7Ob99/25x – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und durch die Hofrätin sowie die Hofräte Dr. Weber, Mag. Fitz, Mag. Jelinek und MMag. Dr. Dobler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch Mag. Michael Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei *, wegen 114.815,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 24. April 2025, GZ 3 R 59/25h 32, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die mit der außerordentlichen Revision vorgelegten Urkunden werden zurückgewiesen.
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
[1] Die Tochter des Klägers führte, anwaltlich vertreten durch den Beklagten, einen Zivilprozess gegen den Kläger und dessen Ehefrau (nachfolgend „Vorprozess“). Mit rechtskräftigem Urteil vom 29. August 2019 wurde der Kläger schuldig erkannt, seiner Tochter ein Fruchtgenussrecht an zwei Geschäftsräumlichkeiten einzuräumen. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 15. März 2021 wurden der Kläger und seine Ehefrau zum Ersatz der Prozesskosten dieses Verfahrens verpflichtet.
[2] Am 9. Juni 2022 leistete der Kläger 57.815,50 EUR auf ein Kanzleikonto des Beklagten. Dabei handelte es sich (abzüglich zurückbezahlter 3.000 EUR) um diesen Kostenersatz samt Zinsen und Exekutionskosten. Ein Grundbuchsantrag der Tochter des Klägers nach § 367 Abs 1 EO iVm § 33 Abs 1 lit d GBG wurde rechtskräftig abgewiesen, ebenso ein Exekutionsantrag nach § 354 EO. Ein nachfolgender Exekutionsantrag nach § 350 EO hatte dagegen Erfolg.
[3] Der Kläger begehrt 114.815,50 EUR. Die Zahlung habe er nur unter dem Druck einer eingeleiteten Zwangsversteigerung und unter Vorbehalt der Rückforderung geleistet. Zusätzlich begehre er 60.000 EUR an Ersatz eigener Prozesskosten. Das ergangene Urteil sei aufgrund der Unbestimmtheit und Unmöglichkeit des Leistungsausspruchs nichtig. Ein Antrag auf grundbücherliche Eintragung des Fruchtgenussrechts sei rechtskräftig abgewiesen worden.
[4] Der Beklagte wandte die Rechtskraft der Entscheidungen im Vorprozess sowie die Unschlüssigkeit des Klagsvorbringens ein.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
[6] 1. Die im Rahmen der außerordentlichen Revision erfolgten Urkundenvorlagen verstoßen gegen das Neuerungsverbot.
[7] 2. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit wurde geprüft. Sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[8] 3.1. Nach der Rechtsprechung kann die Rückforderung einer Leistung auch trotz des Bewusstseins, zu dieser nicht verpflichtet zu sein, gerechtfertigt sein, wenn an die Stelle des Irrtums über den Bestand der Schuld iSd § 1431 ABGB gleich zu gewichtende andere Umstände treten (4 Ob 124/24z; 2 Ob 219/11m). So kann die Leistung auch dann zurückgefordert werden, wenn sie unter dem Druck einer Vollstreckung geleistet wurde (RS0033569). Eine auf § 1431 ABGB gestützte Rückforderung des irrtümlich oder unter dem Druck einer Zwangsvollstreckung auf eine Nichtschuld Geleisteten setzt aber voraus, dass dem Kondiktionsanspruch nicht die Rechtskraft einer Entscheidung entgegensteht oder die Zwangsvollstreckung selbst eingreift und eine Vermögensverschiebung bewirkt (2 Ob 219/11m; RS0033569 [T2]).
[9] 3.2. Das Berufungsgericht vertrat vor diesem Hintergrund die Ansicht, dem Rückforderungsanspruch des Klägers stehe die Rechtskraft der Kostenentscheidung im Vorprozess entgegen. Diese schließe eine rechtsgrundlose Leistung aus. Die Abweisung des Grundbuchsgesuchs ändere daran nichts.
