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12Os108/24k – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
22. Oktober 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Oktober 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als Vorsitzende sowie die Hofräte und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Oshidari, Dr. Haslwanter LL.M., Dr. Sadoghi und Dr. Farkas in Gegenwart des Schriftführers Karnaus LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 2. Februar 2024, GZ 41 Hv 10/23w-58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die (verbleibende) Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft kommt dem Oberlandesgericht Innsbruck zu.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 26. Jänner 2023 in D* eine wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf vorgenommen hat, indem er die alkoholisierte sowie durch Cannabis beeinträchtigte * G* zunächst an der nackten Vulva berührte und sodann mit ihr den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

[4] Die – mit dem Vorwurf einer Scheinbegründung der Sache nach eine fehlende oder nur offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite behauptende – Mängelrüge nimmt prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370) nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe.

[5] Die Tatrichter leiteten nämlich die Feststellung, dem Angeklagten sei die Wehrlosigkeit der G* bewusst gewesen, keineswegs bloß aus „dem äußeren Tatgeschehen und einer lebensnahen Betrachtung des Sachverhalts“ ab und folgerten nicht allein, dass diese Feststellung „dem Angeklagten zu unterstellen“ sei und sich ein „anderer Schluss […] aus den Handlungen des Angeklagten nicht ziehen“ lasse. Sie stützten diese Feststellung vielmehr (neben dem äußeren Tatgeschehen) auf die Aussage der G* und die Angaben des Angeklagten zum Zustand derselben (wie beispielsweise, dass er sich „'wegen dem Alkohol und ihrem gesamten Zustand' Gedanken gemacht“ habe; US 12).

[6] Dasselbe gilt für die gleichlautende Kritik hinsichtlich der Feststellung, der Angeklagte habe die Wehrlosigkeit absichtlich ausgenützt. Auch jene leiteten die Tatrichter nicht allein aus dem äußeren Tatgeschehen ab, sondern zudem (ersichtlich – durch den Verweis auf die vorherigen Erwägungen – in Zusammenschau mit der Wehrlosigkeit des Opfers) daraus, dass G* dem Angeklagten (auch beim sexuellen Übergriff) „unmissverständlich zu verstehen gab, dass sie keinen (Gelegenheits-)Sex mit ihm haben möchte“ (US 12).

[7] Die aus diesen Erwägungen gezogenen Schlüsse des Erstgerichts auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite sind unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden.

[8] Indem die Beschwerde – ohne Aktenbezug – wiederholt auf einzelne Aussagepassagen des Opfers und des Angeklagten hinweist, wonach das Opfer in der Lage gewesen sei, vor und während des Geschlechtsverkehrs mit dem Angeklagten zu sprechen, dabei aber nicht die Aussagen in ihrer Gesamtheit berücksichtigt, wird auch (der Sache nach) eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Begründung nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS Justiz RS0116504 [T4]). Vielmehr wendet sie sich damit, wie auch mit den weiteren beweiswürdigenden Erwägungen zur Glaubwürdigkeit des Angeklagten und zu fehlenden Beweismitteln, nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht zulässigen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0099455 [T16]).

[9] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) entgegen dem Gebot zu getrennter Darstellung der Nichtigkeitsgründe auf die „obige[n] Ausführungen“ zur geltend gemachten Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO verweist, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Ausführung (RIS Justiz RS0115902). Im Übrigen werden damit Zweifel im Sinne der Z 5a, die nur völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern soll (RIS-Justiz RS0118780), an den getroffenen Feststellungen zur (ersichtlich gemeint) subjektiven Tatseite beim Obersten Gerichtshof nicht geweckt.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – ebenso wie die vom Angeklagten angemeldete (ON 57, 6), im kollegialgerichtlichen Verfahren jedoch nicht vorgesehene (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe und wegen der privatrechtlichen Ansprüche folgt (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Rückverweise