3Ob23/25s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und die Hofräte Dr. Stefula und Mag. Böhm als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*, vertreten durch Dr. Alexander Russ, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei V*, vertreten durch die HSP Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 41.230,32 EUR sA, über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. Dezember 2024, GZ 47 R 264/24g 141, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. September 2024, GZ 72 E 1225/22v 130, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Mit Beschluss vom 14. 9. 2023 bewilligte das Erstgericht der Betreibenden gegen den Verpflichteten aufgrund von drei vollstreckbaren Kostentiteln zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von (nach erfolgten Einschränkungen aufgrund von Teilzahlungen) zuletzt 41.230,32 EUR die Forderungsexekution nach § 294 EO durch Pfändung und Überweisung von behaupteten – nach genauen Quoten und konkreten Beträgen aufgeschlüsselten – Forderungen des Verpflichteten gegen 39 näher genannte Drittschuldner, die ihre Ansprüche gegenüber der Betreibenden jeweils zum Inkasso an den Verpflichteten abgetreten hatten, auf Ersatz der restlichen Kostenanteile für ein vom Verpflichteten in deren Auftrag und auf deren Rechnung im Rahmen einer Sammelklage gegen die Betreibende geführtes Zivilverfahren. Nach dem Vorbringen der Betreibenden sollten die Kosten dieses Verfahrens von den Drittschuldnern gemeinsam getragen und an den Verpflichteten gezahlt werden. Mit zwei weiteren Beschlüssen bewilligte das Erstgericht dem Betreibenden auch die Forderungsexekution durch Pfändung und Überweisung von behaupteten Forderungen des Verpflichteten gegen drei weitere Drittschuldner auf Ersatz des durch mangelnde Vorsorge für die Kostendeckung im erwähnten Zivilverfahren sorgfaltswidrig verursachten Schadens.
[2] Die Betreibende beantragte zur Durchsetzung ihres Auskunftsrechts nach § 306 EO gegenüber dem Verpflichteten in Bezug auf die gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderungen die Bewilligung der Exekution nach § 346 EO zur Herausgabe näher umschriebener Urkunden sowie der Exekution nach § 354 EO zur Erwirkung der Auskunftserteilung über die Gründe für abweichende Zahlungsquoten einzelner Drittschuldner.
[3] Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze ab.
[4] Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung in Ansehung der Herausgabeexekution, bewilligte jedoch die Exekution zur Erwirkung der Auskunftserteilung und trug dem Verpflichteten die Erteilung der Auskunft bei sonstiger Verhängung einer Geldstrafe auf. Die Betreibende habe nachvollziehbar dargelegt, dass die begehrte Auskunft über die Gründe für die Leistung unterschiedlich hoher Kostenbeiträge durch die einzelnen Drittschuldner, die ihr vom Verpflichteten trotz schriftlicher Aufforderung nicht gewährt worden sei, zur Berechnung der gepfändeten Forderungen notwendig sei. Vom Verpflichteten selbst im Verfahren vorgelegte E-Mails würden indizieren, dass er über näheres Wissen dazu verfüge.
[5] Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den vom Betreibenden zur Herbeiführung der in § 306 EO normierten Urkundenherausgabe und Auskunftserteilung konkret zu setzenden Schritten ebenso fehle wie zum notwendigen Inhalt eines die Hilfsexekution einleitenden Antrags.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Revisionsrekurs des Verpflichteten ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
[7] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen ( RS0112769 ; RS0112921 ). Eine bei Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung fällt daher weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zwischenzeitig geklärt wurde ( RS0112769 [T12]; RS0112921 [T5]). Das ist hier der Fall.
[8] 2.1 Der Senat hat in der Entscheidung zu 3 Ob 24/25 p die im Revisionsrekurs angesprochenen Fragen der exekutiven Durchsetzung der in §§ 27a und 306 EO geregelten Mitwirkungspflichten des Verpflichteten nach Inkrafttreten der GREx geklärt und zu den in diesem Zusammenhang vom Betreibenden zu setzenden Schritten Stellung genommen. Demnach kann das Exekutionsgericht gemäß § 27a Abs 2 EO (entspricht inhaltlich der Regelung des § 306 Abs 2 EO idF vor der GREx) die Ausfolgung der Unterlagen durch den Verpflichteten und dessen Mitwirkung auch nach §§ 346 ff EO im Wege einer Exekution zur Erwirkung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen erzwingen, wenn der Verpflichtete seiner Auskunfts- und Ausfolgungspflicht nach § 306 Abs 1 EO nicht (ausreichend) nachkommt. Im Gegensatz zur Rechtslage vor der GREx ist nunmehr bei der Forderungsexekution nicht nur die Herausgabe von Urkunden, sondern auch die Erteilung von Auskünften gegenüber dem Verpflichteten exekutiv durchsetzbar ( Leb in Garber/Simotta , EO § 306 Rz 6 mwN ). Die Durchsetzung des Anspruchs auf Ausfolgung der Urkunden erfolgt in der Weise, dass der Gerichtsvollzieher die Unterlagen dem Verpflichteten gemäß § 346 Abs 1 EO abnimmt. Für die Auskunftspflicht erfolgt die Exekution – mangels abweichender Regelung – nur im Wege der Exekution auf unvertretbare Handlungen nach §§ 27a, 354 EO ( Markowetz in Deixler-Hübner , EO § 306 Rz 14 f mwN ; 3 Ob 24/25p Rz 12).
