JudikaturOLG Graz

9Bs107/24i – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
09. Dezember 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Kohlroser (Vorsitz) und die Richterinnen Mag a . Schadenbauer-Pichler und Mag a . Berzkovics in der Strafsache gegen A* wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und 2, 117 Abs 2 StGB über die Beschwerde des Nebenanklägers B* gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 18. April 2024, GZ 5 Hv 35/24z-5, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG).

Text

begründung:

B* brachte am 29. Jänner 2024 bei der Staatsanwaltschaft Graz eine Sachverhaltsdarstellung ein, wonach A* auf dem Facebook-Profil „C*“ (**) des Medieninhabers D*, **, einen den Anzeiger und seine Berufsausübung als Polizist betreffenden Eintrag („ Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in **. Ein 82 jähriger unschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet, und Stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig “) mit dem Wortlaut „Der tarf ja ist in E* sein lediger die gleich blöde Fresse“ kommentiert habe (ON 2).

Nach Durchführung von Ermittlungen (ON 1.2, ON 3) brachte die Staatsanwaltschaft zum AZ 5 Hv 35/24z des Landesgerichts für Strafsachen Graz gegen A* einen Strafantrag vom 17. April 2024 (ON 4) ein, in dem sie ihm ein als Vergehen der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und 2, 117 Abs 2 StGB beurteiltes Verhalten zur Last legt.

Demnach habe er in ** den Polizeibeamten B* in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung geziehen oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet war, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, wobei er die Tat auf eine Weise beging, wodurch die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurde, indem er auf seiner öffentlich einsehbaren Facebook- Seite ein Foto des uniformierten B* mit der Textnachricht: „Lasst dieses Gesicht des Polizisten um die Welt gehen. Dieser Polizist eskalierte bei der Demo in **. Ein 82jähriger unschuldiger Mann wurde zu Boden gerissen, verhaftet und stundenlang verhört. Dieser Polizist ist schuldig“, sowie darunter stehend die Mitteilung „ Skrupellose Gestalten ohne Gewissen “ veröffentlichte.

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach der Einzelrichter gemäß § 485 Abs 1 Z 1 StPO aus, dass das Landesgericht für Strafsachen Graz örtlich unzuständig sei.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2024 erklärte B* sich dem Strafantrag als Nebenankläger anzuschließen (§ 117 Abs 4 erster Satz StGB) und erhob gleichzeitig Beschwerde gegen den Beschluss des Einzelrichters (ON 7.1).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist nicht berechtigt.

Der im Strafantrag geschilderte Sachverhalt verwirklicht den Tatbestand der üblen Nachrede nach §§ 111 Abs 1 und 2, 117 Abs 2 StGB als Medieninhaltsdelikt (§ 1 Abs 1 Z 12 MedienG). Gemäß § 40 Abs 1 erster und dritter Satz MedienG ist für das Hauptverfahren wegen eines Medieninhaltsdelikts das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Medieninhaber seinen Wohnsitz, Aufenthalt oder Sitz hat.

Bezugspunkt sowohl der örtlichen als auch der sachlichen Zuständigkeitsprüfung ist der von der Anklage vorgegebene Prozessgegenstand. Dabei ist das Gericht zwar weder an die rechtliche Beurteilung der Staatsanwaltschaft, noch an Zeit- oder Ortsangaben in der Anklageschrift gebunden, sondern hat diese selbständig anhand der Aktenlage zu prüfen (RS0131309 [insb T2, T3]). Prozessgegenstand ist allerdings ausschließlich der angeklagte Lebenssachverhalt, der sich aus dem Anklagetenor und der (auch bei einem Strafantrag möglichen) Begründung der Anklage ergibt (RS0102147 [insb T5, T6, T9, T11]). Maßgeblich ist daher nur, welchen Sachverhalt der Ankläger dem erkennenden Gericht zur tatsächlichen Klärung und rechtlichen Beurteilung anheim gestellt hat ( Ratz , WK-StPO § 281 Rz 509). Zweifel an der Erkennbarkeit des Prozessgegenstands schlagen zu Lasten des Anklägers aus (RS0131447; RS0097672 [T4]; Birklbauer , WK-StPO § 211 Rz 10; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 509).

Im vorliegenden Fall bezieht sich der (unbegründete) Strafantrag nach seinem – insoweit eindeutigen – Tenor auf ein vom Angeklagten auf seinem eigenen Facebook-Profil veröffentlichtes Posting mit einem Lichtbild des Nebenanklägers samt Begleittext und der darunter stehenden Mitteilung „Skrupellose Gestalten ohne Gewissen“ .

Eine derartige Veröffentlichung ist zwar dem Akteninhalt, aus dem sich nur der Verdacht der in der Sachverhaltsdarstellung beschriebenen Kommentierung ( „Der tarf ja ist in E* sein lediger die gleich blöde Fresse“ ) auf dem Facebook-Profil „C*“ (**) des Medieninhabers D* ableiten lässt, nicht zu entnehmen; bei einer wertungsmäßigen Gesamtschau handelt es sich dabei aber nicht um dieselbe Tat, sodass die örtliche Zuständigkeit nur nach dem im Anklagetenor beschriebenen Lebenssachverhalt geprüft werden kann.

Gegenstand der Anklage ist demnach eine Veröffentlichung auf dem Facebook-Profil des Angeklagten als Medieninhaber, dessen Wohnsitz in ** – sohin im Sprengel des Landesgerichts Leoben – liegt. Davon ausgehend hat sich das Erstgericht zutreffend für örtlich unzuständig erklärt (§§ 450, 485 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 41 Abs 5 MedienG).

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