5R130/18d – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Rastädter-Puschnig als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Waldner und Mag. Schober als Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch *****, gegen die beklagten Parteien 1. ***** , Zahnarzt, *****, 2. ***** GmbH , *****, beide vertreten durch die *****, wegen Unterlassung (Streitwert: insgesamt EUR 31.000,00) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert: insgesamt EUR 3.000,00) [Streitwert im Provisorialverfahren: EUR 31.000,00], über den Rekurs der beklagten Parteien gegen die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20.Juli 2018, 39 Cg 62/18v-14, in nichtöffentlicher Sitzung den
BESCHLUSS
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten haben die Kosten ihres Rekurses endgültig und die Klägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt je Sicherungsbegehren EUR 5.000,00, nicht aber EUR 30.000,00.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig .
Text
begründung:
Der Erstbeklagte ist niedergelassener Zahnarzt und Geschäftsführer und Gesellschafter der Zweitbeklagten, die Kosmetikleistungen anbietet. Der Erstbeklagte ist auch als Allgemeinmediziner tätig.
In der Ausgabe der Zeitschrift „*****“ von ***** warben die Beklagten ganzseitig mit folgendem Inserat:
Die Zweitbeklagte bietet kosmetisches Zahnbleaching ohne Peroxyd an. Bevor das Zahnbleaching durch die bei der Zweitbeklagten beschäftigte Prophylaxe-Assistentin und in Deutschland ausgebildete Dentalhygienikerin stattfindet, muss der Patient sich entweder durch den Erstbeklagten oder einen anderen Zahnarzt zahnärztlich untersuchen lassen, um zu klären, ob im Gebiss des Kunden die Voraussetzungen für das kosmetische Bleaching gegeben sind. Diese Untersuchung findet entweder unmittelbar oder schon einige Wochen oder Monate vor dem Bleaching statt. Beim Bleaching soll die Farbe des unter dem Zahnschmelz liegenden Dentins beeinflusst werden. Dafür wird über eine Schiene Gel auf den Zahn aufgebracht und mit einem LED-Licht aktiviert. Durch die dabei entstehende photochemische Reaktion erfolgt die Bleichung. Die zahnmedizinischen Leistungen, die der Erstbeklagte vor dem Bleaching erbringt, rechnet er separat ab. Die Bleaching-Behandlung bietet die Zweitbeklagte in derselben Praxis an, in der sich auch die zahnmedizinische Ordination des Erstbeklagten befindet.
Für Haarentfernung, Tattoo-Entfernung, Entfernung von Alters- und Pigmentflecken, Korrektur von Permanent Make-Up, Faltenbehandlungen und Augenlidstraffungen ohne OP wirbt der Erstbeklagte auch auf seiner Homepage.
Die Zweitbeklagte wirbt auf ihrer Website für verschiedene kosmetische Bleaching-Varianten mit Preisen, die sie ausschließlich für das Bleaching an sich, nicht aber für die zahnmedizinischen Vorleistungen verrechnet.
Bevor ein kosmetisches Bleaching durchgeführt wird, muss ein Arzt beurteilen, worin die Ursache der Verfärbung liegt und ob die Voraussetzungen für das Bleaching, etwa die Freiheit von Karies, vorliegen.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin zu Punkt 1. von den Beklagten, es zu unterlassen,
a) für zahnärztliche Leistungen Anzeigen, welche ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums überschreiten, insbes. ganzseitige Anzeigen, zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen;
b) öffentliche Ankündigungen, in denen nur oder auch die Zahnpraxis des Erstbeklagten beworben wird, zB in Zeitpunktsinseraten und/oder auf Webseiten im Internet, mit Ankündigungen nicht zahnmedizinischer Leistungen wie zB Haarentfernung, Tattoo-Entfernung, Entfernung von Alters- und Pigmentflecken, Korrektur von Permament Make-Up, Faltenbehandlungen, Augenlidstraffungen, Anti-Aging Gesichtsbehandlungen, Bodyforming, Botulinumtoxin und Hyaluronsäure-Behandlungen, CRYO 4S Kälteplattenbehandlungen und Micro Needling und/oder mit sinngemäß gleichen Ankündigungen zu versehen und/oder versehen zu lassen;
c) zahnärztliche Tätigkeiten wie Bleaching, sei es auch als „kosmetisches Zahnbleaching“ oder durch sinngemäß gleiche Bezeichnungen, durch die zweitbeklagte Partei anzukündigen und/oder durch die zweitbeklagte Partei auszuführen;
sowie (aus prozessualer Vorsicht) in eventu zu Punkt c) – sollten die Beklagten behaupten und beweisen bzw bescheinigen, dass die Bleachingbehandlungen doch durch den Erstbeklagten ausgeführt oder nur im Rahmen seiner Berufsausübung von Hilfspersonen nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht erfolgen (§ 24 Abs 2 ZÄG) -
c) Preise für privatärztliche Leistungen zu nennen und/oder nennen zu lassen.
Neben den zu Punkt a) mit EUR 13.000,00, zu Punkt b) mit EUR 5.000,00 und zu Punkt c) mit EUR 13.000,00, somit mit insgesamt EUR 31.000,00, bewerteten Unterlassungsbegehren erhob die Klägerin mehrere (mit insgesamt EUR 3.000,00 bewertete) Veröffentlichungsbegehren.
Zur Sicherung ihrer Unterlassungsansprüche stellte sie den Antrag auf Erlassung einer mit den Unterlassungsbegehren inhaltsgleichen einstweiligen Verfügung.
Zur Begründung ihrer – der beantragten einstweiligen Verfügung zugrundeliegenden – Unterlassungsansprüche brachte die Klägerin vor, dass sie eine Körperschaft öffentlichen Rechts mit dem Sitz in Wien (§ 17 ZÄKG) sei. Sie sei aufgrund des Gesetzes dazu berufen, die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Belange der Kammermitglieder, nämlich aller Zahnärzte und Dentisten in Österreich, wahrzunehmen und zu fördern sowie für die Wahrung des Berufs- und Standesansehens und der Berufs- und Standespflichten zu sorgen (§ 18 leg cit). Gemäß § 14 UWG sei sie für die vorliegende Klage aktiv legitimiert.
Der Erstbeklagte sei Zahnarzt und betreibe in *****, seine Ordination. Als Mitarbeiterin sei *****, Mitgesellschafterin und Geschäftsführerin der Zweitbeklagten, in der Ordination des Erstbeklagten tätig.
Die Zweitbeklagte sei eine im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz unter ***** registrierte Gesellschaft mbH mit dem Sitz in ***** und der Geschäftsanschrift in *****. Sie sei im Dezember 2013 als ***** GmbH mit der Angabe „Zahnarztpraxis und Dental Labor“ als Geschäftszweig gegründet und im Februar 2014 auf den jetzigen Firmenwortlaut umbenannt worden. Gleichzeitig sei der Geschäftszweig laut Firmenbuch auf „Dentallabor, Massage, Kosmetik, Handel“ abgeändert worden. Gewerbeberechtigungen habe die Zweitbeklagte für den Handel mit Parfümerie-, Wasch- und Haushaltswaren sowie als Kosmetikerin, und zwar sowohl für den Standort *****, als auch für eine Filiale in *****, somit ident mit dem Ordinationsstandort des Erstbeklagten. Der Erstbeklagte sei an der Zweitbeklagten als Gesellschafter mit einem Anteil von 40 %, seine Mitarbeiterin ***** mit 25 % beteiligt. Sowohl der Erstbeklagte als auch seine Mitarbeiterin ***** seien auch Geschäftsführer der Zweitbeklagten.
Es bestehe also eine enge Nahebeziehung bzw Verflechtung der Zahnarztpraxis des Erstbeklagten mit dem von der Zweitbeklagten betriebenen Kosmetiksalon.
Die Beklagten werben gemeinsam für Zahnbehandlungen und für Schönheitsbehandlungen bei ihnen durch eine ganzseitige Anzeige in der Zeitung „*****“, Ausgabe *****, wie folgt:
In der dargestellten Zeitungsanzeige finde sich nach der Anschrift auch der Hinweis auf die Webseite des Erstbeklagten, nämlich www.*****. Es handle sich dabei um die Domain des Erstbeklagten. Auf dieser Webseite werden, und zwar sowohl auf der Startseite als auch auf der Unterseite „Leistungen“, auch Behandlungen mit neuester Laser-Technologie zur Haarentfernung, Tattoo-Entfernung usw beworben, wie folgt:
Behandlungen mit neuester Laser-Technologien zur
- Haarentfernung
- Tattoo-Entfernung
- Entfernung von Alters- und Pigmentflecken
- Korrektur von Permanent Make-Up
- Faltenbehandlung
- Augenlidstraffung ohne OP
NEU: Behandlungen mit neuester Laser-Technologien zur
● Haarentfernung
● Tattoo-Entfernung
● Entfernung von Alters- und Pigmentflecken
● Korrektur von Permanent Make-Up
● Faltenbehandlung
● Augenlidstraffung ohne OP.
In der genannten Zeitungsanzeige finde sich nach deren Anschriften auch der Hinweis auf die Webseite der Zweitbeklagten, nämlich www.*****. Es handle sich dabei um die Domain der Zweitbeklagten. Auf dieser Webseite werde, und zwar auf der Unterseite „Kosmetisches Zahnbleaching“, auch kosmetisches Zahnbleaching mit Preisangaben (um EUR 64,00 für eine 20minütige Express-Sitzung, um EUR 88,00 für eine 30minütige Small-Sitzung, um EUR 125,00 für eine 40minütige Medium-Sitzung und um EUR 160,00 für eine 60minütige Large-Sitzung) angeboten. Der Ablauf einer solchen kosmetischen Zahnbehandlung werde nach der rhetorischen Frage „Wie kosmetisches Zahnbleaching funktioniert“ in einem mit der Schaltfläche (Button) „Weiterlesen“ zugänglichen Text (kurz zusammengefasst) so beschrieben: Eine Mundschiene wird mit dem Zahnaufhellungsgel gefüllt und anschließend von der Patientien oder dem Patienten selbst in den Mund gesetzt. Nach dem Aufsetzen einer Schutzbrille wird unter der LED Lampe das Zahngel aktiviert, wodurch der Aufhellungsprozess beginnt. Zwar werde behauptet, dass die Behandlung weder Zähnen noch Zahnfleisch schaden und in keinster Weise die Struktur der Zähne verändern würde. Es würde das neueste und beste kosmetische Gel aus Amerika konform der CE verwendet. Die Patientin oder der Patient würde eine vollkommen unbedenkliche und rein kosmetische Behandlung erhalten. In einem erläuternden Text, welcher durch die Schaltfläche (Button) „Weiterlesen“ nach der Zwischenüberschrift „Häufig gestellte Fragen“ erreichbar sei, finde sich dann aber doch ein Warnhinweis wörtlich wie folgt: Allerdings wird bei Schwangeren oder Stillenden und Minderjährigen (Personen unter 18 Jahren) vom kosmetischen Zahnbleaching abgeraten. Darin liege ein Warnhinweis, dass eine solche Behandlung doch nicht völlig unbedenklich sei. Mit der Behandlung von Zahnverfärbungen werde nämlich in die körperliche Substanz des Menschen eingegriffen. Auch wenn Zahnverfärbungen unterschiedliche Ursachen haben können und daher nicht in jedem Fall als Krankheit einzustufen seien, könne doch nur ein Zahnarzt beurteilen, welche Ursache die Verfärbung habe. Die Beseitigung von Verfärbungen birge bei unterbliebener Ursachenabklärung die Gefahr, dass behandlungsbedürftige Zahnerkrankungen unerkannt bleiben. Weder der Patient noch nichtärztliches Personal seien in der Lage, das Vorliegen solcher Krankheiten zu diagnostizieren. Daher sei vor der Zahnaufhellung eine professionelle Zahnreinigung notwendig, um alle Ablagerungen vollständig von der Zahnoberfläche zu entfernen. Das Gebiss müsse kariesfrei sein und dürfe keinerlei Symptome für Zahnbetterkrankungen (Zahnfleischbluten, Zahnfleischtaschen) aufweisen. Bei Nichtberücksichtigung könne das Einwirken auf die Pulpa oder Zahnfleisch schwerwiegende Beschwerden oder Allergien auslösen. Auch könne während der Zahnaufhellung eine Xerostomie (Austrocknung des Mundes) auftreten, weshalb zB bei Speicheldrüsen-Erkrankungen nicht gebleacht werden dürfe.
