JudikaturOGH

13Os55/25z – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Juli 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Artner in der Strafsache gegen * I* und einen anderen Angeklagten wegen Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 26 Hv 5/23y des Landesgerichts Innsbruck, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. März 2025, AZ 11 Bs 197/24v, (ON 37) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache AZ 26 Hv 5/23y des Landesgerichts Innsbruck verletzt der Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. März 2025, AZ 11 Bs 197/24v, (ON 37) § 86 Abs 1 StPO.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und es wird die Sache zur neuerlichen Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten an das Oberlandesgericht Innsbruck verwiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. April 2023 (ON 22) wurden * I* und * J* jeweils mehrerer Vergehen schuldig erkannt.

[2] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung und der Rechtsbelehrung gaben die beiden – unvertretenen – Angeklagten keine Rechtsmittelerklärung ab (ON 21 S 19).

[3] Ihre mit Schreiben vom 2. Mai 2023 angemeldeten, aber nicht ausgeführten Berufungen wies das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht mit Beschluss vom 27. März 2025, AZ 11 Bs 197/24v, (ON 37) als „unzulässig (verspätet)“ zurück, wobei es auf Tatsachenebene davon ausging, dass die Anmeldung der Berufungen der beiden Angeklagten (ON 19) am 3. Mai 2023 per Fax beim Präsidium des Landesgerichts Innsbruck einlangte (BS 2).

Rechtliche Beurteilung

[4] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, steht dieser Beschluss mit dem Gesetz nicht im Einklang:

[5] Ein Beschluss hat gemäß § 86 Abs 1 StPO neben Spruch und Rechtsmittelbelehrung eine Begründung zu enthalten (§ 86 Abs 1 erster und vierter Satz StPO).

[6] Sind die in Letzterer enthaltenen tatsächlichen Annahmen mit einem formalen Begründungsmangel behaftet und solcherart willkürlich getroffen, ist der Beschluss rechtsfehlerhaft (RIS-Justiz RS0126648 und RS0132725; Ratz , WK StPO § 292 Rz 7 und 17).

[7] Mit Recht bekämpft die Generalprokuratur die Feststellung zum Anmeldungszeitpunkt der Berufungen und solcherart zu einem (gesetzlich vorgesehenen) Teil des Prüfungsverfahrens, indem sie aufzeigt, dass sie willkürlich – und somit (wie dargelegt) rechtsfehlerhaft – getroffen worden ist. Hat sich doch das Berufungsgericht insoweit über die – von der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck in ihrer Stellungnahme im Übrigen ausdrücklich hervorgehobene – ON 19 S 2 hinweggesetzt, in welche als (fristwahrender) Eingangszeitpunkt der Berufungsanmeldungen 15:44 Uhr des 2. Mai 2023 dokumentiert worden war.

[8] Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil der Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Rückverweise