JudikaturOLG Graz

6R22/24p – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
16. Mai 2024

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht hat durch die Senatspräsidentin Mag a . Fabsits als Vorsitzende sowie die Richterin Dr in . Meier und den Richter Mag. Reautschnig als weiter Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei A* , **, vertreten durch Mag. Ronald Kartnig, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Prof. Dr. B* , **, 2. C* AG , **, beide vertreten durch die STINGL und DIETER Rechtsanwälte OG in Graz, wegen EUR 34.625,40 samt Anhang, hier wegen Kosten (Rekursinteresse: EUR 766,45), über den Kostenrekurs der beklagten Parteien gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 29. März 2024, GZ 20 Cg 49/41x-68, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert , dass sie lautet:

„Die beklagte Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 31.467,90 (darin enthalten EUR 4.439,48 Umsatzsteuer und EUR 4.831,00 Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen“.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit EUR 296,90 (darin enthalten EUR 49,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig .

Text

Begründung:

Mit dem in der Hauptsache rechtskräftigen Urteil vom 29. März 2024, ON 68, wies das Erstgericht das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin EUR 28.125,40 samt Anhang und der Erstbeklagte zusätzlich EUR 1.500,00 samt Anhang zu zahlen sowie die Feststellung ihrer Haftung (die Zweitbeklagte beschränkt mit der Versicherungssumme) für alle künftigen kausalen Schäden aus der fehlerhaften Behandlung vom 21. Jänner 2019 und verpflichtete die Klägerin, den Beklagten deren mit EUR 30.701,45 (darin enthalten EUR 4.311,74 Umsatzsteuer und EUR 4.831,00 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

Hinsichtlich des im Rekursverfahren allein strittigen Fragenkatalogs der Beklagten vom 28. Juli 2022, ON 24, führt das Erstgericht aus, dass Anträge auf Gutachtenserörterung samt Fragenkatalog nach herrschender Rechtsprechung nach TP 2 RATG zu honorieren seien. Die von den Beklagten dafür nach TP 3A RATG verzeichneten Kosten seien daher um EUR 766,45 brutto zu kürzen.

Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Beklagten aus dem Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass ihnen Verfahrenskosten von EUR 31.467,90 (darin enthalten EUR 4.439,48 Umsatzsteuer und EUR 4.831,00 Barauslagen), also ein Mehrbetrag von EUR 766,45 brutto zugesprochen würden.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Das schriftliche Gutachten vom 4. Juli 2022 (ON 19) wurde den Streitteilen mit Beschluss vom 5. Juli 2022, ON 21, mit folgendem Beisatz zugestellt:

„Sie haben die Gelegenheit, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses

1. eine Äußerung zur Gebührennote abzugeben (§ 39 Abs 1a GebAG) und/oder

2. einen Antrag auf Erörterung des Gutachtens zu stellen (§ 357 ZPO), in dem auch die an den SV zu stellenden Fragen zu formulieren wären.

Sollte innerhalb der genannten Frist keine Äußerung einlangen, wird das Gericht davon ausgehen, dass keine Einwendungen gegen die Höhe der Gebühren erhoben werden und auf eine Ladung des Sachverständigen zur nächsten Verhandlung verzichtet wird.“

Nach mit Beschluss vom 20. Juli 2022 bewilligter Fristerstreckung langte am 28. Juli 2022 der Fragenkatalog der Beklagten (ON 24), dessen Honorierung noch strittig ist, beim Erstgericht ein. In diesem Schriftsatz formulierten die Beklagten 14 Fragen an den Sachverständigen.

In den gemäß § 54 Abs 1a ZPO erhobenen Einwendungen (ON 57) sprach sich die Klägerin gegen die Honorierung dieses Schriftsatzes nach TP 3A RATG aus. Für den Fragenkatalog gebühre nur ein Kostenersatz nach TP 2 RATG. Die verzeichneten Kosten seien daher um EUR 766,46 zu kürzen.

