4Ob98/25b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schwarzenbacher als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Istjan, LL.M., Mag. Waldstätten, Dr. Stiefsohn und Mag. Böhm in der Rechtssache der klagenden Partei *, vertreten durch die Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, gegen die beklagte Partei *, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, wegen 98.386,85 EUR sA, über den „außerordentlichen Revisionsrekurs“ der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 15. Mai 2025, GZ 4 R 96/25g 69, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Das Erstgericht wies mit Urteil eine Schadenersatzklage gegen den Beklagten über 98.386,85 EUR ab. Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hob das Ersturteil iSd § 499 ZPO mit Beschluss wegen Begründungsmängeln auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück, ohne den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2, Abs 2 ZPO zuzulassen.
[2] Gegen diese Entscheidung erhob der Beklagte einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“, mit dem er unter anderem beanstandet, dass er auf die Unschlüssigkeit der Klage bereits im erstinstanzlichen Verfahren hingewiesen habe und eine Aufhebung zur Erörterung verfehlt sei.
[3] Das Erstgericht wies diesen „außerordentlichen Revisionsrekurs“ mit Beschluss als (absolut) unzulässig zurück. Das Rekursgericht gab einem Rekurs des Beklagten dagegen nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
[4] Gegen diese Rechtsmittelentscheidung erhob der Beklagte neuerlich einen „außerordentlichen Revisionsrekurs“, der vom Erstgericht wiederum als (absolut) unzulässig zurückgewiesen wurde. Das Rekursgericht gab einem auch dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge und wiederholte, dass der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig sei.
[5] Der (dessen ungeachtet) vom Beklagten erhobene und nunmehr vom Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vorgelegte „ außerordentliche Revisionsrekurs “ ist (im Sinne der Vorinstanzen) jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen .
Zur Klarstellung sei dem Beklagten kurz erwidert:
Rechtliche Beurteilung
[6] 1. Nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO ist gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat. Mangels eines Ausspruchs gemäß § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 1. Satz ZPO ist ein Aufhebungsbeschluss nicht bekämpfbar, und zwar auch nicht mit außerordentlichen Rechtsmitteln bei gleichzeitiger Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage (vgl RS0043880, RS0043898, RS0043796). Auf die vom Beklagten nunmehr aufgeworfene Frage, ob insoweit ein „abändernder“ Beschluss vorliege, kommt es mangels Anwendbarkeit von § 528 Abs 2 Z 2 ZPO sohin nicht an.
[7] Da ein Ausspruch nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO – der gemäß § 519 Abs 2 ZPO das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO im Berufungsverfahren erfordert hätte – hier nicht erfolgt ist, war der vom Beklagten ursprünglich erhobene „außerordentliche Revisionsrekurs“ absolut unzulässig und wurde zu Recht bereits vom Erstgericht zurückgewiesen (§ 523 ZPO; RS0102028).
[8] 2. Ebensowenig können jene beiden Beschlüsse des Rekursgerichts, mit denen die Zurückweisungen der „außerordentlichen Revisionsrekurse“ durch das Erstgericht bestätigt wurden, weiter angefochten werden. Der vom Gesetz in § 528 Abs 2 Z 2 ZPO genannte Ausnahmefall der Klagszurückweisung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen liegt nämlich nicht vor, wenn das Rekursgericht die Zurückweisung eines Rechtsmittels bestätigt (vgl RS0126264, RS0044487 [T17, T26, T27]). Bei einem nach § 528 Abs 2 ZPO „jedenfalls“ unzulässigen Rechtsmittel kommt auch kein „außerordentliches“ Rechtsmittel in Betracht (RS0112314 [T22]).
[9] 3. Soweit der Beklagte in seinem nunmehrigen Revisionsrekurs aus dem Rechtssatz RS0007061 eine Vorlagepflicht ableitet, ist ihm entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof dort nicht von diesen Grundsätzen abging, sondern nur festhielt, dass „ bei vollkommen uneinsichtigen Personen, die gegen jede ihnen nicht genehme Entscheidung Rechtsmittel ergreifen, [...] es zweckmäßig ist, [...] auch ein unzulässiges oder verspätetes Rechtsmittel der höheren Instanz vorzulegen “ (wie nunmehr geschehen). Dies bedeutet aber nicht, dass der Oberste Gerichtshof das unzulässige Rechtsmittel in solchen Fällen inhaltlich behandeln darf, sondern entbindet die Vorinstanzen nur von der Pflicht zur amtswegigen Zurückweisung gemäß § 523 ZPO.
[10] Diese Zurückweisung war nunmehr durch den Obersten Gerichtshof nachzuholen. Sodann wird das Erstgericht im Sinne des Aufhebungsbeschlusses und § 499 Abs 2 ZPO neuerlich über das Klagebegehren zu entscheiden haben.