Angehörige des zahnärztlichen Berufes haben gemäß § 35 Abs 1 ZÄG im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Berufes jedes standeswidrige Verhalten zu unterlassen. Ein Verhalten sei standeswidrig, wenn es geeignet sei, das Ansehen des Berufsstandes zu beeinträchtigen oder Interessen des Berufsstandes zu schädigen. Ferner haben sich Angehörige des zahnärztlichen Berufes jeder unsachlichen Anpreisung oder Bewerbung ihrer zahnärztlichen Leistungen zu enthalten (§ 35 Abs 2 leg cit). Gemäß § 35 Abs 5 leg cit seien nähere Vorschriften über Art und Form des in Absatz 1 und 2 genannten Verhaltens erlassen worden, und zwar die mit 1.Juli 2009 in Kraft getretenen Werberichtlinien vom 5./6.Juni 2009, derzeit in am 11.Dezember 2015 novellierter Fassung (Werbe-RL). Diese Richtlinien geben eine gefestigte Standesauffassung wieder; die Unzulässigkeit einer dagegen verstoßenden Werbung ergebe sich aber nicht (nur) aus dem Verstoß gegen diese Richtlinien, sondern primär schon aus dem Gesetz (§ 35 Abs 1 ZÄG). Die Verbindlichkeit der Werberichtlinien habe der OGH wiederholt bestätigt. Damit liege bei Verstößen gegen diese Richtlinien – was hier der Fall sei – ein Wettbewerbsverstoß iSd § 1 UWG vor, und zwar auch in dessen Fassung nach der UWG-Novelle 2007.
Auch ein Dritter, wie hier die Zweitbeklagte, welche selbst nicht Zahnarzt sei, handle sittenwidrig iSd § 1 UWG, wenn er in standeswidriger Weise für sein eigenes Unternehmen oder für denjenigen werbe, dessen Standesvorschriften durch die Werbung verletzt werden. Dieses Verbot gelte daher für jeden, der für Ärzte werbend auftrete. Wer für Ärzte bzw Zahnärzte werbend auftrete, müsse auch die Konkretisierung der in § 35 Abs 1 ZÄG enthaltenen Begriffe durch die gemäß § 35 Abs 5 ZÄG von der Österreichischen Zahnärztekammer erlassenen Werberichtlinien beachten.
1. Zum Verstoß der Beklagten gegen Art 5 lit c Werbe-RL gemäß Unterlassungsbegehren zu Punkt a):
Nach Art 5 lit c Werbe-RL dürfe eine Anzeige in Printmedien maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen. Die Schaltung einer ganzseitigen Anzeige (wie im streitgegenständlichen Inserat) verstoße daher gegen die Werbe-RL. Es gebe zwar eine (dezente) farbliche Abtrennung zwischen der Werbung für die Zweitbeklagte und die Reklame für die Zahnarztpraxis des Erstbeklagten. Die ganze Anzeige stehe jedoch unter der gemeinsamen Überschrift „***** GmbH“. Schon aufgrund dieser Überschrift sei hier von einem einheitlichen Inserat auszugehen, somit von einer Gemeinschaftswerbung, worin auch die Zahnarztpraxis beworben werde. Eine zergliedernde Betrachtung sei hier auch deshalb nicht möglich, weil ein Teil des Inseratentextes in einem farblich abgehobenen Teil sich über beide Hälften der Anzeige erstrecke. Dass darin auch für Leistungen der Zweitbeklagten geworben werde, führe nicht dazu, dass deshalb das für eine Anzeige, also pro Anzeige in Art 5 lit c Werbe-RL festgelegte, höchstens zulässige Ausmaß von ein Viertel einer Seite überschritten werden dürfte. Denn die maßgebliche Bestimmung laute wörtlich: Eine Anzeige in Printmedien darf maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen. Die Bestimmung enthalte keine Ausnahme, wonach bei einer Werbung gleichzeitig für zahnärztliche und nichtzahnärztliche Leistungen das Ausmaß von maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums überschritten werden dürfte. Auch wenn nämlich a) zugleich Vorteile versprochen oder angekündigt werden, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen oder b) damit keine Erkenntnisse über die beworbenen zahnmedizinischen Leistungen vermittelt werden, also in unsachlicher Weise geworben werde, so liege doch die Anpreisung oder das Bewerben zahnärztlicher Leistungen vor. Somit könne das Bewerben zahnmedizinischer Leistungen in einem Inserat, welches den nach Art 5 lit c Werbe-RL zulässigen Umfang übersteige, nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass zusätzliche Inhalte damit verbunden werden.
Schon aufgrund des Titels des Inserats gehe ein durchschnittlich Informierter, aufmerksamer und verständiger Leser davon aus, dass die Beklagten ein gemeinsames Unternehmen eingerichtet haben und betreiben. Der durchschnittliche Leser könne zu gar keinem anderen Verständnis kommen, gebe es doch auch einen gemeinsamen Standort ***** und eine gemeinsame Telefonnummer. Werbeankündigungen wie hier die Zeitungsanzeige dürfen nicht zergliedernd betrachtet werden, vielmehr müsse darauf abgestellt werden, welchen Gesamteindruck ein Durchschnittsinteressent bei flüchtiger Betrachtung erhalte. Bei der Beurteilung einer Werbeankündigung seien daher nicht deren einzelne Teile, sondern der Text in seiner Gesamtheit zugrunde zu legen. Die Werbung dürfe nicht in subtiler (spitzfindiger) Weise zergliedert werden. Hier liege eine einheitliche Werbemaßnahme vor, nämlich ein Inserat, worin ein Kosmetikstudio und ein Zahnarzt gemeinsam werben. Bei der hier in Rede stehenden entgeltlichen Einschaltung handle es sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung neben der Bewerbung von Schönheitsangeboten besonders um eine Werbeankündigung für die Zahnarztpraxis des Erstbeklagten offenbar in Form eines Kombiangebots, werde doch mit „*****, Wohlbefinden statt Angst“, einer Kombination (von Faktoren), die jedem Kunden ein Lächeln ins Gesicht zaubert, geworben. Es handle sich daher um eine einheitliche Werbemaßnahme, wovon sich die Beklagten Synergieeffekte versprechen. Die bezahlte Einschaltung erstrecke sich über die ganze Seite des Printmediums „*****“ und unterliege daher dem Verbot gemäß Art 5 lit c Werbe-RL. Anzeigen, mit denen (zumindest auch) für zahnmedizinische Leistungen geworben werde, fallen somit unter Art 5 lit c Werbe-RL, und seien, wenn sie das zulässige Ausmaß überschreiten, geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Zahnärzten, die sich an die standesrechtlichen Werbebeschränkungen halten, nicht bloß unerheblich zu beeinflussen.
Doch selbst unter der Fiktion, dass die Anzeige in verschiedene Teile aufzuspalten wäre (was freilich schon der Titel „***** Dr. med. univ. ***** und ***** GmbH“, aber auch die übrige Gestaltung, verbiete) und man lediglich den oberen Teil der Zahnarztpraxis zurechne, so sei auch dann mit einer halben Seite das zulässige Ausmaß überschritten und der Verstoß gegen die Größenbeschränkung ohne jeden Zweifel gegeben.
2. Zum Verstoß der Beklagten gegen Art 1 iVm Art 2 Werbe-RL gemäß Unterlassungsbegehren zu Punkt b):
Nach Art 1 Werbe-RL sei nicht bloß jedes unwahre, diskriminierende oder das Ansehen des Berufsstandes beeinträchtigende Anpreisen zahnärztlicher Leistungen in der Öffentlichkeit, in den Print- und digitalen Medien untersagt, sondern auch jedes unsachliche Bewerben. Gemäß Art 2 Werbe-RL sei das Bewerben zahnärztlicher Leistungen unsachlich, wenn zugleich Vorteile versprochen werden, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen, oder wenn damit keine Erkenntnisse über die beworbenen zahnmedizinischen Leistungen vermittelt werden. Diese Werbebeschränkung liege nicht nur im Interesse der Ärzte, sondern vor allem im Interesse der Allgemeinheit, sich bei der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen von sachlichen Erwägungen und nicht von anderen Vorteilen leiten zu lassen.
Die unter dem gemeinsamen Inseratentitel „***** Dr. med. univ. ***** und ***** GmbH“ auch angepriesenen Anti-aging Gesichtsbehandlungen, Bodyforming, Haarentfernung, Tattoo-Entfernung usw haben mit zahnärztlichen Leistungen nichts zu tun. Sie tragen in keiner Weise dazu bei, für die angesprochenen Verkehrskreise die Beurteilung des ärztlichen Angebots zu erleichtern, weil sie nichts mit der Qualität dieser Leistungen zu tun haben, sondern stellen Vorteile dar, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen. Dennoch befinden sich solche Ankündigungen nicht nur im gemeinsamen Inserat, sondern auch auf der Webseite des Erstbeklagten, sodass ein durchschnittlich Informierter, verständiger und aufmerksamer Verbraucher diese Ankündigungen nur oder zumindest auch auf den Erstbeklagten beziehen könne. Beim Interessenten werde damit die Erwartung geweckt, als Patient des Erstbeklagten auch gleich Schönheitsbehandlungen zu erhalten. Somit werden dessen (aktuelle und potentielle) Patienten angesprochen und damit Reklame für den Erstbeklagten betrieben. Werbung sei nämlich gemäß Art 2 lit a kodifizierte IrreführungsRL jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern. Schon der Begriff der „Äußerung“ sei weit zu verstehen. Er erfasse nach der Rechtsprechung des EuGH jegliche Äußerung in jeder beliebigen Form. Auch das Tatbestandsmerkmal „bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs“ sei weit auszulegen. Mit dieser Wortfolge werde ein funktioneller Zusammenhang mit der (eigenen oder fremden) unternehmerischen Tätigkeit hergestellt. Die Definition umfasse daher jegliche Äußerung im geschäftlichen Verkehr mit dem Ziel der Absatzförderung, gleichgültig ob es sich um Waren oder Dienstleistungen handle. Somit verstoße die inkriminierte Ankündigung, weil sie durch die Kombination zahnärztlicher und nichtzahnärztlicher Leistungen Kunden bzw Patienten gewinnen wolle, die nichtzahnärztlichen Leistungen aber nichts mit der zahnmedizinischen Leistung zu tun haben, auch gegen das Verbot unsachlicher Werbung gemäß § 35 Abs 2 ZÄK, Art 1 und 2 Werbe-RL.
3. Zum Verstoß der Beklagten gegen § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG (Zahnärztevorbehalt) gemäß Unterlassungsbegehren zu Punkt c):
Gemäß §§ 3 und 4 ZÄG seien nur die Angehörigen des zahnärztlichen Berufs zur Ausübung der Zahnmedizin berufen und umfasse der zahnärztliche Beruf jede auf zahnmedizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit einschließlich komplementär- und alternativmedizinischer Heilverfahren, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt werden. Der Zahnärztevorbehalt sei nicht Selbstzweck, sondern diene dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung, um zu vermeiden, dass – sei es auch nur aus Unwissenheit – Patientenwünsche erfüllt werden, durch die Schaden angerichtet werde. In ihrem gemeinsamen Inserat kündigen die Beklagten ua „kosmetisches Zahnbleaching“ mit dem zusätzlichen Hinweis „ohne Peroxyd“ an. Näher beworben werde dieses kosmetische Zahnbleaching aber ausschließlich auf der Webseite der Zweitbeklagten, womit der Eindruck erweckt werde, es handle sich um eine Behandlung, welche die Zweitbeklagte erbringe, zumal ausdrücklich von kosmetischem Bleaching, nicht aber von zahnmedizinischem oder zahnärztlichem Bleaching die Rede sei.
