12Os49/25k – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Juni 2025 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Setz Hummel LL.M., Dr. Haslwanter LL.M. und Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Artner in der Strafsache gegen * F* wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, AZ 61 Hv 21/25p des Landesgerichts Feldkirch (vormals AZ 10 U 157/24f des Bezirksgerichts Bludenz), über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Bludenz vom 3. März 2025 (ON 18.1) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Ramusch LL.M. LL.M., zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Bezirk sgerichts Bludenz vom 3. März 2025 verletzt § 450 erster Satz StPO.
Dieser Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Bludenz verwiesen.
Text
Gründe:
[1] Mit Strafantrag vom 21. November 2024 (ON 3) legte die Staatsanwaltschaft Feldkirch * F* ein am 1. November 2024 begangenes, als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB beurteiltes Verhalten zur Last.
[2] Im darüber geführten Verfahren AZ 10 U 157/24f des Bezirksgerichts Bludenz wurde am 29. November 2024 die Hauptverhandlung für den 3. Jänner 2025 anberaumt (ON 5.1) und am 23. Dezember 2024 auf den 7. März 2025 verlegt (ON 11.1).
[3] Mit Beschluss vom 3. März 2025 beraumte das Bezirksgericht Bludenz die Verhandlung ab und sprach gemäß § 450 StPO seine sachliche Unzuständigkeit aus. Begründend leg te es dar, dass aufgrund des Vorbringens des Privatbeteiligtenvertreters, wonach das Opfer rund zwei Monate an Schmerzen gelitten habe, Anklage wegen schwerer Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB zu erheben gewesen wäre, was die sachliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichts nach sich ziehe (ON 18.1).
[4] Nach Rechtskraft des Beschlusses wurde der Akt entsprechend der Verfügung („Nach RK Akt an LG Feldkirch zuständigkeitshalber“) dem Landesgericht Feldkirch übermittelt (ON 18.2).
Rechtliche Beurteilung
[5] Der genannte Beschluss verletzt – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – das Gesetz:
[6] Gemäß § 450 erster Satz StPO hat das Bezirksgericht, wenn es der Ansicht ist, dass das Landesgericht zuständig sei, vor Anordnung der Hauptverhandlung seine sachliche Unzuständigkeit mit Beschluss auszusprechen. Nach Eintritt der – durch die Anordnung der Hauptverhandlung zum Ausdruck gebrachten – Rechtswirksamkeit des Strafantrags (vgl RIS-Justiz RS0132157 [Pkt 2. und 3.]) kommt ein beschlussförmiger Ausspruch der sachlichen Unzuständigkeit (§ 450 erster Satz StPO) nicht mehr in Betracht (RIS-Justiz RS0132703). In einem solchen Fall ist die sachliche Zuständigkeit eines höherrangigen Spruchkörpers für die vom Strafantrag (§ 451 Abs 1 StPO) erfassten Taten vielmehr mit Unzuständigkeitsurteil (§ 447 StPO iVm § 261 Abs 1 StPO) wahrzunehmen ( Bauer , WK-StPO § 450 Rz 1 mwN; Oshidari , WK StPO § 38 Rz 2 und 11).
[7] Da das Bezirksgericht Bludenz bereits am 29. November 2024 die Hauptverhandlung angeordnet ( Oshidari , WK StPO § 37 Rz 7/1) und damit die Rechtswirksamkeit der Anklage zum Ausdruck gebracht hat, verletzt der mit Beschluss vom 3. März 2025 (ON 18.1) erfolgte Ausspruch der sachlichen Unzuständigkeit § 450 erster Satz StPO.
[8] Eine dem Angeklagten nachteilige Wirkung dieser Gesetzesverletzung war nicht auszuschließen (vgl RIS Justiz RS0108369), weshalb sich der Oberste Gerichtshof veranlasst sah, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).