JudikaturOGH

7Nc25/24x – OGH Entscheidung

Entscheidung
27. Dezember 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende, den Hofrat Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. L*, geboren * 2009, und 2. Z*, geboren * 2012, vertreten durch die Mutter R*, diese vertreten durch Mag. Dr. Eva Neudörfler, Rechtsanwältin in Wien, AZ 17 Pu 40/24v des Bezirksgerichts Grieskirchen, infolge Vorlage zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die mit Beschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 26. August 2024, GZ 17 Pu 40/24v 8, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache (Pu Akt) an das Bezirksgericht Floridsdorf wird nicht genehmigt.

Text

Begründung:

[1] Das Bezirksgericht Grieskirchen übertrug mit Beschluss vom 26. August 2024 die Pflegschaftssache gemäß § 111 JN (Unterhaltsakt) an das Bezirksgericht Floridsdorf, weil sich die Minderjährigen derzeit in Neuseeland aufhielten und von ihrem bisherigen Wohnsitz in B* mit dem Vermerk „verzogen nach Ungarn“ abgemeldet w o rden seien. Der unterhaltspflichtige Vater sei in Wien Floridsdorf wohnhaft, weshalb ein wesentlich engerer örtlicher Bezug zu diesem Bezirksgericht bestünde. Das Bezirksgericht Floridsdorf lehnte die Übernahme der Zuständigkeit am 22. November 2024 ab und stellte den Akt dem Bezirksgericht Grieskirchen zurück, welches den Übertragungsbeschluss bereits den Parteien zugestellt hatte und nach Rechtskraft den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vorlegt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die Übertragung ist nicht zu genehmigen.

[3] 1. Wenn dies im Interesse eines Minderjährigen oder einer sonst schutzberechtigten Person gelegen erscheint, insbesondere wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird, kann das zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte zuständige Gericht von Amts wegen oder auf Antrag seine Zuständigkeit ganz oder zum Teil einem anderen Gericht übertragen (§ 111 Abs 1 JN). Ausschlaggebendes Kriterium für die Zuständigkeitsübertragung nach dieser Gesetzesstelle ist das Kindeswohl (RS0047074). Dabei ist in der Regel das Naheverhältnis zwischen Pflegebefohlenem und Gericht von wesentlicher Bedeutung, sodass im Allgemeinen das Gericht am besten geeignet ist, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat und der Mittelpunkt seiner Lebensführung liegt (RS0047300).

[4] 2. Im vorliegenden Fall steht derzeit noch nicht fest, wo der zukünftige Aufenthaltsort der Minderjährigen liegen wird. Die M utter geht in ihren Eingaben von eine r längeren Auslandsreise aus. Es steht jedenfalls nicht fest, dass der Lebensmittelpunkt der Minderjährigen in Zukunft im Sprengel des Gerichts, an das die Zuständigkeit übertragen wurde, liegen wird (vgl 7 Nc 30/22d mwN). Es steht damit aber auch keineswegs fest, dass es im Interesse der Kinder liegt, wenn die Unterhaltssache von einem Gericht geführt wird, in dessen Sprengel derzeit jedenfalls kein stabiler Aufenthaltsort der Kinder liegt. Die Übertragung könnte möglicherweise die Interessen des in einem anderen Sprengel als jenem des bisherigen Pflegschaftsgerichts wohnenden Vaters fördern, keinesfalls aber die der Minderjährigen, die sich mit ihrer Mutter vorerst im Ausland aufhalten. Damit fehlen die Voraussetzungen, den Übertragungsbeschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen zu genehmigen (vgl etwa 4 Nc 104/02k mwN). Darauf, wo die Minderjährigen polizeilich gemeldet sind, kommt es im Übrigen nicht an (RS0047300 [T6]; 8 Nc 26/19v).

[5] 3. Da damit die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsübertragung nach § 111 JN nicht vorliegen, ist sie nicht zu genehmigen.

Rückverweise