Unterstelle man entsprechend diesem Eindruck, dass diese Bleaching-Behandlungen nicht vom Erstbeklagten (oder wenigstens nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht von Hilfspersonen [§ 24 Abs 2 ZÄG]) durchgeführt werden, sondern von der Zweitbeklagten ohne Mitwirkung des Erstbeklagten, so fehle der Zweitbeklagten bzw den für sie handelnden Mitarbeitern die Ausbildung, um zu erkennen, in welchen Fällen dem Bleaching eine zahnmedizinische Untersuchung und Behandlung vorauszugehen habe. Durch die Ankündigungen und Leistungen der Beklagten können Patienten jedoch veranlasst werden, auf die notwendige Konsultation eines Zahnarztes zu verzichten, denn sie können den oralen Status ihrer Zähne selbst nicht oder falsch einschätzen. Der Nichtzahnarzt könne die Gründe für Verfärbungen der Zähne nicht beurteilen, sodass möglicherweise wichtige Vorbehandlungen (Kariesentfernung, Wurzelkanalbehandlung) unterbleiben. Zahnerkrankungen wirken sich auf den gesamten Organismus aus. Vielleicht bereits angegriffener Zahnschmelz dürfe nicht gebleacht werden. Deshalb sei Zahnbleaching, auch im vollständig gesunden menschlichen Mund, aus dem guten Grund des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung den Zahnärzten vorbehalten. Mit dem Gesundheitsberufe-Rechtsänderungsgesetz 2007 (BGBl I 2007/57) sei in das (österreichische) Zahnärztegesetz (ZÄG), und zwar in § 4 Abs 3, ausdrücklich als Z 4a eingefügt worden, dass auch die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern, unter den Zahnärztevorbehalt falle. In der Regierungsvorlage dazu sei dazu ausdrücklich festgehalten, dass diese Klarstellung entsprechend der gutachterlichen Stellungnahme der Zahnkommission des Obersten Sanitätsrates im Sinne des Patientenschutzes erfolge. Das Risiko, durch die zur Zahnaufhellung verwendeten Bleichmittel seine Zähne zu schädigen, sei nämlich groß. Der Zahnschmelz könne erweichen und es bestehe die Gefahr, dass die Zähne brechen; außerdem können sie schmerzempfindlicher werden. Auch könne die Oberfläche von Füllungen und anderen Zahnersatzmaterialien angegriffen werden. Wenn irgendwo kariöse Stellen seien oder undichte Füllungen, könne Bleichmittel eindringen und zu Nervreizungen führen, was in weiterer Folge eine Wurzelkanalbehandlung nach sich ziehen könne. Daraus ergebe sich, dass die Durchführung von Zahnbleaching, also die Zahnaufhellung, und zwar auch zu „nur“ kosmetischen Zwecken, ausschließlich von Angehörigen des zahnärztlichen Berufes durchgeführt werden dürfe und nicht vom Betreiber eines Kosmetiksalons. Der Tatbestand, dass gemäß § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen zum zahnärztlichen Vorbehaltsbereich gehöre, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern, sei nämlich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dann erfüllt, wenn bei der Behandlung eine photochemische Reaktion stattfinde und die Behandlung ua bei Erkrankungen des Zahnfleisches und bei unbehandeltem Karies nicht durchgeführt werden dürfe. Auch beim hier gegenständlichen Sachverhalt werde das zur Aufhellung verwendete Produkt durch ein LED-Licht aktiviert und dürfe das Bleaching bei Erkrankungen des Zahnfleisches und bei unbehandeltem Karies nicht erfolgen, weil die angebotene photochemische Reaktion über die bloße Anwendung eines Mundpflegemittels hinausgehe, selbst wenn das angebotene Mittel mangels Wasserstoffperoxydgehalts als solches unbedenklich sein möge. Die vorherige Untersuchung und Diagnose sei notwendig, um bestimmte Erkrankungen im Mundbereich ausschließen zu können.
Indem die Beklagten im Zeitungsinserat und die Zweitbeklagte auf ihrer Webseite Zahnbleaching bloß durch die Zweitbeklagte ankündigen, kündigen sie eine den Zahnärzten vorbehaltene Tätigkeit durch einen Nicht-Zahnarzt an. Sie verletzen damit die berufsspezifischen lauterkeitsrechtlichen Verhaltenspflichten, die für den jeweiligen Berufsstand aus den geltenden Gesetzen und Verordnungen zu erschließen seien. Damit liege eine unlautere Geschäftspraktik vor, welche den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt widerspreche, was einen Verstoß gegen § 1 Abs 1 Z 2 UWG begründe. Das hier inkriminierte, gegen den Zahnärztevorbehalt verstoßende Verhalten der Beklagten führe nicht nur zu einem unzulässigen Wettbewerbsvorteil, sondern sei gefährlich, weil Patienten möglicherweise aus Unwissenheit über den oralen Status ihrer Zähne auf die notwendige Konsultation eines tatsächlichen Zahnarztes verzichten. Gerade durch die Behauptungen der Beklagten im Zeitungsinserat, wonach es sich um ein kosmetisches Zahnbleaching ohne Peroxyd handeln würde, und die Behauptung der Zweitbeklagten auf deren Webseite, wonach „die Behandlung … weder Zähnen noch Zahnfleisch schade und … in keinster Weise die Struktur der Zähne verändere“, „unser kosmetisches Zahnbleaching … weder aggressiv noch ätzend [ist]. Sie [als Patient] … eine vollkommen unbedenkliche und rein kosmetische Behandlung [erhalten]“, „***** (also die Zweitbeklagte) … das neueste und beste kosmetische Gel aus Amerika konform der CE [verwendet]. Es … besonders sanft zu ihren Zähnen, in keiner Weise aggressiv oder zahnschmelzschädigend und besonders effizient [ist]. Bei dieser Methode … es sich um einen rein kosmetischen Akt [handelt], … - ganz ohne Nebenwirkungen“, werde doch der Eindruck erweckt, diese Behandlung würde keine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern und den Zahnarztbesuch ersparen. Die Einbeziehung des Erstbeklagten als Zahnarzt in die Inseratenwerbung bestätige diesen Eindruck geradezu, dass hier eine Behandlung angeboten werde, die bedenkenlos auch von der Kosmetikerin oder einem Kosmetiker erbracht werden könne, wenn sogar ein Zahnarzt an einer solchen Ankündigung mitwirke. Dabei werde nach dem eigenen Warnhinweis der Zweitbeklagten, welcher aber erst durch Anklicken einer zusätzlichen Schaltfläche erreicht werde und daher weit weniger auffällig sei, bei Schwangeren oder Stillenden und Minderjährigen (Personen unter 18 Jahren) vom kosmetischen Zahnbleaching abgeraten. Schon allein dieser eigene Hinweis der Zweitbeklagten zeige, dass gesundheitliche Risiken nicht ausgeschlossen werden können.
Um allfälligen Einwänden der Beklagten von vornherein entgegenzutreten, werde dazu nochmals wiederholt, dass der Nichtzahnarzt die Gründe für Verfärbungen der Zähne nicht beurteilen könne, sodass möglicherweise wichtige Vorbehandlungen (Kariesentfernung, Wurzelkanalbehandlung) unterbleiben. Daher sei eine vorherige Abklärung des oralen Status immer und völlig unabhängig vom verwendeten Mittel – egal ob dieses Peroxyd enthalte oder nicht – notwendig. Es gehe nicht darum, ob dabei verwendete Mittel gefährlich oder ungefährlich seien, sondern darum, welche Tätigkeiten unter den Berufsvorbehalt der Zahnärzte fallen und daher von anderen Personen wie (hier) der Betreiberin eines Kosmetikstudios nicht ausgeübt und damit auch nicht beworben werden dürfen. Ob ein Mittel ohne Peroxyd eingesetzt werde, sei daher unerheblich, denn das habe nichts mit den Berufsbefugnissen zu tun. Auch wenn die verwendeten Mittel der EU-Richtlinie 2011/84/EU entsprechen sollten, so seien in dieser Richtlinie lediglich Anforderungen an kosmetische Artikel, damit diese in Verkehr gebracht werden dürfen, geregelt. Die Richtlinie treffe aber keine Regelung zum Zahnärztevorbehalt, welcher davon unberührt in §§ 3, 4 ZÄG festgelegt sei. Es seien in der Richtlinie keine Bestimmungen enthalten, wonach Nichtzahnärzte wie die Zweitbeklagte Tätigkeiten ankündigen und/oder erbringen dürfen, und Zahnärzte wie der Erstbeklagte die Ausübung solcher Tätigkeiten durch Nichtzahnärzte mitbewerben dürfen, welche gemäß § 4 Abs 2 und 3, insbesondere Z 4a ZÄG den Zahnärzten vorbehalten seien. Daraus, dass Zahnaufhellung und Bleichmittel, die eine Wasserstoffperoxydkonzentration von weniger als 0,1 % enthalten, abgegeben werden dürfen, dürfe nicht der Umkehrschluss gezogen werden, die Verwendung solcher Mittel wäre in „Bleachingbars“ - oder eben hier in einem Kosmetikstudio – zulässig. Klare Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen, Patienten auch im Zusammenhang mit kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen umfassend davor zu schützen, von Personen behandelt zu werden, die keine (ausreichende und auch überprüfte) Ausbildung haben. Der Zweitbeklagten fehle die (überprüfte) Ausbildung, um Erkrankungen, welche Bleaching ausschließen, zu erkennen. Mit gutem Grund sei nicht nur die Behandlung (§ 4 Abs 3 Z 3 ZÄG), sondern auch die Untersuchung auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Krankheiten und Anomalien der Zähne, des Mundes und der Kiefer einschließlich der dazugehörigen Gewebe und die Beurteilung der angeführten Zustände dem Angehörigen des zahnärztlichen Berufs, das heißt dem Zahnarzt, vorbehalten (§ 4 Abs 3 Z 1 und 2 ZÄG). Nur der Zahnarzt könne und dürfe (nach dem klaren Willen des Gesetzgebers) feststellen, ob eine krankhafte Verfärbung der Zähne vorliege und ob Gegenanzeigen (wie eben Zahnfleischerkrankungen oder Karies) bestehen.
Das Verhalten der Beklagten sei geeignet, den Wettbewerb zu beeinflussen, weil in der Bevölkerung vielfach die Vorstellung herrsche, Pfuscher (die Zweitbeklagte betätige sich bei der Erbringung zahnärztlicher Leistungen als Kurpfuscherin) würden ihre Leistungen zu günstigeren Preisen erbringen als zur Berufsausübung berechtigte Personen. Dies gelte auch dann, wenn die vermuteten Preisvorteile tatsächlich nicht bestehen und für die Patienten damit ein Gesundheitsrisiko verbunden sei. Dabei komme es nicht darauf an, wie viele Kunden jemand, der unlauter handle, bisher gewonnen habe. Maßgebend sei ausschließlich, ob sein Verhalten geeignet sei, zu einer nicht bloß unerheblichen Nachfrageverlagerung zu führen.
Die Ankündigung, zahnärztliche Tätigkeiten auszuüben, rechtfertige auch das Verbot, zahnärztliche Tätigkeiten auszuführen.
Die Beklagten kündigen somit eine den Zahnärzten vorbehaltene Tätigkeit durch einen Nichtzahnarzt an und verschaffen der Zweitbeklagten auf diese Weise einen Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern. Dadurch werde eine Verletzung des § 1 UWG iVm den Bestimmungen des ZÄG begründet.
Der Erstbeklagte hafte nicht nur für die Ankündigungen auf seiner eigenen Webseite, sondern auch für jene auf der Webseite der Zweitbeklagten. Er sei nämlich selbst Gesellschafter und Geschäftsführer der Zweitbeklagten, zumal er schon durch das gemeinsame Inserat jedenfalls Kenntnis davon habe, dass die Zweitbeklagte auch kosmetisches Zahnbleaching anbiete und ihre Behandlung auch auf einer eigenen Webseite bewerbe.
3. a) Zum Eventualbegehren zu Punkt c) (Verstoß gegen Art 3 lit e Werbe-RL):
Sollten die Bleachingbehandlungen doch durch den Erstbeklagten ausgeführt oder nur im Rahmen seiner Berufsausübung von Hilfspersonen nach seinen genauen Anordnungen und unter seiner ständigen Aufsicht erfolgen (§ 24 Abs 2 ZÄG), dann läge zwar keine Verletzung des Zahnarztvorbehalts, dafür aber eine Zahnärzten untersagte Preiswerbung vor. Nach Art 3 lit e Werbe-RL sei nämlich die Nennung des Preises für die eigenen privatzahnärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit eine das Ansehen des Berufsstandes beeinträchtigende Information. In den Ankündigungen auf der Webseite der Zweitbeklagten werden für die Bleaching-Behandlungen je nach deren Dauer Preise beginnend mit EUR 64,00 für eine 20minütige Behandlung bis zu EUR 160,00 für eine Behandlung von 60 Minuten genannt. Mit diesen Preisangaben werde somit gegen das Verbot der Preiswerbung verstoßen.
