JudikaturOGH

3Ob171/24d – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* GmbH, *, vertreten durch Dr. Alexander Klaus, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei K*, vertreten durch Dr. Bernhard Hundegger Rechtsanwalt GmbH in Villach, wegen 137.500 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. August 2024, GZ 3 R 111/24d 29, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1 Der Umstand, dass ein völlig gleichartiger Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht entschieden wurde, begründet nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RS0107773; RS0102181 [T1]; RS0110702 [T5]). Dies gilt insbesondere dann, wenn die aufgeworfenen Rechtsfragen – wie hier – durch die Anwendung der Leitlinien bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung beantwortet werden können (RS0042742 [insb T11, T13]; RS0042656 [T48]).

[2] 1.2 Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zu den hier maßgeblichen Fragen einer Forderung aus einer dreipersonalen Garantie die Rechtsprechung zugrunde gelegt. Nach dieser begründet der echte Garantievertrag eine selbständige, von der Verbindlichkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängige Schuld (RS0017739; RS0017001 [T3]). Allfällige Streitigkeiten über die sachliche Rechtfertigung der Zahlung durch das Valutaverhältnis sollen erst nach Zahlung an den durch die Garantie Begünstigten abgewickelt werden (RS0016989). Dabei soll der durch die Garantie Begünstigte die für ihn vorteilhaftere Beklagtenrolle haben (RS0016989 [T1]).

[3] 1.3 Zur Sicherstellung der aus einem bestehenden Pachtvertrag resultierenden Forderungen für Pachtzins und Betriebskosten hat die Beklagte (damalige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Pächterin) der Klägerin zugesichert, sie werde auf erste Aufforderung hin, „ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses, unter Verzicht auf jede Einrede und Einwendungen aus dem Grundgeschäft“ Zahlung leisten. Ihre Einwände gegen das nun geltend gemachte Zahlungsbegehren stützt sie im Wesentlichen darauf, dass die Pächterin infolge der pandemiebedingten Maßnahmen keinen Pachtzins schulde. Damit erhebt die Beklagte aber Einwendungen aus dem Grundgeschäft, obwohl sie dazu nach der von ihr übernommenen Garantieverpflichtung gerade nicht berechtigt ist. Die in der außerordentlichen Revision aufgeworfenen Fragen einer verfassungskonformen Auslegung des § 1105 ABGB betreffen nur das Verhältnis zwischen Verpächterin und Pächterin und sind ausschließlich für die Höhe der aus dem (seit 31. Oktober 2022 beendeten) Pachtverhältnis offenen Forderungen für Pachtzins und Betriebskosten maßgeblich. Für den hier von der Klägerin geltend gemachten Anspruch aus der von der Beklagten zur Sicherstellung dieser Forderungen abgegebenen Garantie stellen sich diese Rechtsfragen hingegen nicht, weil diese Zahlungsverpflichtung vom ursprünglichen Schuldverhältnis des Pachtvertrags unabhängig ist. Nach den Feststellungen zum Inhalt des Pachtvertrags und den während der pandemiebedingten Einschränkungen erzielten Umsätzen besteht auch kein Zweifel daran, dass – wie die Klägerin für die Inanspruchnahme der Garantie behauptet – aus dem Pachtverhältnis noch unberichtigte Forderungen der Klägerin gegen die Pächterin bestehen (können). Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten kann damit aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Garantiefall nicht eingetreten wäre, weil die Fragen zur Höhe der aus dem Grundgeschäft offenen Verbindlichkeiten für den Anspruch aus der Garantie gerade nicht relevant sind.

[4] 2.1 Auch Garantieverträge sind Rechtsgeschäfte, die gemäß den §§ 914, 915 ABGB auszulegen sind (RS0033002 [T1]), wobei die Auslegung auch solcher Erklärungen regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (vgl RS0017670 [T15]).

[5] 2.2 Zum unstrittigen schriftlichen Text der Garantievereinbarung zwischen den Streitteilen steht ergänzend fest, dass eine Einschränkung der Inanspruchnahme der Garantie nicht vereinbart wurde. Wenngleich die Parteien beim Abschluss des Garantievertrags mögliche Zinsminderungsrechte von Bestandnehmern infolge einer Pandemie nicht berücksichtigt haben (können), so ist die Auslegung des Vertrags durch das Berufungsgericht durchaus vertretbar, dass hier die Parteien auch unvorhergesehene Ereignisse und deren Auswirkung auf das Grundgeschäft als für die Garantie nicht relevant erachteten. Diese Auslegung stimmt mit dem Wortlaut der Vereinbarung überein.

[6] 3. Für eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Garantie durch die Klägerin, die voraussetzen würde, dass das Nichtbestehen des Anspruchs aus dem Grundverhältnis evident wäre oder der Begünstigte in Schädigungsabsicht handeln würde (vgl RS0017997; RS0018006), hat sich – entgegen der Behauptung der Beklagten – im Verfahren kein Anhaltspunkt ergeben.

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