23Ns2/25h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 10. Juli 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Musger als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Mag. Dorn und Dr. Mitterlehner als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *, Rechtsanwalt in *, AZ KA196/25 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer *, über den Antrag des Disziplinarrats und des Kammeranwalts auf Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer * übertragen.
Text
Gründe:
[1] Beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer * wurde gegen *, Rechtsanwalt in *, zu AZ KA196/25, Disziplinaranzeige erstattet.
[2] * übt die Funktion des Vizepräsidenten des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer * aus.
[3] Der Präsident des Disziplinarrats legte die Disziplinaranzeige dem Obersten Gerichtshof mit dem Antrag (auch des Kammeranwalts) vor, die Durchführung des Disziplinarverfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer zu delegieren.
Rechtliche Beurteilung
[4] Gemäß § 25 Abs 1 DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Beschuldigten, des Kammeranwalts oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.
[5] Der Umstand, dass der angezeigte Rechtsanwalt die Funktion des Vizepräsidentin des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer * ausübt, stellt einen wichtigen Grund im Sinn des § 25 Abs 1 zweiter Fall DSt dar (RIS Justiz RS0055477 [insb T5]; Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 11 [2023] § 25 DSt Rz 4). In analoger Anwendung dieser Bestimmung ist die Delegierung an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer schon im Stadium vor der Entscheidung über die Erhebung eines Verfolgungsantrags möglich, weil auch diesfalls schon der bloße Anschein einer Voreingenommenheit der zur Entscheidung berufenen Organe zu vermeiden ist (RIS Justiz RS0106278 [insb T3 und T5]; Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 11 [2023] § 25 DSt Rz 1).
[6] Die Sache war daher dem Disziplinarrat der (benachbarten) Rechtsanwaltskammer * zu übertragen.