Die Beklagten wenden sich mit ihrem Inserat und ihren Webseiten direkt an potentielle Patienten. Damit betreiben sie Werbung für die zahnmedizinische Behandlung beim Erstbeklagten, aber auch für den Zahnärzten vorbehaltene Tätigkeiten durch Nichtzahnärzte auf eine Art und Weise, die rechtstreuen Zahnärzten verwehrt sei. Ohne Frage hebe sich eine ganzseitige Anzeige von der Werbung rechtstreuer Mitbewerber ab, ebenso die Werbung mit unsachlichen Leistungen, allenfalls mit Preisangaben, und die Reklame für Zahnbleaching durch Nichtzahnärzte. Daher können diese Werbemaßnahmen besonders die Aufmerksamkeit der Verbraucher wecken. Somit sei das den Beklagten vorzuwerfende Verhalten geeignet, Patienten einerseits zu einer Behandlung in der Praxis des Erstbeklagten zu bewegen, andererseits zur Inanspruchnahme von Zahnbleaching durch die Zweitbeklagte, weshalb es ihnen einen Vorsprung vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen geeignet sei; dadurch sei ein Verletzung des § 1 UWG begründet. Bei den in Art 3 und 5 Werbe-RL konkretisierten Beschränkungen für die Werbung für zahnmedizinische Leistungen handle es sich um Regelungen, die für alle Marktteilnehmer gelten und deren Verletzung zu einem Vorsprung im Wettbewerb führe. Die inkriminierte Werbung verstoße sohin gegen die Bestimmungen des UWG, des ZÄG und der Werbe-RL. Die Klage werde aber auf jeden sonst möglichen Rechtsgrund gestützt.
An der Verbindlichkeit der Werbe-RL habe sich durch europarechtliche Bestimmungen nichts geändert. Das Fehlen unions- und verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die bestehenden Werbebeschränkungen für Ärzte habe der OGH bereits wiederholt bekräftigt. Erst jüngst sei mit Urteil des EuGH vom 4.Mai 2017, C-339/15 – Luc Vanderborght , wieder bestätigt worden, dass lediglich ein allgemeines und ausnahmsloses Verbot jeglicher Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung mit dem Unionsrecht unvereinbar sei. Die Ziele des Schutzes der öffentlichen Gesundheit und der Würde des Zahnarztberufs rechtfertigen es allerdings, die Formen und Modalitäten der von Zahnärzten verwendeten Kommunikationsinstrumente auch stark einzugrenzen.
Als Angehörigen eines freien Berufes treffen den Erstbeklagten auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Zweitbeklagten in besonderem Maße berufliche Sorgfaltspflichten, die auch die Kenntnis von werbebeschränkenden Vorschriften umfassen. Dabei sei es gar nicht erforderlich, dass sich der Verletzer der Rechtswidrigkeit seines Tuns bewusst sei. Der Erstbeklagte und damit auch die Zweitbeklagte, deren Geschäftsführer der Erstbeklagte sei, können sich schon deshalb nicht auf eine Unkenntnis berufen, weil ihnen die Rechtslage bereits aus dem Verfahren 10 Cg 97/14x des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz bekannt sei.
Auf eine vertretbare Rechtsansicht können sich die Beklagten nicht berufen. In § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG sei klar geregelt, dass auch kosmetische Eingriffe an den Zähnen den Zahnärzten unter der Voraussetzung, dass diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern, vorbehalten seien. Auch die Verbote, keine Inserate, welche ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums überschreiten, außerdem nicht in unsachlicher Weise Reklame zu machen und keine Preiswerbung für privatzahnärztliche Leistungen zu betreiben seien in § 35 ZÄG iVm Art 1, 2 und 5 lit c, Art 3 lit e Werbe-RL klar geregelt. Auch dazu sei in der Rechtsprechung die Rechtslage bereits ausreichend dargelegt.
Die Beklagten bewerben zahnmedizinische Behandlungen also in einer Art und Weise, welche Angehörigen des zahnärztlichen Berufes nicht erlaubt sei. Sie verschaffen sich auf diese Weise einen Wettbewerbsvorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern. Dadurch werde eine Verletzung des § 1 UWG iVm den Bestimmungen des ZÄG und des § 2 UWG begründet.
Die Beklagten bestritten das Klagsvorbringen und wandten gegen die beantragte einstweilige Verfügung ein, dass es vollkommen legitim sei, dass die Beklagten über ihre besonderen Kompetenzen im Bereich der kosmetischen Behandlungen informieren. Richtig sei, dass der Erstbeklagte Zahnarzt sei und in *****, eine Ordination betreibe. Der Erstbeklagte sei allerdings nicht nur Angehöriger der Zahnärztekammer, sondern auch als Arzt für Allgemeinmedizin in der Liste der Ärztekammer Steiermark eingetragen und unterhalte unter obiger Adresse auch seine Arztpraxis für Allgemeinmedizin. In seinem öffentlichen Auftritt informiere der Erstbeklagte rechtmäßig sohin nicht nur über seine zahnmedizinischen Leistungen, sondern auch über weitere medizinische Leistungen, die auszuüben er aufgrund seiner Aus- und Fortbildung als Allgemeinmediziner auch berechtigt sei. Dies betreffe insbesondere medizinische Haarentfernung, Tattoo-Entfernung, Entfernung von Alters- und Pigmentflecken, Korrektur von Permanent Make-Up, Faltenbehandlung und Augenlidstraffung (ohne OP). Darüber hinaus sei der Erstbeklagte Gesellschafter und einer der Geschäftsführer der Zweitbeklagten. Richtig sei weiters, dass die Zweitbeklagte eine im Firmenbuch des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz registrierte Gesellschaft mbH mit Sitz in ***** sei. Die Zweitbeklagte verfüge über eine Gewerbeberechtigung im Bereich Kosmetik (reguliertes Gewerbe); am Standort *****, betreibe die Zweitbeklagte eine Filiale. Frau ***** sei zahnärztliche Assistentin in der Zahnordination des Erstbeklagten und ebenfalls Geschäftsführerin und Gesellschafterin der Zweitbeklagten. Sie sei in Deutschland zur Diplom-Dentalhygienikerin ausgebildet worden und sei seit 22 Jahren im Bereich der Mundhygiene tätig. Der Beruf des Dentalhygienikers gehöre zu den medizinisch-therapeutischen Berufen. Der Berufstitel sei in Österreich allerdings nicht geschützt, daher werden auch Prophylaxeassistenten oftmals als Dentalhygieniker bezeichnet. Alle in Österreich tätigen Diplom-Dentalhygieniker haben ihre Qualifikation im Ausland erworben. Sie tragen durch ihr Wissen und ihre praktische Berufsausbildung zur Gesunderhaltung von Zähnen und dem sie umgebenden Knochen- und Weichgewebe bei. Ihre Aufgabe sei primäre, sekundäre und tertiäre Prävention im Rahmen der oralen Medizin. Diplomierte Dentalhygieniker seien in zahnmedizinischen Teams Spezialisten im Bereich Vorbeugung und konservativer (nicht chirurgischer) Behandlung von Zahnfleischerkrankungen wie zB Parodontitis, Karies. Untersuchungen der Mundhöhle, dh Schleimhäute, Zahnfleisch, Zunge, Zähne etc sowie die Dokumentation aller Befunde wie zB Taschentiefe, Blutungen, Lockerung der Zähne und bakterielle Zahnbeläge gehören zur Praxis und Fachkompetenz von Dentalhygienikern. Richtig sei weiters, dass eine enge Nahebeziehung zwischen der Arzt- und Zahnarztpraxis des Erstbeklagten und der Zweitbeklagten bestehe. Sowohl der Erst- als auch die Zweitbeklagte bieten kosmetische Behandlungen an. Die Arbeitsteilung bestehe darin, dass (zahn-)medizinische Behandlungen vom Erstbeklagten, nicht-medizinische Behandlungen dagegen von der Zweitbeklagten durchgeführt werden. Auf diese Weise könne den Patienten bzw Kunden der Beklagten das gesamte Spektrum kosmetischer Behandlungen (medizinisch, zahn-medizinisch und nicht-medizinisch) angeboten werden.
Beim kosmetischen Zahnbleaching werden die zahnärztliche Untersuchung sowie die Kontrolle und Mundhygiene als zahnmedizinische Leistungen vom Erstbeklagten durchgeführt und abgerechnet. Das eigentliche Zahnbleaching werde von der Zweitbeklagten durchgeführt, abgerechnet und beworben. Entsprechend informiere der Erstbeklagte auf seiner Internetseite www.***** ausschließlich über Mundhygiene (samt aller Tätigkeiten, die in seiner Funktion als Zahnarzt und Allgemeinmediziner ausgeübt werden), und nicht über Bleaching. Wiederum informiere die Zweitbeklagte auf ihrer Homepage unter www.***** ausschließlich über Zahnbleaching (und nicht Mundhygiene).
Das beanstandete Inserat sei anlässlich der Eröffnung des neuen Standortes der Zweitbeklagten in *****, geschaltet worden. Beworben seien damit in erster Linie die Leistungen der ***** GmbH bzw die besondere, gemeinsame Expertise der beiden Beklagten im Bereich der kosmetischen Behandlungen. Dies werde schon durch die Überschrift „*****“ und die abschließende Hervorhebung der Firma der Zweitbeklagten „*****“ in gleicher Schriftgröße am unteren Ende der Anzeige deutlich. Auch die medizinisch-kosmetischen Leistungen des Erstbeklagten werden durch Hervorhebung in einem separaten Kasten unter der Überschrift „NEU“ deutlich betont. Im Vergleich dazu erfolge die Bezugnahme auf die nicht-kosmetischen zahnmedizinischen Leistungen des Erstbeklagten in deutlich kleinerer Schrift und trete insgesamt in den Hintergrund. Die Fotos an der oberen linken Bildseite zeigen die Räumlichkeiten beider Beklagten: Im oberen Bild sei die Zahn- und allgemeinärztliche Praxis des Erstbeklagten, im unteren Bild der Warteraum der Zweitbeklagten zu sehen.
Die Beklagten können sich jedenfalls auf eine vertretbare Rechtsansicht berufen. Eine Grenze finde die vertretbare Auffassung lediglich dort, wo ein bestimmtes Verhalten nicht nur gegen standesrechtliche Verpflichtungen verstoße, sondern ganz allgemein als irreführende oder aggressive Geschäftspraktik zu qualifizieren sei. Dies sei gegenständlich nicht der Fall und sei von der Klägerin nicht bescheinigt worden.
Gegenständlich werde den Beklagten ein Verstoß gegen folgende Bestimmungen vorgeworfen:
Art 5 lit c Werbe-RL: „Eine Anzeige in Printmedien darf maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen.“ (Unterlassungsgebot zu Punkt a)
Art 1 iVm Art 2 lit a Werbe-RL verbieten die Anpreisung oder das Bewerben zahnärztlicher Leistungen, wenn „zugleich Vorteile versprochen oder Leistungen angekündigt werden, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen.“ (Unterlassungsgebot zu Punkt b)
§ 4 Abs 3 Z 4a ZÄG: Demnach sei „die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern,“ eine den Angehörigen des zahnärztlichen Berufes vorbehaltene Tätigkeit. (Unterlassungsgebot zu Punkt c)
a) Kein Verstoß gegen Art 5 lit c Werbe-RL:
Mit dem Inserat werden in erster Linie die Zweitbeklagte bzw die von beiden Beklagten angebotenen kosmetischen Leistungen beworben. Eine Bewerbung der zahnärztlichen Leistungen des Erstbeklagten finde bei wertender Betrachtung nicht statt bzw trete gegenüber dem Hauptzweck der Anzeige völlig in den Hintergrund; entsprechend finde Art 5 lit c der Werbe-RL auch keine Anwendung. Für einen Durchschnittsadressaten ergeben sich bei flüchtiger Betrachtung keine Zweifel daran, dass es sich beim gegenständlichen Inserat im Wesentlichen um eine Bewerbung der Zweitbeklagten handle. Die Werbung unterliege daher nicht den Beurteilungskriterien der Werberichtlinien für Zahnärzte. Der Sicherungsantrag sei schon aus diesem Grund abzuweisen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Erstbeklagte nicht nur Angehöriger der Zahnärztekammer, sondern auch Angehöriger der Ärztekammer sei und sowohl sein Internetauftritt als auch das Inserat auf beide Tätigkeitsfelder Bezug nehme. Tatsächlich werden die medizinisch-kosmetischen Leistungen des Erstbeklagten im Inserat deutlich stärker hervorgehoben als die allgemeinzahnärztlichen Leistungen. Wenn überhaupt, müsste die Anzeige daher nach den Werbevorschriften für Allgemeinärzte und nicht nach den Vorschriften der Zahnärzte geprüft werden. Die Vorschriften der für Allgemeinärzte geltenden Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit 2014“ sehen keine Beschränkung von Anzeigen auf eine Viertelseite vor. Vielmehr sei dem Arzt nach § 4 der Verordnung ausdrücklich gestattet, über die medizinischen Tätigkeitsgebiete, die der Arzt aufgrund seiner Aus- und Fortbildung beherrsche, sowie über seine Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen und über gewerbliche Leistungen, die im Zusammenhang mit der eigenen Leistung stehen, zu informieren. Dies ermächtige auch zur Einrichtung einer eigenen Homepage oder zur Beteiligung an einer fremden Homepage. Für den Fall, dass das Gericht dennoch zu der Erkenntnis gelange, die Werbe-RL seien gegenständlich anwendbar, so überschreite der Teil, in welchem auf die zahnärztlichen Leistungen des Zweitbeklagten Bezug genommen werde, nicht einmal ein Achtel der Seite des Inserates. Entgegen der Ansicht der Klägerin handle es sich gegenständlich auch keinesfalls um ein sogenanntes Kombinationsangebot. Kombinationsangebote zeichnen sich dadurch aus, dass eine Leistung in Kombination mit einer anderen Leistung angeboten werde; dies meist im Paket vergünstigt oder durch Versprechen eines Vorteils. Ob eine Werbeankündigung als Angebot einer Wareneinheit, mehrerer Hauptwaren oder eine Haupt- und einer Nebenware aufzufassen sei, entscheide sich nach der Verkehrsauffassung. Die automatische Gleichsetzung von „Kombianzeige“ und „Kombinationsangebot“ durch die Klägerin gehe daher rechtlich fehl. Gegenständlich werden weder Paketleistungen angeboten, noch werden Vorteile beim Bezug zahnärztlicher Leistungen versprochen. Es werden lediglich – in rechtlich zulässiger Weise – verschiedene Leistungen gemeinsam beworben. Sollte das Vorbringen der Klägerin so zu verstehen sein, dass sie vermeine, mit der Anzeige würde tatsächlich die Erwartung erweckt, dass Patienten bei Inanspruchnahme zahnärztlicher Behandlung durch den Erstbeklagten automatisch auch gratis Schönheitsbehandlungen gleich miterhalten würden, so wäre eine solche Behauptung aus der Luft gegriffen und in keiner Weise durch Inhalt und Gestaltung des streitbefangenen Inserats gedeckt. Im Ergebnis sei das Vorbringen der Klägerin, die Beklagten hätten gegen Art 5 lit c Werbe-RL verstoßen, daher zurückzuweisen. Jedenfalls könne den Beklagten aber nicht zugemutet werden, sich bei ihrem gemeinsamen Werbeauftritt an der strengsten denkbaren Auslegung der Werbe-RL, wie sie die Klägerin vornehme, zu orientieren.