Die Beklagten weisen in ihrem Kostenrekurs zutreffend darauf hin, dass nach jüngerer Rechtsprechung im Falle eines gerichtlichen Auftrags zur Bekanntgabe der an den Sachverständigen zu richtenden Fragen, eine Entlohnung nach TP 3A RATG vorzunehmen sei.

Der begründungslose Antrag einer Partei, einen Sachverständigen zur Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung zwecks Erörterung seines Gutachtens zu laden, ist weiterhin nach TP 1 RATG zu honorieren. Wird der Erörterungsantrag inhaltlich begründet, also konkret ausgeführt, welche Aufklärungen bzw Erläuterungen gewünscht werden, sodass dem Sachverständigen eine entsprechende Vorbereitung ermöglicht wird, sind derartige Schriftsätze nach überwiegender Rechtsprechung nach TP 2 RATG zu entlohnen (RW0000420, RI0100043, Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 3.70).

Trägt aber das Gericht den Parteien bei Übermittlung eines Sachverständigengutachtens - wie im konkreten Fall - auf, für den Fall der Beantragung einer mündlichen Gutachtenserörterung gleichzeitig mit dem Antrag die vom Sachverständigen zu beantwortenden Fragen zur Vorbereitung der Verhandlung bekanntzugeben, handelt es sich bei einem Schriftsatz, mit dem die Gutachtenserörterung beantragt wird und Fragen formuliert werden, grundsätzlich um einen aufgetragenen Schriftsatz gemäß TP 3A I. 1. lit d RATG. Ein solcher Schriftsatz ist nach der überwiegenden jüngeren Rechtsprechung daher im Regelfall nach TP 3A RATG zu entlohnen (OLG Innsbruck 10 R 4/23y, 4 R 156/23g, OLG Wien 14 R 81/23v, hg 5 R 72/23g, 6 R 7/24g).

Der Oberste Gerichtshof judiziert zwischenzeitig, dass ein Antrag auf Gutachtenserörterung mit Fragenkatalog dann nach TP 3A RATG als aufgetragener Schriftsatz entlohnt werden kann, wenn die Partei - wie im vorliegenden Fall - aufgefordert wurde, bekanntzugeben, worüber der Sachverständige Auskunft geben soll (2 Ob 82/23g, 2 Ob 62/10b, 7 Ob 212/22k, RIS-Justiz RS0126467).

Selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass die in § 257 Abs 2 ZPO vorgesehene Möglichkeit, dass das Gericht den Parteien Schriftsätze auftragen kann, zeitlich mit der in § 257 Abs 3 ZPO normierten Frist begrenzt ist, bleibt doch auch ein gegen diese zeitliche Schranke erteilter Auftrag gültig (vgl Kodek in Fasching/Konecny³ III/1 § 257 ZPO Rz 39, 40). Ein besonderer gerichtlicher Auftrag, die konkreten von einem Sachverständigen zu behandelnden Fragen anzuführen, macht einen Schriftsatz, der ihm entspricht, somit zu einem vom Gericht aufgetragenen Schriftsatz im Sinne der TP 3A I.1. lit d.

Den Beklagten steht für den Schriftsatz vom 28. Juli 2022, ON 24, daher eine Entlohnung nach TP 3A RATG, somit ein Betrag von EUR 1.297,68 zuzüglich Umsatzsteuer, damit EUR 1.557,22 zu.

Aus diesen Erwägungen ist dem Rekurs Folge zu geben und die angefochtene Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass der Schriftsatz (Fragenkatalog) der Beklagten vom 28. Juli 2022 (ON 24) nach TP 3A RATG zu honorieren ist. Insgesamt errechnet sich daher ein Kostenersatzanspruch der Beklagten für das erstinstanzliche Verfahren von EUR 31.467,90 (darin enthalten EUR 4.439,48 Umsatzsteuer und EUR 4.831,00 Barauslagen).

Die Kostenentscheidung für das Rekursverfahren beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO iVm § 11 RATG.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

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