JudikaturOGH

3Ob233/24x – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. F*, vertreten durch Mag. Claudia Vitek, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 13. November 2024, GZ 38 R 100/24y 39, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG setzt das Fehlen einer regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken und den Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigter Personen voraus (RS0070217 [T5]). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich die Zustellung der Aufkündigung (vgl RS0044752).

[2] 2. Hat der Vermieter – wie hier der Kläger – die nicht regelmäßige Benützung nachgewiesen, trifft den beklagten Mieter die Behauptungs und Beweislast dafür, dass dennoch ein (künftiges) dringendes Wohnbedürfnis vorliegt (vgl RS0079350), wofür die Rechtsprechung ein schutzwürdiges Interesse des Mieters an der Aufrechterhaltung des Mietvertrags fordert (RS0068687; RS0079350 [T2]). Ein solches schutzwürdiges Interesse des Mieters setzt voraus, dass es zur Zeit der Aufkündigung besteht oder doch in naher Zukunft zu erwarten ist (RS0068694 [T2]; RS0079210); auf eine (zu diesem Zeitpunkt) ungewisse, in der Zukunft liegende Möglichkeit eines Bedarfs ist hingegen nicht Bedacht zu nehmen (RS0068694 [T5]). Die während des Kündigungsverfahrens eingetretenen Entwicklungen sind lediglich dann zu berücksichtigen, wenn sie Rückschlüsse darauf zulassen, dass das schutzwürdige Interesse des Mieters bereits im Zeitpunkt der Aufkündigung gegeben war (vgl 1 Ob 182/20a mwN).

[3] 3. Von den Grundsätzen dieser Rechtsprechung sind die Vorinstanzen nicht abgewichen.

[4] 3.1. Der Beklagte übersiedelte mit seiner Gattin im Jahr 2005 in die gemeinsam erworbene Eigentumswohnung und nutzte das Bestandobjekt seither – jedenfalls bis zur (mehrere Monate nach Zustellung der Aufkündigung erfolgten) Trennung von seiner Gattin im Herbst 2022 – nur noch sporadisch. Seit November 2022 oder spätestens Februar 2023 nutzt er die aufgekündigte Wohnung täglich.

[5] 3.2. Es trifft zwar zu, dass der Oberste Gerichtshof zu 4 Ob 34/07i die Schutzwürdigkeit eines Mieters bejaht hat, der mehrere Jahre vor Zustellung der auf § 30 Abs 2 Z 6 MRG gestützten Aufkündigung zum Zweck der Pflege seiner 86 Jahre alten Tante in deren Wohnung gezogen war, an dieser Wohnung allerdings keinerlei Rechte hatte und beabsichtigte, bei Wegfall des Pflegebedarfs in seine Mietwohnung zurückzukehren (4 Ob 34/07i mwN).

[6] 3.3. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann allerdings nicht generell gesagt werden, dass „die Trennung einer Ehe logische Konsequenz einer Eheschließung“ sei und mit der Trennung der Ehe gerechnet werden könne. Die Konstellation, dass der Mieter einer Wohnung gemeinsam mit seiner Ehegattin – aus damaliger Sicht dauerhaft – in eine gemeinsam erworbene Ehewohnung übersiedelt, ist mit dem (von Anfang an nicht auf Dauer geplanten) Verlassen des Bestandobjekts zum Zweck der Pflege eines betagten Angehörigen bis zum im Vorhinein unbestimmten Zeitpunkt des Wegfalls der Pflegebedürftigkeit keineswegs vergleichbar.

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