12Ns54/25z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. August 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Setz Hummel LL.M. und Dr. Sadoghi in der Auslieferungssache des * F*, AZ 313 HR 62/13k des Landesgerichts für Strafsachen Wien über die Anzeige der Ausgeschlossenheit der *, der Hofräte des Obersten Gerichtshofs *, * und * sowie der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Hofrat des Obersten Gerichtshofs * ist von der Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. November 2024 ausgeschlossen.
An seine Stelle tritt Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel.
2. Hingegen sind * sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs *, * und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * von der oben angeführten Entscheidung nicht ausgeschlossen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
[1] Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 14 Os 85/25v über die im Spruch genannte Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zu entscheiden.
[2] 1./ Hofrat des Obersten Gerichtshofs * ist Mitglied des zuständigen Senats 14. Er hat in diesem Verfahren bereits als Oberstaatsanwalt mitgewirkt (siehe Protokoll über die Auslieferungsverhandlung am OLG Wien vom 21. Februar 2017, AZ 22 Bs 291/15b) und ist daher gemäß § 43 Abs 1 Z 1 StPO vom gesamten Verfahren ausgeschlossen.
[3] An seine Stelle tritt aufgrund der laufenden Vertretungsregelung des Obersten Gerichtshofs der im Spruch genannte Hofrat des Obersten Gerichtshofs (§ 45 Abs 2 StPO).
[4] 2./ In der Auslieferungssache des * F* hat der Senat 14 zu AZ 14 Os 142/18s, 33/19p unter Mitwirkung – soweit hier relevant – der nunmehrigen * sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofs * und * über eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes entschieden und dabei eine Verletzung von Art 4 Abs 3 des Auslieferungsvertrags der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 21. Februar 2017, AZ 22 Bs 291/15b, festgestellt, die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes im Übrigen verworfen und dem Antrag des Betroffenen auf Erneuerung des Strafverfahrens nicht Folge gegeben.
[5] Zuvor hatte der Senat 14 zu AZ 14 Os 84/17k auch über die Hemmung der Durchführung der Auslieferung des F* bis zur Entscheidung über den von ihm gestellten Erneuerungsantrag positiv entschieden, wobei (nur) an dieser Entscheidung auch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * beteiligt war.
[6] Im in der Folge wiederaufgenommenen Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu AZ 313 HR 62/13k hat nunmehr die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 7. November 2024, mit dem die Frist zur Ausführung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. November 2024 um vier Wochen verlängert wurde, erhoben (AZ 14 Os 85/25v).
[7] Dem zuständigen Senat 14 gehören nunmehr (ua) *, Hofrat des Obersten Gerichtshofs * und Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * an. Ersatzmitglied ist Hofrat des Obersten Gerichtshofs *.
[8] Dieser Sachverhalt wurde zur Prüfung der Ausgeschlossenheit der Vorgenannten übermittelt.
[9] Gemäß § 43 Abs 4 StPO ist ein Richter von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme oder einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a StPO) und von der Mitwirkung und Entscheidung im erneuerten Verfahren ausgeschlossen, wenn er im Verfahren bereits als Richter tätig gewesen ist. Dies gilt auch für Rechtsmittelrichter uneingeschränkt (RIS Justiz RS0125149). Die in § 43 Abs 4 StPO enthaltene Wortfolge „über einen Antrag auf Wiederaufnahme oder einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens und von der Mitwirkung und Entscheidung im erneuerten Verfahren“ ist als Einheit zu lesen und regelt Ausgeschlossenheit von einer dieser Handlungen nur für den Fall einer im früheren Verfahren entfalteten richterlichen Tätigkeit (RIS Justiz RS0125149 [T12]).
[10] Dafür reicht – wenngleich der Wortlaut darauf hinzudeuten scheint – eine Tätigkeit im früheren Verfahren schlechthin nicht aus. Vielmehr ist dabei der Gegenstand des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Gegenstand der richterlichen Tätigkeit im früheren Verfahren zu vergleichen und ein Richter nur insoweit ausgeschlossen, als er gerade mit dem davon betroffenen Entscheidungsgegenstand des früheren Verfahrens befasst gewesen ist (RIS Justiz RS0125149 [T1]).
[11] Sinn und Zweck der Ausschlussregelung des § 43 Abs 4 StPO liegt darin, die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag und die Führung des erneuerten Verfahrens einem Richter zu übertragen, der die dem Wiederaufnahmeverfahren zugrunde liegende Verdachtslage bislang noch nicht geprüft und noch keine inhaltlichen Entscheidungen dazu getroffen oder an einer Sanktionierung dieses Angeklagten mitgewirkt hat (RIS Justiz RS0125149 [T8]).
[12] Ein Richter ist solcherart von der Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung des Verfahrens sowie von der Mitwirkung und Entscheidung im erneuerten Verfahren nur insoweit ausgeschlossen, als er gerade mit dem davon betroffenen Entscheidungsgegenstand des früheren Verfahrens befasst war (RIS Justiz RS0125149 [T21]; Kirchbacher , StPO 15 § 43 Rz 14). Es ist dabei eine inhaltliche Betrachtungsweise vorzunehmen ( Lässig , WK StPO § 43 Rz 32 f).
[13] Diese Voraussetzungen sind bezogen auf die Mitwirkung von * sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofs *, * und der Hofrätin des Obersten Gerichtshofs * nicht gegeben: Denn deren Entscheidung hatte die von der Generalprokuratur damals aufgeworfene, oben dargestellte Rechtsfrage bzw die Frage der Hemmung der Durchführung der Auslieferung zum Inhalt, während die in der nunmehr gegenständlichen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes geltend gemachte Gesetzesverletzung nicht Gegenstand der (früheren) Prüfung war (vgl 12 Ns 82/17f).
[14] Solcherart sind die zu 2./ bezeichnete Senatspräsidentin sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs von der Entscheidung nicht ausgeschlossen, weil sie in diesem Verfahren nicht bereits als Richter iSd § 43 Abs 4 StPO tätig gewesen sind.