Im Übrigen weisen die Beklagten darauf hin, dass die von der Klägerin vertretene, extensive Auslegung des Art 5 lit c Werbe-RL gegen das Unionsrecht, und zwar insbesondere gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art 49 und die Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen würde.
b) Kein Verstoß gegen Art 2 lit a Werbe-RL:
Bloße Parallelwerbung stelle kein Versprechen von Vorteilen oder Ankündigen zusätzlicher Leistungen dar. Den Beklagten werde vorgeworfen, sie würden – sowohl durch die gegenständliche Printwerbung als auch durch ihren Werbeauftritt – gegen Art 2 lit a der Werbe-RL verstoßen. Art 1 Werbe-RL untersage „unsachliche“ Werbung. Nach Art 2 lit a Werbe-RL sei es unsachlich, bei der Bewerbung zahnärztlicher Leistungen zugleich Vorteile zu versprechen oder andere Leistungen anzukündigen, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen. Der Klagserzählung sei zu entnehmen, dass sich die Klägerin hier offensichtlich an der Parallelwerbung von unterschiedlichen Leistungen stoße. Sie übersehe dabei allerdings den Verbotsumfang des Art 2 Werbe-RL. Schon vom Wortlaut her verbieten Art 1 iVm Art 2 lit a Werbe-RL das „Versprechen“ bzw „Ankündigen“ von Leistungen (etwa: Bei einer Zahnbehandlung bekommen Sie noch eine Faltenentfernung mit dazu); nicht jedoch das parallele Anbieten/Bewerben von anderen Leistungen. Bei Art 2 lit a Werbe-RL handle es sich somit um eine Sonderform des Verbots der Lockvogelwerbung, Vorspannangebote und Koppelungsangebote nach § 1 UWG: Dabei werden neben der marktüblich angebotenen Hauptware in aller Regel branchen- oder betriebsfremde Nebenwaren an den Kauf der Hauptware geknüpft. Im allgemeinen Geschäftsverkehr seien verkaufsfördernde Koppelungsangebote dabei nicht per se unlauter – das Gegenteil sei der Fall: Bei Märkten mit hohen Zutrittsschranken seien verkaufsfördernde Koppelungsangebote sogar von besonderer Relevanz. Die Werbe-RL sehe insofern einen strengeren Maßstab vor, sodass eben alle Koppelungsangebote standesrechtlich zu unterbleiben haben, die nicht in einem sachlichen Zusammenhang zu den zahnmedizinischen Leistungen stehen, mit denen sie gekoppelt werden. Unverständlich wäre aber eine Auslegung, wie von der Klägerin angedeutet, dahingehend, dass nicht nur Kombinationsangebote, sondern auch Parallelwerbung verboten sein solle. Für Ärzte sei die Information über die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen sowie die Information über gewerbliche Leistungen oder Gewerbebetriebe, die im Zusammenhang mit der eigenen Leistung stehen, nach § 4 Z 4 und 5 der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit 2014“ sogar ausdrücklich zulässig. Die Beklagten versprechen weder mit der gemeinsamen Anzeige noch auf der Homepage des Erstbeklagten, die von der Klägerin bemängelten Leistungen gemeinsam (gleichzeitig) mit zahnärztlichen Leistungen durchzuführen. Sie wecken auch keine entsprechenden Erwartungen bei den Verbrauchern. Abgesehen davon stehen die lediglich gemeinsam beworbenen Leistungen aber auch in einem inneren Sachzusammenhang; dies schon deshalb, weil sämtliche von der Klägerin allenfalls beanstandeten Leistungen von derselben Person, nämlich dem Erstbeklagten als ärztliche bzw zahnärztliche Leistungen in derselben Praxis erbracht werden. Die Rechtsansicht, auf die sich das Unterlassungsbegehren der Klägerin zu stützen scheine, verkenne, dass der Erstbeklagte in seiner Praxis in seiner Eigenschaft als Zahnarzt und Allgemeinmediziner zulässigerweise sowohl zahnärztliche als auch allgemeinmedizinische Leistungen anbiete. Wenn nach dem Verständnis der Klägerin jede Werbung „durch einen Zahnarzt“ auch eine Werbung „für zahnärztliche Leistungen“ sein sollte, würde dies faktisch nichts anderes als ein Verbot für den Erstbeklagten bedeuten, seine Leistungen als Allgemeinmediziner überhaupt zu bewerben. Abgesehen davon, dass eine solche Auslegung schon vom Wortlaut der Werbe-RL nicht gedeckt wäre, wäre sie auch offensichtlich unverhältnismäßig. Auch ein Zahnarzt dürfe verschiedene Leistungen gleichzeitig bewerben; ihm sei es lediglich verwehrt, zahnärztliche Leistungen zu bewerben, indem er für den Fall der Abnahme dieser Leistungen weitere, sachfremde Vorteile verspreche. Nur in diesem Fall bestehe nämlich auch die von der Klägerin ins Treffen geführte Gefahr, dass sich ein Patient bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen von sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte. Im Übrigen beinhalte jeder Vorwurf eines sittenwidrigen Verhaltens (wie hier) jedenfalls eine besondere subjektive Komponente auf Seite der Beklagten. Nur eine auch subjektiv vorwerfbare Missachtung einer Vorschrift rechtfertige es, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Vorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung im Sinne des § 1 UWG anzunehmen. Dieser Grundsatz müsse vor allem dort gelten, wo es – wie hier – um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Auslegung der angeblich verletzten Rechtsvorschrift gehe. Wenn aber die fragliche Vorschrift schon selbst zwischen „Anpreisen“ oder „Bewerben“ (von zahnärztlichen Leistungen) und dem „Versprechen“ und „Ankündigen“ (von anderen Leistungen) differenziere und nach dem Wortlaut lediglich das „Versprechen“, nicht aber das „Bewerben“ unzulässig sei, könne von einer subjektiv vorwerfbaren Missachtung einer Vorschrift keine Rede sein. Zuletzt müsse ein lauterkeitsrechtlich relevantes Verhalten geeignet sein, eine nicht bloß unerhebliche Nachfrageverlagerung zu bewirken. Die Spürbarkeit des Verstoßes im Sinne einer nicht bloß unerheblichen Beeinflussung des Wettbewerbes sei als Anspruchsvoraussetzung vom Kläger zu behaupten und (im Sicherungsverfahren) zu bescheinigen. Die Klägerin sei ihrer lauterkeitsrechtlichen Pflicht zur Konkretisierung des Verbots und der Bescheinigung einer nicht unerheblichen Nachfrageverlagerung nicht nachgekommen.
c) Kein Verstoß gegen den Zahnarztvorbehalt bei kosmetischem Bleaching durch die Zweitbeklagte:
Das von der Zweitbeklagten angebotene kosmetische Zahnbleaching falle selbst nach dem Vorbringen der Klägerin nicht unter den Zahnarztvorbehalt: Die Zweitbeklagte verwende unstrittig ein Zahnaufhellungspräparat ohne Wasserstoffperoxyd, das als Mundpflegemittel iSd europäischen Verordnung 1223/2009/EG zu qualifizieren sei. Dieses Mundpflegemittel sei frei verkäuflich und dürfe grundsätzlich ohne Mitwirkung eines Zahnarztes angewendet werden. Oder mit den Worten des von der Klägerin selbst bemühten Experten: „… Produkte, die kein Wasserstoffperoxyd enthalten, sind daher als Mundpflegemittel einzustufen, dessen Verwendung nicht unter den Zahnärztevorbehalt fällt.“ Das von der Zweitbeklagten angebotene kosmetische Zahnbleaching unterliege sohin nicht dem Zahnarztvorbehalt. Zumindest stelle diese Ansicht offenkundig keine unvertretbare Rechtsansicht dar, weswegen der Zweitbeklagten keine unlautere Geschäftspraktik vorgeworfen werden könne. Die Klägerin scheine in ihrem Vorbringen dennoch andeuten zu wollen, dass das von der Zweitbeklagten angebotene kosmetische Zahnbleaching irgendwie unter den Zahnarztvorbehalt gestellt werden müsse, im Wesentlichen, weil es „gefährlich“ sei. Dieses Argument sei nicht nur rechtlich unbeachtlich, sondern treffe auch inhaltlich nicht zu: Die kosmetische Behandlung der Zweitbeklagten bewirke keine Veränderung der Struktur der Zähne. Sie greife den Zahnschmelz nicht an und schade daher weder Zähnen noch Zahnfleisch. Der Umstand, dass die Zweitbeklagte bei Schwangeren, Stillenden und minderjährigen Personen von einem kosmetischen Zahnbleaching abrate, bedeute nicht, dass die Zweitbeklagte „eine doch nicht unbedenkliche Behandlung“ anwenden würde, wie von der Klägerin behauptet. Der Vorbehalt in Bezug auf Schwangere, Stillende und Minderjährige sei eine bloße Vorsichtsmaßnahme, die darauf beruhe, dass in Bezug auf diese Personengruppe keine entsprechenden Untersuchungsergebnisse vorliegen. Im Übrigen werde bei dieser Personengruppe in vielen Lebensbereichen zur Vorsicht gemahnt, ohne dass die betroffenen Produkte deswegen unter einen medizinischen Vorbehalt fielen. So sollen Schwangere, Stillende und Minderjährige zB keinen Alkohol konsumieren; es käme dennoch niemand auf die Idee, den Ausschank alkoholischer Getränke einem Apothekenvorbehalt zu unterwerfen.
