Ds10/13 – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Greller als Vorsitzenden, die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr.Rastädter-Puschnig und den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Rothenpieler, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag a .Mitchell als Schriftführerin, in der Dienststrafsache gegen die Richterin des Landesgerichtes ***** Dr. ***** über deren Antrag nach Anhörung des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft Graz als Disziplinaranwalt in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dr.***** wird die Abstattung der restlichen Geldstrafe von EUR 3.000,00 in sechs Monatsraten zu je EUR 500,00, beginnend mit 1.August 2014 jeweils am Ersten des Monats, bewilligt .
Der darüber hinausgehende Antrag wird abgewiesen.
Text
begründung:
Über Dr.***** wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Oberlandesgerichtes Graz als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte vom 5.Februar 2014, Ds 10/13-25, wegen eines Dienstvergehens nach § 101 Abs 1 erster Fall iVm § 57 Abs 1 RStDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe eines Monatsbezugs verhängt. Das Oberlandesgericht Wien als Dienstbehörde hat die konkrete Höhe der Geldstrafe nach dem im Februar 2014 gemäß § 66 Abs 1 und Abs 2 RStDG gebührenden Gehalt der Gehaltsstufe 7 der Gehaltsgruppe R 1b mit EUR 6.373,40 festgesetzt.
Dr.***** bezahlte am 20.Mai 2014 EUR 3.373,40 und beantragte die Zahlung der restlichen Geldstrafe von EUR 3.000,00 in monatlichen Raten von EUR 300,00 beginnend mit 5.Juni 2014, die Folgeraten jeweils am Fünften des Folgemonats, weil sie - ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein - mit ihrem Einkommen ihre studierende Tochter und zum Teil ihre an Demenz leidende Mutter (24-Stunden-Pflege) unterstütze.
Der Disziplinaranwalt trat der Gewährung von Ratenzahlungen im gesetzlich zulässigen und angemessenen Ausmaß nicht entgegen (ON 34).
Rechtliche Beurteilung
Mit der Novellierung des RStDG durch die Dienstrechts-Novelle 2011 (BGBl I 2011/140) traten an die Stelle der Disziplinarstrafen nach § 104 Abs 1 lit b (Ausschließung von der Vorrückung) und lit c (Minderung der Bezüge) die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von bis zu fünf Monatsbezügen (§ 104 Abs 1 lit b). Der Gesetzgeber bezweckte mit der Novellierung des RStDG eine Anpassung an die Bestimmungen im Disziplinarrecht des BDG (AB 1610 BlgNR 24. GP 17), das Geldbußen und Geldstrafen (anstelle der Hemmung der Vorrückung und der Minderung des Monatsbezuges) bereits seit der Fassung BGBl 1977/81 vorsah (§ 52 Abs 1 Z 2 und 3 BDG 1977). Das BDG 1979 (BGBl 1979/113) übernahm diese Bestimmung (§ 92 Abs 1 Z 2 und 3 BDG 1979). Sowohl das BDG 1977 (§ 87 Abs 2) als auch das BDG 1979 (§ 127 Abs 2) bestimmen, dass die Disziplinarkommission die Abstattung einer Geldstrafe oder Geldbuße in höchstens 36 Monatsraten bewilligen darf. Obwohl die Novellierung des RStDG mit der Dienstrechts-Novelle 2011 eine Übernahme der disziplinarrechtlichen Bestimmungen des BDG anstrebte, enthält die neue Fassung des RStDG keine Bestimmung, die dem Disziplinargericht die Möglichkeit einräumt, die Abstattung einer Geldstrafe in Raten zu bewilligen.
Es ist daher von einer planwidrigen Gesetzeslücke auszugehen, weil kein Grund für eine vom Gesetzgeber gewollte unterschiedliche Behandlung von Geldstrafen nach den Bestimmungen des BDG und des RStDG ersichtlich ist (vgl RIS-Justiz RS0008870), sondern vielmehr die Annahme nahe liegt, der Gesetzgeber habe einen nach denselben Maßstäben regelungsbedürftigen Sachverhalt übersehen (15 Os 102/12g mwN). Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 127 Abs 1 und Abs 2 BDG zu schließen (vgl Markel in WK-StPO § 1 Rz 41 mwN, OLG Wien Ds 6/12).