[10] Der Revisionswerber hält dem entgegen, der Urteilsspruch im Vorprozess sei mangels Anführung des Wortlauts eines Vertrags über ein Fruchtgenussrecht zu unbestimmt. Das Urteil im Vorprozess sei daher nicht durchsetzbar und nichtig.
[11] Damit zeigt die außerordentliche Revision jedoch keine aufzugreifende Fehlbeurteilung auf:
[12] 3.3. Nach § 226 Abs 1 ZPO hat die Klage ein bestimmtes Begehren zu enthalten. Das hat zur Voraussetzung, dass dem Begehren der Gegenstand, die Art, der Umfang und die Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen ist (RS0000466). Ein Klagebegehren ist ganz allgemein unbestimmt, wenn ein stattgebendes Urteil nicht Grundlage einer Exekution sein könnte (RS0000799 [T3]; RS0037452 [T3]).
[13] Ein Urteil, das den Verpflichteten zur Unterfertigung und Einwilligung in einen bestimmten, im Titel ausformulierten Vertrag verpflichtet, bildet nach § 367 Abs 1 EO eine zur Eigentumseinverleibung im Grundbuchsverfahren ausreichende öffentliche Urkunde iSd § 33 Abs 1 lit d GBG und gibt dem Berechtigten das Wahlrecht zwischen der Exekutionsführung nach § 350 EO und der Berufung auf den Titel im Grundbuchsansuchen (RS0011645 [T1]). Entgegen den Revisionsausführungen kommt es darauf aber nicht an. Ein Urteilsspruch kann demnach auch ohne explizite Anführung eines ausformulierten Vertragswortlauts zur Exekutionsführung ausreichend bestimmt sein (vgl 3 Ob 152/18a). Ein Kläger ist auch nicht auf ein Vorgehen nach § 367 Abs 1 EO iVm § 33 Abs 1 lit d GBG beschränkt.
[14] 3.4. Die Revision wendet sich ohnehin nicht gegen die Kostenentscheidung im Vorprozess, sondern nur gegen die Bestimmtheit und Durchsetzbarkeit des Urteilsspruchs in der Hauptsache. Aus welchen Gründen daraus – selbst wenn diese Umstände vorlägen (vgl eben oben Pkt 3.3.) – eine Nichtigkeit der Kostenentscheidung resultieren soll, legt der Revisionswerber nicht dar.
[15] 4.1. Die Abweisung des Grundbuchsgesuchs auf Eintragung des Fruchtgenussrechts wirkt sich nicht auf die rechtskräftige Entscheidung im Vorprozess aus.
[16] 4.2. Für die Revisionsausführungen zur behaupteten Nichtigkeit der späteren und letztlich teilweise erfolgreichen Exekutionsverfahren nach §§ 350, 354 EO, weil mit Abweisung des Grundbuchsgesuchs auf Eintragung des Fruchtgenussrechts die Streitsache bereits rechtskräftig entschieden gewesen sei (§ 411 ZPO), gilt das oben zu Pkt 3.3. Gesagte. Dabei entstandene Kosten können schon aufgrund des zeitlichen Verlaufs nicht Bestandteil der vom Kläger geleisteten Zahlung sein und sind daher nicht vom Klagsanspruch umfasst. Der begehrte Ersatz eigener Verfahrenskosten erstreckt sich ebenso wenig auf diese Exekutionsverfahren.
[17] 5. Letztlich lässt der Kläger die selbständig tragfähige Begründung des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Zahlung seiner Tochter als Klägerin im Titelverfahren und nicht dem Beklagten als deren Rechtsanwalt geleistet, da der Kostenanspruch der Partei und nicht ihrem anwaltlichen Vertreter zustehe, unbekämpft (RS0118709 [T7, T12]), sodass sie diesbezüglich nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (vgl RS0043312 [T13]). Dasselbe gilt für die Begründung des Berufungsgerichts, aus dem Klagsvorbringen lasse sich eine deliktische Haftung des Beklagten für dem Kläger entstandene Verfahrenskosten nicht schlüssig ableiten.
[18] Damit zeigt die Revision im Ergebnis keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
[19] 6. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).