Die Beklagten gewährleisten, dass zahnärztliche Leistungen iZm kosmetischem Zahnbleaching von einem Zahnarzt wahrgenommen werden. Das in der von der Klägerin bemühten Entscheidung 4 Ob 166/13k beklagte Kosmetikstudio habe Zahnbleaching angeboten, ohne einen Zahnarzt zu beschäftigen. Der OGH bzw das Berufungs- und Erstgericht haben daher geprüft, ob das vom beklagten Kosmetikstudio angebotene Zahnbleaching unter den Zahnarztvorbehalt fallen würde und folglich von einem Kosmetikstudio, das keine Zahnärzte beschäftige, nicht angeboten und nicht durchgeführt werden dürfe. Der OGH habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Fall, dass bei einem Beauty-Studio auch Zahnärzte beschäftigt seien, anders zu beurteilen sein könnte. Genau das sei hier der Fall: Der geschäftsführende Gesellschafter der Zweitbeklagten sei Zahnarzt, übernehme die notwendigen zahnärztlichen Leistungen inklusive Mundhygiene und führe diese auf eigene Rechnung durch. Neben dem Erstbeklagten als geschäftsführenden Gesellschafter der Zweitbeklagten sei im Bereich des kosmetischen Zahnbleachings eine weitere Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Zweitbeklagten, *****, tätig. Frau Jegel sei in Deutschland ausgebildete Diplom-Dentalhygienikerin und zur Ausübung der Prophylaxeassistenz iSd § 84 ZÄK berechtigt. Sie verfüge über jahrelange Erfahrung im Bereich der zahnärztlichen Prophylaxe, also gerade in jenem Bereich, der im Zusammenhang mit Bleaching nach den Ausführungen der Klägerin relevant sei. Wenn die Klägerin darauf hinweise, dass nur ein Zahnarzt beurteilen könne, welche Ursachen eine Verfärbung der Zähne habe, übersehe sie dabei, dass die Zweitbeklagte in der Person des Erstbeklagten über zahnärztliche Qualifikation verfüge. Bei der Zweitbeklagten sei – entgegen den Behauptungen der Klägerin – ein Zahnarzt vorhanden, der kompetent beurteilen könne, ob ein Gebiss die erforderlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines Bleachings aufweise (insbesondere ein kariesfreies Gebiss ohne Symptome für Zahnbetterkrankungen). Bei der Zweitbeklagten sei entgegen der Ansicht der Klägerin sichergestellt, dass auch kosmetische Eingriffe, die in die körperliche Substanz des Menschen eingreifen, nur von befugten Personen vorgenommen werden. Zahnärztliche Leistungen (wie Ursachenabklärung oder Verfärbung, Feststellung, ob ein Gebiss die notwendigen Voraussetzungen für Bleaching aufweise, Mundhygiene) werden vom Erstbeklagten wahrgenommen. Das auf Rechnung der Zweitbeklagten erbrachte Bleaching bestehe lediglich aus der Instruktion der Kunden, der Zurverfügungstellung des Zahnaufhellungsgels, das nach der VO 1223/2009/EG ein frei verkäufliches Mundpflegemittel sei, einer Zahnschiene und einer LED-Lampe. Die mit Zahnaufhellungsgel gefüllte Zahnschiene gebe der Kunde selbst in den Mund. Das Zahnaufhellungsgel werde in weiterer Folge mit der LED-Lampe aktiviert. Die Zweitbeklagte führe also nur den eigentlichen Bleachingvorgang unter Mitwirkung des Kunden durch. Für alle zahnärztlichen Untersuchungen sei vorab gesorgt, diese werden vom Erstbeklagten durchgeführt und verrechnet. Mit dieser Aufgabenaufteilung zwischen dem Erstbeklagten und der Zweitbeklagten werde sowohl dem Standesrecht, dem der Erstbeklagte unterliege, als auch den Anforderungen des ZÄG entsprochen. Sofern die Klägerin meine, der Zweitbeklagten sei die Werbung mit Preisen für Zahnbleaching nicht gestattet, übersehe sie, dass die zahnärztlichen Leistungen des Erstbeklagten einerseits und das kosmetische Bleaching (insbesondere die Zurverfügungstellung von Aufhellungsgel, Zahnschiene, LED-Lampe in den Räumlichkeiten der Zweitbeklagten) durch die Zweitbeklagte andererseits auch getrennt verrechnet werden. Die Zweitbeklagte werbe und verrechne nur Leistungen, die nicht dem Zahnarztvorbehalt unterliegen, weshalb sie auch berechtigt sei, für die von ihr erbrachten – nichtzahnärztlichen – Teilleistungen Preise zu nennen. Auch daher sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Ein nicht vom Gesundheitsschutz gedecktes Ausdehnen des Ärztevorbehalts beschränke die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gemäß Art 49 und 56 AEUV der Anbieter kosmetischen Zahnbleachings in unzulässiger Weise und verstoße daher gegen Unionsrecht. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt sei grenzüberschreitend. Frau Jegel, die Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Zweitbeklagten und zahnärztliche Assistentin des Erstbeklagten sei, übe ihre Tätigkeit auf Grundlage einer in Deutschland absolvierten Ausbildung zur Diplom-Dentalhygienikerin aus. Zudem sei mit dem Zahnärztegesetz, BGBl 2016/8, Unionsrecht umgesetzt worden. Das in § 4 ZÄK geregelte Berufsbild und die Tätigkeitsbereiche von Zahnärzten entsprechen den unionsrechtlichen Vorgaben in Art 5 der RL 78/687/EWG und Art 36 Abs 3 der RL 2005/36/EG. § 4 ZÄK setze Unionsrecht um. Der Zahnarztvorbehalt gemäß § 4 Abs 3 Z 4a ZÄK sei daher am Maßstab des Unionsrechts zu messen. Die Zweitbeklagte könne sich daher auf die Grundfreiheiten des Unionsrechts unmittelbar berufen und sich gegen eine über anzuerkennende Ziele des Allgemeininteresses (Gesundheitsschutz) hinausgehende Ausdehnung des Zahnärztevorbehalts zur Wehr setzen. Ein Anbieter von kosmetischem Zahnbleaching, wie die Zweitbeklagte, werde in seiner Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unzulässigerweise beschränkt, wenn ihm das Anbieten seiner Dienstleistungen untersagt werde, obwohl sichergestellt sei, dass mit der kosmetischen Dienstleistung im Zusammenhang stehende zahnärztliche Leistungen von einem Zahnarzt erbracht werden.
Es liege auch kein Verstoß gegen § 2 UWG vor. Sämtliche in der Klagsschrift angesprochenen Verhaltensweisen geben in angemessener, sachlicher und zutreffender Weise über das angebotene Leistungsspektrum und die Spezialisierung der Beklagten Auskunft.
Darüber hinaus wandten die Beklagten die mangelnde Bestimmtheit des Unterlassungsbegehrens ein sowie, dass die Klägerin ihren Anspruch nicht ausreichend bescheinigt habe (insbesondere keine Bescheinigung der Wiederholungsgefahr). Tatsächlich bestehe hinsichtlich des Antrags zu Punkt a) schon aus dem Grund keine Wiederholungsgefahr, als es sich bei dem gegenständlichen Inserat um eine Bewerbung einer Neueröffnung einer Niederlassung handle und dies eine einmalige Sache gewesen sei. Dasselbe gelte hinsichtlich des Antrags unter Punkt b), soweit auf öffentliche Ankündigungen in Zeitungsinseraten Bezug genommen werde. Der Sicherungsantrag sei abzuweisen, wenn die Wiederholungsgefahr aus tatsächlichen Gründen überhaupt nicht mehr oder jedenfalls nicht vor voraussichtlicher Beendigung des ordentlichen Verfahrens möglich oder gegeben sei.
Schließlich regten die Beklagten für den Fall, dass sich das Gericht den von der Klägerin vertretenen Auslegungen von Art 5 lit c Werbe-RL und § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG anschließen sollte, an, nachstehende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art 267 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen:
1. Ist ein nationales Verbot, nach dem eine Anzeige für zahnärztliche Leistungen in Printmedien maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen darf, mit Artikel 49 und 56 AEUV zu vereinbaren?
2. Ist ein solches Verbot auch dann mit den Artikeln 49 und 56 AEUV vereinbar, wenn es auf Anzeigen in Printmedien angewendet wird, bei denen die Werbung für zahnärztliche Leistungen neben der Werbung für andere Leistungen nur untergeordnete Bedeutung hat, und die weder unsachlich, unwahr, diskriminierend oder das Ansehen des zahnärztlichen Berufsstandes beeinträchtigend sind?
3. Ist ein nationaler Zahnarztvorbehalt wie § 4 Abs 3 Z 4a ZÄK, der nichtzahnärztlichen Dienstleistern das Anbieten und Durchführen von kosmetischem Zahnbleaching mit einem Mundpflegemittel iSd VO 1223/2009/EG untersagt, obwohl dieser Dienstleister sicherstellt, dass dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung durch Hinzuziehen eines Zahnarztes zur Wahrnehmung zahnärztlicher Kontroll- und Überwachungsleistungen entsprochen wird, mit den Artikeln 49 und 56 AEUV zu vereinbaren?
Mit dem angefochtenen Beschluss erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung.
Es nahm den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt als bescheinigt an.
Rechtlich begründete das Erstgericht seine Entscheidung wie folgt:
„Auf Grundlage von § 35 Abs 5 ZÄG beschloss der Bundesausschuss der Österreichischen Zahnärztekammer Werberichtlinien, die für die Zahnärzte verbindlich und - soweit relevant, zumal hier entgegen dem Vorbringen der beklagten Parteien ein Binnensachverhalt vorliegt, in dem ein Anwendungsvorrang von Gemeinschaftsrecht nicht zu prüfen ist – EU-rechtskonform sind (vgl OGH 25.10.2016, 4 Ob 147/16w).
Nach Art. 5 lit. c der Werbe-RL darf eine Anzeige für zahnärztliche Leistungen in Printmedien maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen. Mit dem oben dargestellten Inserat werben die beiden beklagten Parteien gemeinsam über eine ganze Seite. Selbst wenn man auf Grund der farblichen Gestaltung eine Trennung der Leistungen der erstbeklagten Partei und der zweitbeklagten Partei annähme, würde der Erstbeklagte gegen das Verbot verstoßen, weil er dann mit einer halben Seiten für seine zahnärztlichen Leistungen werben würde. Unmittelbar auf die zahnärztlichen Leistungen des Erstbeklagten wird in der Überschriftszeile „***** und ***** GmbH“, in der Zeile „Wohlbefinden statt Angst“, in der Aufzählung von klassisch zahnärztlichen Leistungen, „Keramikkronen …. Lachgas“ und in den Kontaktdaten des Erstbeklagten Bezug genommen. In Kombination mit der Überschrift „*****“ trifft das wohl auch auf den Text im dritten Segment von oben zu, in dem auf die Kombination aus Exklusivität, Atmosphäre und Professionalität, die jedem Kunden beim Besuch ein Lächeln ins Gesicht zaubere, hingewiesen wird. Dieser Satz ist im Gesamtzusammenhang auch dem Erstbeklagten zuzuordnen und entspricht auch der Gesamtwerbebotschaft, die beim Leser den Eindruck erweckt, dass hier gemeinsam zahnärztliche und kosmetische Leistungen angeboten werden. Unter der E-Mail-Adresse des Erstbeklagten wird für verschiedene kosmetische Leistungen der zweitbeklagten Partei und das kosmetische Zahnbleaching ohne Peroxyd, geworben. Der Kasten mit dem Hinweis, auf neue Technologien von Haarentfernung bis Augenlidstraffung ohne OP ist über beide Bereiche gelegt.
Insgesamt ergibt sich, dass der zahnärztliche Werbeblock jedenfalls mehr als eine Viertel Seite umfasst und schon allein durch die Überschrift „*****“ die teilweise überschneidenden Niederlassungen der beiden beklagten Parteien und die graphische Gestaltung, in der der obere und der untere Inseratteil durch eine Art Welle, die oben im zahnärztlichen Bereich und unten im kosmetischen Bereich begrenzt ist, vereint werden, eine gemeinsame Werbung für die Leistungen des Erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei anzunehmen ist. Die aufgezählten Leistungen sind dabei so ineinander verschränkt, dass die im unteren Bereich des Inserates angebotenen Gesichts- und Körperbehandlungen in Verbindung mit den zahnärztlichen Leistungen des Erstbeklagten gebracht werden. Dass der Erstbeklagte die im separaten Kästchen unter „neueste Technologien“ angeführten Behandlungen Haarentfernung, Tattoo-Entfernung, Entfernung von Alters- und Pigmentflecken, Korrektur von Permanent Make-Up, Faltenbehandlungen und Augenlidstraffungen als Allgemeinmediziner durchführt, entspricht sogar seinem eigenen Vorbringen.
Daraus ergibt sich, dass der Erstbeklagte gegen Art. 5 lit c der Werbe-RL verstößt, wonach eine Anzeige in einem Printmedium maximal ein Viertel einer Seite aufweisen darf.