Demnach ist bei der Hereinbringung einer Geldstrafe auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Richters (der Richterin) Bedacht zu nehmen (§ 127 Abs 1 BDG). Das Disziplinargericht darf die Abstattung einer Geldstrafe in höchstens 36 Monatsraten bewilligen (§ 127 Abs 2 BDG). § 127 Abs 1 BDG orientierte sich an der Regelung des § 19 Abs 2 StGB (ErläutRV 500 BlgNR 14. GP [BDG 1977] in Fellner, BDG § 127 Erläuterungen). Nach der Judikatur zu dieser Bestimmung soll die Geldstrafe zur Erzielung einer größtmöglichen Effektivität der Unrechtsfolgen eine Abschöpfung der Einkommensspitze des Verurteilten im Sinn des sogenannten Einbußeprinzips auf einen dem Existenzminimum nahekommenden Betrag und eine fühlbare Herabsetzung seines Lebensstandards darstellen (Lässig in WK² StGB § 19 Rz 8 mwN). Auf Unterhaltsverpflichtungen ist nur Bedacht zu nehmen, sofern ihnen der Verurteilte tatsächlich nachkommt und er gesetzlich zur Leistung verpflichtet ist (Lässig aaO Rz 15). Von dem verfügbaren Monatseinkommen ist - dem Einbußeprinzip folgend - der Betrag abzuziehen, den der Täter für eine bescheidene Lebensführung unbedingt benötigt. Dabei orientiert sich die Rechtsprechung an den durch die Existenzminimum-Tabellen determinierten Freibeträgen des § 291a EO (Lässig aaO Rz 29). Die Bewilligung von Ratenzahlungen iSd § 127 Abs 2 BDG kommt daher nur in Betracht, wenn die unverzügliche Zahlung der (gesamten) Geldstrafe den Zahlungspflichtigen unter Bedachtnahme auf seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unbillig hart träfe (vgl § 409a Abs 1 StPO), was nur der Fall wäre, wenn durch Zahlung der gesamten Geldstrafe - wie hier - ein unter dem Existenzminimum liegender Betrag verbliebe (vgl Lässig, WK-StPO § 409a Rz 4).
Dr.***** verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 3.503,98 (ON 26, Seite 3). Sie hat keine gesetzlichen Sorgepflichten. Auf freiwillige Zahlungen an ihre Tochter und ihre Mutter ist bei der Hereinbringung der Geldstrafe nicht Bedacht zu nehmen. Das Existenzminimum bei diesem monatlichen Nettoeinkommen beträgt daher EUR 1.625,90 (Existenzminimum-Tabelle 1am 2014), weshalb ihr den dargelegten Grundsätzen des § 19 Abs 2 StGB (dem Einbußeprinzip) folgend iSd § 127 Abs 1 BDG jedenfalls zugemutet werden kann, monatlich EUR 500,00 zur Bezahlung der Geldstrafe zu verwenden, zumal sie in ihrem Antrag auch keine sonstigen Verpflichtungen oder berücksichtigungswürdige Umstände vorbrachte, die eine monatliche Ratenzahlung von nur EUR 300,00 rechtfertigen könnten. Ihr war demnach die Bezahlung der restlichen Geldstrafe von EUR 3.000,00 in sechs gleichen Monatsraten zu bewilligen. Das darüber hinausgehende Begehren war abzuweisen.
Für die Gewährung einer Respirofrist fehlt die gesetzliche Grundlage. Der Monatsbezug steht der Antragstellerin gemäß § 7 Abs 1 Gehaltsgesetz 1956 bereits am Ersten jedes Monats oder, wenn der Monatserste kein Arbeitstag ist, am vorhergehenden Arbeitstag im Vorhinein zur Verfügung, weshalb auch keine Notwendigkeit für die Einräumung einer solchen Frist ersichtlich ist.
Oberlandesgericht Graz als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte