Der Berufung kommt in Ansehung des Eventualbegehrens Berechtigung zu.

Aus § 205 Abs 1 StGB ergibt sich der Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.

Als mildernd sind der bisher ordentliche Lebenswandel und der auffallende Widerspruch zwischen der Tat und dem sonstigen Verhalten des Angeklagten (§ 34 Abs 1 Z 2 StGB), die Begehung der Tat in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand (US 5; § 35 StGB) sowie der Umstand, dass die Tat bereits länger zurückliegt und der Angeklagte sich seither wohlverhalten hat (§ 34 Abs 1 Z 18 StGB), zu werten. Der Milderungsgrund nach § 34 Abs 1 Z 1 StGB liegt entgegen dem Erstgericht nicht vor, weil der Angeklagte, der sich auf die einvernehmliche Vornahme geschlechtlicher Handlungen berufen hat, weder ein reumütiges Geständnis abgelegt, noch durch seine Angaben wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat.

Zum Nachteil des Angeklagten sind demgegenüber die auf US 9 festgestellten Tatfolgen (psychische Belastung des Opfers mit der Notwendigkeit einer Psychotherapie; § 32 Abs 2 StGB) zu berücksichtigen. Eine als erschwerend zu wertende Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses kann hingegen nicht erblickt werden.

Bei Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe erweist sich die in erster Instanz ausgemessene Sanktion als überhöht und ist daher entsprechend zu reduzieren.

Hinzu kommt, dass zwar aus generalpräventiven Erwägungen – nämlich insbesondere zur Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in den Rechtsstaat durch angemessene Bestrafung von Eingriffen in die sexuelle Integrität – eine zur Gänze bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe ausscheidet und es einer unmittelbar spürbaren Sanktion in Form eines unbedingten Strafteils bedarf. Allerdings ist unter diesem Aspekt nicht die Verhängung eines unbedingten Freiheitsstrafenteils erforderlich, sondern kann auch mit einer Geldstrafe das Auslangen gefunden werden.

In Anwendung des § 43a Abs 2 StGB ist über den Angeklagten daher eine schuld- und tatangemessene Sanktion in Form einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen und einer für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten zu verhängen. Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 180 Tagessätzen ergibt sich aus § 19 Abs 3 StGB. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes ist gemäß § 19 Abs 2 StGB ausgehend von den in der Berufungsverhandlung angegebenen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten (monatliches Nettoeinkommen aus unselbständiger Tätigkeit von EUR 2.800,00, dies 14 mal jährlich, und aus selbständiger Tätigkeit von EUR 300,00; Sorgepflicht für ein Kind im Alter von zwei Jahren) mit EUR 60,00 zu bestimmen.

Der Kostenausspruch ist eine Folge der Sachentscheidung und stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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