JudikaturOLG Graz

9Bs194/24h – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
12. August 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richterin Mag a . Berzkovics (Vorsitz) und die Richterinnen Mag. a Schadenbauer-Pichler und Mag a . Kohlroser in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbots oder Aufenthaltsverbots nach § 133a StVG über die Beschwerde des A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Vollzugsgericht vom 15. Juli 2024, GZ 83 BE 170/24t-7, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu.

Text

Begründung:

Der am ** geborene moldawische Staatsangehörige A* verbüßt in der Justizanstalt Klagenfurt eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten, welche über ihn mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 18. Oktober 2023, GZ 12 Hv 112/23v-24, iVm dem Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 10 Jänner 2024, AZ 9 Bs 392/23z, wegen des Verbrechens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 und Abs 3 Z 2 FPG, des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 dritter Fall StGB und des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB verhängt wurde. Das Strafende fällt auf den 1. August 2025. Die Hälfte der Strafe war am 3. August 2024 verbüßt, zwei Drittel werden am 3. Dezember 2024 vollzogen sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss wurde der Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug wegen Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG konform der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Klagenfurt, welche sich wegen der Schwere der „Tat“ ablehnend äußerte (ON 1.2), unter Hinweis auf die Schwere des der Anlassverurteilung zugrundeliegenden Verbrechens und der Vergehen sowie der damit verbundenen generalpräventiven Erwägungen, welche einem Vorgehen nach § 133a StVG vor Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit entgegenstünden, abgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde des Strafgefangenen, in der er argumentiert, sich ungerecht behandelt zu fühlen (ON 8, 2), bleibt ohne Erfolg.

Dem Schuldspruch des eingangs angeführten Urteils zufolge hat der Strafgefangene – zusammengefasst - am 3. August 2023 in ** und anderen Orten des Bundesgebiets

I. die rechtswidrige Einreise bzw Durchreise von acht Staatsangehörigen von Indien und Bangladesch, sohin mindestens drei Fremden in bzw durch einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, nämlich die Republik Österreich mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem er als Lenker eines PKW die Fremden gegen Entgelt mit Ziel Italien von der Slowakei nach bzw durch Österreich verbrachte;

II. die einschreitenden Polizeibeamten mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar der ihm mittels Blaulicht und Folgetonhorn, durch Handzeichen mit Polizeianhaltekelle und Anhalteboard deutlich signalisierten Anhaltung seines Pkw zur Personen- und Verkehrskontrolle, Identitätsfeststellung, Aufklärung des Sachverhalts und Festnahme zu hindern versucht, indem er seinen Pkw sämtliche Anhaltversuche ignorierend während einer etwa 7 km langen Fahrt auf der A 2 Südautobahn bei 80 bis 100 km/h zunächst gegen die rechte Fahrzeugseite des Streifenwagens lenkte, auf das Heck des Zivilstreifenwagens auffuhr, sodass dieser auslenken musste und diesen schließlich seitlich rammte und gegen die rechte Leitschiene drängte;

III. im Zuge der zu II. angeführten Tathandlung fremde Sachen, nämlich wesentliche Bestandteile der kritischen Infrastruktur in einem im Zweifel EUR 5.000,00 nicht übersteigenden Wert beschädigt, und zwar den Streifenwagen (insbesondere Eindellungen an der rechten Fahrzeugseite, Schaden in bislang nicht bekannter Höhe) und den Zivilstreifenwagen (insbesondere Eindellungen an der rechten und linken Fahrzeugseite sowie am Heck des Pkw linksseitig, Beschädigung des rechten Rückspiegels, Schaden in bislang nicht bekannter Höhe).

Mag auch das vorläufige Absehen vom Strafvollzug nach § 133a StVG bei keinem Straftatbestand und auch bei keiner Tätergruppe aus generalpräventiven Erwägungen grundsätzlich ausgeschlossen sein (RIS-Justiz RS0091771, RS0091695 jeweils zur bedingten Entlassung), so ist doch zu berücksichtigen, dass sich bereits in der Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren nach § 114 Abs 3 FPG ein höheres Ausmaß an sozialem Störwert derartiger Taten manifestiert, welches fallbezogen durch die arbeitsteilige Vorgangsweise innerhalb einer international agierenden Tätergruppe und die Schleppung von die nach § 114 Abs 3 Z 2 FPG qualifikationsbegründende Zahl von mindestens drei Fremden erheblich übersteigende Anzahl von Personen (vgl eingangs zitiertes Urteil des Oberlandesgerichts Graz, US 3) noch deutlich gesteigert wird. Zudem liegt dem Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt ein massiv erhöhter Handlungsunwert (Lenken gegen und Auffahren auf Fahrzeuge während einer sieben Kilometer langen Fahrt auf der Autobahn bei 80 bis 100 km/h) zugrunde (vgl erneut Urteil des Oberlandesgerichts Graz), weshalb bei beiden Taten ein Schweregrad erreicht ist, dessentwegen es ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um bei potentiellen Tätern einen positiven Abschreckungseffekt und die Festlegung genereller Normentreue in der Bevölkerung zu bewirken.

Der Rechtsmittelausschluss gründet auf § 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO.

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