6Ob75/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hofer Zeni Rennhofer, Dr. Faber, Mag. Pertmayr und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagte Partei Mag. C*, vertreten durch Mag. Robert Igali Igalffy, Rechtsanwalt in Wien, wegen 50.000 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 26. November 2024, GZ 16 R 181/24s 199, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der Kläger und die Beklagte, diese vertreten durch einen Rechtsanwalt als (unter anderem) zur Vertretung vor Gerichten bestellten (damals) Sachwalter, schlossen im vorliegenden Verfahren am 22. 12. 2021 einen Vergleich. Am 24. 10. 2023 bestätigte das Erstgericht dessen Rechtswirksamkeit und Vollstreckbarkeit.
[2] In dem hinsichtlich der Beklagten geführten Pflegschaftsverfahren sprach das Pflegschaftsgericht mit Beschluss vom 9. 10. 2023 aus, dass die Erwachsenenvertretung für die Beklagte durch Zeitablauf mit 2. 6. 2023 geendet habe und der bisherige Erwachsenenvertreter mit sofortiger Wirksamkeit zum einstweiligen Erwachsenenvertreter, unter anderem zur Vertretung vor Gerichten, bestellt werde.
[3] Am 26. 9. 2024 fasste das Erstgericht den angefochtenen Beschluss, mit dem es die Bestätigung der Rechtswirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Vergleichs aufhob. Es begründete seine Entscheidung mit der zwischenzeitigen Aufhebung der Rechtskraftbestätigung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung des Vergleichs.
[4] Das Rekursgericht wies den vom Kläger dagegen erhobenen Rekurs zurück und ließ den Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu.
[5] Die Zurückweisung des Rekurses begründete es damit, dass das Verfahren entweder gemäß § 158 Abs 1 oder gemäß § 160 Abs 1 ZPO ex lege unterbrochen sei. Der während der Verfahrensunterbrechung erhobene Rekurs des Klägers mache keinen Verstoß gegen die Unterbrechungswirkung geltend und sei aus diesem Grund zurückzuweisen.
[6] Gegen diese Entscheidung richtet sich das als „Rekurs gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO analog, außerordentlicher Revisionsrekurs “ bezeichnete Rechtsmittel des Klägers, mit dem er sowohl die Erstrichterin als auch die Mitglieder des Rekurssenats ablehnt und die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie eine neuerliche, abändernde Entscheidung beantragt.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Die Ablehnung kann auch nach einer Entscheidung im Rechtsmittel gegen diese erklärt werden (RS0042028 [T3]; vgl RS0041933), sofern erst nachträglich Gründe bekannt wurden, die die Ablehnung von Richtern der Vorinstanz rechtfertigen (1 Ob 6/11f). Grundsätzlich ist vor Entscheidung über das Rechtsmittel von den in § 23 JN genannten Organen über den Ablehnungsantrag zu entscheiden (RS0042028 [T5]; Ballon in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze³ § 21 JN Rz 3). Werden jedoch keine konkreten Befangenheitsgründe genannt oder erfolgt die Ablehnung offenkundig rechtsmissbräuchlich, kann dennoch über das Rechtsmittel sofort entschieden werden (RS0042028 [T18, T24]; 10 Ob 4/25y [Rz 13]).
[8] Der Kläger kritisiert in seinem Rechtsmittel die angefochtene Entscheidung und wirft den Mitgliedern des Rekurssenats vor, es wäre sinnvoller gewesen, auf das mit der Führung des Pflegschaftsverfahrens der Beklagten befasste Außerstreitgericht einzuwirken, anstatt die bekämpfte Rekursentscheidung im vorliegenden Zivilprozess zu fassen. Damit werden aber keine konkreten Befangenheitsgründe – deren Wesen in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive besteht (vgl RS0045975) – geltend gemacht. Vielmehr erhellt aus der im Rechtsmittel des Klägers ebenfalls erklärten, ebenfalls Rechtsfehler behauptenden Ablehnung der Erstrichterin, dass der Kläger im Sinn einer „Ablehnungskaskade“ die Entscheidungsorgane der inhaltlich zu seinen Ungunsten gefassten Entscheidungen als befangen ablehnt. Bei dieser Sachlage kann über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers sofort entschieden werden.
[9] 2. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Zurückweisung eines Rekurses gegen einen Beschluss des Erstgerichts durch die zweite Instanz nur mit Revisionsrekurs nach den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar (RS0044501 [T18]; RS0044507 [T8]; 9 Ob 122/24t [Rz 4]; 6 Ob 10/20v [ErwGr 1]). Eine analoge Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 Fall 2 ZPO findet nicht statt ( Musger in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze³ § 519 Rz 71; G. Kodek in Kodek/Oberhammer , ZPO ON, § 519 ZPO Rz 17).
[10] Das Rechtsmittel des Klägers ist daher als außerordentlicher Revisionsrekurs zu werten. Seine Zulässigkeit hängt gemäß § 528 Abs 1 ZPO von der Geltendmachung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung ab.
[11] 3. Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist nicht zulässig.
[12] Die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge erfordert es, die Gründe darzulegen, aus denen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint (RS0043605).
[13] Das Rekursgericht begründete die Zurückweisung des Rekurses mit einer kraft Gesetzes eingetretenen Unterbrechung des Zivilprozesses, die es offenkundig aus der zeitlichen Abfolge des Endes der Erwachsenenvertretung mit Ablauf des 2. 6. 2023 und der Bestellung eines einstweiligen Erwachsenenvertreters (erst) mit Beschluss vom 9. 11. 2023 ableitete.
[14] Mit der Frage, ob bei dieser zeitlichen Abfolge ein Unterbrechungstatbestand eintrat, setzt sich der Kläger in seinem Rechtsmittel nicht auseinander. Der Hinweis darauf, dass der angefochtene Beschluss des Erstgerichts (laut Akteninhalt am 3. 10. 2024) an den früheren Sachwalter und späteren einstweiligen Erwachsenenvertreter zugestellt wurde, lässt nicht erkennen, inwiefern der Kläger die Argumentation des Rekursgerichts für unrichtig hält.
[15] Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO wird damit nicht aufgezeigt.