[9] 2.2 Bei dem Verfahren zur exekutiven Durchsetzung der Mitwirkungspflichten des Verpflichteten handelt es sich (auch nach Inkrafttreten der GREx) um eine Hilfsexekution im anhängigen Forderungsexekutionsverfahren ( Oberhammer in Angst/Oberhammer 3 § 306 EO Rz 2 ; Mohr/Pimmer/Schneider , EO 17 Anm zu § 306 ), weshalb der Betreibende – entgegen der Ansicht des Verpflichteten – keinen eigenen Exekutionstitel benötigt ( Mohr/Pimmer/Schneider aaO ; 3 Ob 24/25p Rz 13). Es ist auch nicht ersichtlich, warum die Erteilung einer weitergehenden Auskunft über Umstände, die aufgrund der bisher nicht ausreichenden Mitwirkung des Verpflichteten durch Vorlage von Urkunden noch unklar geblieben sind, von § 27a Abs 2 EO nicht gedeckt sein soll.
[10] 2.3 Die Bewilligung der Hilfsexekution setzt eine Antragstellung des Betreibenden (oder des Verwalters) voraus. Die – diesem Antrag vorausgehende – Aufforderung des Betreibenden an den Verpflichteten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die betreffenden Urkunden herauszugeben, hat – mangels gesetzlicher Grundlage für einen entsprechenden gerichtlichen Auftrag an den Verpflichteten ohne gleichzeitige exekutive Maßnahmen – zunächst außergerichtlich zu erfolgen. Nur dann, wenn der Verpflichtete seine (ausreichende) Mitwirkung verweigert, kann der Betreibende (oder der Verwalter) im Rahmen der anhängigen Forderungsexekution den Antrag stellen, die Herausgabe der zur Durchsetzung der gepfändeten Forderung(en) erforderlichen (detailliert zu bezeichnenden) Unterlagen sowie die Erteilung notwendiger (ebenfalls zu spezifizierender) Auskünfte zu erzwingen (3 Ob 24/25p Rz 15).
[11] Der Revisionsrekurs legt weder schlüssig dar, inwiefern der Antrag der Betreibenden auf Bewilligung der Hilfsexekution die vom Verpflichteten zu erteilenden Auskünfte nicht ausreichend spezifiziert hätte, noch weshalb nicht erkennbar sein soll, ob die begehrten Auskünfte überhaupt im Zusammenhang mit einer zu Gunsten der Betreibenden gepfändeten Forderung (jedenfalls gegenüber den als Drittschuldner in Anspruch genommenen Zedenten) stehen. Die Ausführungen des Verpflichteten, auf die er sein Argument stützt, aus der Überweisung unterschiedlich hoher Kostenanteile durch gewisse Anleger könne nicht auf eine Kenntnis des Verpflichteten über den Grund dafür geschlossen werden, lassen die Begründung des Rekursgerichts unberücksichtigt, wonach gerade die vom Verpflichteten selbst vorgelegten Urkunden ein Wissen über die Gründe für die unterschiedliche Höhe der einzelnen Kostenbeiträge indiziere.
[12] 3. Eine nähere Auseinandersetzung mit der vom Rekursgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage, welche Angaben der Antrag auf Bewilligung der Hilfsexekution in Bezug auf die Notwendigkeit jener Umstände, über die Aufklärung begehrt wird, für die Durchsetzung der gepfändeten und überwiesenen Forderung aufzuweisen hat, fehlt im Revisionsrekurs ( RS0043654 [T11]). Es wird auch nicht etwa behauptet, dass das Rekursgericht die Prüfung der Frage unterlassen hätte, ob die beantragte Erteilung der Auskünfte tatsächlich der Verfolgung der Ansprüche dient.
[13] 4. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.