10Bs47/13g – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Haidacher (Vorsitz), Mag a . List und Dr. Sutter in der Strafsache gegen P***** G***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 6. Februar 2013, 18 Hv 17/12f-64, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).
Text
begründung:
Mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 31. Mai 2012, 18 Hv 17/12f-41, in Verbindung mit unter Ausschaltung der teilbedingten Strafnachsicht den Strafausspruch aufhebenden und die Freiheitsstrafe auf 24 Monate herabsetzenden Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 27. November 2012, 10 Bs 398/12y (ON 56), wurde der am 22. Mai 1979 geborene P***** G***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG und der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt. Das Oberlandesgericht Graz widerrief auch die mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22. Juli 2010, 14 Hv 63/10p, gewährte bedingte Strafnachsicht des achtmonatigen Strafteiles. P***** G***** befindet sich seit 27. November 2012 in der Justizanstalt Graz-Jakomini in Strafhaft.
Mit Eingabe vom 12. Dezember 2012 beantragte der Strafgefangene einen Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 39 SMG (ON 58). Diesen Antrag wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 6. Februar 2013 (ON 64) im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der Strafgefangene den Aufschubsantrag nicht rechtzeitig vor Einleitung des Strafvollzuges, sondern erst nach Übernahme in den Strafvollzug gestellt habe.
Die dagegen vom Strafgefangenen erhobene Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Der Vollzug einer nach dem Suchtmittelgesetz außer nach § 28 a Abs 2, 4 oder 5 oder einer wegen einer Straftat, die mit der Beschaffung von Suchtmittel im Zusammenhang steht, verhängten Geldstrafe oder drei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe ist nach Anhörung der Staatsanwaltschaft – auch noch nach Übernahme in den Strafvollzug (§ 3 Abs 4 Strafvollzugsgesetz-StVG) – für die Dauer von höchstens zwei Jahren aufzuschieben, wenn
1.) der Verurteilte an Suchtmittel gewöhnt ist und sich bereit erklärt, sich an der notwendigen und zweckmäßigen, ihm nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahme, gegebenenfalls einschließlich einer bis zu sechs Monate dauernden stationären Aufnahme, zu unterziehen, und
2.) im Fall der Verurteilung zu einer 18 Monate übersteigenden Freiheitsstrafe wegen einer Straftat, die mit der Beschaffung von Suchtmitteln in Zusammenhang steht, der Vollzug der Freiheitsstrafe nicht im Hinblick auf die Gefährlichkeit des Täters geboten erscheint, insbesondere weil die Verurteilung wegen Straftaten erfolgt ist, die unter Anwendung erheblicher Gewalt gegen Personen begangen worden sind (§ 39 Abs 1 SMG).
Letztlich zutreffend ging das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass es für die Gewährung eines Strafaufschubes nach § 39 Abs 1 SMG zumindest aktenkundiger Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens nach § 39 SMG noch vor Übernahme in den Strafvollzug bedarf. Insofern ist der Rechtsauffassung des Erstgerichtes mit Blick auf die im bekämpften Beschluss zitierte Judikatur des Oberlandesgerichtes Linz (RIS-Justiz RL0000120) beizupflichten, wonach eine Auslegung des § 39 SMG dahingehend, dass sowohl ein Ansuchen des Verurteilten als auch der allenfalls zu gewährende Aufschub zeitlich unbegrenzt nach Übernahme in den Strafvollzug möglich wäre, keinen Aufschub im Sinn des § 39 SMG darstellte, sondern solche Entscheidungen im Ergebnis einer Unterbrechung des Strafvollzugs gleich kämen. Eine strenge Antragsgebundenheit einer Maßnahme nach § 39 SMG ist jedoch – entgegen der Ansicht des Erstgerichtes – aus dem Wortlaut der Bestimmung nicht abzuleiten. So muss vor dem Hintergrund des Zwecks der Vorschriften der §§ 39, 40 SMG ein etwa noch während der Hauptverhandlung formlos gestelltes Ersuchen des Angeklagten um Vorgehen nach der in Rede stehenden Bestimmung, mit dem er auch zumindest implizit seine Bereitschaft hiezu kundtut, ausreichen, um eine Entscheidungspflicht des Gerichtes auszulösen (weitergehend, wonach in jedem Fall eine amtswegige Prüfung der Voraussetzungen zur Gewährung des Aufschubs nach § 39 SMG zu erfolgen hat, Schwaighofer in WK 2 SMG § 39 Rz 25).
Im Ergebnis zutreffend, weil vor Einleitung des Strafvollzuges jeglicher Anhaltspunkt für eine Therapiewilligkeit des Angeklagten fehlte, wies das Erstgericht den Antrag des Strafgefangenen aus formellen Gründen zurück, wobei festzuhalten ist, dass aufgrund der Verurteilung des Strafgefangenen nach der Bestimmung des § 28a Abs 2 SMG ein Strafaufschub nach § 39 leg cit ausdrücklich ausgeschlossen ist und sich eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen somit jedenfalls erübrigt hätte.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 10