Außerdem verstößt er gegen Art. 1 und Art. 2 der Werbe-RL, wonach Angehörigen des zahnärztlichen Berufes eine unsachliche Werbung verboten ist, die nach Art. 2 lit. a Werbe-RL unter anderem darin bestehen kann, mit den zahnärztlichen Leistungen zugleich Leistungen anzukündigen, die in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen. Letzteres trifft auf die im Inserat angekündigten und angebotenen Gesichts- und Körperbehandlungen zu. Dass der Erstbeklagte als Allgemeinmediziner auch den Standesregeln der Humanmediziner, unter anderem der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) unterliegt, die offensichtlich großzügigere Werbevorschriften enthält, ändert nichts daran, dass er sich als Zahnarzt an die strengeren, für Zahnärzte maßgeblichen Rechtsvorschriften zu halten hat. Sobald er (auch) für zahnärztliche Leistungen wirbt, hat er sich an die Werbe-RL zu halten und kann deren Vorschriften nicht mit dem Argument umgehen, er sei auch Allgemeinmediziner.
Nach § 4 Abs 3 Z 4 a ZÄG umfasst der den Angehörigen des zahnärztlichen Berufs vorbehaltene Tätigkeitsbereich insbesondere auch die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern. Aus dem bescheinigten Sachverhalt ergibt sich, dass bei dem hier angewendeten kosmetischen Bleaching ohne Peroxyd eine photochemische Reaktion im Bereich des Dentins zum Bleicheffekt führt. Das Gericht geht daher davon aus, dass damit ein Eingriff im Sinne des § 4 Abs 3 Z 4 a ZÄG verbunden ist (vgl OGH 22.10.2013, 4 Ob 166/13k). Auch wenn im vorliegenden Fall der Erstbeklagte oder ein anderer Zahnarzt, nicht unbedingt im zeitlichen Nahebereich, den Patienten zahnmedizinisch untersucht, bevor die zweitbeklagte Partei durch eine Prophylaxe-Assistentin das Bleaching durchführt, liegt doch ein Eingriff vor, der eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordert, und die Herbeiführung der photochemischen Reaktion am Dentin stellt an sich schon einen Eingriff nach § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG dar.
Das Gericht geht daher davon aus, dass die zweitbeklagte Partei durch das Anbieten dieser zahnärztlichen Leistung gegen den Zahnärztevorbehalt nach § 4 ZÄG verstößt. Auch hier gilt, dass ihr das zahnärztliche Wissen des Geschäftsführers und Gesellschafters Dr. Steiner zuzurechnen ist, dem zu unterstellen ist, dass er in Kenntnis der zahnärztlichen Normen ist. Eine Vertretbarkeit der Rechtsansicht kommt daher nicht in Betracht, zumal der Wortlaut des § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG, „die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern“ sehr klar ist. Der Erstbeklagte wirbt gemeinsam mit der zweitbeklagten Partei für diese gegen den Zahnärztevorbehalt verstoßene Tätigkeit und trägt daher zu dem Verstoß bei.
Nachdem sämtliche Verstöße geeignet sind, sich spürbar auf den Markt auszuwirken, indem sie den beklagten Parteien gegenüber korrekt agierenden Mitbewerbern einen Vorteil verschaffen, sind diese auch als Verstöße gegen § 1 UWG zu qualifizieren. Da der Erstbeklagte auch Geschäftsführer und Gesellschafter der zweitbeklagten Partei ist, geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der zweitbeklagten Partei um eine dritte Person handelt, die in Kenntnis der entgegenstehenden Standesvorschriften für den Erstbeklagten wirbt. Dass der Erstbeklagte als Zahnarzt Kenntnis von den Vorschriften der Richtlinie der Österreichischen Zahnärztekammer hat, ist ihm zu unterstellen und beim konkreten Erstbeklagten auf Grund von einschlägigen Vorverfahren (vgl 10 Cg 97/14x des LGZ Graz, Beilage ./S) evident. Gegen den Zahnärztevorbehalt verstößt die zweitbeklagte Partei unmittelbar, und der Erstbeklagte wirbt mit der zweitbeklagten Partei für diese Leistungen. Damit handeln jeweils beide beklagten Parteien unlauter iSd § 1 UWG. (vgl RIS-Justiz RS0078052, OGH 04.10.2005, 4 Ob 148/05a)
Dass das Inserat anlässlich einer Geschäftseröffnung geschalten wurde, die sich möglicherweise nicht wiederholt, ist für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr nicht relevant. Die beklagten Parteien hätten jederzeit die Möglichkeit - auch ohne Anlass – ähnlich zu werben, und es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass sie das nicht tun werden.
Im Provisorialverfahren konnte die klagende Partei daher einen Unterlassungsanspruch bescheinigen, der mittels einstweiliger Verfügung zu sichern ist.
Die Kosten des Provisorialverfahrens hat die klagende Partei vorläufig selbst zu tragen.“
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass der Sicherungsantrag abgewiesen werde.
Der gleichzeitig gestellte Antrag, dem Rekurs bis zur Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichtes hemmende Wirkung zuzuerkennen, wurde vom Erstgericht mit Beschluss vom 21.August 2018 (ON 16) abgewiesen.
Die Klägerin erstattete eine Rekursbeantwortung ; sie verneint das Vorliegen des geltend gemachten Rechtsmittelgrundes und beantragt, dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt .
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht hat zutreffend die dem vorliegenden Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zugrundeliegenden Unterlassungsansprüche nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG – unter der Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ - wegen Verstoßes der Beklagten gegen § 35 Zahnärztegesetz (ZÄG) iVm Art 1, 2 lit a und 5 lit c der Werberichtlinien, gemäß § 35 Abs 5 ZÄG (WR-ÖZÄK) sowie wegen Verstoßes gegen den Zahnärztevorbehalt gemäß § 4 Abs 3 Z 4 lit a ZÄG bejaht. Es kann daher auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§§ 500a, 526 Abs 3 ZPO; §§ 402 Abs 4, 78 EO).
Den Rekursausführungen ist entgegenzuhalten:
I. Zum Spruchpunkt a) – Werbung in Printmedien:
Die Klägerin stützt ihr diesbezügliches Begehren auf einen Verstoß gegen Art 5 lit c der nach § 35 ZÄG erlassenen WR-ÖZÄK. Dieser lautet:
Eine Anzeige in Printmedien darf maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen.
Die Beklagten halten den Rechtsausführungen des Erstgerichtes, wonach es sich bei der inkriminierten Anzeige in der Zeitschrift „*****“ vom ***** um eine ganzseitige gemeinsame Werbung für die Leistungen des Erstbeklagten als Zahnarzt und der Zweitbeklagten als Kosmetikunternehmen handle, bei der, selbst wenn man die beworbenen Leistungen des Erstbeklagten und der Zweitbeklagten trennen würde, die Bewerbung der zahnärztlichen Leistungen schon im Hinblick auf die farbliche Gestaltung mehr als ein Viertel einer Seite umfassen würde, entgegen, dass die Anzeige als Ganzes gesehen im Wesentlichen nicht für zahnärztliche Leistungen werbe und selbst bei gegliederter Betrachtung die Teile der Anzeige, mit der für zahnärztliche Leistungen geworben werden solle, weniger als ein Viertel der Anzeige ausmachen würden. Im Übrigen verstoße Art 5 lit c WR-ÖZÄK bei der durch das Erstgericht vorgenommenen Auslegung gegen das Unionsrecht, und zwar insbesondere gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art 49 und die Dienstleistungsfreiheit nach Art 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Die Argumentation der Beklagten ist nicht stichhältig.
1. Für das Rekursgericht bestehen weder verfassungs- noch unionsrechtliche Bedenken gegen Werbebeschränkungen für Ärzte. Mit den WR-ÖZÄK, insbesondere hier dem Art 5 lit c, liegt kein absolutes oder unverhältnismäßiges Werbeverbot vor. Weiters sind Werbebeschränkungen für (Zahn-)Ärzte nicht nur in deren wirtschaftlichen Interesse, sondern vor allem im Interesse der Allgemeinheit sich bei der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen von sachlichen Erwägungen leiten zu lassen (RIS-Justiz RS0108834 [4 Ob 176/11w; 4 Ob 122/12p]; 4 Ob 4/11h; 4 Ob 130/12i; VfSlg 15.292; VfGH B 1778/07-B 446/009; EuGH Rs C-446/05, Ioanmis Doulamis Slg 2008 I-1377). Mit der Frage der Europarechtskonformität der WR-ÖZÄK hat sich der Senat 4 des Obersten Gerichtshofs bereits zu 4 Ob 176/11b, 4 Ob 122/12p und 4 Ob 130/12i auseinandergesetzt und ausgeführt, dass der EuGH in der Entscheidung C-446/05 den Bedenken des Generalanwalts in diesem Fall nicht gefolgt ist (4 Ob 147/16w). Dem steht auch die Entscheidung des EuGH vom 4.Mai 2017, C-339/15 – Vanderborght – nicht entgegen, steht doch Art 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) nur nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die jegliche Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung allgemein und ausnahmslos verbieten (ecolex 2017/411).
Damit erweisen sich die von den Beklagten erhobenen unionsrechtlichen Einwände als nicht berechtigt. Das von den Beklagten in diesem Zusammenhang angeregte Vorabentscheidungsersuchen ist damit nicht erforderlich.
2. Entgegen den Rekursausführungen liegt beim streitgegenständlichen Inserat nach dem maßgeblichen Gesamteindruck der Durchschnittsinteressenten bei flüchtiger Betrachtung (RIS-Justiz RS0078948) nach objektiven Maßstäben (RIS-Justiz RS0043590) eine einheitliche Werbemaßnahme vor, im Rahmen welcher ein Kosmetikstudio und ein Zahnarzt gemeinsam (für die eigenen Leistungen und für die Leistungen des anderen) werben. Davon, dass im Wesentlichen nicht für zahnärztliche Leistungen geworben würde, kann nach dem Inhalt und der Gestaltung des Inserats keine Rede sein. Dies ergibt sich schon aus dem Titel des Inserats „*****“. Die vom Inserat angesprochenen Patienten/Kunden werden damit auf eine Kombination des Zahnärztebesuchs und des Besuchs des Kosmetikstudios (an derselben Geschäftsadresse!) hingewiesen, wobei im Hinblick auf die gemeinsame Werbung eine Zergliederung in Zahnarzt-, Allgemeinarzt- und Kosmetikunternehmenswerbung nicht vornehmbar ist bzw vom Durchschnittsleser nicht wahrgenommen wird. Damit liegt aber eine ganzseitige Anzeige im Printmedium für eine Zahnarztpraxis und damit ein Verstoß gegen Art 5 lit c WR-ÖZÄK vor. Dem Erstgericht ist im Übrigen zuzustimmen, dass, selbst wenn man eine solche Aufgliederung vornehmen würde, das zulässige Ausmaß von maximal ein Viertel einer Seite schon im Hinblick auf die farbliche Gestaltung jedenfalls überschritten wäre.
Der Wortlaut der Beschränkung des Art 5 lit c WR-ÖZÄK stellt eindeutig und unmissverständlich auf das Ausmaß der Anzeige ab. Wenn der Erstbeklagte als Zahnarzt eine Anzeige in Printmedien gemeinsam mit einem anderen Unternehmen schaltet, muss er sich dabei somit insgesamt auf maximal ein Viertel einer Seite beschränken.
Die Haftung der Zweitbeklagten ergibt sich daraus, dass sie mit dem streitgegenständlichen gemeinsamen Inserat (auch) Werbung für den Erstbeklagten als Zahnarzt macht. Auch derjenige, der für Ärzte werbend auftritt, hat sich eines gegen das Standesrecht der Ärzte verstoßenden Verhaltens zu enthalten. Damit wird sichergestellt, dass die Werbebeschränkungen für Ärzte nicht dadurch umgangen werden, dass Dritte für den Arzt werben (RIS-Justiz RS0106099 [T 5]; 4 Ob 319/97h; 4 Ob 254/15d).
Die Beklagten können sich hier auch aufgrund des klaren und eindeutigen Wortlauts und des Zwecks des Art 5 lit c WR-ÖZÄK auf keine vertretbare Rechtsansicht berufen ( Frauenberger in Wiebe/Kodek UWG 2 § 1 Rz 871ff; RIS-Justiz RS0077771 und RS0130682).
II. Zum Spruchpunkt b) – Zusatzleistungen:
Art 2 WR-ÖZÄK lautet:
Unsachlich ist eine Anpreisung oder das Bewerben zahnärztlicher Leistungen, wenn
a) zugleich Vorteile versprochen oder Leistungen angekündigt werden, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen;
d) damit keine Erkenntnisse über die beworbenen zahnmedizinischen Leistungen vermittelt werden …
Die Beklagten halten den Rechtsausführungen des Erstgerichtes, wonach im inkriminierten Inserat entgegen Art 2 lit a WR-ÖZÄK mit den zahnärztlichen Leistungen zugleich Leistungen angekündigt werden, welche in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnmedizinischen Leistung stehen (zB Gesichts- und Körperbehandlungen), entgegen, dass Art 1 iVm Art 2 lit a WR-ÖZÄK nur das „Versprechen“ bzw „Ankündigen“ von anderen Leistungen verbieten, nicht jedoch das beim streitgegenständlichen Inserat vorliegende parallele Anbieten/Bewerben von anderen Leistungen.
Dabei übersehen die Beklagten, dass dem (Zahn-)Arzt jede unsachliche Information verboten ist. Eine medizinische Information ist unsachlich, wenn sie in keinem Zusammenhang mit Eigenschaften der angebotenen Leistung steht. Nach diesem Grundsatz wurde die Information, dass ein Arzt seine Dienstleistungen „mit fantastischem Ausblick auf den Stephansdom“ erbringt, als unsachlich qualifiziert, weil damit keine Erkenntnisse über Qualität und Inhalt der beworbenen ärztlichen Leistungen vermittelt würden (4 Ob 88/06d; vgl auch 4 Ob 319/97h im Zusammenhang mit Zahnambulatorien). Ebenso wurde eine unsachliche Verquickung der Werbung für eine Zahnklinik mit jener für ein Heilbad als tatbestandsmäßig erachtet (4 Ob 241/16v). Ein solcher Fall ist auch hier gegeben. Mit der gemeinsamen Bewerbung der Zahnarztpraxis des Erstbeklagten und dem Kosmetikunternehmen der Zweitbeklagten im streitgegenständlichen Inserat (wie auch dem Anbieten von nicht im Zusammenhang mit der zahnärztlichen Tätigkeit stehenden Leistungen auf der Website des Erstbeklagten) liegt eine unsachliche Verquickung der Werbung für die Zahnarztpraxis des Erstbeklagten mit jener für das Kosmetikunternehmen (bzw der Zahnarztpraxis mit der Durchführung von nichtzahnärztlichen Tätigkeiten) vor, was das Interesse der Allgemeinheit beeinträchtigt, sich bei der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen von rein sachlichen Erwägungen leiten zu lassen (vgl RIS-Justiz RS0108834).
Soweit die Beklagten geltend machen, dass es sich bei Art 2 lit a WR-ÖZÄK um eine Sonderform des Verbots von Lockvogelwerbung, Vorspannangebot und Koppelungsangebot nach § 1 UWG handeln würde und hier kein solches verkaufsförderndes Koppelungsangebot vorliege, ist ihnen entgegenzuhalten, dass es zwar richtig ist, dass im allgemeinen Geschäftsverkehr verkaufsfördernde Koppelungsangebote nicht per se unlauter sind; nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des Art 2 lit a WR-ÖZÄK ist es aber im Hinblick auf zahntechnische Leistungen schon als unsachliche Anpreisung oder Bewerbung anzusehen, wenn zugleich Leistungen angekündigt werden, welche – wie hier – in keinem Zusammenhang mit der angebotenen zahnärztlichen Leistung stehen. Diese Regelung bezweckt, dass die Entscheidung für die Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen aus rein sachlichen Erwägungen erfolgt. Die im Inserat bzw auf der Website des Erstbeklagten genannten nichtzahnärztlichen Leistungen stehen unstrittig in keinem Zusammenhang mit den gleichzeitig angebotenen zahnärztlichen Leistungen. Die Verknüpfung zwischen Zahnarztleistungen und Kosmetikleistungen überschreitet hier die Grenze der Sachlichkeit, bezweckt doch das gemeinsame Anbieten von zahnärztlichen und nichtzahnärztlichen Leistungen gerade die Absatzförderung im Hinblick auf die zahnärztlichen Leistungen aus unsachlichen Motiven.
Der Umstand, dass nach § 4 Z 4 und 5 der Verordnung „Arzt und Öffentlichkeit 2014“ für Ärzte die Information über die Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen sowie die Information über gewerbliche Leistungen oder Gewerbebetriebe, die im Zusammenhang mit der eigenen Leistung stehen, ausdrücklich zulässig ist, ändert nichts daran, dass sich die Beklagten beim Bewerben von zahnärztlichen Leistungen an die (strengeren) Vorschriften der WR-ÖZÄK zu halten haben.
Die gegenteilige Rechtsansicht der Beklagten ist auch hier im Hinblick auf den klaren und eindeutigen Wortlaut sowie den Zweck des Art 2 lit a der WR-ÖZÄK rechtlich unvertretbar.
Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Erstbeklagten ist nicht gegeben, steht es dem Erstbeklagten doch frei, für seine sonstigen nichtzahnärztlichen Leistungen (allgemeinmedizinische bzw kosmetische Leistungen) gesondert zu werben.
III. Zum Spruchpunkt c) – Zahnärztevorbehalt:
§ 4 Abs 3 Z 4 a ZÄG lautet:
Der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs vorbehaltene Tätigkeitsbereich umfasst insbesondere die Vornahme von kosmetischen und ästhetischen Eingriffen an den Zähnen, sofern diese eine zahnärztliche Untersuchung und Diagnose erfordern.
Das Erstgericht hat ausgehend von dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, dass die Zweitbeklagte „kosmetisches Zahnbleaching“ anbietet und durchführt, bei dem zwar kein Peroxyd angewendet wird, es aber zu einer fotochemischen Reaktion kommt und vor dessen Durchführung durch einen Zahnarzt beurteilt werden muss, worin die Ursache der Verfärbung (der Zähne) liegt und ob die Voraussetzungen für das Bleaching, etwa die Freiheit von Karies, vorliegen, in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 166/13k und 4 Ob 142/14g richtig rechtlich beurteilt, dass es sich auch bei dem von der Zweitbeklagten angebotenen und durchgeführten kosmetischen Zahnbleaching um eine den Zahnärzten vorbehaltene Tätigkeit handelt, haben doch die Beklagten den ihnen obliegenden Entlastungsbeweis nicht erbracht, dass die von der Zweitbeklagten angewendete Zahnbleichmethode trotz ausgelöster photochemischer Reaktion und einer von ihnen selbst (obligatorisch) geforderten vorangehenden zahnärztlichen Diagnostik unter allen Umständen ungefährlich ist. Da die Behandlung eine vorherige zahnärztliche Untersuchung und Diagnose voraussetzt, ist nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG auch die Vornahme des Zahnbleachings selbst den Angehörigen des zahnärztlichen Berufs vorbehalten. Die Beklagten haben nicht bescheinigt, dass die Vornahme des Zahnbleachings durch einen Zahnarzt bzw unter dessen Aufsicht erfolgt. Dass das Zahnbleaching von der Zweitbeklagten in derselben Praxis angeboten wird, in der sich auch die zahnmedizinische Ordination des Erstbeklagten befindet, gewährleistet ebenso wenig wie der Umstand, dass der Erstbeklagte, somit ein Zahnarzt, ein Geschäftsführer und Gesellschafter der Zweitbeklagten ist, dass die Vornahme des Zahnbleachings bei der Zweitbeklagten nach den genauen Anordnungen und unter ständiger Aufsicht des Erstbeklagten erfolgt (§ 24 ZÄG). Die Organisationsverantwortung des Erstbeklagten als Geschäftsführer der Zweitbeklagten ändert daran ebenso wenig etwas wie der Umstand, dass das Zahnbleaching bei der Zweitbeklagten von einer ausgebildeten Diplom-Dentalhygienikerin durchgeführt wird.
Soweit die Beklagten geltend machen, dass die von der Zweitbeklagten angewendeten Zahnaufhellungspräparate kein Wasserstoffperoxyd enthalten und damit bloß frei verkäufliche Mundpflegemittel nach der Europäischen VO 1223/2009/EG darstellen, die gänzlich ohne Mitwirkung eines Zahnarztes angewendet werden können, sind sie darauf zu verweisen, dass dies nichts daran ändert, dass es sich beim gegenständlichen Zahnbleaching um eine den Zahnärzten vorbehaltene Tätigkeit handelt. Nach dem bescheinigten Sachverhalt muss nämlich vor der Durchführung der Behandlung ein Zahnarzt beurteilen, worin die Ursache der Verfärbung liegt und ob die Voraussetzungen für das Bleaching, etwa die Freiheit von Karies, vorliegen. Damit bedarf es aber der von den Beklagten unter Punkt 4.1. ihres Rekurses begehrten ergänzenden Feststellung nicht; im Übrigen hat das Erstgericht ohnedies festgestellt, dass die Zweitbeklagte kosmetisches Zahnbleaching ohne Peroxyd anbietet.
Die Haftung des Erstbeklagten für das Anbieten und Durchführen von kosmetischem Zahnbleaching durch die Zweitbeklagte ergibt sich schon aus seiner Stellung als Geschäftsführer der Zweitbeklagten. Die Organe einer juristischen Person, die Leitungsaufgaben erfüllen, haften nämlich nicht nur bei unmittelbarer (aktiver) Beteiligung an einem Wettbewerbsverstoß, sie können auch durch Unterlassung verantwortlich werden, wenn ihnen der Wettbewerbsverstoß bekannt geworden ist und sie dies nicht verhindert haben, obwohl sie dazu infolge ihrer Organstellung in der Lage gewesen wären. Gibt es Anhaltspunkte, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Verantwortlichkeit der Geschäftsführer schließen lassen, ist es deren Sache darzutun, dass sie dennoch ohne ihr Verschulden daran gehindert waren, dagegen einzuschreiten (RIS-Justiz RS0079491 [T 9]; RS0079743; 4 Ob 79/12i). Dem Erstbeklagten ist es im vorliegenden Fall nicht gelungen, darzutun, warum er als Geschäftsführer der Zweitbeklagten nicht für den Wettbewerbsverstoß einzustehen hätte.
Soweit die Beklagten schließlich geltend machen, dass eine Ausdehnung des Zahnarztvorbehaltes auf Bleichmittel, die weniger als 0,1 % Peroxyd (H 2 O 2 ) enthalten oder freisetzen, mit dem EU-Recht (der VO 1223/2009/EU) unvereinbar wäre, und in diesem Zusammenhang auf Seite 14 ihres Rekurses ein Vorabentscheidungsersuchen anregen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 4 Ob 142/14g bereits ausgeführt hat, dass es Regelungsziel der VO 1223/2009/EU ist, einen Binnenmarkt für kosmetische Mittel zu schaffen (ErwGr 4; Art 1), um beispielsweise durch effektive Marktüberwachung ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit zu gewährleisten (ErwGr 3). Dieser Regelungsgegenstand lässt nationale Vorschriften über Ärzten vorbehaltene Tätigkeiten unberührt, weshalb die genannte Verordnung die hier übertretene Norm des § 4 Abs 3 Z 4a ZÄG nicht unionsrechtswidrig machen kann.
Aus diesen Gründen muss der Rekurs der Beklagten erfolglos bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 393 Abs 1 sowie 78, 402 Abs 4 EO und §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO.
Der Bewertungsausspruch gründet sich auf die §§ 78 und 402 Abs 4 EO sowie die §§ 526 Abs 3 und 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Da über voneinander getrennte Gegenstände, nämlich drei auf unterschiedlichen Sachverhalten gestützte Unterlassungsansprüche/Gegenstände (die Unterlassungsgebote zu Punkt a), b) und c) zu entscheiden ist (vgl OGH vom 30.August 2016 zu 4 Ob 161/16d), war ein Ausspruch iSd § 500 Abs 2 Z 1 ZPO über jeden einzelnen Anspruch gesondert zu tätigen ( Pimmer in Fasching/Konecny 2 § 500 ZPO Rz 11). Während der Ausspruch zu den Teilbegehren zu Punkt a) und Punkt c) sich an der Bewertung des zu sichernden und regelnden Anspruchs durch die Klägerin (mit je EUR 13.000,00) orientiert, erachtet das Rekursgericht hinsichtlich des Teilbegehrens zu Punkt b), dessen zugrundeliegender Anspruch von der Klägerin mit bloß EUR 5.000,00 bewertet wurde, eine Bewertung mit über EUR 5.000,00 aufgrund dessen wirtschaftlicher Bedeutung für geboten.
Der ordentliche Revisionsrekurs war zuzulassen, weil zur Auslegung der hier maßgeblichen Bestimmungen der WR-ÖZÄK (gemeinsame Werbung eines Zahnarztes und eines Drittunternehmens in Printmedien bzw Ankündigung von in keinem Zusammenhang mit zahnärztlichen Leistungen stehenden Leistungen Dritter/eigenen Leistungen durch einen Zahnarzt), soweit überblickbar, ebenso wie zur Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen Zahnbleaching von einem Zahnarzt bzw unter dessen ständiger Anleitung durchgeführt werden muss (Zahnärztevorbehalt) gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt, sodass insoweit eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO gegeben ist.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 5